Urteil des BPatG vom 28.02.2001

BPatG (marke, verkehrsdurchsetzung, patent, eintragung, kino, beschwerde, anmeldung, internet, bestandteil, zeitpunkt)

BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 264/99
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 397 55 318.8
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 28. Februar 2001 durch Richter Dr. Fuchs-Wissemann als Vorsitzen-
dem, Richterin Klante und Richter Sekretaruk
BPatG 152
10.99
- 2 -
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der
Markenstelle für Klasse
41 vom 1.
Juli
1998 und
19. Januar 1999 aufgehoben, soweit der angemeldeten Marke
die Eintragung versagt worden ist.
2. Die Sache wird zur Fortsetzung des Verfahrens an das Deut-
sche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
G r ü n d e
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Wortmarke
"Kinowelt"
unter anderem für
"Spielfilme; Videobänder; Tonaufnahmen, Schallplatten und Discs
(sämtliche CD-Formate); Computerprogramme; Dialog-Computer-
systeme; magnetische und faseroptische Datenträger; Druckerei-
erzeugnisse; Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Wer-
bung; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation,
insbesondere im Bereich der Fernseh-, Kabel- und Rundfunkaus-
strahlung einschließlich der Ausstrahlung über angeschlossene
und verbundene Sender; Übertragung von Voll- und Spartenpro-
grammen und sonstigen Programmformen im Wege der Fernseh-
ausstrahlung und auf anderen Übertragungswegen; sonstige di-
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gitale Übertragung von Fernsehprogrammen, Videos, Kinofilmen,
insbesondere auch für Internet und Online-Netze, insbesondere
auch in Form der Individualkommunikation durch Einzelabruf.
Dienstleistungen auf dem Gebiet der Unterhaltung, insbesondere
durch Verleih und Vertrieb von Kinofilmen, Videos, Fernsehfilmen,
sämtlicher CD-Formate und Inhalten auf sonstigen Ton-
/Bildtonträgern; Veranstaltung und Verbreitung von Fernsehpro-
grammen, Spartenprogrammen; Programmangebote in sämtlichen
Medienbereichen insbesondere auch im Internet und in Online-
Netzen; Produktion von Kino-, Video- und Fernsehfilmen; Vorfüh-
rung von Kino-, Video- und Fernsehfilmen; Veröffentlichung und
Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; Ausbil-
dung, Erziehung, sportliche und kulturelle Aktivitäten in diesem
Bereich; Lizenzhandel in bezug auf jegliche Medienprodukte".
zur Eintragung angemeldet worden.
Nach vorausgegangener Beanstandung hat die Markenstelle für Klasse 41 die An-
meldung mit Beschluß vom 1. Juli 1998 durch einen Beamten des gehobenen
Dienstes für die vorgenannten Waren und Dienstleistungen wegen fehlender Un-
terscheidungskraft und bestehenden Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bestandteil "welt" habe sich werbesprach-
lich dahingehend entwickelt, daß mit diesem Begriff auch ein "in sich geschlosse-
ner Bereich und/oder Lebenskreis" bezeichnet werde. In Verbindung mit dem
ebenfalls beschreibenden Bestandteil "Kino" stelle die angemeldete Gesamtbe-
zeichnung eine sprachübliche Wortbildung dar, wie sich aus den beigefügten Bele-
gen ergebe. Der Hilfsantrag auf Eintragung der Marke kraft Verkehrsdurchsetzung
könne gemäß telefonischer Rücksprache mit der Anmelderin zunächst unberück-
sichtigt bleiben.
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Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat die Markenstelle - besetzt mit einem Be-
amten des höheren Dienstes - durch Beschluß vom 19. Januar 1999 gemäß § 8
Abs 2 Nr 1 MarkenG im wesentlichen aus den gleichen Gründen zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die zunächst beantragt
hat,
unter Aufhebung der Beschlüsse des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 1. Juli 1998 und vom 19. Januar 1999 die Anmelde-
marke in das Markenregister einzutragen.
Sie hat die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke geltend gemacht und zu-
gleich auf eine entsprechende Eintragung durch das Harmonisierungsamt für den
Binnenmarkt verwiesen. Lediglich hilfsweise hat sie sich auf eine Verkehrsdurch-
setzung berufen. Insoweit hat sie zur Glaubhaftmachung einen Geschäftsbericht
für das Jahr 1998 und einen Quartalsbericht I/99 eingereicht.
Nunmehr stellt die Anmelderin den "- unbedingten – Antrag",
die Marke aufgrund Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs 3
MarkenG einzutragen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 66 Abs 1, 2 und 5 MarkenG) und
hat insoweit Erfolg, als sie zur Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und
Markenamt gemäß § 70 Abs 3 Nr 3 MarkenG zur Durchführung eines Verkehrs-
durchsetzungsverfahrens führt.
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Da die Anmelderin mit ihrem - unbedingten - Antrag vom 19. Februar 2001 eine
Eintragung nur noch aufgrund Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs 3 MarkenG
begehrt, bedarf es keiner weiteren Ausführungen zur Schutzunfähigkeit der ange-
meldeten Marke. Nach Auffassung des Senats besteht nach den bei der Marken-
stelle und im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen die Möglichkeit, daß
"Kinowelt" eingetragen werden kann, weil sich die Marke im Zeitpunkt der Anmel-
dung bzw Zeitpunkt der Entscheidung in den beteiligten Verkehrskreisen durchge-
setzt hat und deshalb § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht zur Anwendung kom-
men (§ 8 Abs 3 MarkenG). Die Anmelderin hat durch die eingereichten Unterlagen
und die hieraus ersichtlichen Geschäftszahlen glaubhafte Anhaltspunkte dafür
geliefert, daß die Bezeichnung "Kinowelt" zumindest hinsichtlich bestimmter Wa-
ren und Dienstleistungen vom Verkehr als Betriebskennzeichen aufgefaßt wird. Da
die Markenstelle diese Frage noch nicht entschieden, sondern zurückgestellt hat,
erschien es angebracht, die Sache zur Prüfung der Verkehrsdurchsetzung an das
Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. In diesem weiteren Verfah-
ren wird die Anmelderin etwaige noch bestehende Zweifel klären können (zB für
welche der beanspruchten Waren und Dienstleistungen überhaupt eine Verkehrs-
durchsetzung in Betracht kommt), bevor die Markenstelle amtliche Ermittlungen
über den Durchsetzungsgrad der Marke anstellen wird.
Fuchs-Wissemann Klante
Sekretaruk
Hu