Urteil des BPatG vom 23.03.2009

BPatG: harmonisierungsamt für den binnenmarkt, unterscheidungskraft, eugh, apparat, patent, wiedergabe, verbraucher, maschine, fussball, umwandlung

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 106/08
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
23. März 2009
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 305 13 544.9
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Albrecht, Richter Lehner und Richter Kruppa
- 2 -
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Mit Schriftsatz vom 21. März 2005 beantragte die Anmelderin beim Deutschen
Patent- und Markenamt gemäß § 125d Abs. 1 MarkenG i. V. m. Art. 108 GMV die
Umwandlung der beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt am 24. Dezem-
ber 1999 unter der Nummer GM 144 02 62 für Waren der Klasse 9 angemeldeten
Wortmarke
BASS ENGINE
in eine nationale Marke.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung durch Erstbeschluss vom 7. November 2006 teilweise, nämlich für die
Waren
„Elektrische und elektronische Apparate und Geräte; Ton- und
Videokassettenabspielgeräte; Ton- und Videokassettenrecorder;
Audioempfänger; Videoempfänger; CD-Player; CD-Abspielgeräte,
-Aufnahmegeräte; digitale Videoplattenspieler; DVD-Aufnahmege-
räte; Computermonitore; Videomonitore; Verstärker; Datenverar-
beitungsapparate; Mikroprozessoren; Signalprozessoren; Fernse-
her; graphische Entzerrer; parametrische Entzerrer; Teile und Zu-
satzteile für alle vorstehend genannten Waren“,
- 3 -
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist aus-
geführt, das Publikum ordne der Marke zwanglos eine beschreibende Bedeutung
im Sinne einer „Bass-Funktionseinheit“ bzw. „Bass-Maschine/Apparat“ zu. Es ver-
stehe unter der Marke einen Apparat bzw. eine Funktionseinheit, der/die Tieftöne
regele, steuere, kontrolliere bzw. erzeugen könne. Die versagten Waren be-
schreibe die Marke dahingehend, dass diese Geräte mit Bass-Funktionseinheiten
ausgestattet oder Teile von Bass-Funktionseinheiten seien. So könnten sämtliche
Abspiel-, Aufnahme- und Wiedergabegeräte Funktionseinheiten enthalten, die bei-
spielsweise der Wiedergabe, Steuerung und Regelung von Basstönen dienten.
Auch Entzerrer könnten für die Anpassung und Abstimmung des Basses bestimmt
sein. Gerade im Audio-Technik-Bereich spiele die Klangsteuerung, einschließlich
Basseinstellung, eine wichtige Rolle.
Die gegen diese Entscheidung eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle durch
Beschluss vom 1. April 2008 im Wesentlichen aus den Gründen des Erstbe-
schlusses zurückgewiesen. Zusätzlich heißt es, der angesprochene deutsche Ver-
kehrskreis werde in der Wortfolge jedenfalls den Hinweis auf eine „Bass-Funkti-
onseinheit“, also einen Apparat oder eine Funktionseinheit, die Tieftöne regele,
steuere, kontrolliere und erzeuge, sehen. Dieses Verständnis liege auch deswe-
gen nahe, weil mit den Begriffen „Audio Engine“ und „Sound Engine“ bereits ver-
gleichbare Zusammensetzungen zur Bezeichnung von Funktionseinheiten in
Geräten für die Klangwiedergabe verwendet würden, wie sich aus den dem
Beschluss beigefügten Internetausdrucken ergebe. Anders als die Anmelderin
meine, könnten auch Monitore mit Lautsprechern und insoweit auch mit Elemen-
ten zur Wiedergabe von Tönen ausgestattet sein.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Unter
Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertritt die Anmelderin die Auf-
fassung, die Marke sei unterscheidungskräftig. Den Begriffen „BASS“ und
„ENGINE“ könne jeweils eine Vielzahl von möglichen Bedeutungen zugeschrieben
werden. Selbst wenn man mit der Markenstelle von einem Bedeutungsgehalt im
- 4 -
Sinne von „Bass-Funktionseinheit“ ausgehe, ergebe dieser ungenaue und ver-
schwommene Aussagegehalt für die beschwerdegegenständlichen Waren keinen
naheliegenden Sinn. Die von der Markenstelle angeführten Begriffe „Audio
Engine“ und „Sound Engine“ bezeichneten ausweislich einer Internetrecherche
jeweils eine spezielle Software bzw. spezielle Teile eines Computerprogramms,
wofür die Bezeichnung „BASS ENGINE“ nicht existiere. Zur Begründung ihres Ein-
tragungsbegehrens stützt sich die Anmelderin schließlich auf die Eintragung der
Marke für identische Waren in Großbritannien.
Die Anmelderin beantragt,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom
7. November 2006 und vom 1. April 2008 aufzuheben.
In den mündlichen Verhandlungen hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrecht-
erhalten und vertieft.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht ange-
nommen, dass der angemeldeten Marke das Schutzhindernis der fehlenden
Unterscheidungskraft entgegensteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einem Zeichen
innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der
Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unter-
nehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der
gekennzeichneten Waren zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005,
- 5 -
1012 Rdn. 27 ff. - BioID; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2006, 850
- FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft
ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Sicht
des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durch-
schnittsverbrauchers abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 24
- SAT 2). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Verbraucher ein als Marke ver-
wendetes Zeichen in der Regel so aufnehmen, wie es ihnen entgegentritt, ohne es
einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR
2004, 428, 431, Rdn. 53 - Henkel). Enthält eine Bezeichnung einen beschreiben-
den Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren ohne weiteres und ohne
Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist ihr die Eintragung als Marke wegen Feh-
lens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden
Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass die Verbraucher sie als
Unterscheidungsmittel verstehen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch;
GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Dies gilt auch für fremdsprachige Bezeich-
nungen, die aus gängigen Ausdrücken einer Welthandelssprache oder der ein-
schlägigen Fachsprache gebildet sind (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8
Rdn. 85). Dabei ist die Unterscheidungskraft auch solchen Zeichen abzusprechen,
die lediglich allgemeine Sachaussagen vermitteln (BPatG GRUR 2006, 766, 767
- Choco’n’More).
Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke „BASS ENGINE“ für die
beschwerdegegenständlichen Waren jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüg-
lich dieser Waren einen ohne weiteres erkennbaren Begriffsinhalt aufweist, der
dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird.
Den Bedeutungsgehalt der sprachüblich gebildeten englischsprachigen Wortfolge
im Sinne von „Bass-Funktionseinheit“ bzw. „Bass-Maschine/Apparat“ hat die Mar-
kenstelle auch in ihrer Gesamtbedeutung zutreffend dargelegt. Die von den Waren
angesprochenen inländischen Verkehrskreise werden keine Schwierigkeiten
- 6 -
haben, die zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörende Wortfolge in
diesem Sinne zu verstehen.
Sämtliche beschwerdegegenständlichen Waren sind Apparate bzw. Geräte oder
Teile davon, bei denen der Ton eine Rolle spielt. Der Senat teilt die Auffassung
der Markenstelle, dass die Marke lediglich als ein unmittelbar beschreibender
Sachhinweis verstanden wird, nämlich dass diese Waren mit Bass-Funktionsein-
heiten ausgestattet sind oder Teile von Bass-Funktionseinheiten sein können.
Für ein entsprechendes Verständnis sprechen insbesondere die von der Marken-
stelle ermittelten Internetbelege, die eine Verwendung von vergleichbaren Begrif-
fen wie „Audio Engine“ und „Sound Engine“ zur Bezeichnung von Funktionsein-
heiten in Geräten für die Klangwiedergabe belegen. Entsprechend wird das Publi-
kum die Bezeichnung „BASS ENGINE“ in dem von der Markenstelle aufgezeigten
Sinn verstehen, nämlich als Hinweis auf eine Funktionseinheit, die Töne regelt,
steuert, kontrolliert und erzeugt.
Ob der Gesamtbegriff „BASS ENGINE“ lexikalisch nachweisbar ist oder gar
bereits im vorgenannten Sinne verwendet wird, ist für die Beurteilung der Unter-
scheidungskraft ohne jede Bedeutung (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rdn. 32
- DOUBLEMINT). Entgegen der Auffassung der Anmelderin begründet auch der
Umstand, dass die Worte „BASS“ und „ENGINE“ mehrere Bedeutungen haben,
keine Unterscheidungskraft. Im Rahmen der Beurteilung der Schutzfähigkeit einer
Marke nach § 8 Abs. 2 MarkenG ist nämlich stets zu fragen, welchen Sinngehalt
diese in Bezug zu den konkret beanspruchten Waren aufweist, wobei das Schutz-
hindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bereits dann eingreift, wenn der Begriff in
einer Bedeutung warenbeschreibend ist (EuGH, a. a. O., - DOUBLEMINT).
Aus der Schutzgewährung für andere, vermeintlich ähnlich gebildete deutsche
Marken vermag die Anmelderin keinen Anspruch auf Registrierung der vorliegend
angemeldeten Bezeichnung abzuleiten. Inländische Voreintragungen - selbst iden-
- 7 -
tischer Marken - führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz
des Grundgesetzes zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung derjenigen
Stellen, welche über die Schutzgewährung zu befinden haben. Die Entscheidung
über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine
Rechtsfrage dar (vgl. z. B. BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD).
Entgegen der Auffassung der Anmelderin haben ausländische Voreintragungen
hinsichtlich der Unterscheidungskraft auch keine Indizwirkung. Die Tatsache, dass
eine identische Marke für identische Dienstleistungen in einem anderen Land ein-
getragen wurde, ist für die Entscheidung, die Anmeldung einer Marke zur Eintra-
gung zuzulassen oder zurückzuweisen, nicht maßgebend (EuGH GRUR 2004,
428 - Henkel).
Nachdem der Marke bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz zu
verweigern war, kann die Frage, ob einer Schutzgewährung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG entgegensteht, dahingestellt bleiben.
Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keine Veranlassung.
Es ist weder ersichtlich noch von der Anmelderin aufgezeigt, dass der vorliegende
Fall eine grundsätzliche Rechtslage aufwirft. Die Entscheidung des Senats er-
schöpft sich vielmehr in der einzelfallbezogenen Anwendung höchstrichterlich ge-
klärter Beurteilungsgrundsätze.
Dr. Albrecht
Lehner
Kruppa
Fa