Urteil des BPatG vom 27.10.2004

BPatG (marke, kaffee, unterscheidungskraft, beschreibende angabe, werbung, beschwerde, gut, verkehr, sprache, zeichen)

BPatG 154
6.70
Bundespatentgericht
32 W (pat) 306/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
27. Oktober 2004
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 396 10 815
(hier: Löschungsverfahren S 126/01)
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin
Winkler, Richter Viereck und Richter Sekretaruk
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent-
und Markenamts – Markenabteilung 3.4 – vom 8. Juli 2002
aufgehoben und der Löschungsantrag zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die für
30: Kaffee, Kaffeesurrogate;
32: Kaffeegetränke, kaffeehaltige Getränke, Kaffee-Kakao-
Mischgetränke,
seit 14. August 1996 eingetragene Wortmarke
Bon-Café
ist Löschungsantrag wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse gestellt
worden. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Wort "Café" sei dem Publikum als
französisches Pendant zu dem identisch ausgesprochenen Begriff "Kaffee" be-
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kannt. Auch das Adjektiv "bon" sei der gesamten deutschen Bevölkerung, jeden-
falls aber einem weit überwiegenden Teil im Sinne von "gut" geläufig. In der
Zusammensetzung "Bon-Café" ergebe die Kombination auch sprachlich einen
eindeutigen Sinn, der von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres
Nachdenken mit der Bedeutung "guter Kaffee" verstanden werde. Der Bindestrich
allein sei nicht geeignet, der Marke Unterscheidungskraft zu verleihen.
Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen. Sie ist
der Auffassung, die Marke habe keinen eindeutigen Sinngehalt, so dass zu-
mindest nicht jegliche Unterscheidungskraft fehle. Im Hinblick auf ein Freihalte-
interesse sei zu berücksichtigen, dass die identische IR-Marke in Frankreich für
die hier gegenständlichen Waren geschützt sei.
Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Marke mit
Beschluss vom 8. Juli 2002 wegen des Bestehens der Schutzhindernisse der feh-
lenden Unterscheidungskraft und des Freihaltebedürfnisses gelöscht. Zur Begrün-
dung wurde ausgeführt, dass die Marke keinen individualisierenden betrieblichen
Hinweis auf die Herkunft auf die beanspruchten Waren inne habe, sondern allein
als Sachhinweis auf die beanspruchten Waren im Sinne von guter Kaffee ver-
standen werde. Der Bindestrich könne die Schutzfähigkeit nicht begründen, da es
sich hier um ein unauffälliges werbeübliches Gestaltungsmittel handele. Daneben
bestehe ein Freihaltebedürfnis, da "Bon-Café" ein beschreibender Hinweis sei, da
er jedenfalls für den Im- und Export benötigt werde.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie
weist darauf hin, erliege bisher kein Nachweis dafür vor, dass "Bon" als beschrei-
bende Angabe verstanden werde. Auch im Internet könne hierzu nichts aufgefun-
den werden, was die Annahme einer beschreibenden Angabe rechtfertigen würde.
Auch müsse stärker berücksichtigt werden, dass das französische Patentamt die
Schutzfähigkeit der identischen Marke in einem Prüfungsverfahren bejaht habe.
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Sie beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
8.
Juli
2002 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzu-
weisen.
Die Löschungsantragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass "Bon" von sehr vielen deutschen Verbrauchern als "gut"
erkannt werde, zumal dieser Begriff auch in der Werbung vorkomme. "Café" be-
zeichne zwar das Etablissement und nicht das Produkt Kaffee, klanglich könne
dies aber nicht auseinandergehalten werden. Damit fehle der Marke jegliche Un-
terscheidungskraft. Es bestehe auch ein tatsächliches Bedürfnis für die Freihal-
tung dieses fremdsprachlichen Begriffs, da im Bereich der Lebens- und Genuß-
mittel französische Bezeichnungen häufig verwendet würden.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen für die
Löschung einer Marke wegen absoluter Schutzhindernisse (§ 54, 50 Abs. 1 Nr. 3,
Abs. 2 Satz 2 MarkenG) sind nicht gegeben.
Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag gelöscht, wenn sie entgegen § 8
Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG eingetragen wurde und das Schutzhindernis zum
Zeitpunkt der Entscheidung noch besteht.
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1. Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG)
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Marke "Bon-Café" für die geschützten
Waren Kaffee, Kaffeeersatz und Kaffeemischprodukte jegliche Unterscheidungs-
kraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die
einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterschei-
dungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines
Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden.
Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeich-
neten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Kann einer Wortmarke kein
für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt
zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches
Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr – etwa
auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als
solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen
tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr die erwähnte Unterscheidungseignung
und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr. vgl. BGH BlPMZ 2003, 183
– Buchstabe Z). Bei fremdsprachigen Ausdrücken ist Maßstab für die Beurteilung
der Unterscheidungskraft die Bekanntheit der Bedeutung innerhalb der maßgeb-
lichen Kreise des inländischen Verkehrs, ggf. auch solchen Teilen, die die Fremd-
sprache nur rudimentär oder gar nicht kennen (vgl. BGH NJW RR, 1998, 1261
- Today). "Bon-Café" stammt aus der französischen Sprache und kann "Guter
Kaffee" bedeuten.
In diesem Sinn wird die Marke von all jenen verstanden, die über (geringfügige)
französische Sprachkenntnisse verfügen. Diese mögen das Zeichen – ungeachtet
des Binde- bzw. Trennungsstrichs – auch französisch aussprechen (Bon mit nasa-
lem Vokal). Französische Sprachkenntnisse sind in der Bundesrepublik allerdings
nicht weit verbreitet. Diese Sprache wird nur an höheren Schulen gelehrt,
Grundkenntnisse werden auf Reisen oder durch Slogans aus der Werbung erwor-
ben. Reisen in französisch sprachige Länder werden von vielen Verbraucher nicht
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unternommen, sei es, dass fehlende Sprachkenntnisse davon abhalten, sei es,
dass das Interesse und/oder die finanziellen Ressourcen für Auslandsaufenthalte
nicht hinreichen. Zwar wird in der mündlichen Werbung für französische Produkte
das Wort "bon", mit nasal gesprochenen Vokal, bisweilen verwendet, so dass es
sich im Kontext der gesamten Werbeaussage als "gut" erschließen mag. Beim
Lesen dieses Wortes hört der Sprachunkundige die Besonderheit des Nasals je-
doch nicht mit. Bei schriftbildlicher Begegnung wird das Wort "bon" von Sprach-
unkundigen vielmehr weitestgehend in der gewohnten deutschen Weise ausge-
sprochen (= bonn). Auch der Binde- bzw. Trennungsstrich kann dazu beitragen,
statt eines zum Subjekt gehörenden Adjektivs ein von jenem gesondertes Phanta-
siewort oder einen Namen zu erkennen.
2. Produktmerkmalsbezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG)
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass "Bon-Café" geeignet ist, gegenwärtig
oder künftig im Verkehr zur Bezeichnung eines Merkmals der beanspruchten Wa-
ren zu dienen.
Es war schon nicht feststellbar, dass derzeit "Bon-Café" oder "Guter-Kaffee" als
ein charakteristisches Merkmal der beanspruchten Waren verwendet wird. Der
Binde- bzw. Trennungsstrich ist hier kein werbeübliches Dekor, sondern eine
regelwidrige, wahrnehmbare Besonderheit. Diese regelwidrige Verknüpfung der
beiden Wortelemente dürfte auch der Grund dafür gewesen sein, dass die Marke
in Frankreich, wo dieselbe Markenrechtsrichtlinie verpflichtend ist, geschützt wur-
de. Eine andere Beurteilung der fremdsprachigen Marke als die durch die Mutter-
sprachler erscheint nicht gerechtfertigt.
Abgesehen davon ist das Element "Bon" in "Bon-Café" bzw. "Guter" in "Guter-
Kaffee" keine warenspezifische Produktmerkmalsbezeichnung. (Die Zeiten, in de-
nen unter "guter Butter" Butter und keine Margarine und unter "guter Kaffee" kein
Muckefuck, sondern Kaffee verstanden wurde, sind vergangen). "Guter" ist nichts
weiter als eine allgemeine, produktunabhängig werbliche Anpreisung, der es, so-
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fern sie in einer von jedermann verständlichen Sprache ausgedrückt ist, keine Un-
terscheidungskraft zukommen mag. Damit besteht das Zeichen nicht ausschließ-
lich aus Produktmerkmalen.
Die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) ist nicht veranlasst.
Winkler Viereck
Sekretaruk
Hu