Urteil des BPatG vom 26.11.2003

BPatG (deutschland, bundesrepublik deutschland, vermietung, telekommunikation, klasse, zeichen, unterscheidungskraft, verbindung, medien, betrieb)

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 27/03
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 73 082.9
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 26. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin
Grabrucker, die Richterin Pagenberg und die Richterin k.A. Fink
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
DeutschlandDirekt
ist am 29. September 2000 für verschiedene Waren und Dienstleistungen der
Klassen 9, 16, 35, 36, 38, 39, 41 und 42 zur Eintragung in das Markenregister an-
gemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit Beschluss vom 18. November 2002 wegen fehlender Unterschei-
dungskraft teilweise zurückgewiesen für die Waren und Dienstleistungen der
Klasse 9:
Maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger;
Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte
Karten aus Karton oder Plastik;
Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für
die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;
Klasse 41: Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstal-
tungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften
und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektroni-
schen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I);
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Klasse
42: Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der
Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und
Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von
Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern.
Das Zeichen erschöpfe sich in Verbindung mit diesen Waren und Dienstleistun-
gen, die Bücher, Fernseh- und Radiosendungen, Veranstaltungen sowie die
Dienstleistungen einer Datenbank umfassten, in dem schlagwortartigen Hinweis,
dass es sich dabei um unmittelbare Informationen über Deutschland oder eine
entsprechende Berichterstattung handele. Im Bereich der Telekommunikation be-
deute „direkt“ außerdem soviel wie „online“.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Dem angemeldeten Zeichen lasse sich
für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein klarer Bedeutungsgehalt
zuordnen. Daher fehle ihm auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft.
Die Anmelderin beantragt,
die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung des
angemeldeten Zeichens steht das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
entgegen.
Nach dieser Vorschrift sind Marken, denen für die Waren oder Dienstleistungen
jegliche Unterscheidungskraft fehlt, von der Eintragung ausgeschlossen. Unter-
scheidungskraft bedeutet die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr
als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen
eines Unternehmens gegenüber solchen anderen Unternehmen aufgefasst zu
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werden. Unterscheidungskraft ist gegeben, wenn einer Marke kein für die fragli-
chen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Be-
griffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der
deutschen oder einer Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen
einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und
nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st Rspr, vgl BGH WRP 2003,
1429, 1430 - Cityservice). Ersteres ist hier der Fall.
1. Das angemeldete Zeichen setzt sich erkennbar aus den Begriffen „Deutsch-
land“ und „Direkt“ zusammen. „Direkt“ bedeutet „ohne Umweg, unverzüglich, un-
mittelbar“ (vgl Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 4. Auflage 2001 [CD-
ROM]). Im Gebiet der Informationstechnologie und Telekommunikation ist der
Begriff „direkt“ zur Bezeichnung einer unmittelbaren Telefon- oder Datenverbin-
dung gebräuchlich. Begriffe wie „Direktwahl“ oder „Direktruf“ zur Bezeichnung
eines selbsttätigen Verbindungsaufbaus oder einer automatischen Wahl (vgl
Klußmann Lexikon der Kommunikations- und Informationstechnik, 3. Aufl 2001, S
194; Microsoft Lexikon, 7. Aufl 2002, S 260) und „Direktverbindung“ als Ausdruck
für eine direkte Kabelverbindung zweier PCs zur Fernsteuerung oder Datenüber-
tragung (vgl. Der Brockhaus, Computer- und Informationstechnologie, 2003,
S 253) verdeutlichen einen derartigen Gebrauch. Im Bereich der Print- und
elektronischen Medien beinhaltet das Wort „direkt“ einen Hinweis auf die zeitliche
und sachliche Unmittelbarkeit von Informationen (vgl BPatG 33 W (pat) 133/99
- Berlin direkt).
Das Wort „Deutschland“ bezeichnet sowohl den Staat als auch das geographische
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und wird dementsprechend als themati-
scher Hinweis auf die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sonstigen Ge-
gebenheiten in Deutschland verwendet (vgl. BPatG 29 W (pat) 90/97 - Bilderbuch
Deutschland; 32 W (pat) 48/01 - Deutschland heute). In dieser inhaltsbeschrei-
benden Bedeutung ist der Begriff auch Bestandteil zahlreicher Titel von Büchern
und Fernsehsendungen, wie zB „Deutschland lacht; Deutschland live; Deutsch-
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land pervers; Deutschland um 6“ (vgl die Recherche unter
http://www.titelschutzanzeiger.de [Titel seit 01.01.1998]).
2. In der Gesamtheit bedeutet das Zeichen daher soviel wie „Deutschland unmit-
telbar“ und weist damit auf eine unmittelbare Deutschlandverbindung bzw einen
unmittelbaren Deutschlandbezug hin. In Verbindung mit den beanspruchten Wa-
ren und Dienstleitungen erschließt sich dem angesprochenen Publikum dieser
Bedeutungsgehalt auch ohne weiteres.
Für die Dienstleistungen „Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Ein-
richtungen für die Telekommunikation, insbesondere Funk und Fernsehen; Ver-
mietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern“ enthält das Zei-
chen lediglich den Hinweis auf eine unmittelbare Telefon-, Mobilfunk- oder Daten-
verbindung nach Deutschland beziehungsweise auf die Vermietung von Einrich-
tungen, die eine entsprechende Verbindung ermöglichen. Dabei ist zu berücksich-
tigen, dass der übliche Verbindungsaufbau vom Ausland nach Deutschland die
Eingabe zusätzlicher Vorwahlnummern erfordert, so dass der Hinweis auf eine
unmittelbare Verbindung zur Beschreibung der Dienstleistung der Telekommuni-
kation ohne weiteres geeignet erscheint.
In Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen „maschinenlesbare Datenauf-
zeichnungsträger; Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder ge-
prägte Karten aus Karton oder Plastik; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich
Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln
und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen“, die alle der Informations-
vermittlung dienen können, weist das angemeldete Zeichen darauf hin, dass diese
unmittelbare Informationen über Deutschland enthalten. Wegen des engen sachli-
chen Zusammenhangs zwischen Print- und elektronischen Medien und den zuge-
hörigen Dienstleistungen ihrer Veröffentlichung und Herausgabe ist die Bezeich-
nung „DeutschlandDirekt“ auch zur Beschreibung der Dienstleistung „Veröffentli-
chung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnis-
sen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und
CD-I)“ geeignet (vgl BGH GRUR 2003, 342 - Winnetou).
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Für die Dienstleistung „Unterhaltung“ erschöpft sich die angemeldete Wortkombi-
nation ebenfalls in dem Sachhinweis, dass sich diese unmittelbar mit Ereignissen
aus Deutschland befasst. Dies gilt auch für die Dienstleistung „Organisation von
sportlichen und kulturellen Veranstaltungen“. Insoweit lässt sich zwar nicht fest-
stellen, dass derartige Dienstleistungen üblicherweise nach dem Inhalt der ange-
botenen Veranstaltungen bezeichnet werden. Da sich für das angesprochene
Publikum aber die Organisation einer Veranstaltung und die Veranstaltung selbst
häufig als eine Einheit darstellen, wird es auch hinsichtlich der Organisations-
dienstleistungen in der Bezeichnung „DeutschlandDirekt“ nur den Hinweis auf eine
Veranstaltung mit Deutschlandbezug und keinen Unternehmenshinweis erkennen.
3. Die von den deutschen Sprachregeln abweichende Wortverbindung verändert
nicht den beschreibenden Aussagegehalt des angemeldeten Zeichens. Sowohl
das Zusammenschreiben von Bestandteilen als auch die Binnengroßschreibung
einzelner Buchstaben zählen zu den werbeüblichen Schreibweisen, die bereits
Teil der allgemeinen Schriftsprache geworden sind (vgl BPatG 29 W (pat) 210/01
- BusinessOnline; 29 W (pat) 208/01 - TeleOffice). Auch die Wortbildung mit dem
nachgestellten Bestandteil „direkt“ entspricht dem üblichen Sprachgebrauch (vgl
BPatG 25 W (pat) 99/03 - scheidung-direkt; BPatG 30 W (pat) 39/02 - Fenster di-
rekt; BPatG 32 W (pat) 412/99 - SOLAR DIREKT; BPatG 33 W (pat) 133/99 - Ber-
lin direkt).
Grabrucker Pagenberg
Fink
Cl