Urteil des BPatG vom 27.01.2004
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BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 249/03
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 303 00 989.6
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 27. Januar 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler
sowie der Richterinnen Pagenberg und Dr. Hock
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 20. Januar 2003 die Wortmarke
Messeprojekt
für verschiedene Dienstleistungen der Klassen 35, 37, 39 und 42 angemeldet
worden. Nach entsprechender Beanstandung durch die Markenstelle wurde das
Dienstleistungsverzeichnis gefaßt wie folgt:
„Werbung, Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen
(Klasse
35); Installationsarbeiten, insbesondere Aufbau von
Messeständen (Klasse 37); Verpackung und Lagerung von Waren
(Klasse 39); technische Projektplanungen (Klasse 42)“.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat daraufhin mit Schreiben vom 24. März 2003 die
Anmeldung im Hinblick auf § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG beanstandet und aus-
geführt, daß noch 100.-- € an Klassengebühren innerhalb eines Monats zu zahlen
seien. Sie hat in diesem Zusammenhang auf § 36 Abs 3 Satz 3 MarkenG hinge-
wiesen. Daraufhin haben die Vertreter der Anmelderin mit einem beim Deutschen
Patent- und Markenamt am 14. April 2003 eingegangenen Schreiben einen Ver-
rechnungsscheck über die weiter zu zahlenden Klassengebühren in Höhe von
100.-- € eingereicht.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Erstprüferbeschluß vom
7. Mai 2003 zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß die Anmeldung im Umfang
der Dienstleistungen der Klasse 42 als zurückgenommen gelte, da für diese keine
Klassengebühren entrichtet worden seien. Ein seit Januar 2002 nicht mehr zuläs-
siger übersandter Scheck sei zurückgeschickt worden, eine erneute Einzahlung
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sei nicht erfolgt. Der Umfang des Dienstleistungsverzeichnisses werde auf die
Klassen 35, 37 und 39 festgelegt. Im Umfang der Dienstleistungen der Klasse 42
gelte die Anmeldung als zurückgenommen.
Hinsichtlich der verbliebenen Dienstleistungen fehle es der angemeldeten Marke
an jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Auch liege ein
Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vor. Es handle sich um eine
rein beschreibende Sachangabe hinsichtlich der Thematik und Bestimmung der
beanspruchten Dienstleistungen, nämlich daß diese im Rahmen eines Messepro-
jektes angeboten werden sollen.
Diese Entscheidung hat die Markenstelle für Klasse 35 im Erinnerungsbeschluß
vom 14. August 2003 bestätigt.
Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung beantragt die Anmelderin sinn-
gemäß,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Sie trägt vor, daß das zusammengesetzte Wort „Messeprojekt“ gerade in dieser
Form nicht verkehrsüblich sei, was sich bereits aus der Nichteintragung dieses
Begriffs im Duden ergebe. Durch die Zusammensetzung der Wörter „Messe“ und
„Projekt“ sei eine Marke mit eigenem Sinngehalt entstanden.
Im übrigen habe sich die Marke gemäß § 8 Abs 3 MarkenG durchgesetzt. Durch
die 12-jährige Tätigkeit auf dem Gebiet der Projektierung, der Planung sowie der
Produktion sei es zu einer überregionalen Verknüpfung der angemeldeten Marke
mit den beanspruchten Dienstleistungen gekommen. Durch das Betreiben von
Niederlassungen unter derselben Firma in Berlin, Dresden und Potsdam sei die
Bekanntheit derartig weit, daß es sich nicht nur um eine regionale Identifikation
des Namens „Messeprojekt“ mit den ausgeübten Tätigkeiten handle.
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Der Senat hat die Anmelderin mit Zwischenbescheid vom 30. Dezember 2003
darauf hingewiesen, daß Gegenstand der Beschwerde nur die Anmeldung hin-
sichtlich der Klassen 35, 37 und 39 sei und daß Bedenken hinsichtlich der Er-
folgsaussichten der Beschwerde bestünden. Gleichzeitig wurden der Anmelderin
verschiedene Ermittlungsunterlagen des Senats übersandt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Verfahrensgegenständlich sind gemäß § 36 Abs 3 MarkenG lediglich noch die
Dienstleistungen der Klassen 35, 37 und 39. Hinsichtlich der Klasse 42 gilt die
Anmeldung als zurückgenommen (§ 36 Abs 3 Satz 2 MarkenG). Die Anmelderin
hat trotz entsprechender Aufforderung durch die Markenstelle mit Amtsbescheid
vom 24. März 2003 lediglich einen seit Januar 2002 nicht mehr zulässigen Scheck
übersandt und somit die Klassengebühren nicht in ausreichender Höhe bezahlt.
2. Nach Auffassung des Senats fehlt der angemeldeten Bezeichnung „Messe-
projekt“ hinsichtlich der verbliebenen Dienstleistungen jedenfalls jegliche Unter-
scheidungskraft, so daß sie bereits wegen des absoluten Schutzhindernisses nach
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die Markenstelle
hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs 1 MarkenG zu-
rückgewiesen.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden
konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke
erfaßten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Un-
ternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab an-
zulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um die-
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ses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH GRUR
2002, 540
- OMEPRAZOK; GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Kann demnach einer Wort-
marke kein für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund
stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich
auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten
Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Ver-
wendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungs-
mittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die
vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft
fehlt (stRspr BGH aaO - OMEPRAZOK; BGH aaO - Cityservice).
Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze der jüngeren Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs nach dem Erlaß der Entscheidung des Europäischen Ge-
richtshofs „Farbe Orange“ (MarkenR 2003, 227 ff) in Zukunft in vollem Umfang
weiter aufrechterhalten werden können. Jedenfalls wird die angemeldete Marke
selbst den bisher vom Bundesgerichtshof aufgestellten niedrigeren Anforderungen
an die Unterscheidungskraft nicht gerecht.
Die angemeldete Bezeichnung ist aus den beiden deutschen Begriffen „Messe“
und „Projekt“ in einem Wort zusammengesetzt. Zwar weist die Anmelderin zutref-
fend darauf hin, daß der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in einer Ge-
samtheit mit all seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne
es einer zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen, so daß bei aus mehre-
ren Bestandteilen bestehenden Marken das Vorliegen des Schutzhindernisses
nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG für die Wortfolge in seiner Gesamtheit festzustellen
ist (BGH MarkenR 2000, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Das
Gesamtzeichen hat aber im vorliegenden Fall für die angesprochenen Verkehrs-
kreise, hier neben Fachkreisen weitgehend auch das allgemeine Publikum, bezo-
gen auf die angemeldeten Dienstleistungen einen eindeutigen, rein beschreiben-
den Begriffsinhalt. Wie die Markenstelle insoweit bereits zutreffend ausgeführt hat,
werden die angesprochenen Verkehrskreise das begehrte Zeichen im Zusam-
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menhang mit den verbliebenen Dienstleistungen dahingehend verstehen, daß es
sich um solche handelt, die im Zusammenhang mit einem Messevorhaben stehen.
Die Dienstleistungen sämtlicher verbliebener drei Klassen können mit der Reali-
sierung einer entsprechenden Ausstellung im Zusammenhang stehen.
Für diese Deutung des Gesamtbegriffes spricht auch die vom Senat durchgeführte
Internetrecherche, aus der sich ergeben hat, daß der Begriff „Messeprojekt“ be-
reits beschreibende Verwendung findet. So wird beispielsweise auf der Internet-
seite der Messe Dresden (www.saxonia-drachen.de) über ein „Messeprojekt
Dresdner Herbst 2000“ berichtet, auf der Homepage der berufsbildenden Schule
der Region Hannover (www.bbs11.de) wird ein „Messeprojekt Perpignan“ vorge-
stellt und unter (www.medialas.de) ist ein „Messeprojekt Geisterhaus“ zu finden. In
einer Magisterarbeit der Fachhochschule Hochschule für Stuttgart Fachrichtung
Technik wird unter dem Titel „Kennzahlen für das Messeprojektmanagement“ der
hier begehrte Ausdruck vielfach in beschreibender Art und Weise verwendet. Auch
in einer Niederschrift über die 6. Plenarsitzung des Gemeinderates der Stadt
Karlsruhe vom 18. April 2000 wird ein „Messeprojekt“ vorgestellt (www.karls-
ruhe.de).
Insgesamt werden die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke
daher in Bezug auf die streitgegenständlichen Dienstleistungen in ihrem beschrei-
benden Gehalt erkennen und damit nicht als Betriebskennzeichen ansehen.
Der Senat neigt im übrigen zur Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses an dem
beschreibenden Gesamtbegriff „Messeprojekt“, was hier jedoch keiner ab-
schließenden Beurteilung mehr bedarf.
3. Die von der Anmelderin behauptete Verkehrsdurchsetzung der Marke gemäß
§ 8 Abs 3 MarkenG wurde nicht im erforderlichen Umfang glaubhaft gemacht.
Grundsätzlich muß eine Anmelderin, die eine Verkehrsdurchsetzung geltend
macht, deren Voraussetzungen schlüssig darlegen und belegen. Die insoweit zu-
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nächst erforderliche Glaubhaftmachung verlangt Angaben, aus denen sich ergibt,
in welcher Form, für welche Dienstleistungen, von wem, auf welchem Gebiet und
in welchem Umfang sowie seit wann die angemeldete Angabe im Verkehr nach
Art einer Marke eingesetzt worden ist. Hierfür geeignete Belege sind insbesondere
Kataloge, Preislisten, Werbematerial, sowie Angaben über die bisher erzielten
Umsätze oder Werbeaufwendungen (vgl beispielsweise BPatG GRUR 2000, 428
- Farbmarke gelb/schwarz; MarkenR 2002, 348 - farbige Arzneimittelkapsel).
Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen der Anmelderin im vorliegen-
den Fall nicht. Sie hat lediglich - ohne Nennung entsprechender Zahlen und Fak-
ten mit Zuordnung zu den jeweils begehrten Dienstleistungen - ausgeführt, daß
die Anmelderin seit 12 Jahren auf dem Gebiet der Projektierung, der Planung so-
wie der Produktion von Messen tätig sei. Insbesondere das Vorbringen der An-
melderin, daß durch das Betreiben von Niederlassungen unter derselben Firma (!)
in Berlin, Dresden und Potsdam eine weite Bekanntheit erzielt worden sei, stellt
keinen ausreichend schlüssigen und substantiierten Sachvortrag dar. Bei dieser
Sachlage bedurfte es keiner weiteren sachaufklärender Hinweise des Senats.
Winkler Pagenberg Dr.
Hock
Cl