Urteil des BPatG vom 02.10.2007
BPatG: edition, beschreibende angabe, unterscheidungskraft, eugh, unternehmen, englisch, rom, internet, patent, begriff
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 121/06
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 306 32 358.3
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 2.
Oktober
2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Ströbele sowie der Richterin Kirschneck und des Richters Eisenrauch
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
08.05
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
hot edition
ist für die Waren
„Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfer-
nungs- und Schleifmittel; Seifen; Mittel zur Körper-
und Schönheitspflege; Parfümeriewaren; Ätherische
Öle; Zahnputzmittel; Haarwässer“
zur Eintragung in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register
angemeldet.
Nach vorangegangener Beanstandung der angemeldeten Marke als eine i. S. v.
„heiße, vielversprechende, großartige, brandaktuelle Ausgabe“ die beanspruchten
Waren lediglich anpreisende bzw. beschreibende Angabe, hat die mit einer Beam-
tin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts die Anmeldung wegen bestehender Schutzhindernisse
nach §§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Der Verkehr
werde den Gesamtbegriff „cool edition“ i. S. v. einer „hervorragenden, besonders
guten Ausgabe“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nicht als be-
trieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich als werbemäßig anpreisende An-
gabe bzw. allgemeinen Qualitätshinweis auffassen. Der in der sprachüblichen
Wortzusammenstellung enthaltende Begriff „edition“ sei vollständig in die deutsche
Sprache eingegangen und werde vom inländischen Verbraucher ohne weiteres als
Hinweis darauf verstanden, dass es sich bei den betreffenden Waren um eine
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Sonderausgabe oder eine limitierte Produktserie handle. Auch wenn ursprünglich
insbesondere auf dem Sektor der Bücher und Musikalien gebraucht, werde die
Bezeichnung „Edition“ heute für die verschiedensten Produkte, u. a. auch auf den
hier in Rede stehenden Gebieten der Kosmetik und der Waschmittel beschreibend
verwendet, wie die anliegenden Beispiele zeigten. Das weitere englische Wort
„cool“ habe sich in Deutschland über die Jugendsprache zu einem Trendwort mit
der Bedeutung „hervorragend, besonders gut“ entwickelt. Aufgrund des demnach
für die deutschen Verbraucher im Vordergrund stehenden Qualitätshinweises sei
der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft abzusprechen. Darüber hinaus
müssten die Mitbewerber der Anmelderin mit der angemeldeten Wortfolge ohne
Behinderung durch Markenrechte Dritter auf Qualitätsmerkmale ihrer Waren hin-
weisen können, so dass auch ein Freihaltebedürfnis bestehe. Die von der Anmel-
derin angeführten Markeneintragungen führten zu keiner anderen Beurteilung, da
vergleichbare oder selbst identische Voreintragungen keinen Anspruch auf Re-
gistrierung unter den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes, der Gleichbe-
handlung oder der Selbstbindung der Verwaltung schafften. Dem Beschluss sind,
neben Verwendungsbeispielen aus dem Internet betreffend das Wort „Edition“,
zwei Fundstellen aus Wörterbüchern betreffend das Wort „hot“ beigefügt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
Die Anmelderin hat angekündigt, keine Beschwerdebegründung einzureichen, und
um Entscheidung nach Aktenlage gebeten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
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II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg.
Zwar leidet der angegriffene Beschluss an einem nicht unwesentlichen Begrün-
dungsmangel, der die Möglichkeit eröffnen würde, den Beschluss aufzuheben und
ohne eigene Sachentscheidung an die Markenstelle zurückzuverweisen (§ 70
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die sachliche Begründung des Beschlusses bezieht sich
nämlich nicht auf die im Tenor zurückgewiesene Marke „hot edition“, sondern auf
die von der Anmelderin parallel angemeldete, mit Beschluss der Markenstelle vom
selben Tag ebenfalls zurückgewiesene Marke 306 32 359.1 „cool edition“. Von der
Möglichkeit einer Zurückverweisung sieht der Senat aber aus Gründen der Verfah-
rensökonomie ab. Nachdem sich die beiden dem angefochtenen Beschluss bei-
gefügten Kopien aus Wörterbüchern auf das in der zurückgewiesenen Marke „hot
edition“ enthaltene Adjektiv „hot“ beziehen, hat die Markenstelle offenbar nur irr-
tümlich die Begründung aus ihrem die parallele, ähnlich gebildete Markenanmel-
dung „cool edition“ zurückweisenden Beschluss übernommen. Es besteht daher
kein Anlass für die Annahme, dass die Markenstelle bei einer erneuten Entschei-
dung über die Anmeldung „hot edition“ zu einer anderen Beurteilung der Schutzfä-
higkeit gelangen würde, weshalb eine Zurückverweisung der Sache nur eine un-
nötige Verfahrensverzögerung zur Folge hätte (vgl. Ströbele/Hacker, Markenge-
setz, 8. Aufl., § 70 Rdn. 5).
Nach Auffassung des Senats steht der Eintragung der angemeldeten Marke „hot
edition“ jedenfalls das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke in-
newohnende (konkrete) Eignung, vom maßgeblichen Publikum, d. h. den normal
informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern der in
Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen, als Unterscheidungsmittel für die
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betreffenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber sol-
chen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer
Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2003, 227, 232 f.
(Nr. 61, 62) „Orange“; GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) „Henkel“; GRUR 2004,
943, 944 (Nr.
23, 24) „SAT.2“; BGH GRUR
2006, 850, 854 (Nr.
17)
„FUSSBALL WM 2006“). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Recht-
sprechung insbesondere solche Wortmarken, denen die maßgeblichen Verkehrs-
kreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vorder-
grund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2001,
1151, 1152 „marktfrisch“; GRUR
2001, 1153 „antiKALK“; a. a. O. (Nr. 19)
„FUSSBALL WM 2006“; EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) „Postkantoor“). Je-
doch ist das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nicht auf konkret
Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibende Angaben beschränkt
(vgl. EuGH a.
a.
O. (Nr.
86) „Postkantoor“; GRUR
2004, 680, 681 (Nr.
19)
„BIOMILD“; BGH GRUR 2003, 1050 „Cityservice“). Vielmehr fehlt nach der Recht-
sprechung auch solchen Marken die erforderliche Unterscheidungseignung, deren
Aussagegehalt sich in einer bloßen Anpreisung oder Werbeaussage allgemeiner
Art erschöpft (vgl. BGH GRUR 2001, 735, 736 „Test it.“; GRUR 2002, 1070, 1071
„Bar jeder Vernunft“) oder die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der
deutschen Sprache oder geläufigen Wörtern einer fremden Sprache bestehen,
welche etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder den
Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wer-
den (vgl. BGH a. a. O. „Cityservice“; a. a. O. (Nr. 19) „FUSSBAL WM 2006“). Aus-
gehend hiervon ist die Annahme gerechtfertigt, dass die angemeldete Wortmarke
„hot edition“ von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen nicht als ein
Zeichen aufgefasst werden wird, welches auf die Herkunft der mit der Anmeldung
beanspruchten Waren der Klasse 3 aus einem bestimmten Unternehmen hinweist,
sondern lediglich als eine die besondere Qualität der Waren anpreisende Angabe
werblicher Art.
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Das in der zu beurteilenden Wortkombination sprachregelgerecht mit einem Ad-
jektiv zusammengesetzte Substantiv „edition“ ist ein sinngleich in der englischen
und in der deutschen Sprache enthaltener Begriff mit der Bedeutung „Ausgabe,
Auflage, Herausgabe“ (vgl. Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl.
Mannheim 2005 [CD-ROM]; Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6.
Aufl.
Mannheim 2006 [CD-ROM]; jeweils zu „E/edition“). Wie die Markenstelle anhand
von einschlägigen Verwendungsbeispielen aus dem Internet belegt hat, wird der
ursprünglich aus dem Bereich des Verlagswesens stammende Ausdruck mittler-
weile für Waren unterschiedlichster Art zur Bezeichnung von besonderen Ausga-
ben bzw. Serien eines bestimmten Produktes eingesetzt (vgl. hierzu beispielhaft in
der Anlage des angefochtenen Beschlusses die Internet-Seite mit dem Erfah-
rungsbericht eines Verbrauchers über das Flüssigwaschmittel „Ariel Pure Frische
(Special Edition)“, in dem es heißt: „…ein Flüssigwaschmittel von Ariel entdeckt!
Eine Special Edition!! Nur für kurze Zeit erhältlich!!! Das konnte ich mir doch nicht
entgehen lassen….“; s.
auch BPatG PAVIS
PROMA 26
W
(pat)
142/02
„EDITION“, 28 W (pat) 119/00 „Olympic Limited Edition“).
Das in der Marke vorangestellte, die „edition“ näher bestimmende einfache engli-
sche Adjektiv „hot“ ist in seiner Bedeutung „heiß“ i. S. v. „prima, wunderbar,
klasse, großartig, stark, sensationell, aufregend“ (vgl. Duden Oxford, Großwörter-
buch Englisch, 3. Aufl. Mannheim 2005 [CD-ROM] zu „hot“; Duden - Deutsches
Universalwörterbuch, a. a. O. zu „heiß“, sowie die beiden dem angefochtenen Be-
schluss beigefügten Kopien aus Hermann Ehmann, Endgeil, Das voll korrekte
Lexikon der Jugendsprache, München 2000, S. 114, und aus Reinhart von
Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Englisch-Deutsch, Band I, 1990, S. 878; je-
weils zu „hot“) dem inländischen Publikum allgemein geläufig (vgl. auch den in die
deutsche Sprache eingegangenen englischen Ausdruck „Hotpants“ = heiße Ho-
sen, Duden - Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O. zu „Hotpants“).
In der sich daraus nächstliegend ergebenden gesamtbegrifflichen Bedeutung
„heiße, prima, großartige, starke, sensationelle Edition“ werden die angesproche-
nen Verkehrskreise die Bezeichnung „hot edition“ im Zusammenhang mit den in
Rede stehenden Waren der Klasse 3, im Wesentlichen Wasch- und Reinigungs-
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mittel sowie Parfümeriewaren und Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, un-
mittelbar, ohne weitere Überlegungen anstellen zu müssen, als bloße werbliche
Anpreisung von Produkten begreifen, die einer qualitativ großartigen, starken,
sensationellen Produktausgabe bzw. -serie angehören, nicht hingegen als ein die
Herkunft der betreffenden Waren aus einem bestimmten Unternehmen kenn-
zeichnendes Unterscheidungsmittel.
Soweit sich die Anmelderin vor der Markenstelle auf ihrer Meinung nach ver-
gleichbare in Deutschland eingetragene Marken mit dem Wortbestandteil „hot“
beruft (u. a. Nr. 301 12 871 „hotcups“, Nr.
303
59
491 „hot music radio“;
Nr. 397 41 931 „hot shots“), wurde bereits in dem angefochtenen Beschluss zu-
treffend darauf hingewiesen, dass Voreintragungen identischer oder vergleichba-
rer Marken für die Beurteilung der Schutzfähigkeit nachträglich angemeldeter Mar-
ken durch das Deutsche Patent- und Markenamt bzw. das Bundespatentgericht
keinerlei verbindliche Bedeutung haben (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 529 „Auto-
felge“; BlPMZ 1998, 248, 249 „Today“; BPatG GRUR 2007, 333, 335 ff. „Papaya“;
BPatG BlPMZ 2007, 236, 237 ff. „CASHFLOW“; EuGH GRUR a. a. O. (Nr. 59-65)
„Henkel“). Abgesehen davon sind die von der Anmelderin angeführten Marken im
Hinblick auf die darin enthaltenen abweichenden Wortbestandteile, insbesondere
auch in ihrer (gesamt)begrifflichen Aussage, nicht notwendig mit der vorliegenden
Markenanmeldung vergleichbar.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahingestellt bleiben, ob die angemeldeten
Marke auch wegen des Schutzhindernisses einer ausschließlich aus beschreiben-
den Angaben bestehenden Marke nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintra-
gung ausgeschlossen ist.
Ströbele Eisenrauch
Kirschneck
Bb