Urteil des BPatG vom 25.10.2006

BPatG (stand der technik, fachmann, gegenstand, stand, technik, anlage, gebrauchsmuster, beschwerde, anordnung, bestand)

BUNDESPATENTGERICHT
5 W (pat) 423/05
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
25. Oktober 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
08.05
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betreffend das Gebrauchsmuster 297 11 755
hier: Löschungsantrag
hat der 5. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2006 durch …
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss
des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmuster-
abteilung I - vom 25. Januar 2005 aufgehoben.
2. Das Gebrauchsmuster 297 11 755 wird gelöscht.
3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Löschungsverfahrens
in beiden Rechtszügen.
G r ü n d e
I.
Der Antragsgegner ist Inhaber des Gebrauchsmusters 297 11 755 mit der Be-
zeichnung „Sicherheitsvorrichtung für Heftmaschinen“. Es ist am 4. Juli 1997 beim
Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet und mit einem Schutzanspruch
am 4. September 1997 in das Gebrauchsmusterregister eingetragen worden. Die
Schutzdauer ist auf 10 Jahre verlängert.
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Der eingetragene Schutzanspruch lautet:
Sicherheitsvorrichtung für Heftmaschinen,
gekennzeichnet
durch
ein
Gehäuse;
eine
zurückziehbare
Platte
(20) mit einem Vorsprung (202), der
sich von ihrem oberen Ende nach oben erstreckt und einer
Zunge (201), die sich von ihrem oberen Ende nach außen er-
streckt, wobei die zurückziehbare Platte (20) im vorderen Ende
des Gehäuses vertikal angeordnet ist und ein unteres Ende (221)
besitzt, das aus der Unterseite des Gehäuses ragt;
eine Feder (21), die innerhalb des Gehäuses angeordnet ist und
ein unteres Ende besitzt, das mit dem Vorsprung (202) in Eingriff
ist, wodurch die zurückziehbare Platte (20) nach unten gedrückt
wird;
einen Mikroschalter (10), der oberhalb der Zunge (201) angeord-
net ist und an seiner Unterseite einen Knopf (101) besitzt;
eine
Steuervorrichtung
(30),
die mit einer Stromversorgung und
dem Mikroschalter (10) elektrisch verbunden ist;
einen Auslöser (40) der mit der Steuervorrichtung (30) elektrisch
verbunden ist;
eine
Antriebsvorrichtung
(41),
die mit der Steuervorrichtung (30)
elektrisch verbunden ist; wobei
die Heftmaschine nur dann Heftklammern ausstoßen kann, wenn
sie auf ein Werkstück aufgesetzt ist, wodurch die Betriebssicher-
heit sichergestellt ist.
Die Antragstellerin hat wegen Schutzfähigkeit die Löschung des Gebrauchsmus-
ters beantragt. Als Löschungsgrund macht sie mangelnden erfinderischen Schritt
geltend. Dazu nennt sie folgende Entgegenhaltungen:
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D1: DE 295 17 586 U1
D2: EP 0 736 360 A2
D3: DE 44 42 657 A1
D4: US 5 522 532.
Der Antragsgegner hat Widerspruch erhoben und die Zurückweisung des Lö-
schungsantrags beantragt. Er hält das Streitgebrauchsmuster gegenüber dem ge-
nannten Stand der Technik für rechtsbeständig.
In einem Zwischenbescheid hat die Gebrauchsmusterabteilung mitgeteilt, dass der
Löschungsantrag voraussichtlich erfolglos bleiben werde. Die Entgegenhaltungen,
insbesondere die D2 und D3, stellten die Schutzfähigkeit nicht in Frage.
Die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
Beschluss vom 25. Januar 2005 den Löschungsantrag mit der Begründung zu-
rückgewiesen, der von der Antragstellerin herangezogene druckschriftliche Stand
der Technik rechtfertige nicht die Löschung des Streitgebrauchsmusters, insbe-
sondere sei die direkte Betätigung des Knopfes des Mikroschalters vorteilhaft ge-
genüber dem Stand der Technik.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Gegen die
Schutzfähigkeit des Gebrauchsmusters stützt sie sich auf die im Löschungsverfah-
ren genannten Entgegenhaltungen sowie auf folgende druckschriftlich vorgelegte
Internetauszüge:
Anlage 1
Fa. Mercateo (Blatt 1) und Fa. Westfalia (Blatt 2) jeweils zu Mikro-
schalter
Anlage 2
Fa. Farnell, Best.-Nr.: 521887, Mikroschalter
Anlage 3
Fa. Farnell, Best.-Nr.: 152259, Mikroschalter
Anlage 4
Fa. Farnell, Best.-Nr.: 103444, Mikroschalter
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Anlage 5
Fa. Farnell, Best.-Nr.: 152260, Mikroschalter
Anlage 6
Erläuterungen der Wörter „Knopf“ und „Taste“ aus „Wikipedia“.
Sie trägt vor, aus D3 (und der ähnlichen D2) seien die wesentlichen Merkmale des
Anspruchs und aus D4 auch radial fixierte Druckfedern zu entnehmen.
Daher beruhe der Gegenstand des Anspruches gegenüber einer nahe liegenden
Kombination der D3 (bzw. D2) mit D4 nicht auf einem erfinderischen Schritt.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss aufzuheben und die Löschung des Gebrauchsmus-
ters zu beschließen.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
hilfsweise insoweit zurückzuweisen, als der Löschungsantrag im
Umfang des Hilfsantrags 1 bzw. des Hilfsantrags 2 zurückgewie-
sen wird.
Er erklärt, der Gegenstand des eingetragenen Anspruchs sei gegenüber den
Stand der Technik neu und erfinderisch. Er verteidigt schließlich das Gebrauchs-
muster mit den in der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2006 übergebe-
nen Anspruchsfassungen nach den Hilfsanträgen 1 und 2.
Der Anspruch nach Hilfsantrag 1 lautet (Änderungen unterstrichen):
Sicherheitsvorrichtung für Heftmaschinen,
gekennzeichnet
durch
ein
Gehäuse;
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eine
zurückziehbare
Platte
(20) mit einem Vorsprung (202), der
sich von ihrem oberen Ende nach oben erstreckt, und einer
Zunge 201, die sich von ihrem oberen Ende nach außen erstreckt,
wobei die zurückziehbare Platte (20) im vorderen Ende des Ge-
häuses vertikal angeordnet ist und ein unteres Ende (221) besitzt,
das aus der Unterseite des Gehäuses ragt;
eine Feder (21), die innerhalb des Gehäuses angeordnet ist und
ein unteres Ende besitzt, das mit dem Vorsprung (202) in Eingriff
ist, wodurch die zurückziehbare Platte (20) nach unten gedrückt
wird;
einen Mikroschalter (10), der oberhalb der Zunge (201) angeord-
net ist und an seiner Unterseite einen Knopf (101) besitzt; wobei
die Bewegungsrichtung des Knopfes etwa parallel zur Bewe-
gungsrichtung der zurückziehbaren Platte ist;
eine
Steuervorrichtung
(30),
die mit einer Stromversorgung und
dem Mikroschalter (10) elektrisch verbunden ist;
einen Auslöser (40), der mit der Steuervorrichtung (30) elektrisch
verbunden ist;
eine
Antriebsvorrichtung
(41),
die mit der Steuervorrichtung (30)
elektrisch verbunden ist; wobei
die Heftmaschine nur dann Heftklammern ausstoßen kann, wenn
sie auf ein Werkstück aufgesetzt ist, wodurch die Betriebssicher-
heit sichergestellt ist.
Der Anspruch nach Hilfsantrag 2 lautet (Änderungen unterstrichen):
Sicherheitsvorrichtung für Heftmaschinen,
gekennzeichnet
durch
ein
Gehäuse;
eine
zurückziehbare
Platte
(20) mit einem Vorsprung (202), der
sich von ihrem oberen Ende nach oben erstreckt, und einer
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Zunge (201), die sich von ihrem oberen Ende nach außen er-
streckt, wobei die zurückziehbare Platte (20) im vorderen Ende
des Gehäuses vertikal angeordnet ist und ein unteres Ende (221)
besitzt, das aus der Unterseite des Gehäuses ragt;
eine Feder (21), die innerhalb des Gehäuses angeordnet ist und
ein unteres Ende besitzt, das mit dem Vorsprung (202) in Eingriff
ist, wodurch die zurückziehbare Platte (20) nach unten gedrückt
wird;
einen Mikroschalter (10), der oberhalb der Zunge (201) angeord-
net ist und an seiner Unterseite einen Knopf (101) besitzt,
wobei die Bewegungsrichtung des Knopfes etwa parallel zur
Bewegungsrichtung der zurückziehbaren Platte ist;
eine
Steuervorrichtung
(30),
die mit einer Stromversorgung und
dem Mikroschalter (10) elektrisch verbunden ist;
einen Auslöser (40), der mit der Steuervorrichtung (30) elektrisch
verbunden ist;
eine
Antriebsvorrichtung
(41),
die mit der Steuervorrichtung (30)
elektrisch verbunden ist; wobei
der Knopf von der Zunge betätigt wird
und die Heftmaschine nur dann Heftklammer ausstoßen kann,
wenn sie auf ein Werkstück aufgesetzt ist, wodurch die Betriebssi-
cherheit sichergestellt ist.
Der Beschwerdegegner hält die Anspruchsfassungen nach den beiden Hilfsanträ-
gen für zulässig und für schutzfähig, da die beanspruchten Merkmale vom Fach-
mann den eingetragenen Unterlagen zu entnehmen und gegenüber dem Stand
der Technik neu und erfinderisch seien.
Im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
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II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, denn der Gegenstand des Streit-
gebrauchsmusters hat in keiner der verteidigten Fassungen mangels Schutzfähig-
keit gegenüber dem Stand der Technik Bestand. Somit ist das Gebrauchsmuster
in allen seinen Fassungen nach § 15, Abs. 1, Satz 3, GebrMG, unwirksam.
Das Streitgebrauchsmuster betrifft eine Sicherheitsvorrichtung für mit Elektromoto-
ren betriebene Heftmaschinen. Sie weisen üblicherweise eine Platte zur Heft-
klammerführung mit einem Heftklammerausgang und eine Antriebsklinge zum
Eintreiben der Heftklammern in ein Werkstück auf, wenn der Antriebsmotor die
Antriebsklinge betätigt.
Sitzt dabei die Heftmaschine mit ihrem Heftklammmerausgang nicht auf einem
Werkstück auf, werden die Heftklammern aus der Heftmaschine unkontrolliert
ausgestoßen. Dadurch können derartige Heftmaschinen Unfälle verursachen,
wenn sie versehentlich ausgelöst werden.
Aufgabe der Erfindung ist es nach der Streitschrift, S. 1, Abs. 3, dessen Nachteil
zu beseitigen und eine Sicherheitsvorrichtung für Heftmaschinen zu schaffen, mit
der die Heftmaschine nur dann Heftklammern in ein Werkstück treiben kann, denn
die Heftmaschine auf ein Werkstück aufgesetzt ist, wodurch die Betriebssicherheit
erhöht wird.
Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt mit den Merkmalen des einzigen Anspruches.
Fachmann ist Fachhochschul-Ingenieur für Maschinenbau mit einschlägigen
Kenntnissen und Erfahrungen im Bau von Heftmaschinen.
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1) Zum Hauptantrag (eingetragener Anspruch)
Der Gegenstand des eingetragenen Anspruchs mag neu sein, er beruht aber nicht
auf einem erfinderischen Schritt.
Aus der nächstkommenden DE 44 42 657 A1 (D3), Fig. 1 i. V. m. S. 5, Z. 3 bis 20
und Z. 51 bis 60, ist bereits eine Heftvorrichtung mit wesentlichen Merkmalen des
Streitgegenstandes bekannt, insbesondere mit einer Sicherheitsvorrichtung, mit
welcher das Eintreiben einer Heftklammer in ein Werkstück nur dann erfolgt, wenn
die Heftmaschinen auf das Werkstück aufgesetzt ist, vgl. D3, Sp. 6, Z. 34 bis 40.
Dazu weist die bekannte Heftvorrichtung 1 (
Heftmaschine)
am vorderen Gehäuseteil benachbart zum Heftklammerantrieb
20 (Antriebs-
klinge 22) einen vertikal verschieblichen Kontaktarm 23 (zurückziehbare Platte 20)
mit einem oberen, nach hinten gebogenen Endabschnitt 23a auf.
Der vordere Teil dieses gebogenen Endabschnitts 23a (Vorsprung 202) wird von
einer Kompressionsspiralfeder 24 (Feder 21) derart nach unten gedrückt, dass der
Kontaktarm 23 (zurückziehbare Platte 20) aus der Heftmaschine nach unten her-
ausragt.
Der hintere Teil des gebogenen Endabschnitts 23a (Zunge 201) betätigt - beim
Aufsetzen auf ein Werkstück - durch Zurückziehen bzw. -drücken des Kontakt-
arms 23 (Platte 20) in die Führungsöffnung 2c den Schalter 25 (Mikroschalter 10),
der den elektrischen Schaltkreis zum Einschalten des Heftklammerantriebs 20
(Antriebsvorrichtung 41) schließt.
Davon unterscheidet sich der Streitgegenstand im Wesentlichen durch die Anord-
nung des Mikroschalters 10 und die Lagerung der Kompressionsfeder 21.
Der Unterschied hinsichtlich des Mikroschalters liegt darin, dass beim Zurückzie-
hen bzw. -drücken der Platte 20 die Zunge 201 (bzw. der Ansatz 201, vgl. Streit-
schrift S. 3, Z. 7) direkt den Knopf 101 des Mikroschalters 10 niederdrückt, woge-
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gen bei der bekannten Vorrichtung nach D3 beim Zurückziehen bzw. -drücken des
Kontaktarms 23 der gebogene Endabschnitt 23a über einen schwenkbaren Hebel
den Knopf des Schalters 25 niederdrückt. In der direkten Betätigung des Knop-
fes 101 des Mikroschalters 10 soll nach den Ausführungen des Beschwerdegeg-
ners das Erfindungswesentliche des Streitgegenstandes liegen, weil damit eine
höhere Betätigungssicherheit und vereinfachte Bauform erreicht werde.
Abgesehen davon, dass eine direkte Betätigung des Knopfes des Mikroschalters
dem Wortlaut des Anspruchs nicht zu entnehmen ist, da die Formulierung, wonach
„der Mikroschalter 10 oberhalb der Zunge 201 angeordnet ist und an seiner Unter-
seite einen Knopf 101 besitzt“, ein Zwischenglied in Form eines am Mikroschalter
angebrachten Hebels nicht ausschließt, also keinen unmittelbaren Wirkzusam-
menhang zwischen Zunge und Knopf vorschreibt, sind dem Fachmann Mikro-
schalter sowohl ohne als auch mit Hebel zur Betätigung des Knopfes bekannt, vgl.
beispielsweise die Anlagen 1 bis 5. Dem Fachmann sind die Vor- und Nachteile
beider Mikroschalter-Bauarten geläufig. So erfordert die erfindungsgemäße
Schalteranordnung z. B. kurzen Betätigungshub bei genauer Justierung, wogegen
die Miroschalter mit Hebel (wie bei D3) größere Toleranzen des Betätigungshubs
und der Justierung erlauben. Der Fachmann wählt die ihm geeignet erscheinende
Bauart aus, wobei er selbstverständlich den Mikroschalter dann mit seinem Knopf
oder Hebel in geeigneter Relativanordnung zur vertikal verschieblichen Platte bzw.
zu ihrem Endabschnitt in der Heftmaschine anbringt und justiert, ggf. um 90° ge-
dreht wird wie nach D3 gegenüber dem Streitgegenstand.
Für eine derartige naheliegende Auswahl und Anordnung von Mikroschaltern ist
kein erfinderischer Schritt erforderlich, vgl. BGH X ZB 27/05 vom 20. Juni 2006
„Demonstrationsschrank“, wonach „für die Beurteilung des erfinderischen Schritts
auf die im Patentrecht entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden kann“.
Auch der weitere Einwand des Beschwerdegegners zieht nicht, wonach an-
spruchsgemäß der Mikroschalter 10 den Knopf 102 an seiner Unterseite besitze,
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wogegen dies nach D3 nicht der Fall sei. Denn abgesehen davon, dass „die Un-
terseite des Mikroschalters 10“ nach dem Anspruch nicht zwingend seine Lage zur
ihn betätigenden zurückziehbaren Platte 20 bzw. deren Zunge 201 festlegt, liegt
es im konstruktiven Belieben des Fachmannes eine sinnvolle Einbaulage des Mik-
roschalters in Bezug zu seinem Betätigungsglied vorzusehen. Eine überraschende
Wirkung der gezeichneten Einbaulage des Schalters 10 nach den bevorzugten
Ausführungsformen gemäß den Figuren 1 bis 3 ist für den Fachmann nicht zu er-
kennen. Vielmehr ist die gezeichnete Einbaulage mit übereinstimmender Bewe-
gungsrichtung von Platte und Knopf für den Fachmann selbstverständlich, wobei
diese Einbaulage im Übrigen beide gängigen Mikroschalterarten, als mit und ohne
Hebel erlaubt.
Der Unterschied des Streitgegenstandes gegenüber der bekannten Heftvorrich-
tung nach D3 hinsichtlich der Kompressionsfeder liegt darin, dass beim Streitge-
genstand am oberen Ende der zurückziehbaren Platte 20 zwei gebogene Endab-
schnitte vorgesehen sind, wovon der eine als Vorsprung 202 die unter Auflage zur
Lagerung der Kompressionsfeder 21 bildet und der andere als Zunge 201 den
Knopf 101 des Mikroschalters 10 zum Schließen des elektrischen Schaltkreises
betätigt.
Dagegen weist der Kontaktarm 23 der Heftvorrichtung nach D3 nur einen einzigen
gebogenen oberen Endabschnitt 23a auf, der sowohl die untere Auflage für die
Kompressionsspiralfeder 24 als auch das Betätigungsglied für den Schalter 25 bil-
det.
Die Ausbildung des oberen Endes der verschiebbaren Platte mit einem oder zwei
Endabschnitten stellt nur eine im konstruktiven Belieben des Fachmanns liegende
Maßnahme dar. Die Beschwerdegegnerin sieht dagegen in der Ausbildung des
oberen Endes der Platte 20 des Streitgegenstandes mit einem Vorsprung 202
einen erfinderischen Unterschied zur bekannten Vorrichtung nach der D3, weil mit
diesem Vorsprung 202 eine seitliche Fixierung der Feder 21 gesichert sei.
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Eine seitliche Fixierung einer Schraubenfeder (bzw. Spiralfeder), die auf Druck
beansprucht wird („Kompressionsfeder“), stellt aber lediglich eine bekannte, für
den Fachmann selbstverständliche Maßnahme dar. Ihm ist nämlich geläufig, dass
eine auf Druck beanspruchte Schraubenfeder zumindest an ihren beiden Enden
bestrebt ist, seitlich auszuwandern. Dies verhindert der Fachmann regelmäßig
durch eine innere oder äußere Führung der beiden Federenden. Diesem selbst-
verständlichen Zweck dient der erfindungsgemäße Vorsprung 202 mit seiner inne-
ren Führung.
Dass in der D3 auf die seitliche Führung der Feder 24 nicht näher eingegangen
ist, liegt an der für den Fachmann nicht erwähnenswerten, weil selbstverständli-
chen seitlichen Führung einer Druckfeder. Im Übrigen wird dieses allgemeine
fachmännische Wissen beispielsweise durch die inneren Führungen an den En-
den der Druckfedern nach der US 5 522 532 (D4), Fig. 1A-C, belegt. Die seitliche
Führung der Kompressionsfeder 21 durch den Vorsprung 202 des Streitgegen-
standes beruht somit ebenfalls nicht auf einem erfinderischen Schritt.
Im Übrigen stehen die als erfindungswesentlichen geltend gemachten Merkmale
der anspruchsgemäßen Anordnung des Mikroschalters 10 und der Lagerung der
Feder 21 nur in rein aggregativer Weise zueinander, da kein technologischer Zu-
sammenhang zwischen den beiden Maßnahmen besteht und somit auch keine
kombinatorische Wirkung erkennbar ist, die einen erfinderischen Schritt begrün-
den könnte.
Aus diesen Gründen hat der eingetragene Anspruch keinen Bestand.
2) Zum Hilfsantrag 1
Der Anspruch nach Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem eingetragenen Anspruch da-
durch beschränkt, dass die Bewegungsrichtung des Knopfes 101 etwa parallel zur
Bewegungsrichtung der zurückziehbaren Platte 20 ist.
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Die Offenbarung dieses Merkmals kann dahingestellt bleiben, da dieses zusätzli-
che Merkmal nichts daran ändert, dass der Gegenstand des Anspruchs nach
Hilfsantrag 1 ebenfalls nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht. Denn mit die-
sem Merkmal nach Hilfsantrag 1 mag zwar die Unterseite des Mikroschalters 10 in
ihrer Lage zur zurückziehbaren Platte 20 präzisiert sein, aber es stellt für den
Fachmann nur eine einfache konstruktive Maßnahme dar, eine sinnvolle Einbau-
lage des Mikroschalters in Bezug zu seinem Betätigungsglied vorzusehen. Eine
überraschende Wirkung der nun beanspruchten Einbaulage des Mikroschalters 10
in Bezug zur zurückziehbaren Platte 20 ist für den Fachmann nicht zu erkennen.
Vielmehr ist die übereinstimmende Bewegungsrichtung von Platte
20 bzw.
Zunge 201 und Knopf 101 für den Fachmann bei Auswahl eines Miroschalters
ohne Hebel zur Vermeidung von Verkantung selbstverständlich, wobei im Übrigen
die erfindungsgemäße Anordnung des Mikroschalters zur zurückziehbaren Platte
beide gängigen Mikroschalterarten, also mit und ohne Hebel erlaubt.
Da die übrigen Merkmale des Anspruchs nach Hilfsantrag 1 unverändert sind,
gelten die vorstehenden Ausführungen zum eingetragenen Anspruch, weshalb
auch der Gegenstand des Anspruchs nach Hilfsantrag 1 nicht auf einem erfinderi-
schen Schritt beruht.
Daher hat auch der Anspruch nach Hilfsantrag 1 keinen Bestand.
3) Zum Hilfsantrag 2
Der Anspruch nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber den Anspruch nach Hilfsantrag 1
dadurch weiter beschränkt, dass die Betätigung des Knopfes 101 durch die
Zunge 201 erfolgt.
Die Offenbarung dieses Merkmals kann dahingestellt bleiben, da auch dieses zu-
sätzliche Merkmal nichts daran ändert, dass der Gegenstand des Anspruchs nach
Hilfsantrag 2 ebenfalls nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht. Denn mit dem
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zusätzlichen Merkmal nach Hilfsantrag 1 mag zwar der unmittelbare Wirkzusam-
menhang zwischen dem Knopf 101 und der Zunge 201 in der Art hergestellt sein,
dass ein Mikroschalter mit einem Hebel zwischen Knopf und Betätigungsglied
ausgeschlossen ist. Aber - wie zum eingetragenen Anspruch bereits ausgeführt -
sind dem Fachmann Mikroschalter sowohl ohne als auch mit Hebel zur Betätigung
des Knopfes mit ihren Vor- und Nachteilen bekannt, weshalb er ohne erfinderi-
sches Zutun die ihm geeignet erscheinende Bauart auswählt und entsprechend
anordnet.
Da die übrigen Merkmale des Anspruchs nach Hilfsantrag 2 unverändert sind,
gelten die vorstehenden Ausführungen zum eingetragenen Anspruch bzw. zum
Anspruch nach Hilfsantrag 1, weshalb auch der Gegenstand des Anspruchs nach
Hilfsantrag 2 nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht.
Daher hat auch der Anspruch nach Hilfsantrag 2 keinen Bestand.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG
und §§ 91 Abs. 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.
gez.
Unterschriften