Urteil des BPatG vom 23.01.2008

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BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
(Aktenzeichen)
4 Ni 64/06 (EU)
URTEIL
Verkündet am
23. Januar 2008
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das europäische Patent EP 1 169 884
DE 599 06 131
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche
Verhandlung vom 23. Januar 2008 durch die Vorsitzende Richterin Winkler und
die Richter Dipl.-Phys. Dr. Hartung, Voit, Dipl.-Ing. Höppler und
Dipl.-Ing. Kleinschmidt
für Recht erkannt:
1. Das europäische Patent 1 169 884 wird mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig er-
klärt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 169 884
(Streitpatent), das am 21. Oktober 1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der
deutschen Patentanmeldung 199 17 584 vom 19. April 1999 angemeldet worden
ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und wird
beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 599 06 131 geführt. Es be-
trifft einen Flächenlautsprecher und ein Verfahren zu dessen Betrieb und umfasst
8 Ansprüche, die insgesamt angegriffen sind. Die Ansprüche 1 und 4 lauten ohne
Bezugszeichen wie folgt:
- 3 -
1. Verfahren zum Betreiben eines Flächenlautsprechers, bei dem
mindestens eine Schwingspule auf eine plattenförmige Fläche
mit vorbestimmten Materialeigenschaften aufgebracht ist, über
die durch eine Schallquelle elektrisch angeregte(n) Schwing-
spule(n) zum Schwingen angeregt Schall abgestrahlt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
gang dieses Flächenlautsprechers gemessen und seine Fre-
quenzkurve ermittelt wird, dass für diese Frequenzkurve die
dazu inverse Frequenzkurve ermittelt wird, dass diese inverse
Frequenzkurve in einer Filtereinrichtung als deren Übertra-
gungsfunktion nachgebildet wird und dass mittels der im Be-
triebszustand zwischen die Schallquellen und den Flächen-
lautsprecher geschalteten Filtereinrichtung aufgrund deren
Übertragungsfunktion der Frequenzgang des Flächenlaut-
sprechers kompensiert wird.
4.
Flächenlautsprecher
mit
mindestens einer Schwingspule, die
auf eine plattenförmige Fläche mit definierten Materialeigen-
schaften aufgebracht ist und die, durch elektrische Tonsignale
angeregt, diese Fläche zur Schallabstrahlung in Schwingun-
dadurch gekennzeichnet, dass
einen Schwingspule eine Filtereinrichtung für die Tonsignale
vorgeschaltet ist, deren Übertragungsfunktion zu dem Fre-
quenzgang des Flächenlautsprechers invers ausgebildet ist.
Wegen der weiter angegriffenen und unmittelbar bzw. mittelbar auf Anspruch 1
rückbezogenen Ansprüche 2 und 3 sowie der weiter angegriffenen und unmittelbar
oder mittelbar auf Anspruch 4 rückbezogenen Ansprüche 5 bis 8 wird auf die
Streitpatentschrift EP 1 169 884 B1 verwiesen.
Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei weder neu noch er-
finderisch. Zur Begründung trägt sie vor, im Stand der Technik seien zum Priori-
- 4 -
tätszeitpunkt Flächenlautsprecher sowie Verfahren zum Betreiben derselben mit
den Merkmalen des Patentgegenstandes bereits bekannt gewesen. Hierfür beruft
sie sich auf folgende Druckschriften und Dokumente:
N1
EP 0 847 661 B2
N2
MATLAB Program for Loudspeaker Equalization and Crossover Design:
M. O. J. Hawksford, AN AUDIO ENGINEERING SOCIETY PREPRINT,
presented at the 105
th
Convention, 26. bis 29. September 1998, San
Francisco, Kalifornien, USA
N3
DE 41 11 276 A1
N4
Wie funktioniert das? Die Technik im Leben von heute. Mannheim, Wien,
Zürich, 3. Aufl. 1986, S. 64
Zur Auslegung des Begriffes „Flachlautsprecher“ bzw. „DML“ reicht die Klägerin
N5
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 169 884 mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise verteidigt sie ihr Patent mit ei-
nem in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsantrag mit
der Maßgabe, dass die Patentansprüche 1 und 4 folgende Fas-
sung (ohne Bezugszeichen) erhalten:
1. Verfahren zum Betreiben eines Flächenlautsprechers, bei dem
mindestens eine Schwingspule auf eine plattenförmige Fläche
mit vorbestimmten Materialeigenschaften aufgebracht ist, über
die durch eine Schallquelle elektrisch angeregte(n) Schwing-
- 5 -
spule(n) zum Schwingen angeregt Schall abgestrahlt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
gang dieses Flächenlautsprechers gemessen und seine Fre-
quenzkurve ermittelt wird, dass, zur Erhöhung des Freiheits-
grads in Form- und Materialauswahl und zur Anpassung an
einen Anwendungsfall, für diese Frequenzkurve die dazu in-
verse Frequenzkurve ermittelt wird, dass diese inverse Fre-
quenzkurve in einer Filtereinrichtung als deren Übertragungs-
funktion nachgebildet wird und dass mittels der im Betriebszu-
stand zwischen die Schallquellen und den Flächenlautspre-
cher geschalteten Filtereinrichtung aufgrund deren Übertra-
gungsfunktion der Frequenzgang des Flächenlautsprechers
kompensiert wird.
4.
Flächenlautsprecher
mit
mindestens einer Schwingspule, die auf eine
plattenförmige Fläche mit definierten Materialeigenschaften aufge-
bracht ist und die, durch elektrische Tonsignale angeregt, diese Flä-
dadurch ge-
kennzeichnet, dass
hung des Freiheitsgrads in Form- und Materialauswahl und zur An-
passung an einen Anwendungsfall, eine Filtereinrichtung für die Ton-
signale vorgeschaltet ist, deren Übertragungsfunktion zu dem Fre-
quenzgang des Flächenlautsprechers invers ausgebildet ist.
Sie ist der Ansicht, die Klage sei schon wegen fehlender Substantiierung unzuläs-
sig, jedenfalls aber unbegründet. Es seien - zumindest im hilfsweise verteidigten
Umfang - sowohl die Neuheit des Streitpatents als auch dessen Beruhen auf er-
finderischer Tätigkeit gegeben.
- 6 -
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist die durch Erstreckung auf nunmehr alle
Patentansprüche vorgenommene Klageänderung als sachdienlich i. S. v. § 99
PatG i. V. m. 263 ZPO zu werten, da hierdurch ein weiteres Verfahren vermieden
werden kann.
Der Vortrag der Klägerin ist insoweit auch ausreichend substantiiert.
Die Klage ist auch begründet. Sie führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit
Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, denn der Ge-
genstand der Patentansprüche 1 und 4 ist nicht patentfähig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1
IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 56 EPÜ).
Im Ergebnis kann dahinstehen, ob das Verfahren nach Patentanspruch 1 und der
Flächenlautsprecher nach Patentanspruch 4 gegenüber dem Stand der Technik
zum Prioritätszeitpunkt neu waren, denn jedenfalls beruhen das Verfahren und der
Flächenlautsprecher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Nach dem Ergebnis
der mündlichen Verhandlung war die im Streitpatent beschriebene Lösung für den
hier einschlägigen Durchschnittsfachmann, einen Diplom-Ingenieur der Fachrich-
tung Elektrotechnik mit Schwerpunkt Elektroakustik und mehrjähriger Berufserfah-
rung, zum Prioritätszeitpunkt unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwis-
sens und des Standes der Technik, insbesondere unter Berücksichtigung der bei-
den Druckschriften N1 und N3, nahe liegend.
II.
1. Das Streitpatent betrifft einen Flächenlautsprecher (Anspruch 4) sowie ein
Verfahren zum Betrieb solcher Flächenlautsprecher (Anspruch 1).
Die Streitpatentschrift beschreibt eingangs im Stand der Technik bekannte Aus-
führungen solcher Flächenlautsprecher, wie sie etwa in der DE 484 872 offenbart
sind (Sp. 1 Z. 7-18). Nachteilig fielen aber die elektroakustischen Eigenschaften
von Flächenstrahlern ins Gewicht, die bisher eine weitere Verbreitung verhindert
- 7 -
hätten (Sp. 1 Z. 18-25). Aus diesem Grunde sei auch im Stand der Technik eine
elektronische Kompensation solcher Nichtlinearitäten des Frequenzgangs be-
kannt, etwa aus der GB 2 265 519 A (Sp. 2 Z. 1-15) oder aus der GB 2 289 185 A
(Sp. 2 Z. 16-33). Auch aus der EP 0 168 078 A1 seien Techniken zur Kompensa-
tion der akustischen Fehleigenschaften derartiger Wandler bekannt (Sp. 2 Z. 34-
43). Aus der US 4 675 835 ergebe sich ein Gerät zum Kompensieren von Wieder-
gabefehlern mittels einer Computerschaltung Sp. 2 Z. 44 - Sp. 3 Z. 2). Die
EP 0 567 061 A1 wiederum beschreibe ein Verfahren zur Entzerrung mittels eines
Breitband-Filters, wohingegen die US-A-3 728 497, US-A-3 636 281 und US-A-
3
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531 konstruktive Maßnahmen zur Eliminierung der systembedingten
Nachteile von Flächenstrahlern beschrieben (Sp. 3 Z. 3-31). Zwar seien mit diesen
Maßnahmen gewisse Verbesserungen zu erreichen, eine grundsätzliche Lösung
sei damit aber nicht erreicht worden (Sp. 3 Z. 31-36).
2. Vor diesem Hintergrund bezeichnet es die Streitpatentschrift als zu lösendes
technisches Problem, im Wege einer ersten Teilaufgabe mit einem Verfahren die
Nichtlinearitäten im Frequenzgang der Flächenlautsprecher wenigstens so weit zu
beherrschen, dass sich ein für den jeweiligen Anwendungsfall geeignetes und
natürlich wirkendes Klangspektrum ergibt (Sp. 3 Z. 36-43). Mittels einer zweiten
Teilaufgabe soll ein Flächenlautsprecher geschaffen werden, dessen elektroakus-
tische Eigenschaften so optimiert sind, dass bestimmte Mindestanforderungen an
die Qualität der Beschallung erreicht werden können (Sp. 3 Z. 44-51).
3. Dazu schlägt das Streitpatent ein Verfahren und einen Flächenlautsprecher
mit den folgenden Merkmalen (ohne Bezugszeichen) vor
1. Verfahren zum Betreiben eines Flächenlautsprechers, bei dem
mindestens eine Schwingspule auf eine plattenförmige Fläche mit
vorbestimmten Materialeigenschaften aufgebracht ist, über die
durch eine Schallquelle elektrisch angeregte(n) Schwingspule(n)
dadurch ge-
kennzeichnet, dass
- 8 -
chenlautsprechers gemessen und seine Frequenzkurve ermittelt
wird, dass für diese Frequenzkurve die dazu inverse Frequenz-
kurve ermittelt wird, dass diese inverse Frequenzkurve in einer
Filtereinrichtung als deren Übertragungsfunktion nachgebildet wird
und dass mittels der im Betriebszustand zwischen die Schallquel-
len und den Flächenlautsprecher geschalteten Filtereinrichtung
aufgrund deren Übertragungsfunktion der Frequenzgang des Flä-
chenlautsprechers kompensiert wird.
4.
Flächenlautsprecher
mit
mindestens einer Schwingspule, die
auf eine plattenförmige Fläche mit definierten Materialeigenschaf-
ten aufgebracht ist und die, durch elektrische Tonsignale ange-
regt, diese Fläche zur Schallabstrahlung in Schwingungen ver-
dadurch gekennzeichnet, dass
Schwingspule eine Filtereinrichtung für die Tonsignale vorge-
schaltet ist, deren Übertragungsfunktion zu dem Frequenzgang
des Flächenlautsprechers invers ausgebildet ist.
Zum Hauptantrag
4. Der jeweilige Gegenstand der Patentansprüche 1 und 4 nach Hauptantrag
umfasst den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruchs 1 bzw. 4 nach
Hilfsantrag.
Zum Hilfsantrag
5. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lautet (ohne Bezugszeichen, Gliede-
rungszeichen hinzugefügt):
- 9 -
b) mindestens eine Schwingspule auf eine plattenförmige Fläche
c) über die durch eine Schallquelle elektrisch angeregte(n)
Schwingspule(n) zum Schwingen angeregt Schall abgestrahlt
dadurch gekennzeichnet, dass
d) der akustische Frequenzgang dieses Flächenlautsprechers
e) zur Erhöhung des Freiheitsgrads in Form- und Materialaus-
f) für diese Frequenzkurve die dazu inverse Frequenzkurve
ermittelt wird, dass diese inverse Frequenzkurve in einer Fil-
tereinrichtung als deren Übertragungsfunktion nachgebildet
g) mittels der im Betriebszustand zwischen die Schallquelle und
den Flächenlautsprecher geschalteten Filtereinrichtung auf-
grund deren Übertragungsfunktion der Frequenzgang des Flä-
Der Patentanspruch 4 nach Hilfsantrag lautet (ohne Bezugszeichen, Gliederungs-
zeichen hinzugefügt):
a) Flächenlautsprecher mit mindestens einer Schwingspule, die
auf eine plattenförmige Fläche mit definierten Materialeigen-
schaften aufgebracht ist und die, durch elektrische Tonsignale
angeregt, diese Fläche zur Schallabstrahlung in Schwingun-
gen versetzt,
- 10 -
dadurch gekennzeichnet, dass
b) der mindestens einen Schwingspule,
c) zur Erhöhung des Freiheitsgrads in Form- und Materialaus-
wahl und zur Anpassung an einen Anwendungsfall,
d) eine Filtereinrichtung für die Tonsignale vorgeschaltet ist,
e) deren Übertragungsfunktion zu dem Frequenzgang des Flä-
chenlautsprechers invers ausgebildet ist.
Druckschrift N1 beschreibt ein Verfahren bzw. einen Flächenlautsprecher bei dem
die Verteilung der von dem Material, der Größe und Steifigkeit etc. einer platten-
förmigen Fläche abhängigen natürlichen Resonanzmoden analysiert wird, um den
bzw. die optimalen Anbringungsort(e) der Schwingspule(n) auf der plattenförmigen
Fläche zur Erzielung eines gewünschten Übertragungsverhaltens zu ermitteln
(Ansprüche 1 und 92).
Die Patentinhaberin hat argumentiert, dass beim Gegenstand des Streitpatents
der Anbringungsort der Schwingspule auf der plattenförmigen Fläche frei wählbar
sei. Der daraus resultierende - in der Regel nichtlineare - Frequenzgang wird er-
findungsgemäß mit der zum nichtlinearen Frequenzgang des Flächenlautspre-
chers invers ausgebildeten Filtereinrichtung linearisiert. Die Druckschrift N1 lehre
den Fachmann jedoch, die Schwingspule(n) ausschließlich an den mittels eines
aufwändigen Analyseverfahrens ermittelten Orten anzubringen. Soll bspw. eine
Schaufensterscheibe als plattenförmige Fläche dienen, so kann - je nach Ein-
spannung der Scheibe - bei Anwendung des Analyseverfahrens der N1 die
Schwingspule in einem optisch störenden Bereich der Schaufensterscheibe zu lie-
gen kommen. Damit sei das Verfahren nur für bestimmte Einsatzzwecke brauch-
bar. Die N1 führe den Fachmann daher weg von der erfindungsgemäßen Lösung
des Streitpatents, bei der der Anbringungsort der Schwingspule frei wählbar ist.
Zur Wahl des Befestigungsortes der Schwingspule(n) auf der plattenförmigen Flä-
che sind jedoch den Patentansprüchen 1 und 4 keine Angaben zu entnehmen.
Auch die Beschreibung der Streitpatentschrift gibt dazu keinen Hinweis. Das
- 11 -
Streitpatent umfasst damit auch den aus der N1 bekannten Fall der Anordnung
der Schwingspule an denjenigen Orten der plattenförmigen Fläche, bei denen eine
hohe Effektivität der Schallerzeugung erzielt wird.
Die Druckschrift N1 offenbart dem Fachmann somit einen Flächenlautsprecher mit
mindestens einer Schwingspule, die auf eine plattenförmige Fläche aufgebracht ist
und die, durch elektrische Tonsignale angeregt, diese Fläche zur Schallabstrah-
lung in Schwingungen versetzt (Anspruch
92 i.
V.
m. Anspruch
79 und An-
spruch 17; Merkmal a)
von PA 1 bzw. Merkmal a)
teilweise
von PA 4).
Als plattenförmige Fläche kann gemäß der N1 eine Vielzahl von Materialen unter-
schiedlicher Größe, mit niedriger oder hoher Festigkeit („strength“) und/oder
Biegesteifheit („bending stiffness“) oder unterschiedlicher Struktur eingesetzt wer-
den. Das Material der plattenförmigen Fläche weist somit die durch das jeweilige,
gewählte Material definierten akustischen Materialeigenschaften auf (N1:
Abs. 0067; Merkmal a)
Rest
). Das in Fig. 60a und 60c der N1 dargestellte Ausfüh-
rungsbeispiel offenbart dem Fachmann außerdem eine als passiver Equalizer
ausgebildete analoge Filtereinrichtung (Fig. 60a: LCR network 77, 78, 113) für die
Tonsignale, die der Schwingspule 9 vorgeschaltet ist (N1: Abs. 0204 i. V. m.
Fig. 60a; Merkmale b) und d)). Wie für den Fachmann aus Fig. 60a und 60b ohne
weiteres ersichtlich, ist der an der Schwingspule 9 anliegende Spannungspegel
mittels des passiven Equalizers in Abhängigkeit von der Frequenz veränderbar,
wodurch zwangsläufig der akustische Frequenzgang des Flächenlautsprechers
beeinflussbar ist (Abs. 0204 i. V. m. Fig. 60a, b).
Dem Fachmann sind neben dem Equalizer nach der N1 auch andere Filter zur
Beeinflussung eines Lautsprecherfrequenzganges bekannt. So beschreibt die
Druckschrift N3 ein Verfahren zur Korrektur linearer Verzerrungen elektroakusti-
scher Wandler mit einem Digitalfilter, das dem Wandler, bspw. einem Lautspre-
cher, vorgeschaltet ist (Anspruch 1). Ziel des Vorschaltens des Digitalfilters nach
der N3 ist es, Übertragungsfehler beliebiger Ursache zu korrigieren. Dies gelingt
beim Gegenstand der N3 dadurch, dass die Übertragungsfunktion des Digitalfilters
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zu der Übertragungsfunktion des elektroakustischen Wandlers, d.h. zu dessen
Frequenzgang, invers ausgebildet ist (Anspruch 3; Merkmal e)). Durch eine ent-
sprechend hohe Filterordnung ist auch eine Korrektur der Feinstruktur der Über-
tragungsfunktion möglich (N3: S. 2 letzte Z. 68 bis S. 3 Z. 1).
Veranlasst durch sein beständiges Bestreben nach Verbesserungen liegt es für
den Fachmann nahe, bei dem aus der N1 bekannten Flächenlautsprecher den
Equalizer mit einfacher passiver LCR Filterstruktur durch das Digitalfilter der N3
mit inverser Übertragungsfunktion zu ersetzen und damit in offensichtlich vorteil-
hafter Weise eine Korrektur der Feinstruktur der Übertragungsfunktion des Sys-
tems Schwingspule - plattenförmige Fläche zu erreichen.
Das Merkmalc) des Patentanspruchs4 nach Hilfsantrag, daß die Vorschaltung
der Filtereinrichtung zur Erhöhung des Freiheitsgrads in Form- und Materialaus-
wahl und zur Anpassung an einen Anwendungsfall erfolgt, kann das Beruhen des
Gegenstandes des Patentanspruchs4 nach Hilfsantrag auf einer erfinderischen
Tätigkeit nicht begründen. Mit dem Hinweis aus der N3, wonach bei Anwendung
des inversen Digitalfilters nach der N3 Übertragungsfehler beliebiger Ursache,
insbesondere auch die Feinstruktur einer Übertragungsfunktion korrigierbar ist, er-
kennt der Fachmann aus seinem Fachwissen heraus ohne weiteres, dass mit dem
Digitalfilter nach der N3 auch diejenigen Übertragungsfehler korrigierbar sind, die
durch die in der N1 offenbarten vielfältigen Materialien für die plattenförmige Flä-
che (Abs. 0088: bspw. rigid plastic foam, paper, glass, carbon, Kevlar) verursacht
sind oder bei dem jeweiligen Anwendungsfall (Fig. 25a: Deckenpaneele2; Fig. 39:
Türverkleidung eines Kraftfahrzeugs; Fig. 47: Getränkeautomat) dadurch entste-
hen, wenn die Befestigungsorte der Schwingspule(n) nicht mit dem Analyseergeb-
nis der N1 übereinstimmen (Merkmalc)).
Damit ist der Fachmann aber ohne erfinderische Überlegungen bereits zum Ge-
genstand des Patentanspruchs 4 nach Hilfsantrag gelangt.
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Der Flächenlautsprecher nach Patentanspruch 4 des Hilfsantrags umschreibt in
vorrichtungsmäßiger Ausprägung die Verfahrensmerkmale nach Anspruch 1. Aus
dem Stand der Technik nach der N1 und der N3 entnimmt der Fachmann ohne
weiteres die zu den dort beschriebenen Vorrichtungsmerkmalen korrespondieren-
den Verfahrensschritte gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m.
§ 709 ZPO.
Winkler Dr.
Hartung
Voit Höppler
Kleinschmidt
Pr