Urteil des BPatG vom 02.02.2006

BPatG (wiedereinsetzung in den vorigen stand, zahlung, wiedereinsetzung, vertreter, eigenes verschulden, frist, kenntnis, zuschlag, beschwerde, verschulden)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
10 W (pat) 36/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 39 02 197.1-44
(hier: Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr
mit Verspätungszuschlag)
hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 2. Februar 2006 durch …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I
Der Anmelder meldete am 26. Januar 1989 beim Patentamt eine Erfindung mit der
Bezeichnung „Einrichtung für eine Sitzgelegenheit“ an, die sich noch im Prüfungs-
verfahren befindet.
Die 14. Jahresgebühr hatte der Anmelder selbständig und rechtzeitig überwiesen,
nachdem sein damaliger Verfahrensbevollmächtigter ihm die an ihn gerichtete
Zahlungserinnerung des Patentamts übersandt hatte. Bis zum Ablauf der Zah-
lungsfrist für die 15. Jahresgebühr mit Zuschlag am 31. Juli 2003 findet sich in den
Akten des Patentamts kein Hinweis auf die Übersendung einer Zahlungserinne-
rung. Erst mit Datum 2. Dezember 2003 - und damit nach Ablauf der Zahlungs-
frist - war eine entsprechende Mitteilung an den damaligen Verfahrensbevoll-
mächtigten des Anmelders erfolgt, der diese an seinen Mandanten mit dem Hin-
weis auf die Möglichkeit, Wiedereinsetzung in die versäumte Zahlungsfrist zu be-
antragen, weitergeleitet hatte.
Der Anmelder hat mit Schreiben vom 31. Januar 2004, beim Patentamt eingegan-
gen am 2. Februar, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge-
stellt und die versäumte Handlung nachgeholt. Zur Begründung führt er aus, auf
Rückfrage habe ihm sein Vertreter erklärt, er hätte in der Vergangenheit entspre-
chende Zahlungsaufforderungen des Amtes zeitnah an ihn weitergeleitet, nach-
dem der Anmelder die Gebührenzahlung selbst übernommen habe. Das Patent-
amt sei aber nicht mehr verpflichtet, solche Mitteilungen zu versenden. Der Anmel-
der meint, er kenne die Änderungen des Gebührenrechts im Patentgesetz nicht,
und fühle sich nicht aufgeklärt. Weil die Zahlungsaufforderung ausgeblieben sei,
habe er die Zahlung schlicht vergessen.
Der Vertreter des Anmelders hat mit Schreiben vom 4. Februar 2004 an das Pa-
tentamt sein Mandat niedergelegt.
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Mit Beschluss vom 23. März 2004 hat das Patentamt den Wiedereinsetzungsan-
trag zurückgewiesen, da der Anmelder sich nicht darauf berufen könne, er habe
von der Gesetzesänderung keine Kenntnis erlangt. Vielmehr sei er durch einen
Patentanwalt vertreten gewesen, dessen Kenntnis der Kenntnis des Anmelders
gleichkomme.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders mit dem Antrag,
den Beschluss kostenfrei zurückzunehmen und durch einen neuen
stattgebenden Beschluss zu ersetzen.
Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Anmelder aus, die Sache sei noch
nicht entscheidungsreif gewesen, da sein Vertreter bisher noch nicht zum Vorwurf
des Patentamts, er habe positive Kenntnis von der Gesetzesänderung gehabt, ge-
hört worden sei. Unabhängig davon, ob er durch einen Anwalt vertreten gewesen
sei, hätte das Patentamt ihn persönlich über die Gesetzesänderung informieren
müssen.
II
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Dem Anmelder kann die beantragte
Wiedereinsetzung nicht gewährt werden.
1. Der Anmelder hat die Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr mit Zuschlag ver-
säumt. Die Frist zur zuschlagsfreien Zahlung der am 31. Januar 2003 fälligen Ge-
bühr endete am 31. März 2003 (§§ 3 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG). Mit
Zuschlag hätte eine Zahlung noch bis zum 31. Juli 2003 wirksam vorgenommen
werden können (§ 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG). Tatsächlich erfolgte die Zahlung der
15. Jahresgebühr mit Zuschlag erst am 3. Februar 2004 und damit verspätet.
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2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr
ist zulässig. Die zweimonatige Antragsfrist nach § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG begann
mit der Kenntnis des Anmelders von der versäumten Handlung. Davon ist ab Zu-
gang (15. Dezember 2003) der dann an den Anmelder weiter geleiteten Zahlungs-
erinnerung beim damaligen Vertreter auszugehen. Der am 2. Februar 2004 beim
Patentamt eingegangene Antrag des Anmelders wahrt diese Frist und enthält An-
gaben, die die Wiedereinsetzung stützen sollen. Innerhalb der Antragsfrist ist auch
die versäumte Handlung nachgeholt worden.
3. Der Anmelder war jedoch nicht ohne Verschulden gehindert, die Frist zur Zah-
lung der 15. Jahresgebühr mit Zuschlag einzuhalten.
Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat unabhängig davon, ob tatsächlich eine
Pflichtverletzung des anwaltlichen Vertreters des Anmelders vorgelegen hat, die
sich der Anmelder wie eigenes Verschulden zurechnen lassen müsste (§ 85
Abs. 2 ZPO), oder ob der Anmelder selbst fahrlässig die fristgebundene Handlung
nicht vorgenommen hat und damit für die sich daraus ergebenden Folgen einste-
hen muss. In keiner dieser Sachverhaltsalternativen schafft die bereits am 1. Ja-
nuar 2002 in Kraft getretene Änderung im Gebührenrecht und damit auch im Ge-
bührenbenachrichtigungssystem des Patentamts einen Wiedereinsetzungsgrund,
zumal der Anmelder - wie aus der Anlage zur Beschwerdeschrift hervorgeht - im
Jahr 2002 die Zahlung der Jahresgebühr selbständig und pünktlich vorgenommen
hatte.
a) Im Rahmen des Vertretungsverhältnisses zwischen dem Anmelder und seinem
patentanwaltlichen Vertreter, das ausweislich der Akten des Patentamts schon
weit vor dem 1. Januar 2002 begonnen hatte, war es Aufgabe des Patentanwalts,
seinen Mandanten rechtzeitig und umfassend über Gesetzesänderungen zu infor-
mieren, soweit dessen Rechte davon tangiert sein könnten. Nachdem der Vertre-
ter nicht mit der Einzahlung von Jahresgebühren beauftragt war, genügte er seiner
anwaltlichen Verpflichtung zur Beratung des Anmelders und zur Wahrnehmung
seiner Interessen, wenn er ihn auf die Änderungen bei der Gebührenzahlung und
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insbesondere darauf hinwies, dass die Zahlungsfristen unabhängig vom rechtzeiti-
gen Zugang einer Zahlungserinnerung des Patentamts vom Anmelder künftig
selbst zu überwachen seien. Der Vertreter war hingegen nicht verpflichtet, die frist-
gerechte Einzahlung durch den Anmelder zu überwachen oder die Jahresgebühr
selbst zu bewirken (vgl. Senatsentscheidung 4 W (pat) 78/97 vom 19. Au-
gust 1998).
b) Ob der Verfahrensbevollmächtigte seinen Mandanten tatsächlich über die Neu-
regelung informiert hat, ist für die Entscheidung über die Wiedereinsetzung im Be-
schwerdeverfahren nicht erheblich und daher nicht zu prüfen. Unterstellt der Ver-
treter sei seiner Verpflichtung nachgekommen, folgt daraus, dass der Anmelder
selbst entgegen den Instruktionen seines Vertreters die Zahlungsfrist nicht über-
wacht und somit die Einzahlung der Jahresgebühr schlicht vergessen hat. In die-
sem Fall hätte der Anmelder selbst nicht ohne Verschulden die Einzahlungsfrist
versäumt, so dass eine Wiedereinsetzung nicht in Frage kommt.
Berücksichtigt man alternativ die Möglichkeit, dass der Verfahrensbevollmächtigte
den Anmelder nicht hinreichend über die Notwendigkeit und die Frist zur Zahlung
der Jahresgebühren unterrichtet und ihn hierbei nicht auf die Rechtsfolgen einer
nicht rechtzeitigen Gebührenzahlung hingewiesen haben könnte, ist eine Wieder-
einsetzung ebenfalls ausgeschlossen, da in diesem Fall die Fehlleistung des Ver-
treters wie Verschulden des Mandanten zu behandeln ist (§ 85 Abs. 2 ZPO).
Daher hat die Beschwerde des Anmelders unter keinem Gesichtspunkt Erfolg.
gez.
Unterschriften