Urteil des BPatG vom 22.06.2005

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BPatG 154
6.70
Bundespatentgericht
32 W (pat) 109/03
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
22. Juni 2005
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 300 24 583
- 2 -
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2005 durch Richter Dr. Albrecht als Vor-
sitzenden, Richter Merzbach und Richter Kruppa
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die am 29. März 2000 angemeldete und am 7. Juni 2000 für "Tischdecken"
eingetragene Wortmarke 300 24 583
Neu Jasmine
ist Widerspruch erhoben worden aus der farbigen Wort-/Bildmarke (lila, weiß)
943303
Die am 3. Juni 1975 angemeldete Widerspruchsmarke genießt Schutz für die Wa-
ren "Tisch- und Bettwäsche".
- 3 -
Die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat
durch einen Beamten des höheren Dienstes mit Beschluss vom 23. Juli 2002 den
Widerspruch zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, trotz Warenidentität und
durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hielten die einan-
der gegenüberstehenden Marken einen ausreichenden Abstand zueinander ein.
Eine klangliche Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben. Dem Wortbestandteil
"Jasmine" komme innerhalb der angegriffenen Marke keine allein prägende Be-
deutung zu, hinter dem der Wortbestandteil "Neu" als unbeachtlich zurücktreten
würde.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur
Begründung führt sie aus, die Markenstelle habe übersehen, dass der Bestandteil
"Neu" in der angegriffenen Marke glatt beschreibend sei und die Marke nicht mit-
präge. Die angegriffene Marke werde allein von dem Bestandteil "Jasmine" ge-
prägt. Dieser Bestandteil sei mit der Widerspruchsmarke klanglich verwechselbar.
Auch begrifflich sei eine Ähnlichkeit zu bejahen, da es sich sowohl bei "Jasmine"
als auch bei "Janine" jeweils um Frauennamen handele.
Die Widersprechende stellt den Antrag,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
23. Juli 2002 aufzuheben und die angefochtene Marke zu löschen.
Der Markeninhaber hat sich weder im Amtsverfahren noch im Beschwerdever-
fahren zur Sache eingelassen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil keine Gefahr von
Verwechslungen i.S.d. § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht.
- 4 -
Nach diesen Vorschriften ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Wider-
spruchs zu löschen, wenn und soweit wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetra-
genen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die
beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen
besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Ver-
bindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Be-
rücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine
Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere
der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten
Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl. BGH
GRUR 2002, 626, 627 – IMS).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe besteht im vorliegenden Fall für das Publikum kei-
ne Gefahr von Verwechslungen.
1. Die Tischdecken der jüngeren Marke sind mit der Tisch- und Bettwäsche der
Widerspruchsmarke identisch (ebenso Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren
und Dienstleistungen, 12.
Aufl., S.
335 unter Hinweis auf BPatG
74,
27 W (pat) 273/72).
2. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.
3. In schriftbildlicher Hinsicht unterscheidet sich die Widerspruchs-/Bildmarke be-
reits wegen ihrer auffälligen graphischen Ausgestaltung von der jüngeren Wort-
marke. Hinzu kommt, dass (nur) die jüngere Marke aus zwei Wörtern besteht, von
denen das erste Wort "Neu" in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet.
Auch in klanglicher Hinsicht ist eine relevante Markenähnlichkeit wegen der unter-
schiedlichen Länge der Marken zu verneinen. Von einer Abspaltung oder Ver-
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nachlässigung des ersten Wortbestandteils "Neu" bei der Benennung der jüngeren
Marke kann entgegen der Auffassung der Widersprechenden nicht ausgegangen
werden. Der Verkehr hat hierfür – generell und auch im vorliegenden Einzelfall –
keine ernsthafte Veranlassung. Für das breite deutsche Publikum, auf dessen Ver-
ständnis hier abzustellen ist, wirkt "Neu Jasmine" wie ein einheitlicher Gesamtbe-
griff. Die Auffassung der Widersprechenden, der Verbraucher werde bei der Be-
gegnung mit so gekennzeichneten Waren "Neu" im Sinne von "Neuheit" bzw.
"neues Produkt" verstehen, vermag der Senat nicht zu teilen. Das dem Mädchen-
namen "Jasmine" vorangestellte Wort "Neu" ergibt in Bezug auf den Erwerb von
Tischdecken keinen Sinn. Beim Kauf von Tischdecken geht der Verbraucher näm-
lich selbstverständlich davon aus, dass die Tischdecken neu sind. Kein Käufer von
Tischdecken erwartet ernsthaft, dass ihm auch gebrauchte Tischdecken zum Kauf
angeboten werden. Abgesehen davon ist "Neu" auch kein Hinweis auf eine "neue
Kollektion oder neue Produktkette", wie die Widersprechende in der mündlichen
Verhandlung ausgeführt hat, da das grammatikalisch korrekte Adjektiv "Neue" und
nicht "Neu" lautet. Da der erste Wortbestandteil "Neu" den Gesamteindruck der
jüngeren Marke somit mitprägt, ist es nicht vertretbar, ihn bei der Kollisionsprüfung
vollständig zu vernachlässigen.
Dass es sich sowohl bei "Jasmine" als auch bei "Janine" jeweils um Frauennamen
handelt, begründet entgegen der Auffassung der Widersprechenden auch keine
begriffliche Markenähnlichkeit. Dies gilt bereits deshalb, weil die jüngere Marke
auch insoweit als Gesamtmarke in der registrierten Form als "Neu Jasmine" zu be-
trachten ist.
Es besteht schließlich auch nicht die Gefahr, dass die sich gegenüberstehenden
Marken unter dem Aspekt der gedanklichen Verbindung miteinander verwechselt
werden. Von der Wortbildung her wirkt "Neu Jasmine" nicht wie ein Serienzeichen
im Verhältnis zu "Janine".
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Für die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
Dr. Albrecht
Merzbach
Kruppa
Hu