Urteil des BPatG vom 12.12.2006

BPatG (marke, bezeichnung, eintragung, angabe, begriff, beschreibende angabe, verkehr, sprache, verwendung, zeitschrift)

BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 51/05
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
12. Dezember 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
08.05
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betreffend die Marke 301 69 538
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
UMAMI
ist am 28. Mai 2002 für die Waren und Dienstleistungen
"Konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse,
Gelees, Konfitüren, Fruchtmuse, Speiseöle und -fette; Kaffee,
Tee, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Salz, Senf,
Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze; alkoholfreie Getränke,
Fruchtgetränke und -säfte, Sirupe und andere Präparate für die
Zubereitung von Getränken; Verpflegung von Gästen."
unter der Nr. 301 69 538 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte
Register eingetragen worden.
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Die Antragstellerin hat am 27. Februar 2003 beim Deutschen Patent- und Marken-
amt die Löschung der Marke 301 69 538 wegen absoluter Schutzhindernisse nach
§§ 50 Abs. 1 Nr. 3 (a. F.), 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG beantragt. Der Be-
griff "UMAMI" sei die auch in Deutschland seit einiger Zeit bekannte, aus Japan
stammende Bezeichnung einer fünften Geschmacksqualität, die durch den Ge-
schmacksverstärker Glutamat hervorgerufen werde. Da "Umami"-Essenzen in je-
der Art von Nahrungsmittel enthalten sein könnten oder jedes Nahrungsmittel auf
"Umami"-Art zubereitet werden könne, beschreibe die Marke lediglich die Art und
Beschaffenheit der registrierten Waren und Dienstleistungen.
Die Antragsgegnerin hat dem ihr vom Deutschen Patent- und Markenamt am
30. März 2003 per Einschreiben zugestellten Löschungsantrag innerhalb von zwei
Monaten mit am 28. Mai 2003 beim Amt eingegangenem Schriftsatz widerspro-
chen.
Mit Beschluss vom 18. Oktober 2004 hat die Markenabteilung 3.4. des Deutschen
Patent- und Markenamts die Löschung der Marke 301 69 538 angeordnet. Der zu-
lässige Löschungsantrag sei begründet (§§ 50 Abs. 1 und 2, 54 MarkenG), da der
Eintragung der Marke ein aktuelles Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG entgegengestanden habe, welches auch im Entscheidungszeitpunkt
noch bestehe. Wie sich aus der Internet-Recherche der Markenabteilung ergebe,
bezeichne der Ausdruck "Umami" eine zuerst von dem japanischen Forscher
Kikunae Ikeda beschriebene Geschmacksqualität, die neben den vier üblichen
Geschmacksrichtungen "süß, sauer, salzig" und "bitter" stehe. Träger des Umami-
Geschmacks sei die Glutaminsäure, die als Geschmacksverstärker auch in Euro-
pa Verwendung finde und i. d. R. in Gewürzmischungen sowie einer Vielzahl von
Fertiggerichten und Halbfertiggerichten beinhaltet sei sowie gerne in Großküchen
zur Intensivierung des Geschmacks verwendet werde. Damit bestehe die angegrif-
fene Marke ausschließlich aus einer Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der
Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der geschütz-
ten Waren und Dienstleistungen dienen könne. Entscheidend für die Beurteilung
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einer Bezeichnung als freihaltebedürftige Angabe sei insoweit das Interesse der
Mitbewerber auf dem beanspruchten Sektor an der Verwendung der betreffenden
Bezeichnung für ihre Waren oder Dienstleistungen, wobei schon das Interesse ei-
nes relativ kleinen Teils des Gesamtverkehrs ausreiche.
Hiergegen richtet sich Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie trägt zur Begründung
vor, die Markenabteilung habe zu Unrecht eine beschreibende freihaltebedürftige
Angabe nach §
8 Abs.
2 Nr.
2 MarkenG angenommen. Bei dem Marken-
wort "UMAMI" handle es sich um einen fremdsprachigen japanischen Ausdruck,
der als solcher dann nicht eintragungsfähig sei, wenn er einen unmittelbar be-
schreibenden Begriffsinhalt aufweise, den die insoweit maßgeblichen inländischen
Verkehrskreise ohne Weiteres erkennen würden. Diese Voraussetzungen lägen
hier nicht vor. Das Wort "Umami" habe im Japanischen verschiedene Bedeutun-
gen. U. a. sei es die Bezeichnung für einen Geschmack, der von bestimmten Nah-
rungsinhaltsstoffen, nämlich der Glutaminsäure, ausgehe. Es handle sich dabei
um ein von dem Japaner Kikunae Ikeda zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschaf-
fenes, an das japanische Adjektiv "umami" (= geschmackvoll, wohlschmeckend)
angelehntes Kunstwort, welches in der Lebensmittelchemie als Fachbegriff ver-
wendet werde. Zwar sei sicherlich einem kleinen Teil des Verkehrs bekannt, wel-
chen Bedeutungsumfang der Begriff "Umami" tatsächlich habe. Dem Begriff woh-
ne in diesem Sinn jedoch schon keine Merkmale der konkret betroffenen Waren
und Dienstleistungen beschreibender Charakter inne. Denn mit Ausnahme von ge-
kochtem Gemüse (Spargel und Tomaten) befänden sich im Verzeichnis der ange-
griffenen Marke keine Lebensmittel, die Trägersubstanzen (Glutamat) des "Uma-
mi"-Geschmacks enthielten. Bei allen anderen Waren und insbesondere den
Dienstleistungen fehle bereits ein hinreichend enger beschreibender Bezug zu
dem Begriff "Umami". Abgesehen davon sei weiten Teilen der angesprochenen
deutschen Verkehrskreise, auf die abzustellen sei, ein beschreibender Begriffsin-
halt des Wortes "Umami" völlig fremd. Es ergebe sich aus keinem der in das Ver-
fahren eingeführten oder über das Internet zugänglichen Belege, dass der japani-
sche Begriff "Umami" von den Herstellern und Händlern in irgendeiner Weise zur
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Bezeichnung von Eigenschaften einschlägiger Waren oder Dienstleistungen ver-
wendet werde. Nachdem es bei der Entscheidung über die Löschung auf den Zeit-
punkt der Eintragung der Marke ankomme, könnten i. Ü. nur Belege berücksichtigt
werden, deren Erscheinen vor der Eintragung der Marke am 28. Mai 2002 liege.
Das japanische Wort "Umami" existiere in der deutschen Umgangssprache nicht.
Es werde, wie auch die Fundstellen z. B. durch die Verwendung in Anführungsstri-
chen oder mit Rufzeichen zeigten, in der deutschen Sprache als Fremdkörper
empfunden. So sage etwa niemand "Das schmecke umami" oder "Da ist Umami
drin". Auch sei, anders als bei englischen oder französischen Begriffen, kein japa-
nisches Wort ersichtlich, das als Gattungsbezeichnung für Gegenstände verwen-
det würde, die nicht dem japanischen Kulturkreis zurechenbar seien. Diese
sprachlichen und kulturspezifischen Besonderheiten stünden einer beschreiben-
den Verwendung des Wortes "Umami" im deutschen Verkehr entgegen. Dafür,
dass die Bezeichnung beim Im- oder Export-Verkehr der betroffenen Waren benö-
tigt würde, gebe es keine Anhaltspunkte.
Die Antragsgegnerin beantragt (sinngemäß),
den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben
und den Löschungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragsstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung hat die Markenabteilung zu Recht die Löschung der Mar-
ke "UMAMI" angeordnet. Wie sich aus den von der Antragstellerin eingereichten
Belegen ergebe, bezeichne der Begriff
"UMAMI" ganz allgemein eine Ge-
schmacksqualität und zwar für alle verarbeiteten und unverarbeiteten Lebensmit-
tel, die Glutaminsäure enthielten. Nachdem sich ein Fachbegriff nicht "über Nacht"
entwickle, könnten auch die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der
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Eintragung stehenden Fundstellen berücksichtigt werden. Außerdem datierten etli-
che Nachweise aus der Zeit vor der Eintragung, insbesondere der entsprechende
Eintrag in Römpp Lexikon Chemie, 10. Aufl., 1999. Für das Schutzhindernis des
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sei ferner nicht maßgeblich, ob der fragliche Begriff be-
reits zur Beschreibung einschlägiger Waren oder Dienstleistungen verwendet wer-
de. Es genüge vielmehr, dass er zur Beschreibung dienen könne. Dies aber sei für
den Fachbegriff "Umami" im Hinblick auf die verschiedensten Veröffentlichungen
sowohl in der allgemeinen Presse als auch in der Fachliteratur anzunehmen. Da
es offenbar in der deutschen Sprache kein entsprechendes Wort zur Bezeichnung
der in Rede stehenden Geschmacksrichtung neben süß, sauer, salzig und bitter
gebe, sei der Verkehr auf den unmittelbar aus dem Japanischen in die deutsche
Sprache übernommenen Ausdruck "Umami" angewiesen, um für jegliche Art von
Speisen darauf hinzuweisen, dass diese eben wie "Umami" schmeckten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf
die von den Beteiligten eingereichten sowie von der Markenabteilung und dem Se-
nat in das Verfahren eingeführten Unterlagen, verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Auch nach Auffassung des Senats ist die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG eingetragen worden (§ 50 Abs. 1 MarkenG bzw. § 50 Abs. 1 Nr. 3
MarkenG a. F.). Da das Schutzhindernis noch fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1
MarkenG), ist die Entscheidung der Markenabteilung, auf den nach §§ 50 Abs. 1,
54 Abs. 1 MarkenG zulässigen Löschungsantrag die Löschung der Marke anzu-
ordnen, zu Recht erfolgt.
Nach dem genannten Schutzhindernis sind Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Be-
zeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale
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der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für welche die Eintragung bean-
tragt wird. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfolgt die
mit Art. 3 Buchstabe c Markenrichtlinie übereinstimmende Bestimmung des § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass alle Zeichen
oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen be-
schreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht,
dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unter-
nehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 (Nr. 25) "Chiem-
see"; GRUR 2004, 146, 147 (Nr. 31) "DOUBLEMINT"; GRUR 2004, 674, 676
(Nr. 54, 56) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 35, 36) "BIOMILD"). Als ei-
ne i. d. S. bereits im Eintragungszeitpunkt für die registrierten Waren und Dienst-
leistungen feststellbare merkmalsbeschreibende Angabe ist die angegriffene Wort-
marke "UMAMI" zu beurteilen.
Wie sich aus den in das Verfahren eingeführten Unterlagen zweifelsfrei entneh-
men lässt und auch von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt wird, handelt
es sich bei dem Wort "U(u)mami" um die Bezeichnung der von dem japanischen
Wissenschaftler Kikunae Ikeda Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten und so
benannten, zusätzlich zu den bisher bekannten vier Grundgeschmacksarten "süß,
salzig, sauer" und "bitter" existierenden, weiteren fünften Geschmacksrichtung, die
durch bestimmte Stoffe, hauptsächlich durch das Natrium-L-Glutamat (auch Mono-
natriumglutamat, Natriumglutamat oder kurz Glutamat), das Natriumsalz der Glu-
taminsäure, hervorgerufen werden kann. Der Umami-Geschmack ist als solcher
schwer zu definieren und wird häufig mit Worten wie würzig, prickelnd, fleischig
oder voll, aber auch mit streng oder als eine seltsame Mischung aus süßlich und
salzig beschrieben (vgl. u. a. Römpp Lexikon Chemie, 10. Aufl., 1999, S. 4740; auf
der Internet-Seite www.landwirtschaft-mlr.baden-wüerttemberg.de/... den Arti-
kel "Umami, die neue Geschmacksart", Quelle: Aid-PresseInfo Nov. 2000; auf der
Internet-Seite www.wissenschaft.de/... die Meldung vom 28. Januar 2000 aus dem
Bereich Hirnforschung: "Salzig, sauer, süß, bitter und umami"; in der Zeitschrift
"Wirtschaftswoche", Nr. 20, 10. Mai 2001, den Artikel "Antennen für Glutamat …
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Süß, sauer, salzig, bitter - und Umami. Immer mehr Feinschmecker entdecken
den fünften Geschmack" sowie in der Zeitschrift "test Spezial Ernährung" v.
30. Mai 2001, den Artikel "Alles umami? … Kann man gute Laune essen? Viele
sind schon gut drauf, weil das kalte Büffet so köstlich war. War es vielleicht uma-
mi? Das ist der fünfte Geschmack den die Forschung jetzt geortet hat.").
In dieser Bedeutung eignet sich das Markenwort "UMAMI" nicht nur zur Merkmals-
beschreibung von gekochtem Gemüse (Spargel, Tomaten), wie die Antragsgegne-
rin meint, sondern von sämtlichen für die angegriffene Marke registrierten Lebens-
und Genussmitteln. So wird Glutamat, der chemische Stoff, der hauptsächlich für
den Umami-Geschmack verantwortlich ist, als Geschmacksverstärker vielen Le-
bensmitteln zugesetzt, vor allem konservierten Lebensmitteln, wie Fertiggerichten
jeder Art, Würzsoßen, Extrakten, Knabbereien, Wurst, Schinken etc.. Freies und
gebundenes Glutamat kommt außerdem in vielen Lebensmitteln auch in natürli-
cher Form vor, so in größeren Mengen insbesondere in reifen Tomaten, Spargel,
Fleisch und Käse, aber auch beispielsweise in Trauben, Pflaumen, getrockneten
Aprikosen, sowie in geringeren Mengen in Äpfeln, Birnen, Kartoffeln, Möhren,
Hühnchen, Fisch, Eiern, Milch, Sahne, Butter, Speiseeis, Brot, Nudeln, süßem Ge-
bäck, Kuchen, Fruchtsäften, Tee, Kaffee, Kakao (vgl. hierzu u. a. in der Zeit-
schrift "Wirtschaftswoche", Nr. 20, 10. Mai 2001, den Artikel "Antennen für Gluta-
mat … Süß, sauer, salzig, bitter - und Umami" und in dem von der Antragsgegne-
rin eingeführten Textauszug von John Emsley über "Mononatriumglutamat",
S. 9/10, 15 sowie insb. die Tab. auf S. 24). Unter den für die angegriffene Marke
eingetragenen verschiedenen Lebens- und Genussmitteln ist danach keines fest-
stellbar, in welchem Glutamat, sei es als zugefügter Geschmacksverstärker, sei es
in natürlicher Form, nicht enthalten sein könnte. Alle in Rede stehenden Lebens-
mittel können daher den Umami-Geschmack aufweisen bzw. umami schmecken.
In Bezug auf die weiter im Verzeichnis der Marke enthaltene Dienstleistung "Ver-
pflegung von Gästen" bezeichnet das Wort "UMAMI" zwar nicht Art oder Beschaf-
fenheit der Dienstleistung selbst, sondern den Geschmack und damit ein Merkmal
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der im Rahmen der Gästeverpflegung angebotenen Speisen und Getränke. Dies
steht jedoch der Annahme einer beschreibenden Angabe nicht entgegen. Denn ei-
ne solche liegt auch bei einer Bezeichnung vor, die sich auf Umstände bezieht,
welche die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen selbst nicht unmittelbar betref-
fen, wenn durch die Bezeichnung ein enger beschreibender Bezug zu den Waren
oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist,
dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres
und ohne Unklarheiten erfasst (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 19) i. V. m.
856 (Nr. 33) "FUSSBALL WM 2006"). Davon ist vorliegend auszugehen. Bei
Dienstleistungen, die im Wesentlichen auf die Speisezubereitung und die Verpfle-
gung von Gästen mit Speisen und Getränken ausgerichtet sind, stellt der Hinweis
auf den – besonderen – Geschmack der Speisen und Getränke, hier auf den
Umami-Geschmack, einen wichtigen sachlichen Aspekt dar, der in einem so en-
gen beschreibenden Bezug zu den Verpflegungsdienstleistungen steht, dass die
angesprochenen Verkehrskreise - die Kenntnis des Wortes "Umami" unterstellt –
den der Marke zukommenden beschreibenden Aussagegehalt sofort und zweifels-
frei erfassen werden.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass eine beschreibende Verwendung
des Begriffs "Umami" in der dargelegten Bedeutung für Lebensmittel und Dienst-
leistungen der hier fraglichen Art im Geschäftsverkehr nicht belegt ist. Denn das
Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfordert nicht, dass die Angabe,
aus der die Marke besteht, in dem für die Entscheidung über die Schutzfähigkeit
maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Eintragung bereits tatsächlich zu beschreibenden
Zwecken für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen verwendet
wird. Es genügt vielmehr, wie sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt,
dass eine derartige Benutzung als Sachangabe nach den gegebenen Umständen
vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist, da auch in einem derartigen Fall
die Voraussetzung gegeben ist, dass die in der Marke liegende Angabe zu diesem
Zweck "dienen kann" (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 726 (Nr. 31) "Chiemsee";
GRUR 2004, 674, 676 (Nr. 56) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 38)
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"BIOMILD"; BGH GRUR 1998, 813, 814 "CHANGE"; GRUR 2000, 882, 883 "Bü-
cher für eine bessere Welt"). Angesichts der dargelegten, für die in Rede stehen-
den Waren und Dienstleistungen glatt beschreibenden Bedeutung des Marken-
wortes "UMAMI" und dem nachfolgend noch näher zu erläuternden Verständnis
dieser Bedeutung bei einem beachtlichen Teil der beteiligten Verkehrskreise konn-
te im Eintragungszeitpunkt von einem dahingehenden vernünftigerweise zu erwar-
tenden merkmalsbeschreibenden Einsatz des Wortes im Verkehr ausgegangen
werden.
Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wird weiterhin nicht dadurch
ausgeschlossen, dass das Wort "U(u)mami" der japanischen Sprache entstammt.
Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass "U(u)mami" kein nur in der japanischen
Sprache gebräuchliches Wort und damit kein rein fremdsprachliches Wort ist, son-
dern es in seiner hier in Rede stehenden Bedeutung als Bezeichnung der besag-
ten fünften Geschmacksrichtung schon vor der Eintragung der angegriffenen Mar-
ke als Terminus des – wissenschaftlichen – Fachwortschatzes belegt ist (vgl.
Römpp, a. a. O.). Darüber hinaus lässt sich seine Verbreitung im Inland auch beim
allgemeinen Publikum bereits vor dem maßgeblichen Eintragungszeitpunkt über
die Medien in – populärwissenschaftlichen – Artikeln und Fernsehsendungen
nachweisen (zusätzlich zu den o. g. Fundstellen vgl. das Thema "Umami – der
neue Geschmack" einer in 3sat am 12. Mai 2000 ausgestrahlten Fernsehsendung;
den Artikel "Tückische Substanz.Forscher haben einen fünften Geschmack ent-
deckt. Viele Speisen schmecken nicht süß, salzig, sauer oder bitter, sondern uma-
mi." in der Zeitschrift DER SPIEGEL, Heft 6/2000; den Artikel "Das Geheimnis der
italienischen Küche", der über die fünfte Geschmacksrichtung "Umami" berichtet
und der in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht wurde, und zwar in der "Top
Shop Reginalpost" am 9. August 2001, in dem "Blitz-Tip Frankfurt-Nord" sowie der
"Hanauer Wochenpost" jeweils am 15. August 2001, in der Wochenpost am
21. August 2001 und im "Kreis Kurier", Lüdinghausen, am 4. Oktober 2001; in der
Zeitschrift "Die Welt" vom 29. April 2002 den Artikel "Scharfer Chili stört die Ge-
schmackssinne feiner Gaumen", in welchem der Begriff "U(u)mami" zur Bezeich-
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nung des fünften Geschmacks gebraucht wird; in dem Dental-Magazin "ZWP
Zahnarzt Wirtschaft Praxis" vom Mai 2002 den Artikel "Wie schmeckt man uma-
mi?"). Mittlerweile ist sogar der Eingang des Wortes "U(u)mami" in den allgemei-
nen deutschen Sprachschatz lexikalisch dokumentiert (vgl. Duden, Die deutsche
Rechtschreibung, Band 1, 24. Aufl., 2006, S. 1040: "umami (eine Ge-
schmacksrichtung)"). Im Hinblick darauf, dass die Aufnahme eines Begriffs in ein
Wörterbuch die Entwicklung des Sprachgebrauchs stets mit einer zeitlichen Verzö-
gerung nachvollzieht, lässt die Fundstelle aus dem Jahr 2006 durchaus den Rück-
schluss zu, dass das Wort "U(u)mami" auch schon in dem vier Jahre zurückliegen-
den Eintragungszeitpunkt der Marke bei der deutschen Bevölkerung in gewissem
Umfang bekannt war.
Dabei hindert auch die japanische Wortform, wenngleich sie zunächst ungewöhn-
lich wirken mag, nicht die – beschreibende – Verwendung des Wortes "U(u)mami"
in Deutschland. Worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist, gibt es nur den aus
dem Japanischen stammenden Ausdruck "U(u)mami" zur Bezeichnung des fünf-
ten Geschmacks. Wie die oben aufgeführten Fundstellen dokumentieren, wird er
in eben dieser Bedeutung – und nicht etwa als Gattungsbezeichnung für einen
Gegenstand des japanischen Kulturkreises – entsprechend den deutschen Be-
zeichnungen für die anderen Geschmacksrichtungen "süß, sauer, salzig" und "bit-
ter" als Fremdwort in der deutschen Sprache gebraucht.
Zwar wird man aufgrund der getroffenen Feststellungen im Eintragungszeitpunkt
und auch heute noch nicht von einem Fremdwort ausgehen können, welches
überwiegenden Teilen der angesprochenen inländischen Verkehrskreise, insbe-
sondere der überwiegenden Zahl der breiten Verbraucherschichten, geläufig ist.
Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfordert jedoch, entgegen der
Auffassung der Antragsgegnerin, keine einhellige oder überwiegende Verkehrs-
auffassung (vgl. BPatG GRUR 2005, 865, 869 "SPA"). So hat der Europäischen
Gerichtshofs in seinem Urteil "Matratzen Concord/Hukla" (GRUR 2006, 411 ff.), in
dem er sich mit der Schutzfähigkeit fremdsprachiger, in der jeweiligen
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(EU-)Fremdsprache die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreiben-
der Wörter befasst, für die Annahme des Schutzhindernisses des Art. 3 Abs. 1
Buchstabe c Markenrichtlinie (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) darauf abgestellt, ob die
beteiligten Verkehrskreise in dem Mitgliedstaat, in dem die Eintragung beantragt
wird, im Stande sind, die Bedeutung des - fremdsprachigen - Wortes zu erkennen
(EuGH a. a. O. (Nr. 26) "Matratzen Concord/Hukla"). Die "beteiligten Verkehrskrei-
sen" sind hierbei nicht stets als die Gesamtheit aller mit den Waren oder Dienst-
leistungen in Berührung kommender Verkehrsteilnehmer zu verstehen. Vielmehr
kann, nachdem der Europäische Gerichtshof insofern zwischen dem Handel
und/oder dem Durchschnittsverbraucher differenziert (vgl. EuGH a. a. O. (Nr. 24)
"Matratzen Concord/Hukla"), markenrechtlich beachtlich schon das Verständnis
nur eines Teils der beteiligten Verkehrskreise sein, insbesondere nur das der am
Handel beteiligten Fachverkehrskreise (vgl. hierzu auch Ströbele MarkenR 2006,
433, 435). Angesichts der zur fraglichen Zeit im Mai 2002 vorhandenen zahlrei-
chen Belege für den Gebrauch des Begriffs "U(u)mami" in den deutschen Medien
sowie als biochemischer und neurophysiologischer Fachterminus konnte aber zu-
mindest von den in markenrechtlicher Hinsicht beachtlichen beteiligten Fachver-
kehrskreisen der Lebensmittelhändler und -hersteller und der Gastronomie-Unter-
nehmen, sowie darüber hinaus auch von einer gewissen Zahl einschlägig interes-
sierter und informierter Verbraucher erwartet werden, dass sie schon im Zeitpunkt
der Eintragung im Stande waren und es heute erst recht sind, die Bedeutung des
Wortes Wort "U(u)mami" als Bezeichnung des fünften Geschmacks zu erkennen.
Der Senat sah keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil we-
der eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war noch die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ei-
ne Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 und 2
MarkenG). Zu befinden war vielmehr allein auf der Grundlage der höchstrichterli-
chen Rechtsprechung über die Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Marke auf-
grund der tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Falles. Insbesondere
bedarf die Frage nach den bei die Beurteilung eines fremdsprachigen Wortes als
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beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu berücksichtigenden
Verkehrskreisen im Hinblick auf das hierzu ergangene Urteil des Europäischen
Gerichtshofes "Matratzen Concord/Hukla" (vgl. a. a. O.) keiner weiteren Klärung
durch den Bundesgerichtshof.
Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgrün-
den bestand keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
gez.
Unterschriften