Urteil des BPatG vom 23.02.2005

BPatG: marke, wider besseres wissen, mitbewerber, bösgläubigkeit, eugh, begriff, freihaltebedürfnis, verkehr, patent, gattungsbezeichnung

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 248/03
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
23. Februar 2005
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 300 13 656
hier: Löschungsverfahren
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hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Stoppel, des Richters Paetzold und der Richterin Schwarz-Angele
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Marke 300 13 656
LOXMED
ist seit dem 24. Mai 2000 für die Waren „chemische Erzeugnisse für medizinische
Zwecke, insbesondere Gase wie Sauerstoff sowie Flüssigsauerstoff, medizinische
Apparate, insbesondere Apparate zur Sauerstoffversorgung von Patienten“ einge-
tragen und befindet sich derzeit noch im Widerspruchsverfahren.
Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2002 ist von der Beschwerdegegnerin die Lö-
schung der Marke beantragt worden, da es sich hierbei um einen geläufigen
Fachbegriff für medizinischen flüssigen Sauerstoff handele, den die Markeninha-
berin wider besseres Wissen und damit letztlich bösgläubig für sich beanspruche.
Eine Eintragung als Marke hätte nie erfolgen dürfen.
Der Markeninhaber hat dem Löschungsantrag rechtzeitig mit dem Hinweis wider-
sprochen, dass es sich bei dem Markenwort um eine interne Arbeitsbezeichnung
im Rahmen des Industriegaseverbandes gehandelt habe, die vertraulich zu be-
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handeln und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei und sich damit noch
nicht zum Fachbegriff habe entwickeln können.
Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat dem Lö-
schungsantrag wegen eines Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber stattgegeben
und zur Begründung ausgeführt: Nach den von der Antragstellerin eingereichten
Unterlagen und Belegen müsse davon ausgegangen werden, dass das Marken-
wort bereits im Zeitpunkt der Eintragung umfangreich als beschreibender Sach-
hinweis für die beanspruchten Waren der Klasse 1 verwendet und vom Verkehr
auch ohne weiteres in der Bedeutung für medizinischen flüssigen Sauerstoff ver-
standen worden sei. Damit habe ein Freihaltebedürfnis für die Mitbewerber be-
standen, das auch auf die Waren der Klasse 10 ausstrahle, da die Marke insoweit
nur einen Verwendungshinweis gebe. Von Bösgläubigkeit der Markeninhaberin
könne allerdings noch nicht ausgegangen werden, da keine Benutzung des Mar-
kenwortes als Marke tangiert sei.
Die Markeninhaberin hat gegen den Beschluss der Markenabteilung Beschwerde
eingelegt. Sie trägt vor, eine beschreibenden Verwendung der Marke bereits zum
Eintragungszeitpunkt sei nicht nachgewiesen, da das Markenwort lediglich einem
geschlossenen Fachkreis bekannt gewesen und vom Verkehr nicht verstanden
worden sei. Zumindest hinsichtlich der Waren der Klasse 10 könne noch nicht
einmal von einer beschreibenden Angabe ausgegangen werden.
Die Markeninhaberin beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuhe-
ben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie verweist unter Bezugnahme auf die von ihr zu den Akten eingereichten Belege
darauf, dass das angegriffene Markenwort im Zeitpunkt der Eintragung nicht nur
bereits als Fachwort weiten Verkehrskreisen bekannt gewesen sei, sondern sich
ohnehin nur in sprachüblicher Weise aus dem für „liquid oxygen“ geläufigen Kürzel
„lox“ sowie dem glatten Hinweis auf „medizinisch“ (med) zusammensetze und da-
mit auch schon nach den Grundsätzen der Biomild-Entscheidung des EuGH nicht
eintragungsfähig sei. Bei den Waren der Klasse 10 müsse davon ausgegangen
werden, dass diese zur Verwendung und Verabreichung von flüssigem Sauerstoff
geeignet seien, worauf im Warenverzeichnis sogar ausdrücklich hingewiesen
werde.
II.
Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig (§ 66 Abs 1 MarkenG), in der
Sache jedoch nicht begründet. Die Marke „LOXMED“ ist zu Recht gelöscht wor-
den, denn sowohl zum Eintragungszeitpunkt als auch jetzt steht einer Eintragung
in die Markenrolle das Schutzhindernis des § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG (Freihalte-
bedürfnis) entgegen (§ 50 Abs 1 Nr 3, Abs 2 MarkenG).
Bereits die von der Antragstellerin beigebrachten Fundstellen belegen umfassend
und ohne dass ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Herkunft dieser Nach-
weise entstehen könnten, dass es sich bei „LOXMED“ um einen Fachbegriff auf
dem Gebiet der Industriegase handelt, mit dem in kurzer und prägnanter Form
„medizinischer flüssige Sauerstoff“ bezeichnet wird. Dieser Begriff mag zwar ab
1997 zunächst nur als Arbeitshypothese auf Sitzungen des Industriegaseverban-
des entwickelt worden sein, findet sich aber in der Folgezeit - und zwar noch deut-
lich vor der Anmeldung wie Eintragung der Marke – in dieser Bedeutung als glatte
Sachangabe in zahlreichen Sitzungsniederschriften anderer Fachgremien, so dass
– worauf auch die Markenabteilung überzeugend abgestellt hat – eindrucksvoll die
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Wandlung des Wortes zum allgemeinen und damit in markenregisterrechtlicher
Sicht freizuhaltenden Fachbegriff dargetan ist.
Bei „LOXMED“ handelt es sich damit um eine die Waren unmittelbar und unzwei-
deutig beschreibende Gattungs-Angabe, was für die Waren der Klasse 1 auf der
Hand liegt und gleichermaßen für die Waren der Klasse 10 gilt, die - ausweislich
des Warenverzeichnisses – ohne weiteres für die Sauerstoffversorgung von Pa-
tienten und damit für „medizinischen flüssigen Sauerstoff“ eingesetzt und verwen-
det werden können, so dass das Markenwort insoweit lediglich einen Verwen-
dungshinweis zum Gegenstand hat. Derartige Bezeichnungen können aber nicht
für nur einen Mitbewerber monopolisiert werden, womit die Markenabteilung zu
Recht das Schutzhindernis eines Freihalteinteresses nach § 8 Abs 2 Nr 2 Mar-
kenG angenommen hat.
Demgegenüber sind die Einwände des Markeninhabers, die sich vorwiegend auf
eine angebliche Vertraulichkeit in der Benutzung der Bezeichnung bzw. auf das
fehlende Verständnis des beteiligten Verkehrs beziehen, rechtlich unbehelflich.
Nach der Aktenlage kann kein vernünftiger Zweifel bestehen, dass das Wort
„Loxmed“ in breitem Umfang und in für die Öffentlichkeit bestimmter Weise als be-
schreibende Sachangabe Verwendung gefunden hat und weiterhin findet. Ange-
sichts der Fülle von Nachweisen, die dafür sprechen, dass es sich bei der Marke
„LOXMED“ bereits zum Eintragungszeitpunkt um eine Gattungsbezeichnung ge-
handelt hat, sind die Entgegenhaltungen der Markeninhaberin nicht gewichtig ge-
nug, um maßgebende Zweifel an der Schutzunfähigkeit entstehen zu lassen (§ 33
Abs 2 Satz 2 MarkenG). Ohnehin ist das Vorbringen der Markeninhaberin in sich
nicht schlüssig, wenn sie einerseits Vertraulichkeit reklamiert, andererseits aber
unter offensichtlichem Bruch dieser Vertraulichkeit das Wort zur Marke angemel-
det hat, was den Schluss nahe legt, dass sie sich damit einen möglicherweise un-
gerechtfertigten Vorteil vor den Mitbewerbern verschaffen wollte, und zwar unab-
hängig von der Frage, ob dadurch bereits der Tatbestand der Bösgläubigkeit nach
§ 50 Abs 1 Nr. 4 MarkenG erfüllt ist. Letztlich verkennt die Markeninhaberin aber
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auch, dass bereits die sprachüblich-fachliche Wortschöpfung einer Eintragung als
Marke entgegensteht, da hier lediglich das bekannte Kürzel „lox“ mit dem ebenso
bekannten Kürzel „med“ zu einem Begriff zusammengesetzt worden ist, der in sei-
nem Bedeutungsgehalt nicht über die Summe der Einzelmerkmale hinausgeht und
auch und gerade in dieser Kombination weiterhin eine glatt beschreibende Sach-
aussage beinhaltet (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 Biomild).
Die Beschwerde ist demnach ohne Erfolg. Für die Auferlegung von Kosten be-
stand unter Billigkeitsgesichtspunkten allerdings keine Veranlassung.
Stoppel Paetzold
Schwarz-Angele
Bb