Urteil des BPatG vom 31.01.2007

BPatG (marke, speiseeis, verwechslungsgefahr, beschwerde, frucht, schokolade, bezug, wein, gefahr, spirituosen)

BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 216/04
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
08.05
- 2 -
betreffend die Marke 302 51 406
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter
Mitwirkung …
in der Sitzung vom 31. Januar 2007
beschlossen:
1.
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Be-
schluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 7. September 2004 aufgehoben,
soweit der Widerspruch aus der Marke 300 71 918 für die
Waren „Zuckerwaren, nämlich Bonbons, Dragees, Wein- und
Fruchtgummi, Speiseeis, Pralinen, sämtliche vorgenannten
Waren auch mit Zuckeraustauschstoffen hergestellt und
auch als diätetische Lebensmittel (nicht für medizinische
Zwecke)“ zurückgewiesen worden ist und der Widerspre-
chenden die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind.
Wegen des Widerspruchs aus der Marke 300 71 918 wird die
teilweise Löschung der Marke 302 51 406 für die Waren „Zu-
ckerwaren, nämlich Bonbons, Dragees, Wein- und Frucht-
gummi, Speiseeis, Pralinen, sämtliche vorgenannten Waren
auch mit Zuckeraustauschstoffen hergestellt und auch als di-
ätetische Lebensmittel (nicht für medizinische Zwecke)“ an-
geordnet.
Die
Verfahrensbeteiligten
tragen
ihre im Widerspruchsverfah-
ren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt angefallenen
Kosten selbst.
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2.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zu-
rückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Marke
ist unter der Nummer 302 51 406 für die Waren
„Zuckerwaren, nämlich Bonbons, Dragees, Wein- und Frucht-
gummi, Lakritzen, Speiseeis, Pralinen, Kaugummi (nicht für medi-
zinische Zwecke), sämtliche vorgenannten Waren auch mit Zu-
ckeraustauschstoffen hergestellt und auch als diätetische Le-
bensmittel (nicht für medizinische Zwecke)“
in das Register eingetragen worden.
Dagegen ist Widerspruch erhoben von der Inhaberin der Wortmarke 300 71 918
Fruchtbär
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die für folgende Waren eingetragen ist:
„Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Sa-
menkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; lebende Tiere; frisches
Obst und Gemüse; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche
Blumen; Futtermittel, Malz; Biere; Mineralwässer, kohlensäurehal-
tige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke
und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung
von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“.
Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für
Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen
fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen und der Widersprechenden die
Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Verwechslungsgefahr sei schon deshalb zu
verneinen, weil die sich gegenüberstehenden Waren nicht ähnlich seien. Die Wa-
ren würden nicht von denselben Unternehmen hergestellt noch wiesen sie hin-
sichtlich ihres Verwendungszwecks oder ihrer stofflichen Beschaffenheit eine
Übereinstimmung auf. Da die Aussichtslosigkeit des Widerspruchs wegen der
fehlenden Warenähnlichkeit offensichtlich gewesen sei, entspreche es der Billig-
keit, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Die
Vergleichsmarken seien praktisch identisch. Denn das Markenwort der angegriffe-
nen Marke „Frucht Bärle“ sei lediglich eine Verniedlichungsform der Wider-
spruchsmarke „Fruchtbär“. Entgegen der Auffassung der Markenstelle seien die
beiderseitigen Waren ähnlich. Insbesondere bei Fruchtgummi und Fruchtbonbons,
aber auch bei allen übrigen Waren der angegriffenen Marke könne Fruchtsaft der
maßgebliche Inhalt sein, so dass die Ähnlichkeit der Waren der angegriffenen
Marke mit den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren Fruchtsäfte,
Fruchtgetränke und Fruchtsirupe auf der Hand liege. So würden bekannte Frucht-
saftmarken auch für Fruchtgummi und für Fruchtbonbons verwendet. Bonbons
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wiesen außerdem Berührungspunkte mit alkoholischen Getränken auf. So würden
neben Fruchtbonbons auch sog. Cocktailbonbons in den Geschmacksrichtungen
Pina Colada, Strawberry Margarita und Caipirinha angeboten. Eine große Ähnlich-
keit bestehe auch zwischen Speiseeis und alkoholfreien Getränken. Es gebe zahl-
reiche Eissorten, die lediglich aus gefrorenem Cola oder Saft bestünden und damit
abgesehen vom Aggregatzustand mit den entsprechenden Getränken identisch
seien. Ebenso sei zwischen Speiseeis und alkoholischen Getränken eine Waren-
nähe zu bejahen, da Speiseeis auch in Geschmacksrichtungen von alkoholischen
Getränken angeboten und umgekehrt Speiseeis zur Herstellung von Drinks ver-
wendet werde. Auch zwischen Pralinen und alkoholischen Getränken bestehe
Ähnlichkeit, da mit Weinbrand oder Likör gefüllte Pralinen auch unter bekannten
Weinbrand- und Likörmarken angeboten würden. Im Übrigen sei es zunehmend
üblich, in der Werbung und auf der Verpackung der Produkte auf die Marken der
Inhaltsstoffe zu verweisen. So sei beispielsweise auf der „RITTER SPORT
SCHOKOLADE“ ein Hinweis auf die darin enthaltenen Liköre „BAILEYS“,
„AMARETTO“ oder „COINTREAU“ angebracht. Dementsprechend sei es auch
denkbar, dass auf Waren wie Bonbons, Eiscreme, Schokolade oder vergleichba-
ren Produkten neben ihrer eigentlichen Kennzeichnung ein Hinweis auf ein darin
enthaltenes Getränk der Widerspruchsmarke „Fruchtbär“ angebracht sein könnte.
Da die Waren der angegriffenen Marke mit den Getränken der Widerspruchs-
marke ähnlich seien, sei im Hinblick auf die große Markenähnlichkeit die Gefahr
von Verwechslungen zu befürchten. Umstände, die eine Kostenauferlegung
rechtfertigten, seien nicht ersichtlich. Die Widersprechende hat zu ihrem Vortrag
betreffend die Ähnlichkeit der Waren der Vergleichsmarken u. a. Abbildungen von
Verpackungen von Bonbons, Fruchtgummis, Speiseeis, Schokolade und Pralinen
vorgelegt, die der Senat dem Markeninhaber übermittelt hat.
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Die Widersprechende beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle vom 7.
Sep-
tember 2004 - auch hinsichtlich der Kostenentscheidung - aufzu-
heben und die Löschung der Marke 302 51 406 anzuordnen.
Der Markeninhaber beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der angefochtene Beschluss der Markenstelle sei zu Recht ergangen. Nach ge-
festigter Rechtsprechung sei eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und
Dienstleistungen nur dann anzunehmen, wenn diese bei Berücksichtigung aller
Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichneten, insbesondere ihrer Be-
schaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Ver-
triebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck oder ihrer Nutzung, ihrer
wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder
einander ergänzende Produkte so enge Berührungspunkte aufwiesen, dass die
beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben
oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken
gekennzeichnet seien. Danach sei es für die Ähnlichkeit der Marken nicht relevant,
dass bekannte Fruchtsaftmarken auch für Fruchtgummis und Bonbons Verwen-
dung fänden. Im Übrigen seien nach geltender Rechtsprechung Rohstoffe zu
Halb- und Fertigfabrikaten nicht ähnlich, da diese meist in verschiedenen Betrie-
ben hergestellt und über unterschiedliche Vertriebskanäle vertrieben würden, un-
terschiedlichen Zwecken dienten und sich an unterschiedliche Abnehmer richte-
ten. Zuckerwaren und Süßigkeiten seien nicht unmittelbar aus den geschmacklich
vergleichbaren Fruchtsäften, Fruchtsirupen oder alkoholischen Getränken her-
stellbar. Vielmehr bedürfe es mehrerer komplexer Herstellungsprozesse, bis ein
derartiges Endprodukt vorliege. Aufgrund der unterschiedlichen Herstellungsver-
fahren, der deutlich unterschiedlichen Produkteigenschaften sowie der unter-
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schiedlichen Vertriebsarten sei eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren zu ver-
neinen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Widersprechenden ist, da sie vor dem 31.
De-
zember 2004 eingelegt worden ist, ohne vorherige Erinnerung statthaft und
auch sonst zulässig (§ 66, § 165 Abs. 4 MarkenG a. F.).
2. In der Sache hat die Beschwerde teilweise Erfolg. Zwischen der angegriffenen
Marke und der Widerspruchsmarke besteht hinsichtlich der im Tenor genann-
ten Waren Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. In-
sofern hat die Markenstelle den Widerspruch aus der Marke 300 71 918 zu Un-
recht zurückgewiesen.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäi-
schen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Um-
stände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind inso-
weit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie
der von den Marken erfassten Waren. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungs-
kraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukom-
mende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert
der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen
den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR
1998, 387, 389 [Nr.
22]
- Sabèl/Puma; GRUR Int. 2000, 899, 901 [Nr. 40] - Marca/Adidas; GRUR 2006,
237, 238 [Nr.
18
f.] -
PICASSO; BGH GRUR
2000, 506, 508
- ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR
2002, 626, 627 - IMS; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2005, 513, 514
- MEY/Ella May; GRUR 2006, 859, 860 - Malteserkreuz).
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a) Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall hinsichtlich der im
Tenor genannten Waren die Gefahr von Verwechslungen nicht aus-
geschlossen werden.
Die Markenstelle ist insoweit zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Wa-
ren der jüngeren Marke den von der Widerspruchsmarke erfassten Waren
nicht ähnlich seien und hat daher unzutreffend eine Verwechslungsgefahr
verneint.
So werden „Pralinen“ und „Spirituosen und Liköre“, die unter den im Wa-
renverzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Oberbegriff „alkoholi-
sche Getränke (ausgenommen Biere)“ fallen, nach ständiger Praxis als
ähnlich angesehen (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und
Dienstleistungen, 13. Aufl. 2005, S. 240, mittlere Spalte, Stichwort: „Prali-
nen“). Wie die von der Widersprechenden vorgelegten und dem Markenin-
haber übermittelten Verpackungsabbildungen zeigen, werden mit Likören
und Spirituosen gefüllte Pralinen entweder ausschließlich unter der Marke
der Spirituose angeboten (z. B. ) oder unter Angabe der Scho-
koladenmarke kombiniert mit der Marke der Füllung (z. B.
in Premium-Chocolade vonoder
in Schokolade der Marke ).
Ebenso besteht eine Annäherung zwischen Speiseeis und Fruchtsäften
(Richter/Stoppel, a. a. O., S. 106, mittlere Spalte, Stichwort: „Fruchtsäfte“;
S. 282, mittlere Spalte, Stichwort: „Speiseeis“). Fruchtsäfte und Fruchtge-
tränke enthalten vornehmlich Wasser, Zucker, Fruchtsaftkonzentrate und
Aromen. Sie unterscheiden sich daher nur geringfügig von Fruchteis oder
Früchtesorbet, das entweder mit pürierten Früchten oder mit Fruchtsaft zu-
bereitet wird. Auch wenn sich Fruchtgetränke und Speiseeis hinsichtlich der
Konsistenz unterscheiden, so bedarf es nur eines verhältnismäßig geringen
Aufwandes (Kühlen im Gefrierfach), um Fruchtgetränke in Speiseeis zu
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verwandeln. Die Widersprechende hat in diesem Zusammenhang auch zu-
treffend darauf hingewiesen, dass im Handel Eissorten erhältlich sind, die
lediglich aus gefrorenen Getränken, wie beispielsweise Cola bestehen.
Ebenso werden Eissorten angeboten, die unter Verwendung alkoholischer
Getränke hergestellt sind und deren Geschmacksrichtung - wie die von der
Widersprechenden vorgelegten Unterlagen zeigen - (auch) mit der Marke
des enthaltenen Getränks bezeichnet wird (z. B.
).
Dagegen ist nach bisheriger Praxis eine Ähnlichkeit von Zuckerwaren mit
alkoholfreien Getränken und Sirupen regelmäßig verneint worden (Rich-
ter/Stoppel, a. a. O., S. 348, mittlere Spalte, Stichwort: „Zuckerwaren“). Die
Widersprechende hat jedoch Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt,
dass inzwischen auch Bonbons und Fruchtgummis auf dem Markt sind, die
mit Fruchtsäften gängiger Fruchtsaftmarken gefüllt sind. Insofern ist die
Sachlage vergleichbar mit dem Verhältnis zwischen Schokolade bzw. Prali-
nen einerseits und Likören bzw. Spirituosen andererseits, bei denen eine
markenrechtlich relevante Ähnlichkeit angenommen wird. Vor diesem Hin-
tergrund kann auch der Vortrag des Markeninhabers, Zuckerwaren und
Süßigkeiten könnten nicht ohne weiteres aus den geschmacklich vergleich-
baren Fruchtsäften, Fruchtsirupen oder alkoholischen Getränken hergestellt
werden, nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Ebenso ist hier die vom
Markeninhaber ins Feld geführte Rechtsprechung zur Unähnlichkeit von
Rohstoffen und Halb- bzw. Fertigfabrikaten nicht einschlägig. Gerade wenn
die Füllung oder Zutat der Bonbons, Dragees oder der Wein- und Frucht-
gummis mit der Marke des Fruchtsafts und nicht nur lediglich mit einer be-
schreibenden Angabe wie „Orangensaft“, „Apfelsaft“ oder „Zitronensaft“ be-
zeichnet wird, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Verkehr annimmt, die
Zuckerwaren und die Fruchtsäfte stammten aus den gleichen oder aus
wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen.
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Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als von Hause aus
durchschnittlich einzustufen. Anhaltspunkte für eine gesteigerte Kennzeich-
nungskraft - etwa infolge intensiver Benutzung der Marke - oder für eine
originäre Kennzeichnungsschwäche - etwa infolge deutlicher beschreiben-
der Anklänge - bestehen nicht. Insbesondere kann nicht von einer Kenn-
zeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke in Bezug auf die Waren
„Fruchtgetränke“ und „Fruchtsäfte“ ausgegangen werden. Der Bezeichnung
„Fruchtbär“ mag zwar für Süßwaren als Hinweis auf eine Zutat (Frucht) und
auf eine in diesem Warensektor gängige Warenform (Bär) eine gewisse
Kennzeichnungsschwäche anhaften. In Bezug auf Getränke ist eine
Schwächung der Kennzeichnungskraft unter diesem Gesichtspunkt jedoch
nicht ersichtlich.
Bei dieser Ausgangslage hat die jüngere Marke einen deutlichen Abstand
zu der Widerspruchsmarke einzuhalten. Diesen Anforderungen wird sie
hinsichtlich der im Tenor genannten Waren nicht gerecht. Zwar scheidet
eine unmittelbare bildliche Verwechslungsgefahr aus, da die jüngere Marke
sich in ihrem Gesamteindruck aufgrund des Bildbestandteils hinreichend
von der Widerspruchsmarke unterscheidet. Ebenso wenig kommt eine un-
mittelbare klangliche Verwechslungsgefahr in Betracht. Zwar unterscheidet
sich der Wortbestandteil der jüngeren Marke „Frucht Bärle“ von der Wider-
spruchsmarke nur durch die Verkleinerungsform „le“. Voraussetzung für
eine Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht wäre insoweit jedoch,
dass der Gesamteindruck der jüngeren Marke durch den Wortbestandteil
geprägt würde (Hacker in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9
Rdn. 232 ff.). Davon kann angesichts des deutlichen beschreibenden An-
klangs des Ausdrucks „Frucht Bärle“, der in Bezug auf die Waren der jünge-
ren Marke lediglich auf die Zutat (Frucht) und eine gängige Warenform
(Bärle) hinweist, nicht ausgegangen werden (Hacker in: Ströbele/Hacker,
a. a. O., § 9 Rdn. 276).
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Im vorliegenden Fall besteht allerdings die Gefahr, dass die Vergleichsmar-
ken im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz MarkenG gedanklich
miteinander in Verbindung gebracht werden. Diese Art von Verwechslungs-
gefahr setzt voraus, dass der Verkehr die Unterschiede beider Marken zwar
wahrnimmt, auf Grund von Gemeinsamkeiten in der Zeichenbildung jedoch
Anlass hat, die angegriffene Marke (irrtümlich) der Inhaberin der Wider-
spruchsmarke zuzuordnen oder auf sonstige wirtschaftliche oder organisa-
torische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinne
einer gemeinsamen Produktverantwortung, zu schließen. Die für die jün-
gere Marke eingetragenen Waren „Bonbons, Dragees, Wein- und Frucht-
gummi, Pralinen“ sind kleinformatige Waren und können daher auch nur
eine kleine Menge an Fruchtsaft oder alkoholischen Getränken enthalten.
Auch Speiseeis wird - jedenfalls soweit es mit alkoholischen Getränken zu-
bereitet ist - nur eine vergleichsweise geringe Menge davon enthalten. Bei
dieser Sachlage ist es nicht ausgeschlossen, dass die Verkehrskreise, die
daran gewöhnt sind, dass Zuckerwaren teilweise auch unter dem Marken-
namen des den Geschmack der Füllung prägenden Getränks angeboten
und beworben werden, annehmen, es handle sich bei den mit der jüngeren
Marke gekennzeichneten Zuckerwaren um solche, die mit Getränken der
Widerspruchsmarke „Fruchtbär“ gefüllt oder hergestellt sind und wegen der
geringen Füllmenge mit der Verkleinerungsform „Frucht Bärle“ bezeichnet
werden.
b) In Bezug auf die Waren „Lakritzen“ und „Kaugummi“ ist die Markenstelle
dagegen zutreffend davon ausgegangen, dass keine Ähnlichkeit mit den
Waren der Widerspruchsmarke besteht. Anders als bei den übrigen Waren
der jüngeren Marke bestehen hier keine Berührungspunkte zu den Waren
der Widerspruchsmarke in dem Sinne, dass diese bei der Herstellung der
Waren der jüngeren Marke eingesetzt werden. Die Markenstelle hat damit
insoweit zutreffend die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken
verneint.
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3.
Die Markenstelle hat der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchs-
verfahrens zu Unrecht auferlegt. In mehrseitigen Verfahren vor dem Pa-
tentamt hat jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten grundsätzlich
selbst zu tragen (§ 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Eine hiervon abweichende
Anordnung kommt nur in Betracht, wenn besondere Umstände vorliegen,
welche die Belastung eines Beteiligten mit seinen Kosten unbillig erschei-
nen lassen (§ 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Es entspricht zwar im Regelfall
der Billigkeit, dem Widersprechenden die Kosten aufzuerlegen, wenn der
Widerspruch trotz ersichtlich fehlender Ähnlichkeit der gegenüberstehenden
Waren eingelegt wurde (Kirschneck in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 63
Rdn. 7; Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rdn. 13). Diese Voraus-
setzung für eine Kostenauferlegung war hier jedoch nicht gegeben. Zwar
hat die Widersprechende die Unterlagen, die eine Änderung der Beurteilung
der Ähnlichkeit von Fruchtsäften mit Zuckerwaren gegenüber der bisherigen
Praxis geboten erscheinen lässt, erst im Beschwerdeverfahren und nicht
bereits im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt vorgelegt.
Jedoch war es bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der Markenstelle
gängige Praxis, sowohl bei Spirituosen und Pralinen als auch bei
Fruchtsäften und Speiseeis von einer Warenähnlichkeit auszugehen. Zu-
mindest insoweit war der Widerspruch auch schon zum Zeitpunkt der Ent-
scheidung der Markenstelle nicht völlig aussichtslos.
4.
Es bestand kein Anlass, einem der Beteiligten die Kosten des Beschwer-
deverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
gez.
Unterschriften