Urteil des BPatG vom 13.01.2004

BPatG (bezeichnung, haus, beschreibende angabe, zeichen, verkehr, marke, angabe, unterscheidungskraft, immobilie, eintragung)

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 266/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 92 653.7
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 13. Januar 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler,
der Richterin Dr. Hock und des Richters Kätker
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle
für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juni 2002
aufgehoben.
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G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 20. Dezember 2000 die Wortmarke
Haus Mendelssohn
für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:
Erwerb, Verwaltung, Vermittlung, Bewirtschaftung, Vermietung und Verkauf von Im-
mobilien; Bauwesen, insbesondere Sanierung von Immobilien.
Mit Beschluss vom 4. Juni 2002 hat die Markenstelle für Klasse 36 des Patent- und
Markenamts durch ein Mitglied des Patentamts die Anmeldung nach §§ 37 Abs. 1, 8
Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle
handelt es sich bei der angemeldeten Wortfolge um die Bezeichnung eines größeren
historischen Hauses, das sich zentral und in prominenter Lage in der Stadtmitte Ber-
lins befinde. In Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen stelle das angemeldete
Zeichen eine Angabe dahingehend dar, dass die Dienstleistungen von dort stammten
oder sich mit einzelnen Objekten dieses Hauses befassten. Angesichts der reprä-
sentativen Lage des Hauses stelle dies auch eine wichtige Aussage über die
Dienstleistungen dar. Denn das Zeichen vermittle den angesprochenen Verkehrs-
kreisen, dass es sich um hochwertige Dienstleistungen handele. Damit sei das Zei-
chen eine Angabe der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der geografischen Her-
kunft der Dienstleistungen im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Das Zeichen sei
auch freihaltungsbedürftig, da es sich bei dem Haus Mendelssohn um einen größe-
ren Büro- und Wohnkomplex handele, so dass nicht auszuschließen sei, dass neben
der Anmelderin noch weitere Personen mit Sitz in diesem Gebäude die Bezeichnung
benötigten. Daneben bestehe ein Freihaltebedürfnis zu Gunsten der Personen, die
derzeit oder zukünftig als Immobilienvermittler in diesem Haus anböten. Schließlich
sei das Zeichen zur Unterscheidung der Dienstleistungen der Anmelderin von denen
anderer Immobilienvermittler ungeeignet, da die angesprochenen Verkehrskreise zu
der Auffassung gelangen würden, dass die Dienstleistungen mit dem Haus Mendels-
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sohn zusammenhängen, das Zeichen jedoch nicht als individuelles Kennzeichen der
Anmelderin auffassten, so dass ihm auch die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2
Nr. 1 Markengesetz fehle.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie
sinngemäß beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Zur Begründung für sie aus, dass ein Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG nicht vorliege, da den Verkehrskreisen bis auf wenige Ausnahmen
das Haus Mendelssohn in Berlin nicht bekannt sei und sie folglich die Herkunft oder
die Bestimmung der Dienstleistungen nicht auf dieses Haus beziehen könnten. Eine
geografische Herkunftsangabe liege somit nicht vor. Im Widerspruch zu den im Be-
schluss enthaltenen Ausführungen sei die Markenstelle noch im Beanstandungsbe-
scheid davon ausgegangen, dass noch ein weiteres Haus dieses Namens existiere,
so dass der Verkehr die Dienstleistungen nicht mit einem hinreichend genau be-
stimmbaren Ort in Verbindung bringe könne. Weiterhin stelle das angemeldete Zei-
chen auch keine Bestimmungs- oder Beschaffenheitsangabe dar. Der Verkehr fasse
das Zeichen herkunftshinweisend auf, da er an die betriebherkunftshinweisende
Verwendung von Bezeichnungen, die aus dem Wort „Haus“ und einem Namen zu-
sammengesetzt sind, gewöhnt sei. Auch das von der Markenstelle angeführte Frei-
haltebedürfnis zu Gunsten anderer Personen bestehe nicht, da die Anmelderin Ei-
gentümerin des Hauses Mendelssohn sei, so dass sie für die Verwendung der Be-
zeichnung ein Monopolrecht besitze. Das Gebäude sei der alte Stammsitz des Bank-
hauses Mendelssohn. Die Anmelderin habe das Haus von den Erben R…
erworben und sich im Kaufvertrag verpflichtet, den Namen „Mendelssohn“
weiterzuführen, so dass eine Berechtigung zur Führung des Namens vorliege.
II
Die Beschwerde ist begründet.
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Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die angemeldete Marke für
hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhin-
dernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmel-
demarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.
So sind keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die An-
nahme eines Freihaltungsbedürfnisses i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen
können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die
ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der
Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstel-
lung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung
sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Zunächst kann in der angemeldeten Bezeichnung keine Angabe über die Bestim-
mung bzw. der Spezialisierung der beanspruchten Dienstleistungen gesehen wer-
den. Zwar wird die Angabe "Haus Mendelssohn" nach den übereinstimmenden Fest-
stellungen der Markenstelle und des Senats in Zusammenhang mit den bean-
spruchten Dienstleistungen auf dem Gebiet des Immobilienwesens zur Bezeichnung
eines bestimmten Immobilienprojekts verwendet. Es handelt sich dabei um das teil-
weise wieder aufgebaute Stadtpalais des Bankhauses Mendelssohn in der J…
straße in B…, das von der Anmelderin saniert und gewerblich vermietet
wird. Daher wird die angemeldete Bezeichnung vom Verkehr auch als Bezeichnung
einer konkreten, insbesondere aus der Werbung der Anmelderin bekannten Immobi-
lie verstanden, mit der sich die beanspruchten Dienstleistungen befassen. Die An-
meldemarke ist damit jedoch nicht etwa eine freihaltungsbedürftige Beschreibung
von Merkmalen, wie etwa der Bestimmung oder Spezialisierung der Dienstleistun-
gen, sondern stellt den vom Immobilienunternehmer gewählten Namen seines Pro-
jekts, quasi einen "Produktnamen" dar.
Weder handelt es sich bei der Wortfolge "Haus Mendelssohn" um eine Fachbezeich-
nung auf dem Gebiet des Immobilienwesens, wie etwa "Bürohochhaus", "Einkaufs-
passage", "Gewerbekomplex" o. Ä., noch entspricht sie nach der Reihenfolge ihrer
Kombinationsbestandteile den üblichen Bezeichnungen von Gebäuden, die als Ge-
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burtshäuser, ehemalige Wohnhäuser und/oder Museen dem Gedenken bekannter
Persönlichkeiten gewidmet sind. Denn bei diesen wird üblicherweise der Namen der
Persönlichkeit vorangestellt. So führt insbesondere die letzte Privatadresse (…
Straße in L…; zugleich Sterbehaus) des Komponisten Felix Mendels-
sohn-Bartholdy die Bezeichnung "Mendelssohn-Haus" (vgl. www.leipzig-
info.net/Info/museum-mendel.html). Eine Bezeichnung, die aus dem einleitenden
Wort "Haus" und dem nachfolgenden Nachnamen einer historischen Person der
klassischen Musik gebildet wird, entspricht frei gebildeten Fantasiebezeichnungen
wie zum Beispiel "Haus Beethoven", "Hotel Mozart", "Pension Brahms“, "Residenz
Bach“ o.Ä. Dies sind üblicherweise vom Erbauer bzw. Betreiber einer Immobilie ge-
wählte und auf seinen Betrieb hinweisende Fantasienamen. Dies gilt umso mehr, als
die Namen von historischen Persönlichkeiten aus dem Bereich von Kunst und Musik
in Zusammenhang mit den hier beanspruchten Dienstleistungen des Immobilienwe-
sen gerade nicht sachlich sondern fantasievoll wirken.
Zwar kommt es auch in Betracht, dass die angemeldete Bezeichnung von einem be-
achtlichen Teil der Verkehrskreise nicht als Anspielung auf die Person des Kompo-
nisten Felix Mendelssohn-Bartholdy sondern als Hinweis auf eine Unternehmerfami-
lie und ihren Stammsitz oder Stammbetrieb verstanden wird. Dies ist bei der Be-
zeichnung "Haus Mendelssohn" auch deshalb keineswegs ausgeschlossen, weil es
sich um eine bekannte Bankierfamilie handelt, aus der der o. g. Komponist ent-
stammt, und die bzw. deren Abkömmlinge heute ohne weiteres im Immobilienge-
schäft tätig sein können. Aber auch unter diesem Aspekt stellt die angemeldete Be-
zeichnung keine freihaltungsbedürftige Sachangabe sondern einen Hinweis auf die
Person bzw. die Unternehmerfamilie dar, die die beanspruchten Dienstleistungen
erbringt. Insoweit würde es sich ebenfalls nicht um eine Merkmalsbeschreibung son-
dern um einen klassischen betrieblichen Herkunftshinweis handeln. Nach alledem
handelt es sich bei der angemeldeten Marke um keine rein beschreibende Angabe
über die Bestimmung bzw. Spezialisierung der Dienstleistungen auf eine bestimmte
Immobilie oder Art von Immobilien.
Im Gegensatz zur Auffassung der Markenstelle bezeichnet sie auch nicht die Qualität
der Dienstleistungen. Aus der (angeblich) repräsentativen Lage des Objekts in der
…straße in B… lässt sich nicht der Schluss auf die Qualität bzw.
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Hochwertigkeit der Dienstleistungen ziehen. Im Übrigen sind mittelbare, erst durch
gedankliche Schlussfolgerungen erkennbare Beschreibungen nicht nach § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen (vgl. Ströbele/Hacker, Marken-
gesetz, 7. Aufl., § 8 Rdn. 293).
Schließlich bestehen für den Senat auch keine ausreichenden tatsächlichen Anhalts-
punkte dafür, dass die angemeldete Bezeichnung unter dem Gesichtspunkt einer
geografischen Herkunftsangabe von den Mitbewerbern der Anmelderin benötigt wer-
den kann. Zwar ist es selbstverständlich, dass nicht nur die korrekte Anschrift, son-
dern auch eine sonstige Ortsbezeichnung für die Mitbewerber als Angabe über die
Ansässigkeit ihres Betriebes oder den Ort der Erbringung ihrer Dienstleistungen frei-
gehalten werden muss. Dies gilt besonders für die Namen von Gewerbeimmobilien,
in denen bestimmungsgemäß verschiedene Gewerbebetriebe ansässig sind, und
zwar auch dann, wenn deren Erbauer bzw. Betreiber dieser Immobilie selbstgewählt
einen bestimmten Namen gegeben hat (zum Beispiel "Europa Center", "City Tower",
Rockefeller-Center“, "Frankfurter Messeturm", usw.). Die angemeldete Marke, die
nach den Feststellungen des Senats eine solche Gewerbeimmobilie bezeichnen soll,
wäre daher für eine Vielzahl von Dienstleistungen, die üblicherweise in Gewerbeim-
mobilien erbracht werden, als geografische Herkunftsangabe von der Eintragung
ausgeschlossen, z.B. für Rechtsberatung, Versicherungswesen, medizinische
Dienstleistungen, Büroarbeiten usw. Hier liegt jedoch insofern eine Besonderheit vor,
als die Marke gerade für rein immobilienbezogene Dienstleistungen beansprucht
wird. Für solche Dienstleistungen wird die Bezeichnung "Haus Mendelssohn" in Al-
leinstellung, also ohne Zusätze wie "im", "bei" o.Ä., in erster Linie als Name des kon-
kreten Immobilienprojekts des Dienstleistungserbringers und nicht als Anschrift (ir-
gend-) eines Immobilienunternehmens aufgefasst (s.o.).
Sollte die angemeldete Bezeichnung dennoch von einem (kleinen) Teil des Verkehrs
auch als Kennzeichnung der angemeldeten Immobiliendienstleistungen im Sinne
einer reinen geografische Ortsbezeichnung verstanden werden, so wird die
Anmelderin nach § 23 Nr. 1 und 2 MarkenG jedenfalls keine Verbietungsansprüche
gegenüber Dritten haben, die "Haus Mendelssohn" in beschreibenden Sinne als
Adress- und Ortsangabe verwenden.
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Es soll dahinstehen, ob ein (u.U. zukünftiges) Freihaltungsbedürfnis auch dann ver-
neint werden kann, wenn die angemeldete Bezeichnung erkennbar zur Bezeichnung
einer Gewerbeimmobilie dienen soll, die eine derartige Größe aufweist, dass sie
ohne Weiteres von mehreren miteinander konkurrierenden Immobilienunternehmen
erbaut bzw. saniert und verwertet werden kann. Dies kann bei besonders großen,
insbesondere mehrere Gebäude umfassenden Gewerbekomplexen nicht ausge-
schlossen werden. Nach den Feststellungen des Senats verfügt das "Haus Mendels-
sohn" in der J…straße in B… mit einer Bürofläche von 4650 m² (vgl.
www.stadtentwicklung.berlin.de/cgi-bin/drucken.cgi?/bauen/bueroflachen/de/f...)
jedoch nicht über einen solchen Zuschnitt (zum Vergleich: Bürofläche des S…-
Centers am P… Platz: 132.500 m², a.a.O.).
Nach Auffassung des Senats weist die angemeldete Marke auch die erforderliche
Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne
dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr
als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegen-
über solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 2001,
413, 414 - SWATCH, m.w.N.; GRUR 2001, 240, 241 - SWISS ARMY; MarkenR
2001, 407 - antiKALK). Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab
auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund
stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich
auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten
Fremdsprache, das vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwen-
dung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel
verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die Unter-
scheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH
MarkenR 2001, 408, 409 - INDIVIDUELLE m.w.N.).
Den danach an die Unterscheidungskraft einer Marke zu stellenden Anforderungen
wird die angemeldete Bezeichnung gerecht. Wie oben dargelegt konnte ihr kein ein-
deutiger, im Vordergrund stehender beschreibender Bedeutungsgehalt zugeordnet
werden. Auch waren keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sie nur als solche
und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird. Vielmehr wird sie
vom Verkehr zwar als Hinweis auf den Zusammenhang der Dienstleistungen mit ei-
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nem individuellen Gebäude, damit jedoch zugleich als Kennzeichnung des konkreten
"Produkts" des Erbringers zur Unterscheidung von Dienstleistungen anderer Unter-
nehmen verstanden.
Winkler Dr.
Hock
Kätker
Cl