Urteil des BPatG vom 18.12.2006

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 69/07
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die angemeldete Marke 305 58 368.9
_______________________
en Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter
Schwarz und Kruppa
hat der 27.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
24. Juli 2007 durch d
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beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen
Patent- und Markenamtes vom 18. Dezember 2006 wird aufge-
hoben.
G r ü n d e
I
Die Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
dem im Tenor genannten Beschluss die Anmeldung der Wortbildmarke
für die Waren
„Klasse 16:
Papier, Pappe (karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16
enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren;
Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen
Möbel): Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten;
Klasse 18:
Leder und Lederimitate sowie daraus hergestellte Waren, soweit nicht in anderen
Klassen enthalten;
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Klasse 25.
Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen,
Klasse 28:
Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten“
nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. nterscheidungskräftige An-
gabe mit der Begründung zurückgewiesen, die Anmeldemarke weise sowohl mit
dem sprachüblich gebildeten Begriff „GolfHouse“, der von den angesprochenen
Verkehrskreisen nur als Bezeichnung eines kaufmännischen Betriebes werde, in
welchem Artikel rund um den Golfsport angeboten werden, als auch mit ihrer gra-
fischen Ausgestaltung, deren Schriftzug geläufig sei und deren stilisierte Darstel-
lung eines Golfschlägers ebenfalls beschreibend auf den Golfsport hinweise, allein
auf die Bestimmung der hierunter zu zählenden beanspruchten Waren hin, so
dass sie in ihrer Gesamtheit nicht schutzfähig sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie
beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und
Markenamtes vom 18. Dezember 2006 aufzuheben.
Sie hält die Anmeldemarke weiterhin für schutzfähig und führt hierzu aus: Die An-
meldemarke erfülle die niedrigen Anforderungen an die Unterscheidungskraft be-
reits durch ihre grafische Ausgestaltung, welche einen künstlerischen und indivi-
duellen Charakter aufweise. Darüber hinaus sei auch der Wortbestandteil unter-
scheidungskräftig, weil dieser allenfalls eine Verkaufsstelle, nicht aber die konkret
beanspruchten Waren beschreibe; dementsprechend seien bereits zahlreiche an-
dere vergleichbare Bezeichnungen wie „Crepe House“, „Media House“, „Shirt
House“, „Bike House“, „Phone House“ u. a. für die dahinter stehenden Waren als
Marken eingetragen worden. Da die Anmeldemarke nicht freihaltungsbedürftig sei
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und die Anmeldung eines mit der hier zu beurteilenden Anmeldemarke identischen
Zeichens bereits vom Harmonisierungsamt ohne Beanstandung veröffentlicht wor-
den sei, könne ihr die Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden.
II
Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde ist begründet. Die angmeldete
Kennzeichnung ist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht wegen
Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
1. Entgegen der Ansicht der Markenstelle ist die angemeldete Bezeichnung nicht
nach § 37 Abs. 1 i. V. m § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterschei-
dungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr unter Zugrundelegung des
gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409]
- PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) letztlich die Eignung nicht
abgesprochen werden kann, von den Abnehmern, an welche sich die bean-
spruchten Waren oder Dienstleistungen richten, als Unterscheidungsmittel für die
angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber sol-
chen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st.
Rspr., vgl. EuGH
MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35]
- Philips/Remington; BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2000,
720, 721 – Unter Uns). Entgegen der Ansicht der Markenstelle werden die durch-
schnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003,
604, 605 – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 – SAT. 2) Abnehmer nämlich in der
Kennzeichnung aufgrund ihrer ganz konkreten grafischen Ausgestaltung noch
einen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren aus einem
Unternehmen sehen, so dass die Anmeldemarke zwar nicht aufgrund ihrer Wort-
elemente und der einzelnen verwendeten grafischen Gestaltungsmittel, wohl aber
aufgrund der konkreten Anordnung ihrer einzelnen grafischen Elemente und des
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sich hieraus ergebenden bildlichen Gesamteindrucks eben noch als dann bloße
Bildmarke schutzfähig ist.
a) Allerdings teilt der Senat die Ansicht der Markenstelle, dass die Wortbestand-
teile „GolfHouse“ in den Augen der Abnehmer einen für die beanspruchten Waren
im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH
GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch;
GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service;
BGH GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION)
und die einzelnen grafischen Elemente für sich genommen werbeüblich sind (vgl.
BGH WRP 2001, 1201, 1202 - antiKALK).
aa) Der sprachüblich gebildete, aus einfachsten Wörtern des englischen Grund-
wortschatzes zusammengesetzte Wortbestandteil „GolfHouse“ wird von den an-
gesprochenen Verkehrskreisen - was auch die Anmelderin letztlich nicht in Abrede
stellt - ohne weiteres im Sinne „Golfhaus“ verstanden werden. Soweit die Anmel-
derin meint, damit werde aber kein Merkmal der beanspruchten Waren, sondern
allenfalls ein Geschäftslokal beschrieben, so kann dies dahinstehen, wenn auch
einiges dafür spricht, dass die Benennung eines typischen Verkaufsorts für spe-
zielle Produkte, wozu Golfartikel zu zählen sind, durchaus ein unmittelbares
Merkmal dieser Waren darstellt; denn ungeachtet dessen wird der Verkehr jeden-
falls die allgemein üblichen Bezeichnungen von Geschäftslokalen, in denen spezi-
fische Produkte - hier also Artikel des Golfsports - benannt sind, nicht anders wie
die Begriffe Supermarkt, Baumarkt oder Heimwerkermarkt nur als
Hinweis auf (irgend-)eine Vertriebsstelle für die genannten Produkte (hier also für
solche des Golfsports), nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft aus einem ganz
Unternehmen ansehen, so dass solche allgemein gehaltenen Be-
zeichnungen typischer Verkaufsstellen die Hauptfunktion einer Marke als individu-
ellen Herkunftshinweis nicht erfüllen und somit für sich genommen nicht schutzfä-
hig sein können (vgl. BPatG 27 W (pat) 64/01 - KLEIDERMARKT, veröffentlicht
auf der PAVIS CD-ROM).
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bb) Auch der Ansicht der Anmelderin, bereits die grafischen Gestaltungsmittel, die
sich auf einen bestimmten Schriftzug für die Wortelemente und die unterschiedli-
che Schwarz-Weiß-Färbung der einzelnen Buchstaben sowie einen als Unterstrei-
chungszeichen hinzugefügten liegenden Golfschläger, der als solcher unschwer
erkennbar ist, beschränken, seien schutzbegründend, vermag der Senat nicht bei-
zutreten. Der Schrifttyp sowie die unterschiedliche schwarz-weiße Einfärbung der
beiden Worte „Golf“ und „House“ sind allgemeine grafische Gestaltungsmittel, die
häufig anzutreffen und werbeüblich sind (vgl. BGH WRP 2001, 1201, 1202
- antiKALK). Der ohne weiteres erkennbare „liegende“ Golfschläger wiederholt
lediglich den Sinngehalt der Wortbestandteile und weist in beschreibender Hin-
sicht auf die Eignung und Bestimmung der beanspruchten Waren für die Aus-
übung des Golfsports hin; wegen seines erkennbaren warenbeschreibenden
Sinngehalts ist auch dieses Gestaltungsmittel daher für sich genommen nicht
geeignet, in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise als Herkunftshinweis
zu dienen, so dass auch ihm eine schutzbegründende Wirkung nicht zukommen
kann.
b) Auch wenn weder die Wortelemente noch die einzelnen grafischen Gestal-
tungsmittel für sich genommen schutzbegründend sind, bedeutet dies noch nicht,
dass der Anmeldemarke in ihrer Gesamtheit, welche für die Beurteilung des Min-
destmaßes an Unterscheidungskraft alleine ausschlaggebend ist, die Schutzfähig-
keit abzusprechen ist; denn auch Marken, welche für sich genommen schutzunfä-
hige Bestandteile in einer ganz konkreten Konstellation miteinander verbinden,
kann das Mindestmaß an Unterscheidungskraft (eben) noch zugebilligt werden,
sofern die konkret gewählte Zusammenstellung der einzelnen schutzunfähigen
Teile nicht wiederum als Ganzes üblich ist, so dass auch sie dem Verkehr nicht
die Vorstellung einer Herkunft der gekennzeichneten Waren aus einem bestimm-
ten Unternehmen vermitteln kann. Dass die Verbindung der einzelnen Gestal-
tungsmittel - also insbesondere die unterschiedliche schwarzweiße Einfärbung der
beiden Wortteile „Golf“ und „House“ in der vorliegenden konkreten Form und de-
ren „Unterstreichung“ durch einen liegenden stilisierten Golfschläger - aber derart
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gebräuchlich ist, dass der Verkehr dieser konkreten Verbindungsweise
Herkunftshinweis mehr wird entnehmen können, hat aber weder die Markenstelle
festgestellt noch sind hierfür Anhaltspunkte erkennbar.
c) Damit lässt sich dem Gesamtzeichen aufgrund seiner ganz konkreten bildlichen
Ausgestaltung, die allein schutzbegründend ist und den Schutzumfang und das
Maß der Kennzeichnungskraft der Marke bestimmt, das für die Eintragbarkeit al-
lein erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft letztlich nicht absprechen.
Dem stehen auch Belange der Allgemeinheit (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607
[Rz. 51] – Libertel) nicht entgegen, weil die Anmelderin bei einer ungerechtfertig-
ten Geltendmachung angeblicher Rechte aus den schutzunfähigen Wortbestand-
teilen oder aus einzelnen Gestaltungsmitteln gegenüber der - auch markenmäßi-
gen - Verwendung von Kennzeichnungen, welche zwar identische oder ähnliche
Wortbestandteile oder einzelne Gestaltungsmittel enthalten, nicht aber die allein
schutzbegründende konkrete Gestaltungsform aufweisen, durch Dritte mit zivil-
(vgl. BGH GRUR 2005, 882 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarung) und ggf.
auch mit strafrechtlichen (§§ 263, 22, 23 StGB) Folgen zu rechnen hätte.
2. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintra-
gung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat,
war auf die Beschwerde der Anmelderin der Beschluss der Markenstelle
aufzuheben.
Dr. Albrecht
Kruppa
Schwarz
Ju