Urteil des BPatG vom 07.01.2008

BPatG (eugh, beschreibende angabe, zeichen, klasse, angabe, unterscheidungskraft, marke, verwendung, eintragung, pflege)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 46/08
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 305 20 647.8
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch
den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin am Ober-
landesgericht Dr. Hoppe am 11. Januar 2010
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I .
Die Anmeldung der Wortmarke
VWL Care
ist am 8. April 2005 für folgende Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 41 zur
Eintragung in das Markenregister angemeldet worden:
Klasse 35
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Erstellen
von Vertriebsstrukturen; betriebswirtschaftliche Beratung.
Klasse 36:
Versicherungswesen, insbesondere Unfall-, Kranken-, und Le-
bensversicherung; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwe-
sen.
Klasse 41:
Veranstaltung von Seminaren; Unterricht.
Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren er-
gangen ist, zurückgewiesen. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei dem angemel-
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deten Zeichen um eine beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
handele und es ihr an der erforderlichen Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG fehle. Sie hat hierzu ausgeführt, dass das Zeichen Dienstleistun-
gen beschreibe, die auf dem Gebiet der vermögenswirksamen Leistungen und der
damit in Zusammenhang stehenden (Für-)Sorge, Betreuung und Pflege erbracht
würden. "VWL" sei die Abkürzung für vermögenswirksame Leistungen. Der Begriff
"Care" sei mit (Für-)Sorge, Betreuung und Pflege zu übersetzen. Dabei sei uner-
heblich, dass die Abkürzung "VWL" auch für den Begriff "Volkswirtschaftslehre"
benutzt werde, zumal sich kein sinnvoller Gesamtbegriff mit dem weiteren Zei-
chenbestandteil "Care" ergebe. Vielmehr würden die angesprochenen Verkehrs-
kreise ohne weiteres auf einen Zusammenhang zwischen Betreuung, Pflege usw.
mit dem finanz- und tarifpolitischen Mittel der vermögenswirksamen Leistungen
schließen. Gerade die angemeldete Kombination der beiden Zeichenelemente
führe zum sachgerechten Verständnis der Kennzeichnung als Dienstleistungsbe-
schreibung. Für die weiter beanspruchten Dienstleistungen: "Werbung, Veran-
staltung von Seminaren, Unterricht" etc. sei die Kennzeichnung eine eindeutig
themenbezogene Aussage über den Inhalt bzw. die Thematik dieser Tätigkeiten.
Der Umstand, dass die Wortfolge mehrdeutig und unbestimmt sei, führe jedenfalls
nicht zur Schutzfähigkeit, zumal sich die beiden Elemente "VWL" und "Care" er-
gänzten und deren beschreibende Gesamtaussage eindeutig auf die Bestimmung,
Art und Ausgestaltung der beanspruchten Dienstleistungen hinweise.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die beantragt,
die Beschlüsse vom 7. Januar 2008 und 25. Februar 2008 aufzu-
heben, die amtlichen Beanstandungen fallen zu lassen und der
angemeldeten Marke die Eintragung zu gewähren.
Die Anmelderin hat ihre Beschwerde nicht begründet, aber bereits mit Schriftsatz
vom 17. Juni 2005 (Bl. 8 ff. VA) eine ausführliche Stellungnahme zum Beanstan-
dungshinweis des Deutschen Patent- und Markenamts abgegeben. Darin hat sie
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ausgeführt, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine lexikalisch nicht
nachweisbare, neue Wortkombination handele. Zudem gebe es verschiedene
Wortbedeutungen für "Care", weshalb offen sei, ob die Dienstleistungen etwas mit
"Care" zu tun hätten oder ob bei der Erbringung der Dienstleistungen besondere
Sorgfalt angewendet werde. Auch die Abkürzung "VWL" sei zweideutig, da sie
auch als Abkürzung für "Volkswirtschaftslehre" genutzt werde. Die Kombination
führe zu einem gänzlich neuen Begriff mit keinem eindeutig beschreibenden kla-
ren Gehalt. Es sei auch keine tatsächliche Verwendung, außer durch die Anmel-
derin selbst, zu verzeichnen. Schließlich sei zu bedenken, dass bei der Prüfung
der Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzuwenden sei. Im Übrigen
gebe es vergleichbare Entscheidungen des HABM, in denen Marken mit der Be-
zeichnung "Care" eingetragen worden seien (CareService, CareManagement, Ca-
reInsure).
Mit Schreiben vom 19. November 2009 hat der Senat die Anmelderin unter Vor-
lage von Belegen aus dem Internet zur beschreibenden Verwendung der ange-
meldeten Wortfolge darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nach vorläufiger
Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg habe, weil die angemeldete
Wortfolge für die zurückgewiesenen Dienstleistungen eine beschreibende Angabe
i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstelle, der auch die Unterscheidungskraft
nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Ohne in der Sache weiter vorzutragen, hat
die Anmelderin daraufhin um Beschlussfassung gebeten. Ein Antrag auf mündli-
che Verhandlung ist nicht gestellt worden.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
entgegen, weil es sich um eine beschreibende Angabe handelt. Darüber hinaus
fehlt es ihr an der erforderlichen Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37
Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden. Der Antrag der Anmelde-
rin auf Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle war daher ebenso wie ihre
Folgeanträge zurückzuweisen.
1.
Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffas-
sung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle
Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen
haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) Henkel). Die angemeldeten
Dienstleistungen der Klasse 35 richten sich vor allem an Firmen und Gewerbetrei-
bende, die der Klassen 36 und 41 zusätzlich an allgemeine Verbraucher. Maßgeb-
lich ist insoweit die Sicht des normal informierten, angemessen aufmerksamen
und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen
Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Con-
cord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee; Ströbele/Hacker,
MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 ff.).
2.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung
ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur
Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merk-
male der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Nach der
Rechtsprechung des EuGH verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie
2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Markenrichtlinie,
BlPMZ 2009, 4) übereinstimmende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben,
die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben kön-
nen, von allen frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dür-
fen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopoli-
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siert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 25) - Chiemsee; EuGH GRUR
2004, 146 (Nr. 31) - DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 54, 56)
- Postkantoor; GRUR 2004, 680 (Nr. 35 - 36) - BIOMILD; vgl. auch Strö-
bele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rd. 222 m. w. N.).
In diesem Sinne ist die angemeldete Wortfolge beschreibend, denn der Begriff
"VWL Care" eignet sich zur Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten
Dienstleistungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den Wortbestandteilen "VWL" und "Care"
zusammen. Mit dem ersten Wortbestandteil werden ausweislich gängiger Abkür-
zungsverzeichnisse (vgl. z. B. im Internet) an erster Stelle
vermögenswirksame Leistungen (begünstigte Anlagen von/für Arbeitnehmer) be-
zeichnet. Der Begriff "VWL-Versicherung“ wird dementsprechend auch bereits mit
beschreibendem Inhalt vom Verkehr verwendet, um einen inhaltlichen Bezug zwi-
schen Versicherungen und vermögenswirksamen Leistungen herzustellen (vgl.
z. B. Anlagen aus der Internetrecherche: "HJP" und Geschäftsbericht 2007 der
"Öffentlichen"). Der zweite Wortbestandteil "Care" hat mit verschiedenen Bedeu-
tungsinhalten Eingang in die deutsche Sprache gefunden und wird in Zusammen-
hang mit den angemeldeten Dienstleistungen, insbesondere im Versicherungswe-
sen, bereits vielfach eingesetzt (vgl. hierzu die Beispiele in BPatG
33 W (pat) 381/01 - CareComplete S. 4 f. und in 33 W (pat) 144/05 - BasicCare
Seite 5 ff.), um Dienstleistungen aus dem Bereich der Vorsorge, Pflege, (Für-)
Sorge und Betreuung zu kennzeichnen. Damit kommt beiden Wortbestandteilen
eine beschreibende Bedeutung im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen
zu.
Auch die bei zusammengesetzten Wortbestandteilen vorzunehmende Gesamt-
betrachtung (vgl. hierzu EuGH GRUR 2004, 943 (Nr. 28) - SAT.2; EuGH GRUR
2004, 674 (Nr. 96) - Postkantoor; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 13) - VISAGE) führt
vorliegend nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Zwar handelt es sich um eine
lexikalisch nicht nachweisbare, neue Wortkombination. Dies allein genügt indes
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nicht, um von dem beschreibenden Gehalt wegzuführen, vielmehr wäre darüber
hinaus erforderlich, dass die Wortzusammensetzung zu einem von der Summe
ihrer Einzelbestandteile abweichenden Eindruck führt, der wesentliche Elemente
wie die Form des Zeichens oder seine Bedeutung betrifft. Dies setzt voraus, dass
das, woran das zusammengesetzte Zeichen denken lässt, nicht exakt mit der
Summe der Angaben der beschreibenden Elemente übereinstimmt. Eine Marke,
die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zu-
sammensetzt, von denen jede Merkmale der Waren oder Dienstleistungen be-
schreibt, für die die Eintragung beantragt wird, hat nämlich selbst einen beschrei-
benden Charakter, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der
Neuschöpfung und der Summe ihrer Bestandteile besteht (EuGH GRUR 2004,
680 (Nr. 41) - Biomild; EuGH GRUR 2004. 674 (Nr. 100) - Postkantoor).
Eine derartige Abweichung des Gesamteindrucks von der Summe der Einzelbe-
standteile des angemeldeten Wortzeichens ist hier indes nicht zu erkennen, weil
die Zusammenfügung der Zeichen "VWL" und "Care" lediglich zum Ausdruck
bringt, dass es inhaltlich um vermögenswirksame Leistungen in Zusammenhang
mit Dienstleistungen der Vorsorge, Pflege und Betreuung geht. Dabei ist insbe-
sondere zu berücksichtigen, dass der verständige Durchschnittsverbraucher es
gewöhnt ist, mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, die in ihrer sprachlichen
oder grammatikalischen Ausgestaltung oder Zusammensetzung nicht unmittelbar
zum deutschen Sprachschatz zählen, sondern den in der Werbesprache üblichen
Kurzfassungen folgen. Gleichwohl nimmt der Durchschnittsverbraucher durch der-
artige prägnante Formulierungen sachbezogene Informationen auf.
Sowohl der Durchschnittsverbraucher als auch der Handel werden deshalb bezo-
gen auf die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 36 unter "VWL Care"
Dienstleistungen aus dem Bereich der Vorsorge, Pflege, (Für-)Sorge und Betreu-
ung in Zusammenhang mit vermögenswirksamen Leistungen verstehen. Für die
Dienstleistungen der Klasse 35 umschreibt das Zeichen "VWL Care" den Kunden-
kreis, für den Werbe-, Beratungs- und Verwaltungsdienstleistungen erbracht wer-
den sollen, nämlich Unternehmen, die ihrerseits Versicherungsleistungen auf dem
Vorsorge- und Pflegesektor in Zusammenhang mit vermögenswirksamen Leistun-
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gen anbieten. Im Hinblick auf die unter der Klasse 41 angemeldeten Dienstleis-
tungen kann die angemeldete Marke den Inhalt bzw. das Thema entsprechender
Veranstaltungen bezeichnen.
Die Annahme einer beschreibenden Sachangabe setzt im Übrigen nicht voraus,
dass der Wortbegriff bereits feste begriffliche Konturen erlangt hat (BGH GRUR
2008, 900 (Nr. 15) - SPA II). Aus diesem Grund vermag weder die Mehrdeutigkeit
noch die Unbestimmtheit eines Begriffs für sich genommen auszuschließen, dass
es sich um beschreibende Angaben in Form einer Sachinformation handelt (vgl.
BGH GRUR 2000, 882 f. - Bücher für eine bessere Welt; BGH GRUR 2008, 900
(Nr. 15) - SPA II). Von einem beschreibenden Begriff ist vielmehr auch dann aus-
zugehen, wenn nur eine Bedeutungsvariante die Waren oder Dienstleistungen
beschreibt (BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 15) - SPA II). Es ist daher unerheblich,
dass die Abkürzung "VWL" auch für Volkswirtschaftslehre stehen kann. Von einer
schutzbegründenden Unbestimmtheit könnte erst dann ausgegangen werden,
wenn eine derartige Ungenauigkeit erreicht wäre, die es ausschließen würde, dass
die fragliche Angabe noch als konkret beschreibende Bezeichnung dienen kann
(Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdn. 252). Für eine derartige Unbe-
stimmtheit fehlen vorliegend indes konkrete Anhaltspunkte, weil sich mit der Be-
deutung als "vermögenswirksame Leistungen auf dem Gebiet der Vorsorge,
Pflege, Betreuung" in Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen
eine verständliche, inhaltsbeschreibende Sachaussage ergibt, die von den ange-
sprochenen Verkehrskreisen ohne analysierende Betrachtungsweise als solche
verstanden wird.
Auch der Umstand, dass eine tatsächliche beschreibende Verwendung der Wort-
kombination, außer durch die Anmelderin selbst, bislang nicht zu erkennen ist,
steht dem Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen,
da es sowohl nach der Formulierung der entsprechenden Norm im Markengesetz,
als auch nach der rechtlichen Grundlage in Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c der Mar-
kenrichtlinie ausreicht, wenn die Angaben zur Beschreibung von Waren und
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Dienstleistungen "dienen können" ohne dass bereits eine tatsächliche Verwen-
dung erfolgt sein müsste (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 97) - Postkantoor).
Hiermit wird klargestellt, dass bereits die bloße Eignung einer Angabe oder eines
Zeichens zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen den
Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 1999,
723 (Nr. 30) - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 32) - Doublemint; EuGH
GRUR 2004, 674 (Nr. 97) - Postkantoor; BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 12) - SPA II).
Hintergrund ist die Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der Freihaltung
der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren mögliche künftige beschreibende
Verwendung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 241). Zur Prüfung
bedarf es einer realitätsbezogenen Prognose, die auch mögliche, nicht außerhalb
der Wahrscheinlichkeit liegende zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen berück-
sichtigt, welche eine beschreibende Verwendung der betreffenden Angabe ver-
nünftigerweise erwarten lassen. Dies ist vorliegend ohne weiteres zu bejahen, da
die Einzelbestandteile der angemeldeten Wortkombination, wie die Beispiele aus
der Internetrecherche belegen, bereits beschreibend verwendet werden und die
Kombination der Wortzeichen in ihrem Aussagegehalt lediglich die Summe der
Einzelbestandteile mit den in ihnen verkörperten Sachinformationen zur Beschrei-
bung der angemeldeten Dienstleistungen verkörpert. Es besteht daher ein Bedarf,
auch die angemeldete Wortkombination zur prägnanten Beschreibung der betrof-
fenen Dienstleistungen zu nutzen.
3.
Der Marke steht zudem das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
entgegen, weil es ihr an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehlt.
Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende konkrete Eignung, vom
Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede
stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen
stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denje-
nigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR Int. 2005, 135 (Nr. 29)
- Mag lite; EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 30) - Henkel). Auch die Eintragung eines
aus fremdsprachigen Bestandteilen zusammengesetzten Begriffs als nationale
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Marke ist ausgeschlossen, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise die Bedeutung
des Begriffs ohne weiteres erkennen und die Bezeichnung deshalb nicht als Her-
kunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstehen (EuGH GRUR 2006,
411 (Nr. 32) - Matratzen Concord/Hukla). Die Unterscheidungskraft fehlt dabei
nicht nur solchen Angaben, die die Waren und Dienstleistungen unmittelbar be-
schreiben, sondern auch solchen, mit denen ein enger beschreibender Bezug zu
dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 17)
- FUSSBALL WM 2006).
Vorliegend sieht der Verkehr in der Anmeldung wegen der naheliegenden be-
schreibenden Bedeutung und des engen Sachzusammenhangs zwischen ihr und
den beanspruchten Dienstleistungen keinen betrieblichen Herkunftshinweis, son-
dern lediglich einen Sachhinweis auf die Art und den Gegenstand der Dienstleis-
tungen. Selbst wenn man daher - wie vom BGH postuliert (BGH GRUR 2006, 850
(Nr. 18) - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 417 (418) - BerlinCard) - bei
der Beurteilung der Unterscheidungskraft einen großzügigen Maßstab anlegen
würde, fehlt der beanspruchten Wortkombination die herkunftsweisende Wirkung.
Nach der Rechtsprechung des EuGH bedarf es nämlich einer strengen und
umfassenden Prüfung, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu
verhindern, was letztlich auch der BGH anerkennt (EuGH GRUR 2004, 1027
(Nr. 45) - Das Prinzip der Bequemlichkeit; EuGH GRUR 2003, 604 (Nr. 59)
- Libertel; EuGH GRUR 2003, 58 (Nr. 20) - Companyline; BGH GRUR 2009, 949
(Nr. 10, 11) - My World).
Des Weiteren kommt es auch nicht darauf an, dass die angemeldete Bezeichnung
in Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen erstmalig von der An-
melderin verwendet wird, da auch § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG keinen Nachweis da-
hingehend erfordert, dass die Angabe oder das Zeichen im Verkehr bereits ge-
nutzt wird (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 37 bis 47) - Das Prinzip der Bequemlich-
keit; BGH GRUR 2008, 1002 (Nr. 30) - Schuhpark; Ströbele/Hacker, Markenge-
setz, 9. Aufl., § 8 Rdn. 89).
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4.
Schließlich kommt auch dem Umstand, dass gelegentlich Wortkombinationen
mit dem Wortbestandteil "Care" zur Anmeldung gelangt sind, keine Bedeutung zu,
die für sich genommen die Eintragungsfähigkeit des streitgegenständlichen Zei-
chens begründen würde. Zum einen hätten entsprechende Voreintragungen keine
Bindungswirkung (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 (668 Nr. 18) - Bild.t.-Online.de;
BGH GRUR 2008, 1093 (1095 Nr. 8) - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR
2009, 1175 (1179) - Burg Lissingen). Die Frage der Schutzfähigkeit einer ange-
meldeten Marke ist schließlich keine Ermessensentscheidung, sondern eine ge-
bundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grund-
lage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot
rechtmäßigen Handelns folgt zudem, dass sich niemand auf eine fehlerhafte
Rechtsanwendung zugunsten eines Anderen berufen kann, um eine identische
Entscheidung zu erlangen. Zum anderen fehlt es ohnehin an der Vergleichbarkeit
des angemeldeten Zeichens mit den von der Anmelderin erwähnten Voreintragun-
gen, da es sich bei letzteren nicht um Eintragungen der hier konkret begehrten
Wortkombination handelt. Lediglich ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen,
dass es etliche Anmeldungen für Dienstleistungen der Klasse 36 mit der Wortver-
bindung "Care" gegeben hat, die von Ämtern und Gerichten nicht als eintra-
gungsfähig angesehen worden sind. Dies gilt z. B. für die Begriffe "Profi Care",
"Care Complete", "Basis Care", "Care Allianz" und "Immo-Care".
Bender
Kätker
Dr. Hoppe
Cl