Urteil des BPatG vom 18.02.2004

BPatG (marke, benutzung, beschwerde, verhandlung, ware, form, eintragung, glaubhaftmachung, veränderung, dauer)

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 14/02
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 397 27 021
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Albert sowie der Richter Kraft und Reker
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der
Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 16. November 2001 aufgehoben.
G r ü n d e
I
Gegen die Eintragung der Marke 397 27 021
SANTA HELENA
für die Waren
„Weine, destillierte Spirituosen und Liköre“
ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Ware
„Griechische
Tafelweißweine“
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(farbig) eingetragenen älteren Marke 946 098
siehe Abb. 1 am Ende
Die Markenstelle hat den Widerspruch zunächst zurückgewiesen, weil die Wider-
sprechende die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke auf die zulässige Einrede
der Markeninhaberin nicht habe glaubhaft machen können. Nach Vorlage weiterer
Unterlagen durch die Widersprechende hat sie im Erinnerungsverfahren ihren
Erstbeschluss aufgehoben und wegen des Widerspruchs die Löschung der ange-
griffenen Marke angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Widerspre-
chende habe die Benutzung der Widerspruchsmarke in den Fünfjahreszeiträumen
vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke und vor der Entscheidung über
den Widerspruch für die Ware, für die sie eingetragen sei, nach Art, Umfang und
Dauer glaubhaft gemacht. Die Abweichungen der benutzten Marke gegenüber der
eingetragenen Marke hätten zu keiner Veränderung ihres kennzeichnenden Cha-
rakters geführt. Angesichts der Warengleichheit bzw –nähe und des als Kenn- und
Merkwort der Widerspruchsmarke erscheinenden Bestandteils „Sta. Helena“
müsse eine Verwechslungsgefahr bejaht werden.
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Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Sie beantragt
sinngemäß, den Widerspruch unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses
zurückzuweisen, und erklärt hilfsweise die Einschränkung des Warenverzeichnis-
ses der angegriffenen Marke auf „Weine, destillierte Spirituosen, Liköre, sämtlich
von chilenischer Herkunft“. Sie ist der Ansicht, die rechtserhaltende Benutzung der
Widerspruchsmarke sei nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere sei durch die ge-
genüber der Eintragung veränderte Benutzungsform der Widerspruchsmarke eine
Veränderung ihres kennzeichnenden Charakters eingetreten, was im einzelnen
dargelegt wird. Die Markeninhaberin hat ferner mit Schriftsatz vom
14. August 2002 nochmals ausdrücklich die Nichtbenutzungseinrede hinsichtlich
der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch erhoben und
verweist insoweit darauf, dass der unter der Widerspruchsmarke in Deutschland
erzielte Umsatz bis zum Jahr 1997 kontinuierlich auf 1% des für 1993 angegebe-
nen Betrags zurückgegangen sei und unter Berücksichtigung des offiziellen Um-
rechnungskurses 1997 weniger als … EUR betragen habe. Die beiderseitigen
Marken seien schließlich auch nicht verwechselbar, wozu detaillierte Ausführun-
gen gemacht wurden.
Die Widersprechende beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Sie hält ins-
besondere die vorgelegten Unterlagen für ausreichend, um eine Benutzung der
Widerspruchsmarke in allen maßgeblichen Zeiträumen glaubhaft zu machen. In
Bezug auf eine rechtserhaltende Benutzung im Zeitraum von fünf Jahren vor der
Entscheidung über den Widerspruch verweist sie auf vier in der mündlichen Ver-
handlungen vorgelegte Rechnungskopien aus dem Jahre 1999.
Von den Beteiligten nach der mündlichen Verhandlung aufgenommene Ver-
gleichsverhandlungen haben nicht zum Erfolg geführt.
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II
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist begründet. Der aus der Marke
946 098 erhobene Widerspruch kann keinen Erfolg haben, weil die Markeninhabe-
rin in zulässiger Weise die Benutzung der Widerspruchsmarke zunächst umfas-
send und im Beschwerdeverfahren nochmals ausdrücklich auch gemäß § 43
Abs. 1 S. 2 MarkenG bestritten hat und die Widersprechende nicht glaubhaft ma-
chen konnte, dass sie ihre Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Ent-
scheidung über den Widerspruch gemäß § 26 MarkenG benutzt hat.
Als Entscheidung über den Widerspruch i.S.d. § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG ist die
das jeweilige Verfahren abschließende Entscheidung, also im Beschwerdeverfah-
ren die Entscheidung über die Beschwerde, zu verstehen (BGH GRUR 2000, 510
– Contura). Hiervon ausgehend ergibt sich aus § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG ein sich
ständig verändernder Zeitraum als Benutzungs- und Glaubhaftmachungszeitraum,
der mit dem Verfahren „mitwandert“. Damit kann sich eine zunächst erfolgreiche
Glaubhaftmachung der Benutzung in späteren Verfahrensabschnitten durch Zeit-
ablauf als unzureichend erweisen. Das ist hier der Fall.
Als für die Berechnung der Fünfjahresfrist maßgeblicher Zeitpunkt der Entschei-
dung über den Widerspruch i.S.d. § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG ist im vorliegenden
Fall einer Zustellung der Beschwerdeentscheidung an Verkündungs Statt der
Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am
18. Februar 2004 anzusehen. Somit bestand für die Widersprechende aufgrund
der von der Markeninhaberin erhobenen Einrede die Obliegenheit, die Benutzung
der Widerspruchsmarke gemäß § 26 MarkenG nach Art, Dauer und Umfang für
den Zeitraum vom 18. Februar 1999 bis zum 17. Februar 2004 glaubhaft zu ma-
chen und insbesondere auch Glaubhaftmachungsmittel vorzulegen, aus denen für
den Senat erkennbar ist, in welcher Form die Widerspruchsmarke im maßgebli-
chen Zeitraum für die Waren der Eintragung benutzt wurde. Dem ist die Wider-
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sprechende nicht nachgekommen. Zwar hat sie in der mündlichen Verhandlung
vier Rechnungskopien überreicht, von denen drei Verkäufe eines trockenen
Weißweines mit der Bezeichnung „SANTA HELENA“ durch die Widersprechende
an Unternehmen in Deutschland im März und April 1999 erkennen lassen. Selbst
wenn der dabei erzielte Umsatz von knapp … DM noch als rechtserhaltend an-
gesehen wird (- wenngleich sich dieser unter Berücksichtigung der kurzen Be-
nutzungsdauer und der Größe der Widersprechenden sowie des Umstandes, dass
es sich bei Tafelweinen eher um ein Massenprodukt handelt, am äußersten unte-
ren Rande einer ernsthaften Benutzung bewegt) ist eine rechtserhaltende Be-
nutzung der Widerspruchsmarke i.S.d. § 26 MarkenG dennoch nicht glaubhaft
gemacht, weil es an der Vorlage von Glaubhaftmachungsmitteln für die Form fehlt,
in der die eingetragene, aus vielen Bestandteilen zusammengesetzte Wort-Bild-
Marke im maßgeblichen Zeitraum benutzt wurde, sowie ferner für die Art und
Weise, in der die Widerspruchsmarke in Verbindung mit griechischen Tafelweiß-
weinen verwendet wurde.
Herstellermarken müssen auf der Ware selbst, ihrer Verpackung oder Umhüllung
angebracht werden, sofern auf dem fraglichen Warengebiet Marken üblicherweise
in dieser Form benutzt werden (BGH GRUR 1996, 267, 268 – AQUA). Insoweit
genügt es nicht, die Marke lediglich auf Briefbögen oder Rechnungen zu verwen-
den (BGH GRUR 1979, 551 – lamod). Bei Weinen ist es zumutbar und zudem
verkehrsüblich, die Marke auf dem Etikett der Weinflasche sowie – für den Fall
von Kartonverkäufen – auf dem Karton anzubringen. Die Widersprechende hat je-
doch weder Etiketten aus dem maßgeblichen Zeitraum vorgelegt noch eidesstatt-
lich versichert, dass die Widerspruchsmarke unmittelbar auf oder an der Ware be-
nutzt worden ist.
Mangels vorgelegter Weinflaschen-Etiketten oder -Kartons ist auch nicht glaubhaft
gemacht, dass die Widerspruchsmarke im maßgeblichen Zeitraum an der Ware in
der eingetragenen Form oder einer solchen abweichenden Form verwendet wor-
den ist, die den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert hat (§ 26
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Abs. 3 S. 1 MarkenG). In der Benutzung der reinen Wortmarke „SANTA HELENA“,
wie sie aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Rechnungskopien er-
sichtlich ist, kann eine rechtserhaltende Benutzung der farbig eingetragenen, aus
einer Vielzahl von Wort- und Bildelementen bestehenden Widerspruchsmarke je-
denfalls nicht gesehen werden. Bei Marken, die mehrere Wörter enthalten,
bestimmen nämlich die einzelnen Wortelemente den kennzeichnenden Charakter
der Marke regelmäßig gemeinsam, es sei denn, einem von ihnen kommt keinerlei
kennzeichnende Funktion zu, z.B. weil er markenrechtlich völlig bedeutungslos
oder glatt warenbeschreibend ist (BGH GRUR 1997, 744, 746 – ECCO), was zu-
mindest in Bezug auf die in der Widerspruchsmarke enthaltenen weiteren Wort-
elemente „ACHAIA“ und „CLAUSS“ nicht der Fall ist.
Die Widersprechende, die in der mündlichen Verhandlung im Rahmen der Erörte-
rung der Sach- und Rechtslage unter Verweis auf die einschlägige Rechtspre-
chung des Bundesgerichtshofs zum „wandernden“ Benutzungszeitraum des § 43
Abs. 1 S. 2 MarkenG (aaO – Contura) darauf hingewiesen worden ist, dass die ur-
sprünglich vorgelegten Glaubhaftmachungsunterlagen den Zeitraum von 1999 bis
2004 nicht abdecken, konnte wegen des im Rahmen des Benutzungszwangs
herrschenden Beibringungsgrundsatzes nicht darauf vertrauen, dass ihr eine wei-
tere Frist zur Äußerung und Vorlage weiterer Glaubhaftmachungsmittel einge-
räumt oder ihr die beabsichtigte Zurückweisung des Widerspruchs wegen man-
gelnder Glaubhaftmachung der Benutzung angekündigt werden würde (BGH
GRUR 1997, 223, 224 – Ceco). Es ist vielmehr Sache der Widersprechenden, von
sich aus dauernd und insbesondere im Vorfeld einer mündlichen Verhandlung zu
überprüfen, ob die vorgelegten Benutzungsunterlagen weiterhin zureichend sind,
und diese gegebenenfalls entsprechend zu ergänzen (Kliems, GRUR 1999, 11,
15).
Nachdem die Beschwerde der Markeninhaberin schon deshalb Erfolg hat, weil es
an einer Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43
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Abs. 1 S. 2 MarkenG fehlt, bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob zwischen
den Marken die Gefahr von Verwechslungen besteht.
Unter Aufhebung des angefochtenen Erinnerungsbeschlusses war deshalb der
Beschwerde stattzugeben, was die Wirkung des den Widerspruch zurückweisen-
den Erstbeschlusses wiederherstellt.
Für eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG hat der Senat keine
Veranlassung gesehen.
Albert Kraft Reker
Bb
Abb. 1