Urteil des BPatG vom 25.06.2007

BPatG: beschreibende angabe, eugh, begriff, telekommunikation, internet, gesundheitswesen, bayern, medien, konzept, informatik

BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 150/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 06 455.2
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 25. Juni 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
08.05
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G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung
TELE-PORTAL
für die Dienstleistungen
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Fotogra-
fie; Fotoreportagen; Berufsberatung; Reporterdienstleistungen; Übersetzungen.
Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschung und damit
zusammenhängende Entwicklung, gewerbliche Analyse- und Forschungsdienst-
leistungen, Konstruktion und Entwicklung von Computerhardware und –software.
Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistung, Dienstleistungen eines
Krankenhauses, Krankenpflegedienste; Schönheitspflege.
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das Wort
„Portal“ bezeichne den Zugang zu einem bestimmten Themengebiet im Internet,
„Tele“ könne jede Form von Telekommunikation bezeichnen. „TELE-PORTAL“ sei
daher im Sinne von „Telekommunikationsportal“ zu verstehen und sei in Bezug auf
die beanspruchten Dienstleistungen eine beschreibende Angabe hinsichtlich des
Gegenstandes sowie Art und Weise der Erbringung.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausge-
führt, zum einen handele es sich bei „TELE-PORTAL“ keinesfalls um einen im all-
gemeinen Sprachgebrauch gebräuchlichen Begriff, zum anderen sei eine be-
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schreibende Bedeutung von „TELE-PORTAL“ nur für Waren und Dienstleistungen
aus dem Bereich der Telekommunikation gegeben. Unterscheidungskraft bestehe
hingegen, wenn sich die Angabe auf Umstände beziehe, die die Dienstleistungen
selbst aber nicht unmittelbar beschreibe (BGH BerlinCard). Eine Prüfung dahinge-
hend, ob für jede der angemeldeten Dienstleistungen ein enger beschreibender
Bezug bestehe, sei nicht erfolgt.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. August 2005 aufzu-
heben.
Der Anmelderin wurden die Ergebnisse einer Internetrecherche zu vergleichbaren
Wortzusammensetzungen mit entsprechendem Hinweis des Senats übersandt.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten und die der Anmelderin übermittelten Er-
gebnisse einer Internetrecherche Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist für die beanspruchten Dienstleistungen von der Eintra-
gung ausgeschlossen, da sie eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschrei-
bende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG ist.
Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr
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u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger
Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr be-
schreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre
Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den
angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Not-
wendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, (vgl. EuGH GRUR
2003, 58, 59 – Companyline; BGH GRUR 1995, 269, 270 – U-Key; Ströbele/
Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 260 m. w. N.).
Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandtei-
len zusammensetzt, deren Inhalt jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder
Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreiben-
den Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein
merklicher Unterschied zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des In-
halts seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher
beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung,
insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die aus-
schließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int.
2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 – KPN-Postkantoor).
Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann
von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen
Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen
bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 - DOUBLEMINT). Es ist zudem nicht
erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum
Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für
Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es
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genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt,
dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck „dienen können“ (vgl. EuGH
GRUR 1999, 723, 726 – Chiemsee).
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich, durch den Bindestrich verbunden, er-
kennbar aus den beiden Bestandteilen „Tele“ und „Portal“ zusammen. Das Wort
„Tele“ ist eine aus dem Griechischen abgeleitete Vorsilbe mit der Bedeutung
„Fern-, weit, in der/die Ferne“ (z. B. in Telemedizin, Telematik, Teledienst, Tele-
kommunikation vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim
2006 CD-ROM).
So umfasst z. B. die Telemedizin die Erbringung konkreter medizinischer Dienst-
leistungen in Überwindung räumlicher Entfernungen unter Zuhilfenahme moderner
Informations- und Kommunikationstechnologien (vgl. Duden a. a. O.). Der Begriff
„Telematik“ (Telekommunikation und Informatik) bezeichnet auch im Gesundheits-
wesen den Einsatz elektronischer Medien und neben der Telemedizin alle Formen
des digitalen Datenaustausches im Gesundheitswesen (sog. eHealth). So sind die
telemedizinischen Anwendungen i. e. S. – die Telekonsultation z. B. bei einem
medizinischen Kompetenzzentrum, die Telediagnostik durch einen Facharzt, die
Teletherapie oder das Telemonitoring. Der Einsatz elektronischer Medien im Ge-
sundheitswesen betrifft insbesondere die elektronische Patientenakte und Ge-
sundheitsinformationssysteme wie Gesundheitsportale im Internet und medizini-
sche Datenbanken (vgl. zu „Telemedizin“ Bayer. Staatsministerium für Arbeit und
Sozialordnung, Familien und Frauen unter www.stmas.bayern.de/krankenhaus/te-
lemedizin).
Der Bestandteil „Tele“ wird im Gesundheitsbereich auch in Zusammensetzungen
mit Abkürzungen verwendet, um spezielle Einsatzgebiete der Telemedizin zu be-
zeichnen wie z. B. „TeleDiab“ für eine Telemedizin-Einheit im Diabeteszentrum
des Städtischen Krankenhaus München Schwabing (vgl. www. stmas.bayern.de/
krankenhaus/telemedizin/projekte).
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Der Ausdruck „Portal“ vom lateinischen Wort „porta“ (Pforte) bezeichnet in der
Architektur ein großes Tor, einen repräsentativ gestalteten Eingang; in der Infor-
matik einen zentralen Zugang, über den man auf individuell zugeschnittene, unter-
nehmensinterne und –externe Informationen und Dienste zugreifen kann – z. B. im
Internet eine spezielle Form einer Homepage, die meist als Startseite zu einem
bestimmten Thema gestaltet ist (Webportal) – (vgl. hierzu online-Lexikon
de.wikipedia.org/wiki/Portal).
Im Gesundheitsbereich existiert der Fachbegriff „Portalklinik“ für ein Krankenhaus,
das zum einen innerhalb des Krankenhauses über ein Portal verfügt, über das so-
wohl Notfälle als auch eingewiesene Patienten interdisziplinär erstversorgt werden
und das zum anderen als gesamtes Krankenhaus als Portal für Schwerpunktkran-
kenhäuser, Spezialkliniken und Häuser der Zentralversorgung dient. „Portal meint
hier einerseits die mit den Zentren gemeinsam ausgewertete Diagnostik (…via Da-
tenübertragung-Telemedizin)… oder die gezielte Verlegung zu indikationsbezo-
genen, ausgewählten Metropolkliniken (vgl. „Portal-Klinik Ahrensburg von GSbG –
Gesellschaft für Systemberatung im Gesundheitswesen unter www.Gsbg.de/
forschung/12_print.html).
Wie bereits vom Senat hingewiesen, verwendet die Anmelderin selbst den Begriff
„Teleportal“ für ein Konzept, das unter Nutzung der Möglichkeiten der Telematik
- mit Hilfe elektronischer Patientenakten und unter Vernetzung großer Spezialklini-
ken mit kleineren regionalen Krankenhäusern - eine Standardisierung der Dia-
gnostik und Behandlung und damit eine kostengünstige Flächenversorgung an-
strebt (vgl. Teleportal-Konzept unter www.Arztwiki.de). Danach lautet der Vor-
schlag der Anmelderin „… jeden Patienten bei Einweisung ins Krankenhaus auf
seine Gesamtgesundheit zu „scannen“. Der dadurch entstehende Datenwust soll
durch Einsatz vonTelematik bewältigt werden. Daher auch der Name …“Telepor-
tal-Klinik“ (vgl. Ärztezeitung v. 26.03.02, „Klinikmanager fordert das Krankenhaus
als Lotsen“ unter www. aerztezeitung.de).
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So wird die verkürzte Fassung „Teleportal“ im Bereich der medizinischen Versor-
gung als Hinweis auf eine „Teleportalklinik“ verstanden, „ein Krankenhaus, das per
telemedizinische Anwendungen mit einem Schwerpunktkrankenhaus verbunden
ist (vgl. Dt. Ärzteblatt Jg. 103, Heft 16 vom 21.04.06 S. A 1104 – Lexikon „Telepor-
tal“). „Tele-Portal bedeutet Anlaufkrankenhaus… Tele-Portal organisiert patienten-
orientierte Prozesse krankenhausübergreifend … auf der Basis neuester telemedi-
zinischer Anwendungen“ mit qualitativ hoher Eingangsdiagnostik (vgl.
DGAP-News: RHÖN-KLINIKUM AG Bilanzpressekonferenz unter www.Finan-
zen.net/news).
Die angemeldete Kombination „TELE-PORTAL“ ist daher zum einen im Sinne von
„elektronischer (Zentral)Eingang(sbereich), zum anderen im Sinne von „telemedi-
zinischer (Zentral)Eingang(sbereich)“ zu verstehen.
Ebenso wie die oben genannten Zusammensetzungen ist auch die Kombination
„TELE-PORTAL“ eine sprachübliche und naheliegende Wortverbindung. Beide
Markenbestandteile werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und
bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinaus-
gehenden Begriff. In diesem Sinne wird der inländische Verkehr die angemeldete
Marke ohne weiteres verstehen.
Es liegt für die allgemeinen Verkehrskreise in Bezug auf die beanspruchten
Dienstleistungen daher nahe, die angemeldete Bezeichnung „TELE-PORTAL“ als
„elektronischer/telemedizinischer (Zentral)Eingang(sbereich)“ zu verstehen. In Be-
zug auf die beanspruchten Dienstleistungen ergibt die angemeldete Bezeichnung
„TELE-PORTAL“ die zur Beschreibung geeignete Sachaussage, dass es sich
nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung um Dienstleistungen handelt, die einen
„elektronischen/telemedizinischen (Zentral)Eingang(sbereich)“ darstellen oder be-
inhalten, dazu dienen oder hierfür bestimmt sind oder mit dessen Hilfe angeboten
und erbracht werden.
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Dabei ist es nicht erforderlich, dass die beanspruchten Dienstleistungen selbst
einen derartigen „elektronischen/telemedizinischen (Zentral)Eingang(sbereich)“
darstellen, da die Bezeichnung „TELE-PORTAL“ auch einen beschreibenden Hin-
weis für Dienstleistungen geben kann, die hierfür bestimmt sind oder Verwendung
finden können (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Dabei führen auch mögliche Bedeutungsvarianten der Einzelbestandteile nicht zur
Schutzfähigkeit, da es nicht erforderlich ist, dass der Verkehr die angemeldete Be-
zeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten als Sachangabe versteht (vgl. EuGH
- DOUBLEMINT a. a. O.; EuGH - BIOMILD a. a. O.).
So können zum einen alle beanspruchten Dienstleistungen - insbesondere die der
Klasse 41 - z. B. Gegenstand und Thema eines Internetportals sein sowie mittels
eines Internetportals angeboten und erbracht werden bzw. sich auf ein solches be-
ziehen (vgl. die der Anmelderin zur Verfügung gestellte Internet-Fundstelle „Tele-
portal der Berufsschule Weiden / Die weltweite Plattform für Bildung und e-Lear-
ning“). Zum anderen können sich die Dienstleistungen - insbesondere die der
Klassen 42 und 44 auf die Einrichtung und den Betrieb eines elektronischen Ein-
gangsbereiches in einem (Portal)Krankenhaus beziehen bzw. mittels oder inner-
halb eines solchen elektronischen Eingangsbereiches angeboten oder erbracht
werden. Entgegen der Ansicht der Anmelderin beschränkt sich der beschreibende
Hinweis „TELE-PORTAL“ - da auch Bestimmungsangaben schutzunfähig sind -
damit nicht auf den Bereich der Dienstleistungen der Telekommunikation an sich.
Selbst wenn der Begriff „TELE-PORTAL“ auf eine Wortschöpfung durch die An-
melderin zurückzuführen wäre, so ist er doch wie die vergleichbaren Wortschöp-
fungen (s. o.) zeigen, sprachüblich gebildet, ohne weiteres verständlich und des-
halb zur Beschreibung der Waren geeignet, so dass seine freie Benutzung durch
Dritte gewährleistet sein muss (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS).
Für die von der Anmelderin angesprochene Möglichkeit der Verkehrsdurchsetzung
gem. § 8 Abs. 3 MarkenG wurde nicht ausreichend schlüssiges Tatsachenmaterial
vorgetragen, so dass insoweit keine weitere Prüfung veranlasst war (vgl. BPatG
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GRUR 2000, 428, 431 - Farbmarke gelb/schwarz; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8
Rdnr. 344 m. w. N.).
Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund ste-
henden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten
Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, han-
delt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschreibende Angabe ohne
jegliche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Be-
zeichnung dienen kann. Markenschutz kann hierfür nicht gewährt werden.
gez.
Unterschriften