Urteil des BPatG vom 09.12.2009
BPatG: stand der technik, form, patentanspruch, fluss, erfindung, einspruch, neuheit, ausdehnung, physik, patentfähigkeit
BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
20 W (pat) 343/05
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
9. Dezember 2009
…
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
…
- 2 -
betreffend das Patent 103 18 350
…
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden
Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die Richterin Werner sowie die Richter
Dipl.-Ing. Gottstein und Dipl.-Ing. Kleinschmidt
beschlossen:
Das Patent 103 18 350 wird beschränkt aufrechterhalten auf der
Grundlage der folgenden Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 6 gemäß Hauptantrag aus der mündli-
chen Verhandlung,
- Beschreibung und Zeichnungen 3 und 4 gemäß Hauptantrag
aus der mündlichen Verhandlung,
- Zeichnungen 1, 2, 5 bis 11 gemäß Patentschrift.
- 3 -
G r ü n d e
I.
Gegen das Patent 103 18 350 mit der Bezeichnung „Induktiver Näherungsschal-
ter“, dessen Erteilung am 9. Dezember 2004 im Patentblatt veröffentlicht wurde,
haben die Einsprechenden 1 und 2 jeweils am 9. März 2005 Einspruch eingelegt.
Die Einsprechende 1 macht geltend, dass der Patentgegenstand
- nicht patentfähig sei (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische
Tätigkeit), § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG,
- das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offen-
bare, dass ein Fachmann sie ausführen könne, § 21 Abs. 1
Nr. 2 PatG, und
- der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in
der ursprünglich eingereichten Fassung hinausginge, § 21
Abs. 1 Nr. 4 PatG.
Die Einsprechende 2 macht geltend, dass der Patentgegenstand
- das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare,
dass ein Fachmann sie ausführen könne, § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG, und
- nicht patentfähig sei (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätig-
keit), § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG,
Die Einsprechende 1 stützt ihren Einspruch auf die Druckschriften:
D1
JP 6-45904 AA
D1a
JP 6-45904 A (Offenlegungsschrift zu D1)
D2
EP 0 276 113 A2
- 4 -
D3
US 6, 545,464 B1
D4
DE 198 50 749 C1
D5
JP 59-190719 A
D6
DE 100 12 830 A1
D7
DE 40 31 252 C1
D8
DE 43 39 419 C2
D8a
DE 43 39 419 A1 (Offenlegungsschrift zu D8)
D9
EP 0 130 940 B2
D9a
EP 0 130 940 A1 (Offenlegungsschrift zu D9)
D10
DE 39 12 840 A1
D11
EP 0 805 339 B1
D11a
EP 0 805 339 A1 (Offenlegungsschrift zu D11)
D11b
DE 697 17 188 T2 (deutsche Übersetzung zu D11)
D12
DE 44 42 994 A1
D13
NÜHRMANN, D.: Das große Werkbuch der Elektronik. Poing :
Franzis’; 6. Aufl., 1994, S. 958-960
D14
JUNGE, H.-D. [Hrsg.]: Brockhaus abc Elektronik. Leipzig : Brock-
haus, 1978, S. 97-98, 299-300, 428-430, 454-455
D15
LENK, Richard [Hrsg.]: Physik. Band 1, Leipzig : Brockhaus, 1989,
S. 151
D16
Brockhaus Technik von A-Z. Augsburg: Weltbild, 2001, S. 93
D17
GB 574,955
D18
DOBRINSKI, Paul; KRAKAU, Gunter; VOGEL, Anselm: Physik für
Ingenieure. Stuttgart : B. G. Teubner, 7. Auflage, 1988, S. 295
Die Einsprechende 2 stützt ihren Einspruch auf die Druckschriften:
D1’
JP 6-45904 AA
(= D1)
D2’
EP 0 276 113 A2
(= D2)
D3’
US 6,043,644
D4’
DE 100 12 830 A1
(= D6)
- 5 -
D5’
DE 40 31 252 C1
(= D7)
D6’
US 6,404,192 B1
D7’
US 4,255,711
D8’
DE 43 39 419 C2
(= D8)
D9’
US 4,345,208
Die Einsprechenden beantragen übereinstimmend,
das Patent 103 18 350 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
das Patent 103 18 350 beschränkt aufrechtzuerhalten auf der
Grundlage folgender Unterlagen:
Hauptantrag:
- Patentansprüche 1 bis 6 aus der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung und Zeichnungen 3 und 4 aus der mündlichen
Verhandlung,
- Zeichnungen 1, 2, 5 bis 11 gemäß Patentschrift;
hilfsweise
- Patentansprüche 1 bis 6 aus der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung und Zeichnungen 3 und 4 aus der mündlichen
Verhandlung,
- Zeichnungen 1, 2, 5 bis 11 gemäß Patentschrift.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
„Induktiver Näherungsschalter mit einer Sendespule (S) und einer
in deren magnetischem Wechselfeld (H) derart angeordneten
- 6 -
Empfangsspule (E), dass der vom magnetischen Wechselfeld (H)
in der Empfangsspule eingeprägte magnetische Fluss ( ) in der
Schalt- oder Ruhestellung des Näherungsschalters Null oder nahe
Null ist, wobei die Spulen (S, E), benachbart versetzt zueinander
angeordnet sind, dass die aus der Spulenfläche (16) der Sende-
spule (S) austretenden Feldlinien (H), die die Spulenfläche (17)
der Empfangsspule (E) in einer Richtung durchdringen, die Spu-
lenfläche 17 der Empfangsspule (E) auch in Gegenrichtung
dadurch gekennzeichnet
spule (E) eine ringförmige Spulenfläche in Form einer zu einem
offenen Ring gebogenen Schmalfläche aufweist und die Sende-
spule (S) eine kreisförmige Spulenfläche (16) aufweist, deren Pe-
ripherie von der Empfangsspule (E) ringsum überlappt wird.“
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:
„Induktiver Näherungsschalter mit einer Sendespule (S) und einer
in deren magnetischem Wechselfeld (H) derart angeordneten
Empfangsspule (E), dass der vom magnetischen Wechselfeld (H)
in der Empfangsspule eingeprägte magnetische Fluss ( ) in der
Schalt- oder Ruhestellung des Näherungsschalters Null oder nahe
Null ist, wobei die Spulen (S, E), benachbart versetzt zueinander
angeordnet sind, dass die aus der Spulenfläche (16) der Sende-
spule (S) austretenden Feldlinien (H), die die Spulenfläche (17)
der Empfangsspule (E) in einer Richtung durchdringen, die Spu-
lenfläche 17 der Empfangsspule (E) auch in Gegenrichtung
dadurch gekennzeichnet
spule (E) eine ringförmige Spulenfläche in Form einer zu einem
offenen Ring gebogenen Schmalfläche aufweist und die Sende-
spule (S) eine kreisförmige Spulenfläche (16) aufweist, deren Pe-
ripherie von der Empfangsspule (E) ringsum überlappt wird, wobei
- 7 -
beide Spulen (E, S) Flachspulen sind, deren Wicklungen von Lei-
terbahnen einer gemeinsamen Leiterplatte gebildet sind.“
An den Patentanspruch 1 schließen sich jeweils die erteilten Patentansprüche 2
bis 5 sowie als Unteranspruch 6 nach Umnummerierung der erteilte Unteran-
spruch 7 an.
Zu dem Wortlaut dieser Ansprüche und der jeweils zugehörigen Beschreibung
wird auf die Akte verwiesen.
Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Patentan-
spruchs 1 in der gegenüber der erteilten Fassung beschränkten Fassung gemäß
Hauptantrag in Hinblick auf den Stand der Technik neu sei und auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit beruhe.
Die Einsprechenden machen die vorgetragenen Widerrufsgründe auch bezüglich
der beschränkt verteidigten Anspruchsfassungen gemäß Haupt- und Hilfsantrag
geltend.
II.
Die Erfindung betrifft einen induktiven Näherungsschalter, dessen Merkmale sich
wie folgt gliedern lassen:
a)
Induktiver Näherungsschalter
b)
mit einer Sendespule (S) und
c)
einer in deren magnetischem Wechselfeld (H) derart
angeordneten Empfangsspule (E), dass der vom magneti-
schen Wechselfeld (H) in der Empfangsspule eingeprägte
magnetische Fluss ( ) in der Schalt- oder Ruhestellung des
Näherungsschalters Null oder nahe Null ist,
- 8 -
d)
wobei die Spulen (S, E), benachbart versetzt zueinander
angeordnet sind, dass die aus der Spulenfläche (16) der
Sendespule (S) austretenden Feldlinien (H), die die Spulen-
fläche (17) der Empfangsspule (E) in einer Richtung durch-
dringen, die Spulenfläche (17) der Empfangsspule (E) auch
in Gegenrichtung durchdringen,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,
e)
dass die Empfangsspule (E) eine ringförmige Spulenfläche
f)
in Form einer zu einem offenen Ring gebogenen Schmalflä-
che aufweist und
g)
die Sendespule (S) eine kreisförmige Spulenfläche (16) auf-
weist,
h)
deren Peripherie von der Empfangsspule (E) ringsum über-
lappt wird.
1.
Die Einsprüche sind zulässig. Sie wurden form- und fristgerecht erhoben. In
den Einsprüchen sind auch die Tatsachen, die sie nach Auffassung der Einspre-
chenden rechtfertigen, im Einzelnen angegeben.
Die Einsprüche sind jedoch, soweit das Patent von der Patentinhaberin be-
schränkt verteidigt wird, nicht begründet.
2.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist zulässig. Der Anspruch 1 ist ge-
genüber dem erteilten Patentanspruchs 1 dadurch eingeschränkt, dass festegelegt
wird, dass die Empfangsspule eine ringförmige Spulenfläche in Form einer zu ei-
nem offenen Ring gebogenen Schmalfläche aufweist und die Sendespule eine
kreisförmige Spulenfläche aufweist, deren Peripherie von der Empfangsspule
ringsum überlappt wird. Der erteilte Patentanspruch 1 ließ demgegenüber noch
offen, welche der beiden Spulen (Empfangsspule E oder Sendespule S) die ring-
förmige Spulenfläche und welche der beiden Spulen die kreisförmige Spulenfläche
aufweist.
- 9 -
Darüber hinaus ist konkret angegeben, dass die ringförmige Spulenfläche der
Empfangsspule die Form einer zu einem offenen Ring gebogenen Schmalfläche
hat.
Die insoweit beschränkt verteidigte Variante ist in den ursprünglichen Unterlagen
offenbart und in der Patentschrift als Ausführungsbeispiel beschrieben (Ab-
sätze [0011], [0026], [0027], Fig. 3).
Die Unteransprüche 2 bis 6 gemäß Hauptantrag gehen unmittelbar auf die ur-
sprünglich eingereichten Ansprüche 2, 5 bis 7 und 9, die als Patentansprüche 2
bis 5 und 7 erteilt wurden, zurück und begegnen keinen Bedenken bezüglich ihrer
Zulässigkeit.
3.
Als für die Beurteilung der Lehre des Patentgegenstandes und des Standes
der Technik maßgeblichen Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur mit
universitärem Abschluss der Fachrichtung Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt
elektrische Messtechnik an, der über Berufserfahrungen bei der Entwicklung und
Produktion von induktiven Näherungssensoren bzw. -schaltern verfügt.
Von diesem Fachmann kann erwartet werden, dass er mit den verschiedenen Ty-
pen von induktiven Näherungssensoren vertraut ist.
Soweit in dem Anspruch die Rede von einer „Spulenfläche“ ist, versteht der
Fachmann nach Überzeugung des Senats darunter diejenige Schnittfläche durch
die Spule, die von der (einzigen) stromdurchflossenen Wicklung oder der äußers-
ten stromdurchflossenen Wicklung der Spule eingeschlossen wird und von den
Feldlinien des von der stromdurchflossenen Spule erzeugten magnetischen Fel-
des in der gleichen Richtung durchdrungen wird.
- 10 -
Den Begriff der „Schmalfläche“ legt der Senat dahingehend aus, dass damit eine
Fläche gemeint ist, deren Ausdehnung entlang einer gedachten Mittellinie wesent-
lich größer ist als jede Ausdehnung senkrecht zu der gedachten Mittellinie.
Insoweit wird die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fach-
mann sie ausführen kann.
4.
Der Lehre des verteidigten Patentanspruchs 1 liegt die Aufgabe zugrunde, bei
einem gattungsgemäßen Näherungsschalter die Empfindlichkeit zu erhöhen (Ab-
satz [0007] der Beschreibung gemäß Hauptantrag).
5.
Für die Beurteilung der Patentfähigkeit zieht der Senat die von den
Einsprechenden genannten Druckschriften GB 574,955 (D17) und US 4,255711
(D7’) in Betracht. Die anderen von den Einsprechenden zur Stützung ihrer Ein-
sprüche genannten Druckschriften wurden von den Verfahrensbeteiligten in der
mündlichen Verhandlung nicht näher in Betracht gezogen. Dies entspricht der
Überzeugung des Senats, dass diese anderen Druckschriften weiter ab liegen und
keiner näheren Betrachtung bedürfen.
a)
ced-inductor system) zum Aufspüren von verdeckten magnetischen oder leitfähi-
gem Material bekannt (Seite 2, Zeilen 72-79) Bei Einbringen eines magnetischen
Körpers, sei es durch Annäherung des Gerätes an den Gegenstand oder umge-
kehrt, wird die induktiven Kopplung der Spulen verändert und dadurch der ge-
wünschte Nachweis möglich (Seite 3, Zeilen 78-93; Merkmal a). Hierzu weist das
Spulensystem eine zweigeteilte Sendespule (pair of conductors 15, 16; Merk-
mal b) und eine Empfangsspule (inductor 18) auf, die so gegenüber den beiden
Teilspulen der Sendespule angeordnet ist, dass zwischen Sende- und Empfangs-
spule keine Kopplung besteht (Seite 2, Zeilen 43-54; Seite 3, Zeilen 62-77), was
soviel bedeutet, dass der vom magnetischen Wechselfeld in der Empfangsspule
eingeprägte magnetische Fluss im Normalfall ohne eingebrachten Metallgegens-
- 11 -
tand Null oder nahe Null ist (Merkmal c). Modellmäßig ist dies angesichts der in
der Figur 1 dargestellten Überlappung von Sende- und Empfangsspule mit der
Vorstellung identisch, dass die aus der Spulenfläche der Sendespule austretenden
Feldlinien, die die Spulenfläche der Empfangsspule in einer Richtung durchdrin-
gen, die Spulenfläche der Empfangsspule auch in der Gegenrichtung durchdrin-
gen (Merkmal d). Die Sendespule 15, 16 hat eine ringförmige Spulenfläche, die
sich zwischen der innen liegenden Spule 16 und der außen liegenden Spule 15
bildet. Bedingt durch die Beschaltung der Spulen, wie sie aus der Figur 1 des
Druckschrift D17 ersichtlich ist, fließt der Strom in der Innenspule 16 im Gegensinn
zum Strom in der Außenspule 15, so dass die Feldlinie des magnetischen Feldes
die Fläche zwischen den beiden Spulen 15 und 16 in der gleichen Richtung
durchdringen und außerhalb der genannten Fläche entgegengesetzt verlaufen.
Die Empfangsspule 18 hat eine kreisförmige Spulenfläche, deren Peripherie von
der Sendespule ringsum überlappt wird (Figur 1). Dies bedeutet aber zugleich,
dass auch die Peripherie der durch die Spulen 15 und 16 gebildeten Spulenfläche,
insbesondere die innere Peripherie, von der Empfangsspule 18 überlappt wird
(Merkmal h), da der Fachmann im Lichte der Gesamtoffenbarung unter „überlap-
pen“ lediglich eine Schichtung als solche versteht, ohne dass es darauf ankäme,
welche der Spulen über bzw. unter der anderen Spule angeordnet ist.
b)
Metalldetektors, mithin ein induktiver Näherungssensor (Merkmal a), bekannt, die
eine Sendespule (transmit coil 22 bzw. 22’; Merkmal b), eine Empfangsspule (re-
ceive coil 34 bzw. 34’) und eine Kompensationsspule (cancel coil 30 bzw. 30’)
aufweist. Typisch für die Anordnung ist, dass mittels der Sendespule ein Feld auf-
gebaut wird, das in einem bestimmten Bereich unterhalb des Suchkopfes durch
die Kompensationsspule kompensiert wird, so dass in diesem Bereich ein feld-
freies Volumen entsteht. Die Sendespule und die Kompensationsspule sind zu
diesem Zweck gegensinnig zusammengeschaltet (Spalte 8, Zeilen 17-19; Figur 3),
was insbesondere in dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 6 dazu führt, dass die
Sendespule und die Kompensationsspule gemeinsam ein Feld erzeugen, das ei-
- 12 -
ner Spule mit einer ringförmigen Spulenfläche entspricht. Die Empfangsspule
weist eine kreisförmige Spulenfläche auf (Figuren 2, 6) und ist vollständig in dem
von der genannten ringförmigen Spulenfläche frei gelassenen Zentrum angeord-
net (Spalte 8, Zeilen 41-44; Figur 2, 6). Dass sich die Sende- und Empfangsspule
bzw. die aus Sende- und Kompensationsspule zusammengesetzte Spule und die
Empfangsspule sich irgendwie überlappen würden, ist in der Druckschrift D7’ nicht
ausgeführt, im Gegenteil: es ist angegeben, dass der Durchmesser der Emp-
fangsspule 34 kleiner ist als der Durchmesser der Kompensationsspule 30 und
konzentrisch zu derselben angeordnet ist, so dass eine Überlappung ausscheidet
(Spalte 8, Zeilen 41-44). Zwar sei dies nicht essentiell, eine Alternative dazu ist je-
doch nicht offenbart. In der Druckschrift D7’ wird weiter darauf hingewiesen, dass
es für die Gesamtanordnung wichtig sei, dass die Empfangsspule 34 keine sub-
stantielle induktive Kopplung zu dem kombinierten Feld der Sendespule 22 und
der Kompensationsspule 30 aufweisen dürfe, wenn der Suchkopf in seiner nor-
malen Position ausgerichtet sei (Spalte 8, Zeilen 44-50). Dies entspricht im We-
sentlichen der in dem Merkmal c angegebenen Bedingung. Anders als beim Ge-
genstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag wird die Entkopplung aber
nicht durch ein Gleichmaß von ein- wie austretende Feldlinien erreicht, sondern
durch die feldfreie Zone infolge der Kompensation.
6.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist neu. Keiner
der in Betracht gezogenen Druckschriften kann ein induktiver Näherungsschalter
mit allen im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen entnommen werden. So
ist weder der Druckschrift D17 noch der Druckschrift D7’ eine Schaltung zu ent-
nehmen, bei der die Empfangsspule eine ringförmige Spulenfläche in Form einer
zu einem offenen Ring gebogenen Schmalfläche aufweist (Merkmale e und f) und
die Sendespule eine kreisförmige Spulenfläche aufweist (Merkmal g). Bei der Lö-
sung gemäß der Druckschrift D7’ fehlt darüber hinaus auch die Überlappung der
Peripherie der Sendespule durch die Empfangsspule (Merkmal h).
Die gewerbliche Anwendbarkeit des Gegenstandes ist unstrittig gegeben.
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Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht aber auch auf
einer erfinderischen Tätigkeit.
a) Vom Stand der Technik gemäß der Druckschrift D17 unterscheidet sich der
Gegenstand des beschränkt verteidigten Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag
dadurch, dass die Empfangsspule eine ringförmige Spulenfläche aufweist (Merk-
mal e) und die Sendespule eine kreisförmige Spulenfläche aufweist (Merkmal g).
Außerdem ist die ringförmige Spulenfläche in Form einer zu einem offenen Ring
gebogenen Schmalfläche gebildet (Merkmal f). Die Unterscheidungsmerkmale e
und g bedeuten im Ergebnis nichts anderes, als dass Sende- und Empfangsspule
gegenüber dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift D17 in ihrer Funktion
vertauscht sind.
Der Senat hat, wie auch von den Einsprechenden vorgetragen, in Betracht gezo-
gen, dass dem Fachmann aus seinem Fachwissen bekannt ist, dass die Gegenin-
duktivität richtungsunabhängig ist. Es kommt nämlich nicht darauf an, welche der
beiden Spulen in einem Zweispulensystem bestromt wird, die Kopplung der Spu-
len als Proportionalitätsfaktor zwischen induzierter Spannung einerseits und
Stromänderung andererseits ist gleich (vgl. z. B. Druckschrift D18).
Jedoch bestand für den Fachmann keine Veranlassung, von diesem Wissen aus-
gehend, die in der Druckschrift D17 offenbarte Zuordnung von Sende- und Emp-
fangsfunktion zu den Spulen zu vertauschen. Dies wäre jedoch Voraussetzung,
um eine Naheliegen der beanspruchten Lehre festzustellen (in diesem Sinne:
BGH, Urteil vom 30. April 2009 - Xa ZR 56/05, GRUR 2009, 743 - Airbag-Auslöse-
steuerung). Die mit der Vertauschung einhergehenden Verbesserungen der Emp-
findlichkeit, die insbesondere aus der bei vertauschter Bestromung geänderten
Feldverteilung resultieren, waren für den Fachmann nicht ohne weiteres erkenn-
bar.
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Hinzu tritt, dass der Fachmann im Stand der Technik keine Anregung dafür gefun-
den hat, die Empfangsspule so zu gestalten, dass ihre Spulenfläche in Form einer
zu einem offenen Ring gebogenen Schmalfläche ausgebildet ist. Zwar ist eine sol-
che Spule in der Figur 6 der Druckschrift D7’ schematisch gezeigt, die dort ge-
zeigte Spule strebt aber eine gänzlich andere technische Wirkung an. Sie ist näm-
lich dazu vorgesehen und ausgelegt, in ihrem Zentrum einen feldfreien Raum zu
schaffen. Dieser Gedanke ist dem Ausgangspunkt der Entwicklung, der Druck-
schrift D17 jedoch fremd. Die aus den Spulen 22’ und 30’ zusammengesetzte
Spule ist zudem auch nur dann als aus zu einem offenen Ring gebogenen
Schmalfläche anzusehen, wenn sie lediglich eine einzige Windung aufweist. Die
Beschreibung geht jedoch davon aus, dass die Spulen 22 und 30 mehrere Win-
dungen haben (Spalte 8, Zeilen 36-41), was im Wesentlichen auch für die Spu-
len 22’ und 30’ zutreffen dürfte.
Der Senat ist überzeugt, dass die anspruchgemäße Lösung ausgehend vom
Stand der Technik gemäß der Druckschrift D17 auch in Kenntnis der Lehre der
Druckschrift D7’ nicht nahegelegen hat.
b)
Überlegungen des Fachmanns macht, liegt der beanspruchte Gegenstand für den
Fachmann nicht nahe.
Vom Stand der Technik gemäß der Druckschrift D7’ unterscheidet sich der Ge-
genstand des beschränkt verteidigten Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag da-
durch, dass die Sende- und die Empfangsspule funktionell vertauscht sind und die
Peripherie der Spulenfläche der Sendespule von der Empfangsspule ringsum
überlappt wird.
Aus den selben Gründen wie bei der Druckschrift D17 liegt auch hier schon die
funktionelle Vertauschung von Sende- und Empfangsspule für den Fachmann
nicht nahe.
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Aber auch die Überlappung der Peripherie der Spulenfläche der Sendespule durch
die Empfangsspule ist angesichts des grundlegenden Konzepts der Lehre der
Druckschrift D7’, einen feldfreien Raum zu schaffen, in den die Empfangsspule
detektiert, nicht nahegelegt. Denn die aus der Druckschrift D17 an sich bekannte
Überlappung bei der Lehre der Druckschrift D7’ vorzusehen, würde eine völlige
Abkehr von dem erfolgreichen Konzept der Druckschrift D7’ bedeuten. Hierzu be-
stand keine Veranlassung (BGH - Airbag-Auslöseeinrichtung, a. a. O.).
c)
ten keine Anregungen liefern, zu dem beanspruchten Gegenstand zu gelangen,
gilt er als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
7.
Der beschränkt verteidigte Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß
Hauptantrag erfüllt demzufolge sämtliche Patentierungsvoraussetzungen. Die
Unteransprüche 2 bis 6 gemäß Hauptantrag gestalten den Gegenstand des Pa-
tentanspruchs 1 zweckmäßig, in nicht nur trivialer Weise weiter aus und sind mit
diesem patentierbar.
Die Einsprüche sind folglich bezogen auf den Hauptantrag unbegründet.
Die Änderung der Beschreibung erfolgt lediglich unter redaktionellen Anpassung
an den beschränkt verteidigten Gegenstand. Die Änderung der Zeichnungen be-
richtigen lediglich offensichtliche Unrichtigkeiten in der Beschriftung
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8.
Nachdem der Hauptantrag der Patentinhaberin Erfolg hat, kommt es auf deren
Hilfsantrag nicht mehr an.
Dr. Mayer
Werner
Gottstein
Kleinschmidt