Urteil des BPatG vom 21.11.2000

BPatG (beschreibende angabe, unterscheidungskraft, marke, mode, unterhaltung, werbung, daten, edv, ausbildung, beschwerde)

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 83/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 52 385.5
hat der 33. Senat (Markenbeschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sit-
zung vom 21. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Winkler sowie die
Richter Dr. Albrecht und von Zglinitzki
BPatG 152
6.70
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beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 10. Februar 2000 wird
aufgehoben.
G r ü n d e
I
Die Anmelderin hat am 27. August 1999 die Wortmarke
Fashion In A Box
für die Waren
"Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, CD-ROM, DVD,
CD-WORM und andere digitale oder analoge Datenträger;
Werbung, Entwicklung von Werbekonzepten, Unterneh-
mensverwaltung; Erziehung, Ausbildung und Unterhaltung;
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Er-
stellen von multimedialen oder virtuellen Produktionen für
Unterhaltung und Werbung, Erstellen von Programmen für
die Verwaltung von Daten, multimedialen oder virtuellen Pro-
duktionen"
angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit Beschluss vom 10. Februar 2000 zurückgewiesen und dazu aus-
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geführt, die angesprochenen Kreise, computerinteressiertes und versiertes Publi-
kum, das über einen erhöhten Verstehenshorizont verfüge, verstünden die zum
englischen Grundwortschatz zählenden Wörter als nicht unterscheidungskräftigen
Hinweis darauf, dass die Anmelderin Informationen zum Thema Mode/Lebensstil
in einer Speichervorrichtung, wie in einem Computer (Blackbox) oder in einer
Mailbox, zum Abruf bereithalte. Hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen aus
dem EDV-Bereich sei die angemeldete Wortfolge als Sach- oder Themenangabe
glatt beschreibend. Auf dem Sektor Werbung, Unternehmensverwaltung und Aus-
bildung sowie Unterhaltung sei sie ein Hinweis darauf, dass durch Inanspruch-
nahme der diesbezüglichen Leistungspalette gespeicherte Daten abgerufen wer-
den könnten. Englisch sei Fachsprache der Computerindustrie und EDV-Branche.
An der Bestimmung- und Themenangabe bestehe auch ein Freihaltungsbedürfnis.
Dieser Beschluss ist der Anmelderin am 21. Februar 2000 zugestellt worden.
Am 17. März 2000 hat sie Beschwerde erhoben und sinngemäß beantragt,
den Beschluß der Markenstelle aufzuheben.
Zur Begründung ihres Antrags trägt die Anmelderin, die angemeldete Wortfolge
sei unterscheidungskräftig. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft sei ein
großzügiger Maßstab anzulegen. Die angesprochenen Verkehrskreise übersetz-
ten "Fashion In A Box" mit "Mode in der Kiste". Die vom Patentamt unterstellten
Bedeutungen seien davon weit entfernt.
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II
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil die angemeldete Wort-
folge "Fashion In A Box" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen un-
terscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig ist (§
8 Abs
2 Nr
1
und 2 MarkenG).
Eine Marke besitzt die erforderliche Unterscheidungskraft, wenn sie geeignet ist,
die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen eines an-
deren Unternehmens zu unterscheiden.
Dabei ist zwar auf die inländischen Verkehrskreise abzustellen, allein die Ver-
wendung der englischen Sprache kann der angemeldeten Marke aber keine Un-
terscheidungskraft verleihen, da die verwendeten Wörter allgemein und für die
angesprochenen Kreise im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen aus
dem EDV-Bereich ohne weiteres verständlich sind. Die Marke besteht die Marke
aus vier Wörtern, die zum englischen Grundwortschatz gehören und zum Teil als
Fremdwörter im deutschen Sprachgebrauch verwendet werden.
Die Unterscheidungskraft kann aber nicht verneint werden, weil sich die von der
Markenstelle zu Grunde gelegte Bedeutung "Informationen über Mode, abrufbar
aus einer Datenbank" nicht ohne weiteres aufdrängt. Die Markenstelle hat keine
Nachweise vorgelegt, nach denen eine derartige Interpretation als naheliegend
anzusehen wäre. Auch der Senat konnte hierfür keine Nachweise finden.
Das in der Marke enthaltene Wort "Fashion" führt zunächst einmal mit seiner all-
gemein im bekannten Bedeutung "Mode" von den beanspruchten Waren und
Dienstleistungen weg. Im sprachlichen Kontext zu "Fashion" versteht der Verbrau-
cher "Box" jedenfalls zunächst im Sinne von "Schachtel/Kiste". Anders als in Beg-
riffen, wie "Mailbox" oder das dem Beschluss des 30. Senats zu Grunde liegende
"CLIPBOX" (Beschluss vom 24. April 1995, 30 W (pat) 196/94), ist weder die an-
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gemeldete Langform "Fashion In A Box" noch eine Kurzform "Fashion-Box" ein
üblicher Begriff, der auf ein Gerät zum Abspeichern hinweist. Nachrichten (Mails)
und Bilder (Clips) werden üblicherweise abgespeichert und von dort wieder abge-
rufen. Für Mode ist dies nicht ohne weiteres zu erwarten. Hier sind mehrere Ge-
dankenschritte notwendig, um einen Sachverhalt zu konstruieren, der einen be-
schreibenden Sinn ergeben könnte. Dies reicht aber nicht aus, mangelnde Unter-
scheidungskraft anzunehmen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Kurzform
"Fashion-Box" für sich genommen schutzfähig wäre; jedenfalls die angemeldete
Wortfolge "Fashion In A Box" mit ihrem deutlichen Ortsbezug weist Unterschei-
dungskraft auf.
Anders als der sprachliche Kontext können die beanspruchten Waren und Dienst-
leistungen vorliegend für den Markenbestandteil "Box" zu einem Verständnis im
Sinne von "Gerät zum Speichern von Daten" hinführen. Mit dieser Bedeutung wird
der Bestandteil "Box" sprachüblich zwar mit Bestimmungswörtern kombiniert, dies
ist aber für "Fashion" nicht in entscheidungserheblichem Maß zu erwarten und in
der Form "In A Box" nicht sprachüblich.
Der Senat konnte auch keine phraseologische Kombination nachweisen, in der die
Wendung "in a box" eine Bedeutung erhalten könnte, die auch im Zusammenhang
mit "Fashion" einen beschreibenden Sinngehalt ergeben könnte. Bekannte Phra-
sen wären zwar eher schutzunfähig als sonstige Kombinationen
(vgl BPatGE 33, 80 - Fleur CHARME), andererseits wäre aber der Austausch ei-
ner phrasalen Komponente oder die Hinzufügung einer neuen Komponente be-
sonders auffällig und würde so einen phantasievollen Überschuss im Sinne der
markenrechtlichen Unterscheidungskraft ergeben (vgl Fleischer, Wolfgang, Phra-
seologie der deutschen Gegenwartssprache, Leipzig, 1982, S 41). Ohne den
Nachweis einer vorhandenen Phrase mit dem Bestandteil "in a box" kann vorlie-
gend jedoch weder das eine noch das andere angenommen werden.
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Nachdem es sich bei der angemeldeten Marke damit um keine ersichtlich be-
schreibende Angabe handelt, besteht auch kein Freihaltungsbedürfnis an ihr.
Der Beschluss der Markenstelle ist daher aufzuheben.
Winkler Albrecht
v.Zglinitzki
Mü/Ja