Urteil des BPatG vom 22.11.2005

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 41/04
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
22. November 2005
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die IR-Marke 769 922
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 22. November 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Winkler, der Richterin Dr. Hock und des Richters Kätker
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat den Schutz der am 12. November 2001
für folgende Dienstleistungen
35: Management services and management assistance for busi-
nesses and for governments; operational services for busi-
nesses and for governments; business management of re-
search and development departments; planning assistance
for businesses and for governments; economic forecasting
and analysis for business and for government purposes; effi-
ciency assessment services; information and advisory servi-
ces relating to all the aforegoing; business advisory services
relating to economic and industrial development.
42: Technical
project
studies; conducting feasibility studies rela-
ting to research and developement, research surveys; infor-
mation and advisory services relating to all the foregoing; in-
formation and advisory services, all relating to research and
development, to the management of research and develop-
ment and to the management of science and technology; ef-
ficiency evaluation and evaluation services, all relating to the
aforesaid services
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international registrierten Marke 769 922
TECHNOPOLIS
durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 IR vom 7. November 2003 für die
Bundesrepublik Deutschland gemäß §§ 107, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2
MarkenG i. V. m. Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 MMA, Art. 6 quinquies B PVÜ verweigert.
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass die Marke eine ”Technolo-
gie-Stadt” im Sinne eines großen Forschungs- und Technologieparks, in dem auch
Universitäten und Forschungsinstitute angesiedelt seien, bezeichne. Der Begriff
sei bereits lexikalisch nachweisbar. Darüber hinaus habe sich aus einer Internetre-
cherche die sprachgebräuchliche Verwendung des Wortes in der genannten Be-
deutung ergeben. Wenn die IR-Marke ”TECHNOPOLIS” dem angesprochenen
Verkehr als Kennzeichnung der beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35
und 42 begegne, werde er darin naheliegend einen beschreibenden Hinweis auf
solche Dienstleistungen sehen, die sich mit ”Technologie-Zonen” befassten oder
für ”Technologie-Städte” und deren Entwicklung sowie deren Errichtung bestimmt
seien.
Mit ihrer Beschwerde beantragt die Markeninhaberin,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Sie trägt vor, dass der Wortkombination ”TECHNOPOLIS” keine eindeutig be-
schreibende Bedeutung beigemessen werden könne. Hierfür wäre erforderlich,
dass der angesprochene Verkehrskreis erstens erkenne, dass es sich um einen
aus zwei Bestandteilen zusammengesetzten Begriff handle, zweitens müssten
den Begriffen ”TECHNO” und ”POLIS” bestimmte Bedeutungen zu Grunde gelegt
werden und drittens müssten die angesprochenen Verkehrskreise diese zu einem
Gesamtbegriff zusammenfügen, um zu den behaupteten Bedeutungen von ”Tech-
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nologie-Stadt” im Sinne eines großen Forschungs- und Technologieparks zu
kommen. Dafür bestünden aufgrund der Ermittlungsunterlagen der Markenstelle
keine ausreichenden Anhaltspunkte.
Die Markeninhaberin verweist im Übrigen auf eine Voreintragung der Marke in
Großbritannien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der
mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Nach Auffassung des Senats fehlt der Bezeichnung ”TECHNOPOLIS” hinsichtlich
der beanspruchten Dienstleistungen jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft, so
dass sie bereits wegen des absoluten Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG von der Schutzerstreckung ausgeschlossen ist. Die Markenstelle hat der
Marke daher im Ergebnis zu Recht den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland
verweigert.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden
konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke
erfassten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Un-
ternehmen aufgefasst zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab an-
zulegen, d. h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um die-
ses Schutzhindernis zu überwinden (st. Rspr. vgl. BGH MarkenR 2005, 145
- BerlinCard; GRUR 2002, 540 – OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb,
weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt,
wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise un-
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terzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleis-
tungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet wer-
den und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deut-
schen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen
einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und
nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus kein tat-
sächlicher Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und
damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr. vgl. BGH a. a. O. – BerlinCard;
BGH GRUR 1999, 1089 – YES).
Die schutzsuchende Marke ist aus den Bestandteilen ”TECHNO” und ”POLIS” zu-
sammengesetzt. ”TECHNO” ist die Abkürzung für ”Technologie, technologisch”
(vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden,
3. Aufl. 1999, S. 3869) und den hier angesprochenen Verkehrskreisen, teils Fach-
kreisen, teils dem allgemeinen Publikum, ohne weiteres geläufig (vgl. insoweit
auch BPatG, 27 W (pat) 97/03 – TECHNO MARKT; BPatG, 29 W (pat) 195/93
- TECHNOSERVICE). ”POLIS” ist das griechische Wort für ”Stadt” (vgl. Langen-
scheidts Taschenwörterbuch der griechischen und deutschen Sprache, Erster Teil
Altgriechisch-Deutsch, 1986, S. 355).
Zwar ist, wie die Markeninhaberin zutreffend ausgeführt hat, bei der Beurteilung
der Marke zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zei-
chen in seiner Gesamtheit mit all seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm
entgegentritt, ohne es einer zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen, so
dass bei aus mehreren Wörtern bestehenden Marken das Vorliegen des Schutz-
hindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die Wortfolge in ihrer Gesamtheit
festzustellen ist (MarkenR
2000, 420, 421 –
RATIONAL SOFTWARE COR-
PORATION). Das Gesamtzeichen, hier im Übrigen zu einem Wort zusammenge-
zogen, hat jedoch einen beschreibenden Gesamtinhalt. Dies ergibt sich bereits
aus den von der Markenstelle angeführten lexikalischen Nachweisen.
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Die Verwendung des begehrten Ausdrucks im bundesdeutschen Sprachraum be-
schränkt sich jedoch nicht auf einschlägige Lexika. Wie sich aus der Internetre-
cherche des Senats ergeben hat, wird der Begriff auch hier zahlreich verwendet:
-
www.wirtschaftundschule.de: ”Mit dem Begriff ”Technopole” werden große
Forschungs- und Technologieparks bezeichnet, in denen auch Universitä-
ten und Forschungsinstitute angesiedelt sind”
-
www.ifk.ac.at: ”Technopolis: Telekommunikative Stadt(t)räume …”
-
www.tu-chemnitz.de: ӆber den rasanten Bedeutungszuwachs der Kom-
munikation im Zeitalter der Technopolis”
- http://theo.thg.goe.ni.schule.de:
”Mit ”Technopolis” werden neue For-
schungs- und Produktionsstandorte einer Zukunftstechnologie bezeichnet”.
Ein beschreibender Zusammenhang besteht dabei zu sämtlichen Dienstleistun-
gen, für die die Marke bestimmt ist. Die Dienstleistungen der Klassen 35 und 42
können dabei zur Errichtung einer Technopolis bestimmt sein. Gegebenenfalls
können sie sich auch an den Betreiber eines entsprechenden Technologieparks
richten.
Insgesamt werden die angesprochenen Verkehrskreise die beanspruchte Marke
jedenfalls in Bezug auf die streitgegenständlichen Dienstleistungen in ihrem be-
schreibenden Sinngehalt erkennen und daher nicht als Betriebskennzeichen an-
sehen.
Dem Zeichen kann die Schutzfähigkeit auch nicht deshalb zugebilligt werden, so-
weit es in anderen Ländern als Marke eingetragen worden ist. Denn diese Eintra-
gungen lassen trotz der gegebenenfalls durchgeführten Harmonisierung des Mar-
kenrechts keine Rückschlüsse auf das Verständnis des Zeichens beim inländi-
schen Publikum zu, auf das allein bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nach § 8
Abs.
2 Nr.
1 MarkenG abzustellen ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz,
7. Aufl., § 8 Rdz. 81 ff.).
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Der Senat neigt im Übrigen zur Annahme eines Freihaltebedürfnisses an dem be-
schreibenden Gesamtbegriff, was hier jedoch keiner abschließenden Beurteilung
mehr bedarf.
Winkler
Richter Kätker ist durch
Urlaub verhindert zu un-
terschreiben.
Winkler
Dr. Hock
Cl