Urteil des BPatG vom 15.11.2000

BPatG (marke, dreidimensionale marke, verwechslungsgefahr, kennzeichnungskraft, motiv, beschwerde, verhandlung, klasse, sache, schatten)

BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 13/00
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
15. November 2000
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 396 24 768
BPatG 154
6.70
- 2 -
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 15. November 2000 unter Mitwirkung der Vorsitzen-
den Richterin Winkler sowie des Richters Dr. Fuchs-Wissemann und der Richterin
Klante
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die nachfolgende Darstellung
siehe Abb. 1 am Ende
für
- 3 -
Kekse, Mehl, Oblaten, Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren
und Konditorwaren, Süßwaren; Pralinen, Waffeln;
Seifen, Wasch- und Bleichmittel; Parfümerien, ätherische Öle,
Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputz-
mittel; Deodorante;
Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft
oder auf dem Wasser
unter der Nr 396 24 768 als dreidimensionale Marke registriert worden.
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der prioritätsälteren Bildmarke 1 185 202
siehe Abb. 2 am Ende
die Schutz genießt für
Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Haarfärbe-,
-tönungs-, -fixier- und -festigungsmittel, Dauerwellpräparate, Haar-
bleichmittel, Haarwaschmittel, Haarpflegemittel, Haarneutralisati-
onsmittel, Haarkuren, Haarspülungen.
Mit Beschluß vom 10. März 1998 hat die Markenstelle für Klasse 30 den Wider-
spruch durch einen Beamten des gehobenen Dienstes mangels Verwechslungs-
- 4 -
gefahr zurückgewiesen. Vom Gesamteindruck her bestehe keinerlei Verwechs-
lungsgefahr, denn die angegriffene Marke sei nach links unten gerichtet (allenfalls
ihr Stiel stehe nach rechts oben), die Widerspruchsmarke dagegen nach oben. Die
angegriffene Marke sei hell, feingliedrig und durchgezeichnet, sie lasse das
Rippenwerk des Blattes erkennen. Die Widerspruchsmarke dagegen sei dunkel,
vollflächig schwarz bzw grau, nicht durchgezeichnet und weise erheblich stärkere
Einkerbungen auf. Einen Motivschutz gebe es nicht. Die bloße Möglichkeit, daß in
zwei bildlich verschiedenen Abbildungen unter Umständen dasselbe Motiv erkannt
werde, reiche noch nicht für die Annahme einer markenrechtlich relevanten
Ähnlichkeit aus.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat die Markenstelle - besetzt mit einem Be-
amten des höheren Dienstes - durch Beschluß vom 27. Oktober 1999 im wesent-
lichen aus den gleichen Erwägungen zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
Sie macht geltend, die Waren der Vergleichsmarken stünden sich sehr nahe, so
daß strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen seien. Entgegen der
Auffassung der Markenstelle komme es nicht darauf an, ob die Zacken der
Blätterdarstellungen nach unten oder oben zeigten, da die Marken den Verbrau-
chern auf dem Markt in unterschiedlichen, von der Registrierung abweichenden
Positionen begegnen könnten. Der Verkehr werde sich bei Konfrontation mit der
jüngeren Marke an das in der älteren Marke enthaltene Blatt erinnern.
Sie beantragt,
- 5 -
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
10. März 1998 und vom 27. Oktober 1999 aufzuheben und die
angegriffene Marke im Umfang der Warenklasse 3 zu löschen.
Der in der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2000 nicht vertretene
Markeninhaber hat keinen Antrag gestellt und sich auch nicht in der Sache ge-
äußert.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig (§ 66 Abs 1, 2 und 5 Mar-
kenG), in der Sache jedoch unbegründet, da eine Verwechslungsgefahr der Ver-
gleichsmarken im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht besteht.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 "Sabèl/Puma; BGH
GRUR 2000, 506, 508 ATTACHÉ/TISSERAND"). Dabei besteht eine Wechselbe-
ziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähn-
lichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Wa-
ren/Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke
(BGH aaO).
Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist davon auszugehen, daß die sich
gegenüberstehende Waren der Klasse 3 recht ähnlich sind, so daß grundsätzlich
strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen sind (BGH GRUR 1995,
216, 219 "Oxygenol II"). Darüber hinaus kann eine normale Kennzeichnungskraft
der Widerspruchsmarke unterstellt werden, wenngleich dem Senat bekannt ist,
daß auf dem vorliegenden Warensektor gerade für Haarpflegemittel Blätter- bzw
Pflanzendarstellungen beliebte Ausstattungselemente sind, mit denen auf Na-
turextrakte hingewiesen werden soll. Die Frage einer Kennzeichnungsschwäche
- 6 -
kann indes letztlich dahingestellt bleiben, weil die sich gegenüberstehenden Mar-
ken so unterschiedlich sind, daß markenrechtlich relevante Verwechslungen auch
bei normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht feststellbar sind.
Die Gemeinsamkeit der sich gegenüberstehenden Marken erschöpft sich in der
Darstellung eines Blattes. Dies erzeugt noch keine Verwechslungsgefahr. Eine
Marke, in der ein Motiv verkörpert ist, kann Schutz nur gegen die Verwendung
desselben Motivs in jüngeren Marken beanspruchen, soweit es sich um Darstel-
lungen handelt, die mit der älteren geschützten Form als bildlich oder begrifflich
ähnlich anzusehen sind. Hierbei sind bildliche Darstellungen umso weniger als
begrifflich ähnlich anzusehen, je allgemeiner ein gemeinsamer Sinngehalt gefaßt
werden müßte, um die Gleichheit des Motivs zu begründen (Althammer/Ströbele,
MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 117, vgl GRUR 1996, 198, 200 "Springende Raub-
katze"). Um eine derart allgemein gehaltene Übereinstimmung im bloßen Motiv
eines Blattes handelt es sich im vorliegenden Fall, da die Darstellungen sehr ver-
schieden sind. Die jüngere Marke ist ein (Spitz-)Ahornblatt, während die ältere
Marke eher an ein Feigen- oder (Roß-)Kastanienblatt denken läßt. Das gestielte
Ahornblatt ist dreizählig gefiedert, gezähnt und gedrungen, das Feigenblatt hin-
gegen hat 5 schlanke Finger und läßt Blattadern erkennen. Ein Stiel fehlt. Wäh-
rend die jüngere Marke nur einen leichten Schatten andeutet, wirft das Ahornblatt
einen weiten Schatten.
Für eine Kostenauferlegung bestand nach der Sach- und Rechtslage kein Anlaß
(§ 71 Abs 1 MarkenG).
Richterin Klante ist wegen
- 7 -
Krankheit an der Unter-
schrift verhindert.
Winkler
Hu
Abb. 1
- 8 -
Abb. 2