Urteil des BPatG vom 13.10.2006

BPatG: rechtliches gehör, geschäftsführer, firma, abgabe, patentregister, ermittlungsverfahren, zustellung, erlöschen, beweismittel, urkunde

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
10 W (pat) 2/07
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend das Patent 592 04 269 (EP 0 579 637)
wegen Umschreibung
hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bun-
despatentgerichts am 16. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter Schülke so-
wie die Richterinnen Püschel und Martens
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle 16 des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Oktober 2006 aufge-
hoben. Die Umschreibung des Patents 592 04 269 auf die Antrag-
stellerin als neue Inhaberin im Patentregister wird angeordnet.
G r ü n d e
I.
Das europäische Patent 0 579 637 mit der Bezeichnung „Verfahren und Vorrich-
tung zum kontinuierlichen Einmischen von flüssigen und/oder rieselfähigen Stoffen
in Nahrungsmittelmassen“ wird beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA)
unter dem Aktenzeichen 592 04 269.3 geführt und geht auf eine Anmeldung vom
März 1992 zurück. Im Register eingetragene Inhaberin ist bis heute die Firma
I… GmbH in K….
Nach Übernahme der Vertretung der eingetragenen Inhaberin im Oktober 2004
haben die Patentanwälte Dr. K… im März 2006 beim DPMA die Umschrei-
bung des Patents auf die Antragstellerin beantragt und angegeben, dass sie diese
ebenfalls vertreten. Kurz zuvor war beim DPMA das Schreiben eines Dritten mit
der Bitte um besonders sorgfältige Prüfung möglicher Umschreibungsanträge ein-
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gegangen, da die Firma I… GmbH, gegen die Forderungen in be-
trächtlicher Höhe bestünden, versucht habe, Betriebsvermögen, insbesondere ihre
Patente, an den Gläubigern vorbei auf Dritte zu übertragen. Unter Beifügung ent-
sprechender
Handelsregisterauszüge
wurde
ausgeführt,
die
I…
GmbH
sei
mit
Wirkung
vom
1. Dezember 2004
mit
der
G…
& Co. KG verschmolzen worden. Am 27. Januar 2005 sei die Auflösung
der KG und das Erlöschen der Firma sowie als deren Liquidatorin die
G!
mit
Sitz
in
P…
eingetragen
worden.
Gegen
den
Geschäftsführer der I… GmbH sei ein Ermittlungsverfahren bei der
Staatsanwaltschaft Köln wegen Insolvenzverschleppung anhängig.
Das DPMA hat das Schreiben des Dritten ebenso wie den Umschreibungsantrag
der Antragstellerin jeweils der Gegenseite zur Kenntnis übersandt und beiden eine
Frist zur Stellungnahme gesetzt. Die Antragstellerin hat daraufhin eine Kopie einer
Übertragungs- und Annahmeerklärung vom 28. Mai 2004 überreicht, die von ihr
sowie von der eingetragenen Inhaberin unterzeichnet sei. An einer ordnungsge-
mäßen Übertragung des Schutzrechts auf sie könnten keine Zweifel bestehen,
zumal die angeblichen Forderungen nie gerichtlich geltend gemacht und erst recht
nicht gerichtlich festgestellt worden seien. Seitens des Dritten sind die Bedenken
gegen eine Umschreibung mit der Begründung aufrechterhalten worden, in einem
Verletzungsstreit betreffend das europäische Patent vor einem niederländischen
Gericht im Mai 2006 sei die Antragstellerin mangels Aktivlegitimation unterlegen,
da sie nach den Feststellungen des Gerichts als Lizenznehmerin, nicht aber als
Inhaberin des Schutzrechts anzusehen sei. Dem hat die Antragstellerin widerspro-
chen und ausgeführt, im Hinblick auf die Umschreibung in Deutschland habe die in
einem summarischen Verfahren ergangene Entscheidung keine Bindungswirkung.
Das Gericht habe nicht die Inhaberschaft geprüft, sondern nur den Registerstand
in den Niederlanden im Zeitpunkt seiner Entscheidung berücksichtigt.
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Mit Beschluss vom 13. Oktober 2006 hat die Prüfungsstelle 16 des DPMA den
Antrag auf Umschreibung wegen Zweifel an der Wirksamkeit des Rechtsüber-
gangs, die sich nicht hätten beheben lassen, zurückgewiesen. Zur Erklärung vom
28. Mai 2004 sei nicht angegeben worden, wer diese unterzeichnet habe und wa-
rum sie erst 2 Jahre nach der Unterzeichnung und nach dem Erlöschen der Pa-
tentinhaberin vorgelegt worden sei. Das im Verfahren vor dem niederländischen
Gericht überprüfte Dokument habe ergeben, dass die Antragstellerin lediglich Li-
zenznehmerin sei. Eine Übertragung des Patents sei daraus nicht ersichtlich. Es
sei zwar möglich, könne aber nicht geprüft werden, ob dieses Dokument auch
materiellrechtliche Grundlage des Rechtsübergangs bezüglich des deutschen
Teils des europäischen Patents sei. Zudem könne dem Ergebnis des Ermittlungs-
verfahrens der Staatsanwaltschaft Köln durch Vollzug der beantragten Umschrei-
bung nicht vorgegriffen werden.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde und beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom
13. Oktober 2006 aufzuheben und den deutschen Teil des euro-
päischen Patents 579 637 (Deutsches Aktenzeichen: 592 04 269)
von
der
I…
GmbH
auf
die
R…
GmbH
umzu-
schreiben.
Der Nachweis des Rechtsübergangs sei bereits durch die Vorlage der Übertra-
gungs- und Annahmeerklärung vom 28. Mai 2004 erbracht worden. Begründete
Zweifel an der Rechtsnachfolge ergäben sich unter keinem der im angegriffenen
Beschluss teilweise erstmals und damit in verfahrensrechtlich bedenklicher Weise
genannten Gesichtspunkte. Das gelte insbesondere für die beanstandete zeitliche
Diskrepanz zwischen Erteilung der Bewilligung und Stellung des Umschreibungs-
antrags,
zumal
der
mit
der
Beschwerde
überreichte
mit
der
I…
GmbH abgeschlossene „Patent- und Know-how-Kaufvertrag“ vom gleichen Tag
eine Verpflichtung zur Vornahme der Umschreibung nicht vorsehe. Auch sei die
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Angabe, wer die Erklärung unterschrieben habe, nicht erforderlich, da sich dies
aus den Namen unterhalb der jeweiligen Unterschriftslinien ergebe. Dass der für
die
I…
GmbH
unterzeichnende
I1…
zu
diesem
Zeitpunkt
deren alleinvertetungsberechtiger Geschäftsführer war, ergebe sich aus der der
Beschwerdebegründung beigefügten Handelsregisterkopie. Die Umschreibung
hätte daher nicht verweigert werden dürfen, eventuelle Zweifel hätten sich durch
vom DPMA aber nicht angeforderte Nachweise beseitigen lassen. Die von am
Umschreibungsverfahren nicht beteiligten Dritten vorgebrachten Einwendungen
hätte das DPMA von vornherein unberücksichtigt lassen müssen und sich in sei-
ner formalen summarischen Prüfung allein auf die von den Beteiligten eingereich-
ten Nachweise beschränken müssen. Dies gelte auch für das staatsanwaltschaftli-
che Ermittlungsverfahren.
Der Senat hat durch schriftlichen Hinweis vom 8. Oktober 2008 die G…
&
Co.
KG
i.L.,
vertreten
durch
die
Liquidatorin
als
Rechts-
nachfolgerin
der
noch
im
Patentregister
eingetragenen
I…
GmbH
über das anhängige Beschwerdeverfahren und ihre Beteiligtenstellung informiert.
Die öffentliche Zustellung dieses Hinweises ist mit Beschluss des Senats vom
16. Februar 2009 angeordnet worden, nachdem mehrere Zustellungsversuche ge-
scheitert waren. Die weitere Beteiligte hat sich im Verfahren nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für die Umschrei-
bung des deutschen Teils des europäischen Patents auf die Antragstellerin sind
jedenfalls nunmehr gegeben.
Gemäß § 30 Abs 3 Satz 1 PatG vermerkt das Patentamt im Register eine Ände-
rung in der Person des Anmelders oder Patentinhabers, wenn sie ihm nachgewie-
sen wird. Dabei ist das Patentamt nicht verpflichtet, die materiellrechtliche Wirk-
samkeit der Rechtsübertragung in jeder Richtung zu prüfen. Dem Wesen des Re-
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gisterverfahrens entspricht es, den Rahmen der rechtlichen Nachprüfung nicht
allzu weit zu ziehen. Führt diese Prüfung zu Zweifeln an der Rechtswirksamkeit
einer Übertragung und lassen sich diese Zweifel nicht durch Beweismittel behe-
ben, die für das Registerverfahren tauglich erscheinen, muss das Patentamt die
Umschreibung versagen (vgl BGH GRUR 1969, 43 - Marpin; Senatsbeschluss
vom 6. Oktober 2005, BlPMZ 2006, 67 - Umschreibung, rechtliches Gehör II,
m. w. N.). Der Nachweis ist durch die Vorlage von Urkunden zu erbringen, aus
denen sich zweifelsfrei die beantragte Rechtsänderung ergibt. Dabei reicht es aus,
dass dem Antrag, wenn er von den Rechtsnachfolgern gestellt wird, eine von den
eingetragenen Inhabern oder ihren Vertretern unterschriebene Erklärung beigefügt
ist, dass sie der Eintragung der Rechtsänderung zustimmen (§ 28 Abs. 3 Nr. 2a
DPMAV).
Der im März 2006 beim DPMA eingegangene Umschreibungsantrag lässt es nach
dem Wortlaut offen, in wessen Namen er gestellt wird. Er enthält lediglich noch
den Hinweis, dass die Erwerberin ebenfalls durch die unterzeichnenden Patent-
anwälte vertreten wird. Nachdem die eingetragene Inhaberin mit Wirkung vom
1. Dezember 2004
mit
der
G…
&
Co.
KG
ver-
schmolzen und letztere Ende Januar 2005 aufgelöst worden war, ist zweifelhaft,
ob die unterzeichnenden Patentanwälte seitens der eingetragenen Inhaberin wei-
terhin bevollmächtigt waren. Auf Nachfrage des Senats hat Patentanwalt
Dr. K… eine Vertretungsbefugnis für die Liquidatorin der eingetragenen
Patentinhaberin im Zeitpunkt der Antragstellung nicht bestätigt und ausgeführt, der
Umschreibungsantrag sei im Namen der Erwerberin gestellt worden. Damit ist
gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 2a DPMAV für die Umschreibung die Zustimmung der ein-
getragenen Inhaberin nachzuweisen, die der nachgereichten Übertragungs- und
Annahmeerklärung vom 28. Mai 2004 entnommen werden kann. Mit der Vorlage
dieser Urkunde, die u. a. die Einwilligung des Geschäftsführers der eingetragenen
Patentinhaberin zur Umschreibung im Register enthält, sind die Voraussetzungen
für einen ausreichenden Nachweis des Rechtsübergangs grundsätzlich erbracht.
Angesichts der erst späteren Einreichung der Übertragungs- und Annahmeerklä-
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rung und vor dem Hintergrund der von Dritter Seite vorgebrachten Einwendungen
ergaben sich für das DPMA zwar zurecht noch restliche Zweifel, ob dem Um-
schreibungsantrag aufgrund dieser Unterlagen stattgegeben werden konnte, zu-
mal seit Abgabe der Übertragungs- und Annahmeerklärung bis zur Antragstellung
fast zwei Jahre vergangen waren. Im Übrigen legt die Einleitung staatsanwalt-
schaftlicher Ermittlungen im Zusammenhang mit Konkursdelikten es grundsätzlich
nahe, an der Wirksamkeit der dem materiellrechtlichen Rechtsübergang zugrun-
deliegenden Vereinbarung zu zweifeln und hätte somit zumindest Anlass zur
Nachfrage gegeben. Gleiches gilt für die zeitliche Diskrepanz zwischen Antrag-
stellung und Abgabe der Übertragungs- und Annahmeerklärung. Das DPMA hätte
aber vor einer Zurückweisung des Umschreibungsantrags der Antragstellerin in-
soweit Gelegenheit zur Stellungnahme geben sollen.
Dies hätte voraussichtlich die Vorlage des erst im Beschwerdeverfahren über-
reichten Patent- und Know-how-Kaufvertrags beschleunigt, aus dem sich nicht nur
die Übereinstimmung hinsichtlich des Datums, sondern auch die weitere Informa-
tion (siehe § 1 Schutzrechte) ergibt, wonach die Antragstellerin nicht verpflichtet
war, die Umschreibung im Register vornehmen zu lassen (a. a. O. Ziffer 4), was
die zeitliche Verzögerung der Antragstellung erklärt. Im Übrigen hätte das DPMA
daraus auch ohne nähere Prüfung entnehmen können, dass von den Vertrags-
parteien nicht lediglich eine Lizenzierung der Schutzrechte gewollt war (a. a. O.
Ziffer 1). Der Senat hat zudem Einsicht in die Akten des staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsverfahrens gegen den früheren Geschäftsführer der eingetragenen Pa-
tentinhaberin genommen, das im Juni 2009 noch anhängig war, letztlich aber kei-
nen hinreichenden Anhalt dafür bietet, die Wirksamkeit des Patent- und Know-
how-Kaufvertrags in Frage zu stellen.
Nachdem der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren gelungen ist, die bestehen-
den Zweifel am Nachweis der Rechtsänderung auszuräumen, war der angefoch-
tene Beschluss aufzuheben und die antragsgemäße Umschreibung anzuordnen.
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III.
Aus den im Beschluss vom 16. Februar 2009 genannten Gründen, die fortbeste-
hen, wird die öffentliche Zustellung dieses Beschlusses an die weitere Beteiligte
angeordnet.
Schülke
Püschel
Martens
Pr