Urteil des BPatG vom 27.09.2000

BPatG: kennzeichnungskraft, gesamteindruck, verwechslungsgefahr, ware, futtermittel, verkehrsauffassung, bestandteil, aufteilung, breite, wortmarke

BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 173/99
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
27. September 2000
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 396 45 337
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 27. September
2000 unter Mitwirkung des
BPatG 154
6.70
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Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Grabrucker und des Richters
Schramm
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der
Markenstelle für Klasse 31 vom 23. August 1999 aufgehoben.
Wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 126 330 wird die
Löschung der angegriffenen Marke 396 45 337 angeordnet.
G r ü n d e
I
Gegen die am 25. November 1996 für die Ware
"Futtermittel"
eingetragene Wortmarke
"Promix"
ist u.a. Widerspruch erhoben worden aus der Marke 1 125 330
"Vipromix"
die seit dem 16. August 1988 für
"Heimtiernahrung"
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eingetragen ist.
Die Markenstelle hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, daß
auch vor dem Hintergrund identischer Waren die Markenähnlichkeit nicht ausrei-
che, um eine Verwechslungsgefahr anzunehmen. Die Unterschiede im Gesamt-
eindruck könnten weder übersehen noch überhört werden, da bei schriftlicher
Wiedergabe der am stärksten beachtete Wortanfang markant abweiche und bei
einer Benennung der Marken der dreisilbigen Widerspruchsmarke eine zweisilbige
Marke gegenüberstehe.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der
Auffassung, die Prüfungsstelle habe unbeachtet gelassen , daß im undeutlichen
Erinnerungsbild des Verkehrs die übereinstimmenden Merkmale zweier Bezeich-
nungen wesentlich stärker hervorträten als die Unterschiede. Dieser Grundsatz sei
hier besonders deshalb von Bedeutung, weil die angegriffene Marke in der
Widerspruchsmarke vollständig enthalten sei und diese Silbenfolge angesichts der
eher schwachen Vorsilbe "Vi" die Marken präge. Zu berücksichtigen sei auch die
Identität der Waren, die sich zudem an breite Bevölkerungskreise richteten, die
einer Warenkennzeichnung mit einer gewissen Flüchtigkeit begegneten. Den
deshalb erforderlichen, besonders weiten Abstand halte die angegriffene Marke
von der Widerspruchsmarke nicht ein. Daneben bestehe aber auch die Gefahr,
daß die Marken i.S.d. MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2 gedanklich miteinander in Ver-
bindung gebracht würden, wenn der Verkehr die Widerspruchsmarke klanglich im
Sinne von "wie Promix" verstehe.
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Die Widersprechende beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die angegriffene
Marke zu löschen.
Die Anmelderin hat keinen Antrag gestellt und sich auch weder in der Sache ge-
äußert, noch den Termin zur mündlichen Verhanldung wahrgenommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zwischen der angegriffenen Marke und
der Widerspruchsmarke besteht nach Auffassung des Senats die Gefahr von
Verwechslungen (MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2).
Da sowohl die Widerspruchsmarke als auch die angegriffene Marke für die gleiche
Ware Schutz beanspruchen, denn Heimtiernahrung ist im Oberbegriff
"Futtermittel" enthalten, bedarf es eines erheblichen Abstandes der beiden Mar-
ken, um die Gefahr von Verwechslungen ausschließen zu können, zumal von den
Waren auch Endverbraucher angesprochen werden, die Produktkennzeichnungen
erfahrungsgemäß häufig mit eher geringerer Aufmerksamkeit begegnen. Diesen
deutlichen Abstand hält die angemeldete Marke zu der Widerspruchsmarke, die
eine normale Kennzeichnungskraft aufweist, nicht ein.
Zwischen den Marken besteht für den Senat unter Berechnung der Grundsätze,
daß sich die Verkehrsauffassung regelmäßig nur anhand eines undeutlichen Er-
innerungseindrucks bildet und erfahrungsgemäß die Übereinstimmungen stärker
prägend sind als die Unterschiede, und angesichts des Umstandes, daß die an-
gegriffene Marke vollständig in der Widerspruchsmarke enthalten ist, bereits die
Gefahr unmittelbarer klanglicher Verwechslungen. Diese könnte nur dann ausge-
schlossen werden, wenn dem Wortteil "Promix" innerhalb der Widerspruchsmarke
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ungeachtet seiner quantitativen Dominanz eine prägende Wirkung wegen
mangelnder Kennzeichnungskraft abzusprechen wäre oder wenn dem Hinzutreten
der abweichenden Silbe "Vi" sowohl für die Klangwirkung als auch für das Schrift-
bild und den Sinngehalt eine für den Gesamteindruck allein prägende Bedeutung
beizumessen wäre. Dies ist jedenfalls in Bezug auf das Klangbild der Marken nicht
der Fall.
Selbst wenn man zu Gunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke davon aus-
geht, daß Wortanfänge im Regelfall besser in Erinnerung bleiben als die übrigen
Wortteile, besteht vorliegend die Gefahr klanglicher Verwechslungen; denn das
klangliche Gewicht der Widerspruchsmarke liegt nach Auffassung des Senats auf
deren beiden Schlußsilben "promix", also dem mit der angegriffenen Marke voll-
ständig übereinstimmenden Wortteil. Hierbei handelt es sich um eine auf Grund
ihrer insgesamt harten Klangcharakteristik auffällige Buchstabenfolge, hinter der
die in der Widerspruchsmarke vorangestellte Silbe "Vi" als klangschwach deutlich
zurücktritt, zumal sie nach dem natürlichen Sprachrhythmus regelmäßig unbetont
bleiben wird. Durch die Hinzufügung dieser Vorsilbe entsteht im übrigen auch kein
anderer, charakteristisch abweichender Wortsinn, der ein Auseinanderhalten der
beiden Marken erleichtern könnte. Eine Aufteilung der Widerspruchsmarke in
"Vipro" und "mix", wie das die Markenstelle angenommen hat, erscheint dem Se-
nat demgegenüber nicht zwingend, wobei das Argument der Widersprechenden
nicht von der Hand zu weisen ist, der Verkehr könne die Widerspruchsmarke im
Sinne von "wie Promix" verstehen und werde dann sogar von Markenidentität
ausgehen. Daß schließlich der gemeinsame Bestandteil "mix" im Hinblick auf die
Waren deutliche beschreibende Begriffsanklänge aufweist, was sich für sich ge-
nommen eine Verwechslungsgefahr aus Rechtsgründen ausschließen würde, än-
dert nichts an dem Umstand, daß die prägende Gemeinsamkeit beider Marken in
der Verbindung "promix" und damit in einem Phantasiebegriff liegt.
Bei dieser Sach- und Rechtslage war der Beschwerde der Widersprechenden
stattzugeben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Besondere
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Gründe dafür, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus
Billigkeitsgründen aufzuerlegen (MarkenG § 71 Abs. 1), liegen nicht vor.
Stoppel Grabrucker
Schramm
Na