Urteil des BPatG vom 03.12.2009

BPatG (beschwerde, kennzeichnungskraft, verhalten, winter, zeitpunkt, vogel, marke, interesse, widerspruchsverfahren, erlöschen)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 52/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die angegriffene Marke 303 11 646
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 3. Dezember 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Vogel von Falckenstein, der Richterin Winter und des Richters Paetzold
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Be-
schlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 12. Februar 2009 und vom 9. März 2004 in-
soweit aufgehoben, als der Widersprechenden die Kosten des Wi-
derspruchsverfahrens auferlegt worden sind.
G r ü n d e
I .
Am 18. Juni 2003 eingetragen und am 25. Juli 2003 veröffentlicht worden ist die
APOPLUS
44.
Gegen die Eintragung ist - unter Geltendmachung gesteigerter Kennzeichnungs-
kraft - u. a. am 24. Oktober 2003 Widerspruch erhoben worden aus der seit dem
11. Juni 1996 für zahlreiche Waren und Dienstleistungen eingetragenen Wort-
/Bildmarke 396 02 967 (farbig blau, weiß, schwarz, orange)
.
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Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat diesen Widerspruch
durch Erstbeschluss wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen, weil
das Element „Plus“ die Vergleichsmarken wegen fehlender Kennzeichnungskraft
nicht präge und damit eine Verwechslungsgefahr nicht begründen könne. Der Wi-
dersprechenden sind die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt worden,
weil sie hätte erkennen müssen, dass ein schutzunfähiger Bestandteil wie „Plus“
eine Verwechslungsgefahr nicht begründen könne. Die - im Lauf des Erinnerungs-
verfahrens - auf die Kostenentscheidung beschränkte Erinnerung der Widerspre-
chenden ist aus denselben Gründen erfolglos geblieben; ergänzend ist darauf hin-
gewiesen, dass die Schutzunfähigkeit des Wortes „plus“ der Widersprechenden
hätte bekannt sein müssen; eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke sei nicht gegeben. Hinsichtlich der Kosten des Erinnerungsverfah-
rens hat die Markenstelle von einer Kostenauferlegung abgesehen.
Gegen diesen Beschluss hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Sie
verweist insbesondere darauf, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt der Einle-
gung des Widerspruchs nicht mit Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung habe
rechnen müssen. Insbesondere sei in etlichen anderen Widerspruchsverfahren
Verwechslungsgefahr bejaht worden.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 12. Februar 2009 und vom
9. März 2004 insoweit aufzuheben, als sie der Widersprechenden
die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegen und auszu-
sprechen, dass keiner Partei Kosten auferlegt werden.
Eine Äußerung des Inhabers der angegriffenen Marke ist nicht zu den Akten ge-
langt.
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II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist in der Sache begründet.
Eine vom Grundsatz der Tragung eigener Kosten abweichende Kostenauferle-
gung aus Billigkeitsgründen (§ 63 Abs. 1 S. 1) MarkenG) setzt besondere Um-
stände voraus. Solche von der Norm abweichenden Umstände sind insbesondere
dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt
nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in
einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumin-
dest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem
Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht. In Wi-
derspruchsverfahren gibt das Verhalten eines Widersprechenden Anlass für eine
Kostenauferlegung, wenn die Vergleichsbezeichnungen sich nach anerkannten
Beurteilungsgrundsätzen nicht verwechselbar nahe kommen. Dies ist bei ersicht-
lich fehlender Ähnlichkeit der Marken der Fall. Dazu können zwar unter Umstän-
den auch die Fälle gehören, in denen sich mehrgliedrige Marken bzw. Kombina-
tionsmarken gegenüberstehen, die nur in einem offensichtlich schutzunfähigen
Bestandteil übereinstimmen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. § 63 Rdn. 7
i. V. m. § 71 Rdn. 11, 13).
Ein krasser Fall der ersichtlich fehlenden Verwechslungsgefahr, der eine Kosten-
auferlegung rechtfertigen würde, lag aber hier zum Zeitpunkt der Einlegung des
Widerspruchs im Dezember 2003 in Anbetracht der von der Markenstelle ange-
nommenen teilweisen Identität der Dienstleistungen, des geltend gemachten
blickfangmäßigen Hervortretens des Wortes „Plus“ und der mit näheren Angaben
geltend gemachten gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
nicht vor.
Vor diesem Hintergrund kann dann aber der Widersprechenden auch bei Beach-
tung der dargelegten Grundsätze und der jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt als
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nicht gefestigt zu betrachtenden Rechtsprechung des BPatG zur Schutzunfähig-
keit des Begriffs „Plus" nicht der Vorwurf einer Verfolgung verfahrensfremder Ziele
durch Einlegung eines offensichtlich erfolglosen Widerspruchs gemacht werden,
so dass es bei dem Grundsatz bleibt, dass jeder Beteiligte die ihm entstandenen
Kosten selbst trägt (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG).
Im Hinblick auf die erfolgreiche Beschwerde sowie aus den oben genannten
Gründen bietet der Streitfall auch hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfah-
rens keinen Grund für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1
MarkenG).
Dr. Vogel von Falckenstein
Winter
Paetzold
Cl