Urteil des BPatG vom 09.10.2006

BPatG: verwechslungsgefahr, beschreibende angabe, gestaltung, kennzeichnungskraft, urlaub, eugh, unterscheidungskraft, wörterbuch, unternehmen, fett

BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 162/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
9. Oktober 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
08.05
- 2 -
betreffend die angegriffene Marke 300 34 646
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Am 16. Januar 2001 unter der Nummer 300 34 646 in das Markenregister einge-
trend
für:
„Baumaterialien, nämlich Schnittholz, Paneele, Wand- und
Deckenverkleidungen, Holzwaren für Bauzwecke, Platten, Profil-
bretter, Bretter, Leisten, Parkettstäbe, Parkett, Fußböden, Sport-
hallenböden, Laminatböden, Furniere, Böden; Boden- und Wand-
beläge aus Holz, Kork, Gummi, Textilmaterialien, Kunststoff oder
deren Ersatzstoffe, isolierende Boden- und Wandbeläge, Unter-
lagsmaterialien“.
- 3 -
Gegen die Eintragung ist am 9. Mai 2001 Widerspruch aus der am 16. März 1999
angemeldeten und am 17.
Mai
2000 als Bildmarke eingetragenen Gemein-
schaftsmarke 1 106 350
.
Sie ist für folgende Waren und Dienstleistungen geschützt:
„Bodenbeläge; Teppiche, Brücken, Läufer, Vorleger, Bettumran-
dungen, Teppichböden, Teppichfliesen; Auslegeware, nämlich
Teppiche in Form von Meterware, bahnenweise zusammengefügt
wird.
Design und Gestaltung von Bodenbelägen, insbesondere Pro-
duktgestaltung von Teppichbodenrücken“.
Die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch
zwei Beschlüsse, einer davon im Erinnerungsverfahren ergangen, die Gefahr von
Verwechslungen verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung
ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Widerspruchsmarke nicht durch die
schutzunfähige Angabe „trend“ geprägt werde, die lediglich werblich beschreibend
auf eine modische Entwicklungstendenz hinweise. Der Schutzumfang beschränke
sich daher auf die eintragungsbegründende Eigenprägung, die in der grafischen
Gestaltung liege. Bei Vergleich der Marken in ihrer Gesamtheit scheide Ver-
wechslungsgefahr aus.
- 4 -
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie meint mit näheren Ausfüh-
rungen, dass das Wort „trend“ schutzfähig sei und damit die Widerspruchsmarke
selbständig kollisionsbegründend präge.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke
anzuordnen,
hilfsweise, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält mit näheren Ausführungen die Beschlüsse des Patentamts für zutreffend.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei gering; schutzbegründend
sei allein die grafische Gestaltung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug ge-
nommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist in der Sache nicht begrün-
det. Es besteht nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne
von § 125 b Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Es bleibt bei der
Zurückweisung des Widerspruchs.
- 5 -
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hat nach der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller
Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit
die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von
den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kenn-
zeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall
zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impli-
ziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen
den genannten Faktoren, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren
durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann
und umgekehrt (st. Rspr. z. B. EuGH GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) - PICASSO;
BGH WRP 2006, 92, 93 (Nr. 12) - coccodrillo).
Der Senat geht bei seiner Entscheidung von einer Kennzeichnungsschwäche und
damit von einem reduzierten Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Der in
der Widerspruchsmarke enthaltenen Angabe „trend“ fehlt im Bereich der ge-
schützten Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG, sie wird nach der allgemeinen Lebenserfahrung vom angespro-
chenen Verkehr in der Regel beschreibend und nicht als Hinweis auf ein be-
stimmtes Unternehmen verstanden. Das Wort „Trend“ bezeichnet eine neue, vor-
herrschende, modische Entwicklungstendenz (vgl. Wahrig, Deutsches Wörter-
buch, 7. Aufl. S. 1266; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache,
3. Aufl., Band 9 S. 3960 mit Beispielen aus Veröffentlichungen; vgl. auch BPatG
28 W (pat) 50/98 - Trend, Zusammenfassung veröffentlicht auf PAVIS PROMA
CD-ROM). Es wird in Slogans vielfach verwendet, wie aus den an die Beteiligten
übersandten Beispielen aus der Datenbank „Slogans.de“ ersichtlich; genannt sind
zum Beispiel folgende Slogans: „Wo Mode mehr als Trend ist“; „Die macht Trend“;
„Mit Sicherheit im Tend“; „Schuhmode im Trend“ oder „Machen Sie ihren eigenen
Trend“. Auch die Widersprechende stellt in Beschreibungen ihrer Produkte heraus,
dass diese im Trend liegen, zum Beispiel mit den Worten „… Teppichböden
… liegen dabei ganz im Trend“; „Naturmaterialien … liegen im Trend“ oder „Woh-
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nen liegt im Tend“; auf die den Beteiligten mit der Ladung übersandten Beispiele
wird Bezug genommen. Es handelt sich hier um eine beschreibende Angabe in
dem Sinn, dass die geschützten Waren neuesten modischen Trends entsprechen
bzw. die auf das Design von Bodenbelägen bezogenen Dienstleistungen hieran
orientiert sind. Durch das Ausrufezeichen wird diese Bedeutung nicht verfremdet,
sondern hervorgehoben. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke beschränkt
sich damit auf diejenigen Elemente, die nicht zur Darstellung der beschreibenden
Angabe erforderlich sind, ohne dass auf die Grundgestaltung des Wortes „trend“
als solches zurückgegriffen werden darf (vgl. BGH GRUR 2000, 608, 610 - ARD-1;
BGH GRUR
2004, 775, 777 -
EURO
2000; auch BGH GRUR
2004, 778
f.
- URLAUB DIREKT). Das ist hier die grafische Gesamtgestaltung, nämlich die
Kombination der Schrägstellung des Wortes „trend“ in schwarzem Fettdruck, in
dem weiße Sprenkel eingebracht sind, mit ebenfalls fett dargestelltem schwarzen,
weiße Sprengel enthaltenden Unter- und Überstrich innerhalb eines Rahmens, die
der eingetragenen Bildmarke insgesamt Schutz zu verleihen vermögen.
Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist entscheidend, ob die beiderseitigen
Waren in Berücksichtigung aller erheblicher Faktoren, die ihr Verhältnis zueinan-
der kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen be-
trieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbrinnungsart, ihrem
Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Ei-
genart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte - so
enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Mei-
nung sein könnten, sie stammten aus denselben oder wirtschaftlich verbundenen
Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. EuGH
GRUR 1998, 922, 923 (Nr. 23) - Canon; BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/RE-
VIAN; GRUR 2003, 428, 432 - BIG BERTHA; Ströbele/Hacker Markengesetz
8. Aufl. § 9 Rdn. 44 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen bestehen zwischen den sich gegenüberstehenden Bo-
denbelägen der Klasse 27 im Hinblick auf die übereinstimmende Verwendung
- 7 -
engste Berührungspunkte bis hin zur Identität, denn der im Warenverzeichnis der
Widerspruchsmarke enthaltene Oberbegriff kann die speziellen Waren der
Klasse 27 der angegriffenen Marke umfassen. Auch zu den Wandbelägen sind
aufgrund möglicher Übereinstimmungen in der Beschaffenheit und im Verwen-
dungszweck sowie Überschneidungen im Vertrieb enge Berührungspunkte gege-
ben, so dass auch insoweit enge Warenähnlichkeit zu bejahen ist.
Ob auch bezüglich der Waren der Klasse 19 Ähnlichkeit mit den Waren der
Klasse 27 der Widerspruchsmarke vorliegt, erscheint zweifelhaft. Denn die speziell
genannten Baumaterialien wie „Fußböden, Sporthallenböden, Laminatböden, Bö-
den“ werden nicht als Fertigerzeugnisse hergestellt und vertrieben, sondern erst
durch Erbringung einer Dienstleistung eines entsprechenden Anbieters, vorzugs-
weise von Baufirmen, nach vorausgehender Bau-Beratung und Bau-Planung vor
Ort von Baufirmen und/oder Handwerksbetrieben erstellt; demgegenüber werden
die Waren der Klasse 27 der Widerspruchsmarke in speziellen Betrieben wie We-
bereien oder kunststoffverarbeitenden Werken hergestellt und gelangen als Fer-
tigprodukte in den Handel. Letztlich bedarf dies aber keiner abschließenden Ent-
scheidung. Selbst wenn zu Gunsten der Widersprechenden davon ausgegangen
wird, dass sich insgesamt identische bzw. eng ähnliche Waren gegenüberstehen
und bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nur allgemeine Verkehrskreise be-
rücksichtigt werden und damit vom Standpunkt eines durchschnittlich informierten,
angemessen aufmerksamen und verständigen Adressaten ausgegangen wird, ist
unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kriterien - auch ungeachtet der Kenn-
zeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke - selbst bei strengen Anforderungen
der Abstand der Marken ausreichend, um eine markenrechtlich relevante Ver-
wechslungsgefahr auszuschließen.
Da das Wort „trend“ eine beschreibende Sachangabe für die hier maßgeblichen
Waren und Dienstleistungen ist, geht der Senat von fehlender Unterscheidungs-
kraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) dieses Wortes aus. Auf die obigen Ausführungen
- 8 -
bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wird Bezug
genommen.
Im Hinblick auf die fehlende Unterscheidungskraft des Wortes „trend“ beschränkt
sich der Schutzumfang der Widerspruchsmarke - wie ausgeführt - auf diejenigen
Elemente, die nicht zur Darstellung der beschreibenden Angabe erforderlich sind,
hier also auf die grafische Gestaltung der Marke (vgl. BGH a. a. O. - ARD-1; BGH
a. a. O. - Kinder; BGH a. a. O. - EURO 2000, S. 1039; BGH a. a. O. - URLAUB
DIREKT). Die allein auf dem Wortbestandteil beruhende klangliche Wiedergabe
muss aus Rechtsgründen außer Betracht bleiben (vgl. auch Ströbele, Verwechs-
lungsgefahr und Schutzumfang, Festschrift 100 Jahre GRUR S. 821, 842). Diese
schutzbegründenden Elemente der Widerspruchsmarke, nämlich die grafische
Gesamtgestaltung in der Kombination der Schrägstellung des Wortes „trend“ in
schwarzem Fettdruck, in dem weiße Sprengel eingebracht sind, mit ebenfalls fett
dargestelltem schwarzen, weiße Sprenkel enthaltenden Unter- und Überstrich in-
nerhalb eines Rahmens, finden in der angegriffenen Marke keine Entsprechung.
Sie enthält allein das Wort „trend“ in kleinen Druckbuchstaben.
Verwechslungsgefahr ist damit auszuschließen. Wegen des sich nicht auf das
Wort „trend“ erstreckenden Schutzumfangs scheiden auch andere Arten der Ver-
wechslungsgefahr aus.
Unerheblich ist dabei, ob die angegriffene Marke sich - jedenfalls in Bezug auf die
Waren der Klasse 27 - gleichfalls als schutzunfähig erweisen könnte. Denn für die
Frage der Verwechslungsgefahr ist nur der Schutzumfang der Widerspruchs-
marke, die ihren Schutzbereich verteidigt, von Bedeutung. Nicht maßgeblich ist
jedoch, ob etwas wechselseitige Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhin-
dernisse möglich wären.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen An-
lass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Für die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den gesetzlichen
Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 MarkenG. Angesichts der vorliegenden kon-
kreten Einzelfallgestaltung sieht der Senat weder den Zulassungsgrund der
grundsätzlichen Rechtsfrage noch den der Fortbildung des Rechts oder der Siche-
rung einer einheitlichen Rechtsprechung als gegeben. Die vorliegende Entschei-
dung weicht auch nicht von den Grundsätzen der „THOMSON LIFE“-Entscheidung
des EuGH (GRUR 2005, 1042 ff.) und der „Malteserkreuz“-Entscheidung des BGH
(WRP 2006, 1227 ff.) ab; Ausgangspunkt beider Entscheidungen ist die Über-
nahme einer aus einem Bestandteil bestehenden, schutzfähigen älteren Marke in
eine aus mehreren Bestandteilen bestehende jüngere Marke; das ist hier nicht der
Fall. Dass aus schutzunfähigen Markenbestandteilen - hier das Wort „trend“ -
keine Rechte hergeleitet werden können, ist höchstrichterlich geklärt (vgl. BGH
a. a. O. - ARD-1; BGH a. a. O. - Kinder; BGH a. a. O. - EURO 2000, S. 1039; BGH
a. a. O. - URLAUB DIREKT) und war nicht Gegenstand dieser Entscheidungen.
gez.
Unterschriften