Urteil des BPatG vom 20.12.2006

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BUNDESPATENTGERICHT
7 W (pat) 28/04
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
20. Dezember 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 196 39 172
BPatG 154
08.05
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hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Beschwerde der Patentinhaberin ist gegen den Beschluss der Patentabtei-
lung 13 vom 17. März 2004 gerichtet, mit dem das Patent 196 39 172 mit der
Bezeichnung „Kraftstoff-Direkteinspritzverfahren für eine Dieselbrennkraftmaschi-
ne“ nach Prüfung der auf den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit ge-
stützten Einsprüche mit der Begründung widerrufen worden ist, dass sein Gegen-
stand gegenüber dem Stand der Technik gemäß der Europäischen Patentschrift
0 621 400 B1 bzw. der zugehörigen vorveröffentlichten Europäischen Offenle-
gungsschrift 0 621 400 A1 nicht neu sei.
Im Beschwerdeverfahren hat die Einsprechende I zum Stand der Technik noch die
Japanische Offenlegungsschrift JP 7-259 533 A sowie das zugehörige englisch-
sprachige Abstract genannt und dazu eine Computer-Übersetzung ins Englische
der Offenlegungsschrift vorgelegt.
Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2006 neue Patentan-
sprüche gemäß Hauptantrag und 3 Hilfsanträgen vorgelegt. Sie vertritt die Auffas-
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sung, dass der Gegenstand des Patents in den nunmehr verteidigten Fassungen
eine patentfähige Erfindung darstelle. Sie beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent auf-
rechtzuerhalten mit den Patentansprüchen 1 bis 6 nach Hauptan-
trag,
hilfsweise Patentansprüche 1 bis 5 nach Hilfsantrag 1,
weiter hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 6 nach Hilfsan-
trag 2 bzw. den Patentansprüchen 1 bis 5 nach Hilfsantrag 3,
jeweils vom 13. Dezember 2006,
mit der Maßgabe, dass jeweils im Patentanspruch 1 in den Hilfs-
anträgen 2 und 3 die Worte „bis 15“ gestrichen werden;
Beschreibung und Zeichnungen jeweils nach Patentschrift.
Die Einsprechenden beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie machen geltend, dass der Gegenstand des angefochtenen Patents in keiner
der verteidigten Fassungen eine patentfähige Erfindung darstelle.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
„Kraftstoff-Direkteinspritzverfahren einer Dieselbrennkraftmaschi-
ne, bei dem eine lastabhängig vorgegebene Kraftstoffmenge
mittels einer Einspritzvorrichtung in zwei Abschnitte aufgeteilt mit
unterschiedlichen Abständen zum oberen Totpunkt bei Zündung
und mit unterschiedlichen Kraftstoffmengen in einen Brennraum
der Brennkraftmaschine eingebracht wird und die während des
ersten Abschnittes eingespritzte Kraftstoffmenge gegenüber der
während des zweiten Abschnittes eingespritzten Kraftstoffmenge
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relativ klein ist, wobei die während des zweiten Abschnittes einzu-
bringende Kraftstoffmenge in mindestens zwei Phasen (2. Phase,
3. Phase) aufgeteilt ist, von denen jede aus mindestens einem
Einspritzimpuls besteht und die Impulsdauer der Einspritzimpulse
der 2. Phase größer ist als die Impulsdauer der Einspritzimpulse
der 3. Phase, dadurch gekennzeichnet, dass die 3. Phase aus
einer Mehrzahl von Einspritzimpulsen besteht, die gleiche oder un-
terschiedliche Impulsdauern aufweisen.“
Der Patentanspruch
1 nach Hilfsantrag
1 unterscheidet sich vom Patentan-
spruch 1 nach Hauptantrag durch einen Zusatz an dessen Ende, der wie folgt lau-
tet:
„…, wobei der Beginn der Einspritzung für die 3. Phase abhängig
von der Last der Brennkraftmaschine im Bereich zwischen 5°KW
bis 330°KW nach dem oberen Totpunkt bei Zündung liegt.“
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet vom Patentanspruch 1
nach Hauptantrag durch einen Zusatz an dessen Ende, der wie folgt lautet:
„…, wobei die eingespritzte Kraftstoffmenge bei der 3. Phase bei
0,5 mg/Hub liegt.“
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 stellt eine Kombination der Patentan-
sprüche 1 nach Hilfsantrag 1 und Hilfsantrag 2 dar und unterscheidet sich vom
Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch einen Zusatz an dessen Ende, der wie
folgt lautet:
„…, wobei die eingespritzte Kraftstoffmenge bei der 3. Phase bei
0,5 mg/Hub liegt, wobei der Beginn der Einspritzung für die
3. Phase abhängig von der Last der Brennkraftmaschine im Be-
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reich zwischen 5°KW und bis 330°KW nach oberem Totpunkt bei
Zündung liegt.“
Laut Beschreibung (Abs. 0007 u. 0008) soll die Aufgabe gelöst werden, ein Kraft-
stoffeinspritzverfahren anzugeben, das einen möglichst guten Druck- und Ver-
brennungsablauf im Zylinder gewährleistet und damit die Stickoxid- und Geräu-
schemission verringert. Außerdem sollen eine Verringerung der Schwärzungszahl
erzielt und die Voraussetzungen für eine vorteilhafte Abgasnachbehandlung ge-
schaffen werden.
Die jeweils auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 6
bzw. 2 bis 5 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen sind jeweils auf Merkmale ge-
richtet, mit denen der Gegenstand des Patentanspruchs 1 weiter ausgebildet wer-
den soll.
Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1. Der Einspruch ist durch das Patentgesetz § 147 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 in der
Fassung des Kostenbereinigungsgesetzes Art. 7 Nr. 37 vom 13. Dezember 2001,
geändert durch das Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Vor-
schriften des gewerblichen Rechtsschutzes Art. 1 Nr. 2 vom 9. Dezember 2004
dem Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zur Entscheidung zugewiesen.
2. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Gegenstand des angefoch-
tenen Patents stellt weder in der nach Hauptantrag noch in einer der nach den
Hilfsanträgen verteidigten Fassungen eine patentfähige Erfindung i. S. d. Patent-
gesetzes § 1 bis § 5 dar.
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Als zuständiger Fachmann ist hier ein Ingenieur des Maschinenbaus, Fachrich-
tung Brennkraftmaschinen, mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Kraftstoffeinsprit-
zung und dieselmotorischen Verbrennung anzusehen.
Zum Hauptantrag
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist gegenüber dem
Stand der Technik nach der JP 07-259 533 A nicht neu.
Aus dieser Druckschrift ist ein Kraftstoff-Direkteinspritzverfahren für eine Diesel-
brennkraftmaschine bekannt, die gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel (Fig. 1
bis 5 und Beschreibungsabschnitte 0019 bis 0030 (hier und im Folgenden wird auf
die Computer-Übersetzung Bezug genommen) ein Einspritzsystem mit einer
Hochdruckpumpe, einem Hochdruckspeicherbehälter und durch eine Steuerein-
richtung angesteuerten Magnetventilen zum Einspritzen des Kraftstoffs in jeden
Zylinder aufweist (Fig. 1 und 2, Abschnitte 0019 bis 0022).
Der Dieselbrennkraftmaschine ist ein Rußfilter mit Katalysator nachgeschaltet, der
von Zeit zu Zeit, nämlich wenn der Druckabfall des Abgases im Filter einen vorge-
gebenen Wert überschreitet, regeneriert werden muss. Zur Regeneration muss
der Filter auf eine Temperatur gebracht werden, die zur Verbrennung des Rußes
ausreicht. Während der Regenerationsphase, d. h. wenn eine ausreichend hohe
Temperatur erreicht ist, wird nach der Haupteinspritzung, der eine Voreinspritzung
vorgeschaltet sein kann, weiterer Kraftstoff in einer Nacheinspritzung, die aus zwei
Impulsen besteht, eingespritzt (Fig. 5D, Abschnitt 0028). Somit erfolgt die Kraft-
stoffeinspritzung dann in drei Phasen, nämlich Voreinspritzung, Haupteinspritzung
und Nacheinspritzung, wobei die Impulsdauer des Einspritzimpulses der zweiten
Phase gemäß Fig. 5D größer ist als die Impulsdauer der Einspritzimpulse der
dritten Phase.
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Die Nacheinspritzung erfolgt durch die gleichen Einspritzventile wie die Vor- und
die Haupteinspritzung, und zwar in jeden Zylinder der Brennkraftmaschine
(Abs. 0022). Wenn an einigen Stellen der Druckschrift von einer Einspritzung von
Kraftstoff stromauf des Filters die Rede ist, bedeutet dies keinen Widerspruch,
denn die Einspritzventile zur Kraftstoffeinspritzung in die Zylinder liegen stromauf
des Abgasfilters. Zwar wäre eine Einspritzung insbesondere des spät nacheinge-
spritzten Kraftstoffs in das Abgassystem zwischen Zylinder und Abgasfilter denk-
bar. Konkret beschrieben ist in der Entgegenhaltung aber nur eine Dieselbrenn-
kraftmaschine mit ausschließlicher Einspritzung in die Zylinder.
Das Kraftstoff-Direkteinspritzverfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptan-
trag unterscheidet sich somit nicht von dem in der Entgegenhaltung (Fig. 5D u.
zugehöriger Text) beschriebenen Einspritzverfahren zur Regenerierung des Fil-
ters.
Zum Hilfsantrag 1
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit.
Der im Vergleich zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag zusätzlich spezifizierte
Beginn der Einspritzung für die dritte Phase im Bereich zwischen 5°KW bis
330°KW nach dem oberen Totpunkt bei Zündung ist aus der JP 7-259 533 A
(Fig. 5D) bereits bekannt. In der Entgegenhaltung ist aber nicht angegeben, dass
der Beginn der Einspritzung für die dritte Phase lastabhängig festgelegt ist. So
vorzugehen, liegt für den Fachmann aber nahe, da generell die Einspritzung last-
abhängig gesteuert wird.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist daher nicht gewährbar.
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Zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit.
Gegenüber dem Hauptantrag ist nunmehr die bei der dritten Phase eingespritzte
Kraftstoffmenge mit 0,5 mg/Hub angegeben. Abgesehen davon, dass eine solche
Angabe ohne Bezugnahme zumindest auf die Größe bzw. Nennleistung der
Brennkraftmaschine wenig Aussagekraft hat, gehört die Festlegung konkreter Ein-
spritzmengen für bestimmte Anwendungen zu den Routineaufgaben des Fach-
manns, zu deren Lösung, ggfs. unter Zuhilfenahme von Versuchen, keine erfinde-
rische Tätigkeit erforderlich ist.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist daher nicht gewährbar.
Zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3
Dieser Patentanspruch kombiniert die Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträ-
gen 1 und 2. Dass durch die gleichzeitige Festlegung der in der dritten Phase ein-
gespritzten Kraftstoffmenge mit 0,5 mg/Hub und des Beginns der Einspritzung für
die dritte Phase zwischen 5°KW und 330°KW nach oberem Totpunkt eine beson-
dere Wirkung erzielt würde, ist nicht erkennbar und von der Patentinhaberin auch
nicht vorgetragen worden. Aus den zum Hilfsantrag 1 und zum Hilfsantrag 2 ange-
gebenen Gründen ist daher auch der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 nicht
gewährbar.
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Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.
gez.
Unterschriften