Urteil des BPatG vom 19.05.2000

BPatG: zement, verkehr, unterscheidungskraft, zahl, wortmarke, bildzeichen, geschäftsbetrieb, hersteller

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 167/99
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 46 743.9
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Winkler, der Richterin Dr. Schermer und der Richterin Pagenberg
BPatG 154
6.70
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der
Markenstelle für Klasse 1 des Patentamts vom 31. März 1999 und
vom 23. Juni 1999 aufgehoben.
G r ü n d e
I
Mit ihrer am 18. August 1998 eingereichten Anmeldung begehrt die Anmelderin
die Eintragung der Wortmarke
Z 301
für die Waren
„Klebstoffe für gewerbliche Zwecke, nämlich Bau- und Montage-
kleber; Zusatzmittel für Zement, Mörtel und Beton (soweit in
Klasse 1 enthalten);
Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial einschließlich Monta-
geschäumen auf Kunststoffbasis, elastischen Fugendichtmassen,
Fugen- und Glaserkitten;
Baumaterialien (nicht aus Metall) einschließlich Zement, Fertig-
mörtel, Fertigbeton, Fertigestrich und Putz, jeweils insbesondere
auch als Trockenbaustoffe; Zusatzmittel für Zement, Mörtel und
Beton (soweit in Klasse 19 enthalten)“.
Die Markenstelle für Klasse 1 hat die angemeldete Bezeichnung durch zwei Be-
schlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewie-
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sen, weil es ihr an jeglicher Unterscheidungskraft mangele (§ 8 Abs 2 Nr 1
MarkenG). Zwar könne die angemeldete Bezeichnung lexikalisch nicht nachge-
wiesen werden. Die Verwendung von Ein-, Zwei- und Dreibuchstabencodes in
Verbindung mit Zahlen sei aber für die Waren auf dem Gebiet der Klebstoffe und
Baumaterialien übliche Praxis. Hierzu hat die Markenstelle auf Auszüge aus Lie-
ferprospekten verschiedener Hersteller Bezug genommen. Die angemeldete
Marke erwecke lediglich die Vorstellung einer Typen-, Sorten- oder abgekürzten
Bezeichnung mit sachbezogenem Inhalt, ohne daß es darauf ankomme, daß der
Verkehr damit eine konkrete Aussage verbinde.
Im Erinnerungsbeschluß hat die Markenstelle die Zurückweisung der Anmeldung
damit begründet, daß es speziell auf dem Gebiet der Baustoffe und der Bauche-
mie üblich sei, entsprechende Waren neben der eigentlichen Bezeichnung zusätz-
lich mit Buchstaben- und/oder Zahlenkodierungen zu versehen, um besondere
Abmischungen, Körnungen oder sonstige Angaben innerbetrieblich zu kenn-
zeichnen. Hierzu hat sie auf die Angebote des Baumarkts „BayWa“ im Katalog
Baustoffe 1998/99 sowie auf Koblischke, Lexikon der Abkürzungen, 1994,
Seite 500, hingewiesen, wonach der Buchstabe „Z“ auf dem Bausektor als Abkür-
zung für „Zement“ stehe. Der Verkehr werde daher nicht in der Lage sein, sich die
zahlreichen Bezeichnungen mit dem Buchstaben „Z“ und einer oder mehrerer
Zahlen bzw weiterer Buchstaben merken und einem bestimmten Geschäftsbetrieb
zuordnen zu können.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, die ange-
fochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Zur Begründung führt sie aus, daß die angemeldete Bezeichnung ebenso wie die
weiteren Anmeldungen seit Jahrzehnten in Benutzung seien. Nach dem Wegfall
des früheren Eintragungsverbots für Zahlen und Buchstaben seien diese und
weitere Anmeldungen zur Abwehr von Nachahmungen und der Eintragung von
Drittzeichen erforderlich geworden. Die Buchstaben- und Zahlenkürzel im Bau-
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stoffbereich seien sehr oft individuell vorgenommen und lieferten keine wirkliche
Aussage über den zugehörigen Sprachgebrauch. Die Verwendung des Buchsta-
ben „Z“ für „Zement“ sei überholt und in Verbindung mit einer dreistelligen Zahl
auch bisher schon ungebräuchlich. Die Anmelderin verweist außerdem auf ihre
Marken „K01“, „Z 01“ und „B 03“ sowie auf Buchstaben- oder Zahlenfolgen wie
„HQ, DDM, 442, A3“ und ähnliche Kombinationen, die unter der Geltung des Mar-
kengesetzes eingetragen worden seien.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens sowie weiterer Baustoffkataloge, Lie-
ferübersichten und DIN-Normen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die Beschwerde ist begründet. Der angemeldeten Marke fehlt weder jegliche Un-
terscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG noch steht ihr das Eintra-
gungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.
Die Markenstelle hat zwar im Ausgangspunkt zutreffend hervorgehoben, daß
Buchstaben und Zahlen, einzeln oder in Kombination, nach dem Markengesetz
nicht mehr generell vom Schutz ausgeschlossen sind, sondern in jedem Einzelfall
festgestellt werden muß, ob die konkret angemeldete Verbindung schutzfähig oder
wegen ihrer beschreibenden Aussage schutzunfähig ist. Dabei ist jedoch eine
differenzierte Betrachtungsweise erforderlich, die die besonderen Umstände des
betreffenden Warengebietes zu berücksichtigen hat und dabei keine höheren
Anforderungen stellen darf, als sie bei den sonstigen markenfähigen Wort- oder
Bildzeichen vorausgesetzt werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist einer angemeldeten Wort-
marke die Unterscheidungskraft unter Anlegung eines großzügigen Maßstabes
nicht abzusprechen, wenn ihr für die in Frage stehenden Waren kein im Vorder-
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grund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es
sich auch sonst nicht um eine so gebräuchliche Bezeichnung bzw Abkürzung
handelt, daß sie vom Verkehr stets nur als solche und nicht als Unterschei-
dungsmittel verstanden wird (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES mwN; Beschluß
vom 8. Dezember 1999 - I ZB 25/97 - St. Pauli Girl, MarkenG 2000, 99). Bei der
Beurteilung ist davon auszugehen, daß der Verkehr ein als Marke verwendetes
Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und es keiner analy-
sierenden Betrachtungsweise unterzieht (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409
- PROTECH; BGH MarkenR 1999, 400 - FÜNFER).
Weder die Markenstelle noch der Senat haben indes eine beschreibende Be-
deutung für die Abkürzung „Z 301“ auf dem Gebiet der beanspruchten Waren
feststellen können. Insbesondere enthält die maßgebliche DIN-Norm 1164-1
Zement nicht die eigentlich naheliegende Abkürzung „Z“ und zwar weder allein
noch in Verbindung mit einer dreistelligen Zahl. Auch den weiteren vom Senat
herangezogenen einschlägigen DIN-Normen 1053-1 (Mauerwerk), 1060-1
(Baukalk), 18550 (Putz), 18560-Teil 1, 2, 3, 4 und 7 (Estriche) ließ sich die ange-
meldete Kombination nicht als Hinweis auf gebräuchliche oder normierte Material-
oder Maßangaben entnehmen. Zwar wurden früher Zementfestigkeitsklassen mit
dem Buchstaben „Z“, den zweistelligen Zahlen 35, 45 und 55 sowie zum Teil mit
einem weiteren Buchstaben „L“ oder „F“ bezeichnet (vgl BayWa aaO, S 50). Seit
der Neufassung der DIN 1164 vom 1. Januar 1995 wird der Buchstabe „Z“ nicht
mehr verwendet. Die handelsüblichen Zemente haben im Zuge der europäischen
Harmonisierung neue Bezeichnungen (CEM I, CEM II und CEM III) erhalten. Auch
die Festigkeitsklassen sind neu eingeteilt worden, und sie bestehen nunmehr
ausschließlich aus den Zahlen 32,5; 42,5 und 52,5 mit einem zusätzlichen „R“.
Soweit die alten Bezeichnungen, wie Z 35 L“ etc, im Bewußtsein des inländischen
Verkehrs noch nachwirken, beschränkt sich dieser Bezug allenfalls auf die
Kombination mit zweistelligen Ziffern. Nachdem nicht ermittelt werden konnte, daß
bisher oder gegenwärtig relevante Zementeigenschaften mit dreistelligen Zahlen
wiedergegeben werden, besteht für den angesprochenen Fachverkehr und für
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informierte Abnehmer, an die sich die beanspruchten Waren nahezu ausschließ-
lich richten, kein Anlaß, die angemeldete Kombination in Alleinstellung als reine
Sachaussage aufzufassen.
Wegen der weiteren Gründe wird in vollem Umfang auf den im Parallelverfahren
33 W (pat) 159/99 ergangenen Beschluß des Senats vom gleichen Tag betrefffend
die Marke „VK Plus“ verwiesen und Bezug genommen, die für die selben Waren
beansprucht wird. Die Gesichtspunkte, die zur Bejahung der Schutzfähigkeit
dieser Bezeichnung geführt haben, gelten für die vorliegende vergleichbare
Buchstaben- und Zahlenkombination „Z 301““ entsprechend, nachdem für sie eine
beschreibende Bedeutung auf dem Gebiet der beanspruchten Waren nicht fest-
gestellt werden konnte.
Vorsitzender Richter Winkler
ist wegen Urlaubs an der Un-
terschrift verhindert.
Pagenberg
Richterin Dr. Schermer ist
wegen Urlaubs an der Un-
terschrift verhindert.
Pagenberg
Pagenberg
Cl