Urteil des BPatG vom 08.01.2003

BPatG (marke, zeichen, deutschland, verwendung, unterscheidungskraft, gestaltung, bildmarke, farbe, klasse, eintragung)

BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 14/01
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 20 872
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 8. Januar 2003 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den
Richter Voit und die Richterin k. A. Fink
BPatG 152
6.70
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes
vom 26. Oktober 2000 aufgehoben.
G r ü n d e
I
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist das Zeichen
siehe Abb. 1 am Ende
als farbige Eintragung in den Farben Magenta und Grau für die Waren und
Dienstleistungen
„elektrische, elektronische, optische Mess-, Signal-, Kontroll-
oder Unterrichtsapparate und –instrumente (soweit in Klasse 9
enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbei-
tung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenles-
bare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mecha-
niken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und
Computer;
Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder ge-
prägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel
(ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);
Werbung und Geschäftsführung;
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Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte, Immobilienwesen;
Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die
Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;
Transport und Lagerwesen;
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienst-
leistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszei-
ten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern
von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Da-
tenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und
Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation“.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat
die Anmeldung mit Beschluss vom 26. Oktober 2000 zurückgewiesen. Begrün-
dend wird ausgeführt, das angemeldete Zeichen bestehe im Wesentlichen aus
dem Begriff „Deutschland“, bei dem es sich im Hinblick auf die beanspruchten
Waren und Dienstleistungen um eine unmittelbar beschreibende, nicht unter-
scheidungskräftige und freihaltebedürftige Angabe handle. Der Begriff
„Deutschland“ weise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und
Dienstleistungen ausschließlich auf einen speziellen Bezug auf das Herstel-
lungsland oder darauf hin, dass die so gekennzeichneten Produkte den dort
herrschenden Anforderungen genügen. Hierbei handele es sich einerseits um
ein Wort der Alltagssprache, zum anderen stehe einer Eintragung ein Freihalte-
bedürfnis entgegen, da Mitbewerbern der Anmelderin die Möglichkeit eines
entsprechenden Hinweises erhalten bleiben müsse. Auch die graphische Ges-
taltung des Zeichens sei nicht geeignet, dessen Schutzfähigkeit zu begründen,
denn die konkrete Formgebung des Buchstabens „t“, der sich an das in E-Mail-
Adressen enthaltene Symbol „@“ anlehne, sei heute nicht mehr originell genug,
bei Verwendung innerhalb eines ansonsten schutzunfähigen Begriffs das ent-
gegenstehende Schutzhindernis zu überwinden. Schließlich könne auch die
farbliche Gestaltung die Eintragungshindernisse nicht beseitigen, da sie völlig
im Rahmen der üblichen Werbegraphik liege. Etwas anderes folge auch nicht
aus dem von der Anmelderin vorgetragenen hohen Zuordnungsgrad der
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abstrakten Farben Grau und Magenta, da diese Einzelmerkmale durch den aus
der Kombination mehrerer Bestandteile bestehenden - schutzunfähigen - Ge-
samtbegriff zurückgedrängt würden.
Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben. Zur Begründung verweist sie darauf,
das angemeldete Zeichen werde sowohl durch die gewählte Farbgebung in
Grau und Magenta als auch durch die Verfremdung des Buchstabens „t“ unter-
scheidungskräftig charakterisiert. Sie bezieht sich auf die Voreintragungen der
abstrakten Farbmarke Grau/Magenta unter der Rollennummer 395 52 629 und
der Marke 300 20 659.
Auch ein Freihaltebedürfnis liege nicht vor, weil ein beschreibender Bezug der
beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit dem angemeldeten Zeichen
nicht festgestellt werden könne.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen
Patent- und Markenamtes vom 26. Oktober 2000 aufzuheben.
II
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet. Nach Auffassung des
Senates stehen der angemeldeten Marke in ihrer konkreten Ausgestaltung we-
der die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG noch des § 8 Abs
2 Nr 2 MarkenG entgegen.
1.
Die angemeldete Marke ist eine Kombinationsmarke, die sich aus dem
Wortbestandteil „Deutschland“, dem graphisch und in der Anmeldung farblich
hervorgehobenen „
“ und der Farbgebung Grau und Magenta zusammensetzt.
Auch ohne dass sich die Beschwerdeführerin in einer Beschreibung zur Anmel-
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dung des Zeichens als Bildmarke auf die beiden Farben bezogen hat, ist ihr
Eintragungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Schutzgegenstandes der
Marke auf diese konkrete Farbgestaltung festgelegt zu prüfen (ständige Recht-
sprechung BPatG GRUR 1997, 283 - TAX FREE; GRUR 1997, 285 - VISA
Streifenbild; GRUR 2002, 166 - Grüne Kartusche; zuletzt mit ausführlicher Be-
gründung Beschluß vom 18.7.2002, 25 W (pat) 149/01 in MarkenR 2002, 348
- Arzneimittelkapsel grün/creme).
2.
An der angemeldeten Bildmarke ist ein Freihaltungsbedürfnis iSv § 8
Abs. 2 Nr 2 MarkenG nicht ersichtlich, denn sie besteht nicht ausschließlich aus
solchen Angaben gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, die die beanspruchten Wa-
ren und Dienstleistungen konkret beschreiben. Es mag sein, dass das Gestal-
tungselement
der angemeldeten Marke für sich genommen als Hinweis auf
Telekommunikationsdienstleistungen und das Wort „Deutschland“ als Hinweis
auf den geographischen Einsatzbereich in Frage kommen könnten. Diese bei-
den Elemente sind jedoch nicht die einzigen Gestaltungsmerkmale der ange-
meldeten Darstellung. Hinzu tritt die Farbgebung in den Buchstaben. Dabei
entsteht der Eindruck einer Bildkomposition. Darin unterscheidet sich die an-
gemeldete Marke deutlich von einer reinen Warenbeschreibung. Darum ist für
sie auch kein Freihaltungsbedürfnis ersichtlich. Das wird auch daran deutlich,
dass die Eintragung der vorliegenden Bildmarke die Anmelderin nicht dazu be-
rechtigt, Mitbewerber in der freien Verwendung des Wortes „Deutschland“ oder
des Elementes
oder der Verwendung der Farbe „magenta/grau“ zur
Warenbeschreibung zu behindern, selbst wenn es sich dabei um das Einzel-
element oder die Farben als solche, wie sie zu den Gestaltungselementen der
angemeldeten Marke gehören, handeln sollte.
3.
Das Zeichen entbehrt auch nicht der Unterscheidungskraft. Der Wortbe-
standteil „Deutschland“ des Kombinationszeichens ist zwar als solcher nicht
schutzfähig, da er – wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat – als Begriff
der Alltagssprache stets nur als solcher und nicht als betrieblicher Herkunftshin-
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weis verstanden wird. Damit fehlt ihm die für eine Marke unerlässliche Eigen-
schaft, als Unterscheidungsmittel der Waren und Dienstleistungen eines Unter-
nehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu dienen (st Rspr, vgl BGH
GRUR 1999, 1089 WRP 1999, 1167 – YES). Er wird ausschließlich als Aus-
sage über einen – wie auch immer gearteten – Sachbezug zu Deutschland ver-
standen.
4.
Auch aus der Verwendung des in Anlehnung an das Zeichen „@“
gebildeten Symbols „
“ für den Buchstaben „t“ in dem Wort „Deutschland“ folgt
nicht die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens.
Auch wenn das „
“ in Alleinstellung möglicherweise die erforderliche Eignung
zu einem betrieblichen Unterscheidungsmerkmal aufweisen mag (vgl insoweit
BGH GRUR 2000, 608 – ARD-1; BPatG 30 W (pat) 127/01 – Kombination von
@ mit dem Euro-Symbol), ist dies bei einer Platzierung als notwendigem Buch-
staben in der Mitte eines Gesamtwortes nicht ohne weiteres der Fall. Hier wird
der Verkehr es lediglich als besonders gestaltete Form des „t“ ansehen, das auf
einen Bezug zum Internet hinweisen soll beziehungsweise einen aktuellen
Trend zum Ausdruck bringt (BPatG Mitt 2002, 28 – Computer).
5.
Trotzdem führt die zur Beurteilung der Schutzfähigkeit notwendige Ge-
samtbetrachtung des Zeichens, so wie der Verkehr es aufnimmt, vorliegend
noch zu Schutzgewährung. Aus der in den Buchstaben festgelegten Farbge-
bung Grau zusammen mit der Verwendung des Symbols „
“ in der Farbe Ma-
genta resultiert ein schutzbegründendes Charakteristikum, das über den Cha-
rakter eines die Wortbedeutung nur graphisch erläuternden Bildelementes hi-
nausgeht und dem Zeichen einen hinreichenden nicht jegliche Unterschei-
dungskraft ermangelnden Gesamteindruck verleiht (BGH GRUR 2001, 239
- Zahnpastastrang). Dieser Gesamteindruck, gebildet allein aus der Kombina-
tion der Elemente, begründet einerseits die Schutzfähigkeit, beschränkt sie
andererseits aber gleichzeitig auf die hier zu beurteilende Gestaltung (vgl BGH
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GRUR 1991, 136 – NEW MAN; aaO, 608 – ARD-1), woraus eine doppelte Be-
schränkung resultiert, nämlich einerseits hinsichtlich der graphischen Gestal-
tung, andererseits hinsichtlich der konkreten Farbgebung (vgl auch BPatG
GRUR 1997, 283 – TAX FREE). Zwar rechtfertigt auch die bloße farbige Aus-
gestaltung an sich schutzunfähiger Elemente einer Marke nicht die Annahme
einer schutzbegründenden Wirkung, da nicht nur Kennzeichen, sondern auch
alle Arten von Sachaussagen farbig wiedergegeben werden. Anderes gilt nur,
wenn eine bestimmte Farbgebung im Gesamterscheinungsbild der Marke so
unübersehbar hervortritt, dass dieser Umstand noch als betrieblicher Her-
kunftshinweis angesehen werden kann. Dies ist hier der Fall. Überträgt man die
Aussagen des Bundesgerichtshofs zur Unterscheidungskraft von Wortmarken
(GRUR 1999, 1089 - YES) und von Bildmarken (GRUR 1999, 495 - Etiketten)
sowie seine fortführenden Feststellungen zu dreidimensionalen Marken (GRUR
2000, 722 - Likörflasche) auf Farben und knüpft an sie folgerichtig an, so ist
einer Farbe oder Farbzusammenstellung dann nicht jegliche Unterscheidungs-
kraft abzusprechen, wenn sie - ohne dass sie originell oder eigentümlich sein
muss - bezogen auf das beanspruchte Waren- und Dienstleistungsgebiet kei-
nen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffs- oder Bedeutungsge-
halt verkörpert und wenn sie auch aus sonstigen Gründen, wozu bloß werbe-
mäßig schmückende oder rein dekorative Elemente zählen, nur als solche und
nicht als Herkunftshinweis vom Publikum verstanden wird. Die Farbkombination
„magenta/grau“ hat hier keinen für die beanspruchten Klassen im Vordergrund
stehenden Bedeutungsgehalt und es handelt sich bei ihr auch nicht lediglich um
ein dekoratives Gestaltungselement, das vom Verkehr stets nur als solches und
nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird.
Bei der Farbzusammenstellung „Magenta/Grau“ handelt es sich um die Kombi-
nation der eher unscheinbaren Farbe Grau mit dem auffälligen Farbton Ma-
genta, der dem bekannten und intensiven Farbton Pink sehr nahe kommt und
zum Farbspektrum „ROSA“ als Oberbegriff gehört. Ein im Vordergrund stehen-
der Bedeutungsgehalt der Farbzusammenstellung liegt hier nicht in einer be-
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stimmten symbolischen oder sonstigen wesensgemäßen Zuordnung zu den
beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Gleiches gilt auch für Grau.
Die Ausgestaltung des Wortbestandteils „Deutschland“ in Grau mit dem Symbol
“ in Magenta vermittelt daher einen hinreichend prägnanten und
phantasievollen Eindruck, um das Erinnerungsvermögen des Verkehrs, der das
Zeichen ohne analysierende Betrachtung aufnimmt, in herkunftshinweisender
Funktion zu beeinflussen. Da weder nur eine unmittelbare Sachangabe hin-
sichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, noch allein ein rein
bildlicher Hinweis auf den Internetbezug vorliegt, ist das Mindestmaß der Unter-
scheidungskraft hier erfüllt, zumal das Zeichen in seiner Gesamtheit als selb-
ständiges Bild anzusehen ist. Darin erschöpft sich aber auch sein Schutzge-
genstand und entsprechend ist sein Schutzumfang bemessen.
6.
Auf die Frage, ob sich die Schutzfähigkeit aus der Tatsache ableiten
lässt, dass für die Beschwerdeführerin eine abstrakte Farbmarke in denselben
Farben für ein ähnliches Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingetragen ist,
war daher nicht einzugehen. Da der Senat jedoch davon ausgeht, dass das
Wesensgemäße einer abstrakten Farbmarke in ihrer Konturunbestimmtheit
liegt, kann sie nicht das einzig schutzbegründende Element im Rahmen einer
stets in ihrem figürlichen Auftreten festgelegten Bildmarke sein. Insoweit führt
der Senat seine Rechtsprechung aus der Entscheidungsreihe 29 W (pat) 19/01
bis 25/01 und 29 W (pat) 395/01 bis 397/01 sowie 29 W (pat) 9/01 – Gesundheit
(BPatGE 44, 204) und 29 W (pat) 57/01 – Computer (Mitt 2002, 28) nicht fort.
Grabrucker Voit
Fink
Cl
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Abb. 1