Urteil des BPatG vom 24.10.2006

BPatG: begriff, bekleidung, verwechslungsgefahr, eugh, rom, verkehr, patent, wiedergabe, kennzeichnungskraft, wörterbuch

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 140/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
08.05
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betreffend die Marke 304 22 131
hat der 27.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
24. Oktober 2006 durch …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Widersprechende hat gegen die am 13. August 2004 veröffentlichte Eintra-
gung der am 22. April 2004 angemeldeten und für „Handtaschen, Badetaschen,
Einkaufstaschen, Reisetaschen, Schultaschen, Geldbörsen, Abendtaschen, Le-
dertaschen, Lederimitationstaschen, Schlüsseletuis aus Leder, Brieftaschen,
Rucksäcke, Beutel aus Leder, Reise- und Handkoffer, Sporttaschen, Gürtelta-
schen, Brustbeutel, Kulturtaschen, Sonnenschirme, Regenschirme; Bekleidungs-
stücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Bekleidung aus Leder, Bekleidung aus
Lederimitation, Gürtel und Handschuhe (Bekleidung); Spitzen, Stickereien, Bän-
der, Schnürbänder, Haken, Ösen, künstliche Blumen, Haarschmuck“ geschützten
Marke Nr. 304 22 131
façon
Widerspruch eingelegt aus ihrer am 10.
März
1995 angemeldeten und seit
28. Juli 995 für „Schuhwaren; Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Ta-
schen und andere, nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Be-
hältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüs-
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seltaschen; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme“ eingetrage-
nen Marke Nr. 395 10 790
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
Beschluss vom 30. Juni 2005 den Widerspruch zurückgewiesen, weil sich die
einander gegenüberstehenden Marken trotz teils identischer, teils hochgradig
ähnlicher Waren ausreichend voneinander unterschieden. Von der Wider-
spruchsmarke unterscheide sich die jüngere Marke in schriftbildlicher Hinsicht
durch das fehlende Bildelement und klanglich durch die Abweichung in der Wort-
mitte; dabei würden die inländischen Verbraucher den Buchstaben „ç“ in der jün-
geren Marke wie „s“ und nicht wie „k“ wiedergeben, so dass sich nicht nur durch
den zusätzlichen Buchstaben „L“ in der älteren Marke, sondern auch infolge der
verschiedenen Aussprache der Buchstaben „C“ in der Widerspruchsmarke und „ç“
in der angegriffenen Marke deutlich hörbare Unterschiede ergäben.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Widersprechenden.
Sie ist der Ansicht, dass sich die Marken in schriftbildlicher wie klanglicher Hinsicht
sehr nahe kämen. In visueller Hinsicht würden die Unterschiede, nämlich das zu-
sätzliche „L“ in der Widerspruchsmarke und die Cedille im Buchstaben „C“ in der
angegriffenen Marke, die ansonsten bestehende starke Ähnlichkeit kaum beein-
trächtigen. Klanglich läge allenfalls ein Unterschied wegen des zusätzlichen Buch-
stabens „L“ in der Widerspruchsmarke vor, der ebenfalls an der bestehenden star-
ken klanglichen Ähnlichkeit der beiden Zeichen nichts ändere. Dabei werde der
Buchstabe „ç“ in der angegriffenen Marke von der Mehrzahl der angesprochenen
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Verkehrskreise wie ein „k“ ausgesprochen, weil der in der deutschen Sprache
nicht vorhandene Buchstabe unbekannt und auch nicht infolge der Eindeutschung
des französischen Begriff „façon“ eine Aussprache wie „Fasson“ nahe gelegt sei.
Nach der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende ihren Widerspruch
hinsichtlich der angegriffenen Waren „Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Be-
kleidung aus Lederimitation, Gürtel und Handschuhe (Bekleidung); Spitzen, Sti-
ckereien, Bänder, Schnürbänder, Haken, Ösen, künstliche Blumen, Haarschmuck“
zurückgenommen und beantragt nunmehr,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 30. Juni 2005 unter Anordnung der
Löschung der deutschen Marke 304 22 131 hinsichtlich der Waren
„Schuhwaren; Handtaschen, Badetaschen, Einkaufstaschen, Rei-
setaschen, Schultaschen, Geldbörsen, Abendtaschen, Leder-
aschen, Lederimitationstaschen, Schlüsseletuis aus Leder, Brief-
taschen, Rucksäcke, Beutel aus Leder, Reise- und Handkoffer,
Sporttaschen, Gürteltaschen, Brustbeutel, Kulturtaschen, Sonnen-
schirme, Regenschirme“ aufzuheben.
Die Markeninhaber hat zu der Beschwerde keine Stellung genommen und auch
keinen Antrag gestellt.
Beide Beteiligte haben sich nach der mündlichen Verhandlung mit einem Über-
gang ins schriftliche Verfahren einverstanden erklärt.
II
A.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle
hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den
Widerspruch mangels einer Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken
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nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG
zurückgewiesen.
Unter Berücksichtigung der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr mitein-
ander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und Marken-
ähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl. EuGH
GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei
ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähn-
lichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl.
EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz. 23 f. - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923
Tz. 16 f. - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243), ist der Grad der Markenähnlichkeit
trotz der weitgehend identisch beanspruchten Waren und normaler Kennzeich-
nungskraft der Widerspruchsmarke - auch klanglich - zu gering, um eine Ver-
wechslungsgefahr zu begründen.
In schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die gegenüberstehenden Marken
schon infolge der grafischen Ausgestaltung der Widerspruchsmarke, die in der
angegriffenen Wortmarke keine Entsprechung findet und bei einer rein visuellen
Wahrnehmung kaum unbeachtet bleibt, in erheblichem Maße.
Darüber hinaus teilt der Senat die Ansicht der Markenstelle, dass auch in klangli-
cher Hinsicht Verwechslungen nicht zu befürchten sind. Bei einer klanglichen
Wiedergabe der Widerspruchsmarke wird diese zwar nur mit ihrem Wortbestand-
teil „FALCON“ benannt werden, weil es sich hierbei um die einfachste Benen-
nungsmöglichkeit handelt (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rn. 592
m. w. N.; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rn. 296 m. w. N.), sodass
das Bildelement bei der Beurteilung einer klanglichen Verwechslungsgefahr unbe-
rücksichtigt zu bleiben hat. Aber auch dann sind Verwechslungen mit der ange-
griffenen Marke „façon“ nicht zu befürchten. Dass diese bei ihrer klanglichen Wie-
dergabe von nicht nur unmaßgeblichen Teilen des Verkehrs - zu dem wegen der
Art der betroffenen Waren alle Inlandsverbraucher gehören - dabei wie [fakon]
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ausgesprochen wird, wie die Widersprechende meint, kann dabei nicht angenom-
men werden. Dem steht nämlich bereits die besondere Schreibweise des „ç“ in der
angegriffenen Marke entgegen, die den Verbrauchern ohne Weiteres auffallen
wird. Hinzu kommt, dass der dem Markenwort zugrundeliegende französische
Begriff zwischenzeitlich sowohl in der Originalschreibweise als auch in der einge-
deutschten Form „Fasson“ Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat (vgl.
Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2003 [CD-ROM],
Stichwort „Façon“), was dafür spricht, dass der der angegriffenen Marke zugrun-
deliegende Begriff dem überwiegenden Teil des deutschen Verkehrs auch in der
Originalschreibweise geläufig ist. Aber selbst wenn dies - was allenfalls noch für
einen geringen Teil der Verkehrskreise gelten kann - ausnahmsweise nicht der
Fall sein sollte, haben sie keinerlei Veranlassung, den Buchstaben „ç“ wie ein „k“
auszusprechen. Dabei ist zunächst schon nicht erkennbar, aus welchem Grund
sie den Buchstaben „ç“ gerade mit dem Buchstaben „c“ identifizieren sollten; denn
dieser nach allgemeinen Ausspracheregeln wie ein stimmloses („scharfes“) „s“
auszusprechende Buchstabe (vgl. DUDEN, Aussprachewörterbuch, 4. Aufl., S. 75)
begegnet dem Verkehr auch in anderen in den deutschen Sprachgebrauch über-
nommenen Begriffen wie Aperçu, Curaçau oder Garçon (vgl. DUDEN, Ausspra-
chewörterbuch, a. a. O.) und ist großen Teilen des Verkehrs zudem auch aus tür-
kischen Namen und Begriffen geläufig. Aber selbst diejenigen nahezu vernachläs-
sigbaren Teilen des Verkehrs, welche weder den der angegriffenen Marke
zugrundeliegenden Begriff noch die Aussprache des in ihr enthaltenen Buchsta-
bens „ç“ kennen und diesen daher leichtfertig mit dem Buchstaben „c“ gleichset-
zen, haben keine Veranlassung, die angegriffene Marke nur wie „[fakon]“ auszu-
sprechen; denn eine Regel, dass der Buchstabe „c“ in der deutschen Sprache, in
der er als Einzelbuchstabe nur bei Fremdwörtern vorkommt, stets wie „k“ ausge-
sprochen wird, besteht gerade nicht. Zwar ist dies, soweit ihm die Buchstaben a, l,
o, r und u nachfolgen, bei eingedeutschten Begriffen wie Café, Clown, Cour, Crew
oder Curé der Fall, daneben wird er aber bei Wörtern lateinischer oder griechi-
scher Herkunft wie ein „z“, bei aus der englischen, französischen oder spanischen
Sprache übernommenen Begriffen wie ein stimmloses „s“ (und damit wie der
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Buchstabe „ç“) und in aus dem Italienischen stammenden Begriffen wie ein „tsch“
ausgesprochen (vgl. DUDEN, Aussprachewörterbuch, a. a. O.); überwiegend wer-
den die wenigen Teile des Verkehrs, welche den Begriff „façon“ genauso wenig
wie den Buchstaben „ç“ kennen und letzteren daher einem „c“ gleichsetzen, somit
dazu neigen, ihn gerade nicht wie den Buchstaben „k“ auszusprechen. Demge-
genüber werden die Teile des Verkehrs, soweit sie den der Widerspruchsmarke
zugrundeliegenden englischen Begriff für „Falke“ (vgl. Duden-Oxford, Großwörter-
buch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM], Stichwort „falcon“) nicht erkennen und
das Markenwort „FALCON“ daher in deutscher Aussprache wiedergeben, dieses
stets wie „[falkon]“ aussprechen, weil eine andere Aussprache des Buchstabens
„C“ infolge des vorangehenden Buchstabens „L“ wegen der damit bestehenden
Ausspracheprobleme so gut wie ausgeschlossen ist.
Aber selbst wenn Teile des Verkehrs den Buchstaben „C“ in beiden Marken gleich
aussprechen, wird ihnen der verbleibende Unterschied kaum entgehen, weil bei
den beiden lediglich zweisilbigen und damit recht kurzen Wörtern der zusätzliche
Buchstabe „L“ in der Widerspruchsmarke ohne Weiteres auch bei ungünstigen
Übertragungsbedingungen - an die allerdings bei der Beurteilung der Verwechs-
lungsgefahr ohnehin keine zu geringen Anforderungen zu stellen ist, weil der Ver-
kehr bei zunehmend schlechteren Bedingungen zur Nachfrage neigen wird, was
Verwechslungen gerade entgegenwirkt - auf.
Da die Markenstelle den Widerspruch somit zu Recht zurückgewiesen hat, war der
hiergegen gerichteten Beschwerde der Widersprechenden der Erfolg zu versagen.
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B.
Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71
Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat
es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen
Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
gez.
Unterschriften