Urteil des BPatG vom 21.11.2006

BPatG: marke, funk, internet, druck, dvd, fax, wiedergabe, software, aufzeichnung, versicherung

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 210/05
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
21. November 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
08.05
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betreffend die Marke 300 54 296
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 21. November 2006 durch …
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle vom 7. Juli 2005 wird aufgeho-
ben, soweit hierhin die Wirkungslosigkeit des Beschlusses vom
1. März 2004 hinsichtlich der Waren „optische Apparate und In-
strumente, insbesondere Sende- und Empfangsgeräte der Funk-
und Satellitentechnik, optische Verstärker“ festgestellt wurde; in-
soweit wird auf die Erinnerung der Markeninhaberin der Beschluss
vom 1. März 2004 teilweise, hinsichtlich der vorgenannten Waren,
aufgehoben und der Widerspruch insoweit zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die Widersprechende hat gegen die am 13. Juni 2001 veröffentlichte Eintragung
der am 19. Juli 2000 angemeldeten, u. a. für
„Software; wissenschaftliche, elektrische (soweit in Klasse 9 ent-
halten) und optische Apparate und Instrumente, insbesondere
Sende- und Empfangsgeräte der Funk- und Satellitentechnik, opti-
sche Verstärker, Wandler, Steckverbinder, Abstandsmess- und
Navigationsgeräte; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und
Wiedergabe von Bild und Ton, insbesondere Videorecorder, CD-
und DVD-Player, digitale Fotoapparate; Datenverarbeitungsgeräte
und deren Teile, insbesondere Personal- und Industriecomputer,
Internet- und Netzwerkserver, Notebooks, Druck-, Kopier- und
Grafikgeräte, Scanner, Fax- und Kombigeräte; Leder und Leder-
imitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten,
insbesondere Taschen und Börsen; Reise- und Handkoffer; Ge-
sundheits- und Schönheitspflege; Betrieb eines Kosmetikstudios“
geschützten Marke Nr. 300 54 296
MACADI
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Widerspruch eingelegt aus ihrer am 15. Juli 1992 international registrierten und in
der Bundesrepublik Deutschland für Waren der Klassen 3, 9, 12, 14, 16, 18, 20,
24, 25, 27 bis 32 geschützten Marke Nr. IR 590 413
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat zu-
nächst mit Erstbeschluss vom 1. März 2004 die Löschung der angegriffenen
Marke u. a. für die Waren und Dienstleistungen „Software; wissenschaftliche,
elektrische (soweit in Klasse 9 enthalten) und optische Apparate und Instrumente,
insbesondere Sende- und Empfangsgeräte der Funk- und Satellitentechnik, opti-
sche Verstärker, Wandler, Steckverbinder, Abstandsmess- und Navigationsgeräte;
Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Bild und Ton, insbe-
sondere Videorecorder, CD- und DVD-Player, digitale Fotoapparate; Datenverar-
beitungsgeräte und deren Teile, insbesondere Personal- und Industriecomputer,
Internet- und Netzwerkserver, Notebooks, Druck-, Kopier- und Grafikgeräte,
Scanner, Fax- und Kombigeräte; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus,
soweit in Klasse 18 enthalten, insbesondere Taschen und Börsen; Reise- und
Handkoffer; Gesundheits- und Schönheitspflege; Betrieb eines Kosmetikstudio“
angeordnet.
Hiergegen haben die Inhaber der angegriffenen Marke Erinnerung eingelegt. Im
Erinnerungsverfahren hat die Widersprechende ihren Widerspruch mit Schriftsät-
zen vom 23. September 2004 und 28. Januar 2005 hinsichtlich der angegriffenen
Waren „Software; wissenschaftliche, elektrische (soweit in Klasse 9 enthalten) Ap-
parate und Instrumente, Wandler, Steckverbinder, Abstandsmess- und Navigati-
onsgeräte; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Bild und
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Ton, insbesondere Videorecorder, CD- und DVD-Player, digitale Fotoapparate;
Datenverarbeitungsgeräte und deren Teile, insbesondere Personal- und Industrie-
computer, Internet- und Netzwerkserver, Notebooks, Druck-, Kopier- und Grafikge-
räte, Scanner, Fax- und Kombigeräte“ zurückgenommen. Mit Erinnerungsbe-
schluss vom 7. Juli 2005 hat die Markenstelle zunächst unter Hinweis auf die Teil-
rücknahme des Widerspruchs die Wirkungslosigkeit des Erstbeschlusses hinsicht-
lich der Waren „Software; wissenschaftliche, elektrische (soweit in Klasse 9 ent-
halten) und optische Apparate und Instrumente, insbesondere Sende- und
Empfangsgeräte der Funk- und Satellitentechnik, optische Verstärker, Wandler,
Steckverbinder, Abstandsmess- und Navigationsgeräte; Geräte zur Aufzeichnung,
Übertragung und Wiedergabe von Bild und Ton, insbesondere Videorecorder, CD-
und DVD-Player, digitale Fotoapparate; Datenverarbeitungsgeräte und deren
Teile, insbesondere Personal- und Industriecomputer, Internet- und Netzwerkser-
ver, Notebooks, Druck-, Kopier- und Grafikgeräte, Scanner, Fax- und Kombige-
räte“ festgestellt und in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen „Leder und Le-
derimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten, insbesondere
Taschen und Börsen; Reise- und Handkoffer; Gesundheits- und Schönheitspflege;
Betrieb eines Kosmetikstudios“ die Löschungsanordnung unter Zurückweisung
des Widerspruchs aufgehoben, weil auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der
Inhaber der angegriffenen Marke eine rechtserhaltende Benutzung der Wider-
spruchsmarke für die Waren „savons; parfumerie, huiles essentielles,
cosmétiques, lotions pour les cheveux; dentifrices“ und „Cuir et imitations du cuir,
produits en ces matières non compris dans d'autres classes; peaux d'animaux;
malles et valises; sacs de voyage; coffrets et valises destinés à contenir des
articles de toilette; porte-bébés; parapluies, parasols et cannes; fouets et sellerie“
nach den hierzu von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen nicht als
glaubhaft gemacht angesehen werden könne.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die
sie im Wesentlichen darauf stützt, dass die Widerspruchsmarke in Deutschland
ausweislich der von ihr hierzu eingereichten Unterlagen umfangreich für Taschen,
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Kosmetika und Brillen benutzt werde und zwischen den gegenüberstehenden
Marken hinsichtlich der angegriffenen Waren wegen deren Ähnlichkeit zu den un-
ter der Widerspruchsmarke benutzten Waren eine Verwechslungsgefahr bestehe.
Die Widersprechende beantragt,
1.
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom
7. Juli 2005 aufzuheben, soweit er den Widerspruch aus der inter-
nationalen Marke 590 413 „jacadi“ im Hinblick auf die Waren „Le-
der und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in
Klasse 18 enthalten, insbesondere Taschen und Börsen; Reise-
und Handkoffer“ in Klasse 18 und die Dienstleistungen „Gesund-
heits- und Schönheitspflege; Betrieb eines Kosmetikstudios“ in
Klasse 42 der Marke 300 54 296 „MACADI“ zurückgewiesen hat,
2.
die angegriffene Marke 300 54 296 „MACADI“ für die Waren
„Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in
Klasse 18 enthalten, insbesondere Taschen und Börsen; Reise-
und Handkoffer“ in Klasse 18 und die Dienstleistungen „Gesund-
heits- und Schönheitspflege; Betrieb eines Kosmetikstudios“ in
Klasse 42 zu löschen,
3.
den Beschluss vom 7. Juli 2005 aufzuheben, soweit darin
festgestellt ist, dass der Beschluss über den Widerspruch vom
1. März 2004 wirkungslos ist, soweit durch ihn die Löschung der
Waren „optische Apparate und Instrumente, insbesondere Sende-
und Empfangsgeräte der Funk- und Satellitentechnik, optische
Verstärker“ angeordnet wurde, und die angegriffene Marke
300 54 296 „MACADI“ für diese Waren der Klasse 9 zu löschen.
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Die Markeninhaber beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bestreiten eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke, weil die
hierzu vorgelegten Unterlagen teils nicht aussagekräftig teils widersprüchlich
seien. Darüber hinaus erachten sie eine Ähnlichkeit zwischen den tatsächlich un-
ter der Widerspruchsmarke vertriebenen Waren mit den angegriffenen Waren der
jüngeren Marke für nicht gegeben.
In der mündlichen Verhandlung, an der nach voriger Ankündigung die Markenin-
haber nicht teilgenommen haben, hat die Widersprechende ihren Standpunkt auf-
rechterhalten und vertieft.
II.
A.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zwar hat der
Erinnerungsbeschluss zu Unrecht die Wirkungslosigkeit des Erstbeschlusses
hinsichtlich der Waren „optische Apparate und Instrumente, insbesondere Sende-
und Empfangsgeräte der Funk- und Satellitentechnik, optische Verstärker“ festge-
stellt, weil die Widersprechende insoweit ihren Widerspruch nicht zurückgenom-
men hatte; insoweit ist aber auf die Erinnerung der Markeninhaber, über welche
noch zu befinden war, der Widerspruch und im Übrigen die Beschwerde zurück-
zuweisen; denn die Widersprechende hat eine rechtserhaltende Benutzung der
Widerspruchsmarke allenfalls für Waren der Klasse 25 hinreichend glaubhaft ge-
macht, die aber zu den noch in Streit befindlichen angegriffenen Waren keine kol-
lisionsbegründende Ähnlichkeit aufweisen, während im Übrigen eine Glaubhaft-
machung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für weitere
registrierte Waren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt ist,
so dass schon aus diesem Grund der Widerspruch keinen Erfolg haben kann
(§ 43 Abs. 2 Satz 3 MarkenG).
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1.
Auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede sowohl nach § 43 Abs. 1 Satz 1
MarkenG als auch nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG hatte die Widersprechende
für die Zeiträume von Juni 1996 bis Juni 2001 und von November 2001 bis No-
vember 2006 eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft zu machen. Eine hinrei-
chende Glaubhaftmachung ist indessen allenfalls für Waren der Klasse 25 erfolgt.
Zwar kann einem Teil der eingereichten Benutzungsunterlagen, nämlich der ei-
desstattlichen Versicherung des Assistant General Manager A… für
die Jahre 2000 bis 2003, den eingereichten Fotos, Rechnungen, der Kopie der
Homepage der Widersprechenden, der Ladenliste in Deutschland sowie verschie-
denen Katalogen, bei wohlwollender Betrachtung entnommen werden, dass die
Widerspruchsmarke für Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen
für (Klein-)Kinder benutzt wurde. Als einen hierüber hinausgehenden Beleg für die
rechtserhaltende Benutzung von weiteren Waren vermag der Senat die Unterla-
gen aber im Übrigen nicht anzusehen. So ist schon die eidesstattliche Versiche-
rung des Assistant General Managers unzureichend, soweit sie ihre Angaben
auch auf die in den anliegenden Fotos abgebildeten Stofftaschen und Babyscha-
len beziehen will; denn da es sich hierbei nicht um Waren der Klasse 25, sondern
um hiervon zu unterscheidende Waren handelt, welche in andere Klassen fallen,
hätten die genannten Umsatzzahlen nach den einzelnen Warengruppen differen-
ziert werden müssen, da nur dann feststellbar wäre, inwieweit für einzelne Waren-
gruppen überhaupt nennenswerte Umsätze angefallen sind; ohne eine solche
Differenzierung kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die genannten
Umsatzzahlen sich nur auf Warengruppe beziehen.
Die erforderlichen Angaben lassen sich auch nicht der im Beschwerdeverfahren
vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Inhaberin der B…-Filiale in C…
entnehmen; denn diese ist allein schon deswegen völlig unzureichend, da
in ihnen nur die Gesamtumsätze für den Zeitraum von Mai 1998 bis Dezem-
ber 2005 genannt sind, ohne nach einzelnen Jahren zu differenzieren; dann ist
aber eine Zuordnung der Umsätze auf beide Zeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1
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und 2 MarkenG nicht möglich, weil nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen werden kann, dass die genannten Gesamtumsätze sich mögli-
cherweise nur auf den Beginn oder das Ende des einbezogenen Gesamtzeitraums
von gut sieben Jahren beziehen. Damit scheidet insbesondere eine rechtserhal-
tende Benutzung der Widerspruchsmarke für die eingetragenen Waren der Klas-
sen 3 (Kosmetika), 9 (Brillen) und 18 (Taschen) aus, die daher nach § 43 Abs. 1
Satz 3 MarkenG nicht zu berücksichtigen sind.
2.
Soweit überhaupt von einer rechtserhaltenden Benutzung für Waren der
Klasse 25 ausgegangen werden kann, scheidet eine Verwechslungsgefahr auf
jeden Fall aus, weil diese Waren zu den noch in Streit befindlichen Waren der
Klassen 9 und 18 und den angegriffenen Dienstleistungen weitgehend nicht hin-
reichend ähnlich sind und, soweit eine entfernte Ähnlichkeit überhaupt in Betracht
kommt, jedenfalls der vorhandene Unterschied zwischen den Marken ausreicht,
um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.
a)
Soweit sich der Widerspruch auf die Waren „Optische Apparate und Instru-
mente, insbesondere Sende- und Empfangsgeräte der Funk- und Satellitentech-
nik, optische Verstärker“ bezieht, bezüglich derer die Markenstelle zu Unrecht die
Wirkungslosigkeit des Erstbeschlusses festgestellt hat, scheidet jegliche Ähnlich-
keit zu Waren der Klasse 25 aus, so dass schon aus diesem Grund der Wider-
spruch der Erfolg zu versagen ist.
b)
Soweit sich Widerspruch und Beschwerde auf die Waren der Klasse 18
erstrecken, liegt eine wenn auch eher entfernte Ähnlichkeit allenfalls zu den ange-
griffenen Waren „Taschen“ vor (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren
und Dienstleistungen, 13. Aufl., S. 180 [Stichwort Leder], 181 [Stichwort Lederwa-
ren], 299 [Stichwort Taschen]). Wegen des großen Warenabstandes reicht aber
der vorhandene Unterschied am ohnehin üblicherweise am stärksten beachteten
Wortanfang beider Markenwörter aus, um Verwechslungen in schriftbildlicher,
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klanglicher und begrifflicher Hinsicht auszuschließen. Aus diesem Grund war die
Beschwerde hinsichtlich dieser angegriffenen Waren ebenfalls zurückzuweisen.
B.
Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71
Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat
es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen
Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
gez.
Unterschriften