Urteil des BPatG vom 07.09.2009

BPatG: unterscheidungskraft, begriff, veranstaltung, internet, patent, bestandteil, fremdsprache, fussball, werbung, urlaub

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 45/08
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
7. September 2009
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 306 67 726.1
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner
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beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der
Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 17. Juli 2007 und 10. März 2008 aufgehoben.
G r ü n d e
I
Die Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung der für die Dienstleistungen
"35 Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Erbringung von
Dienstleistungen;
36
Finanzwesen; Immobilienwesen; Dienstleistungen eines
Maklers;
37
Bauwesen"
bestimmten Wortmarke
FORUM
mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist,
zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für die beanspruchten Dienst-
leistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zur
Begründung hat sie ausgeführt, das Wort "FORUM" bezeichne, abhängig vom
jeweiligen Sachzusammenhang, einen Personenkreis, eine Plattform, einen Ort,
eine Zeitschrift oder eine Veranstaltung, die sich für eine sachverständige Erörte-
rung bestimmter Fragen oder Probleme eigne. Im aktuellen Sprachgebrauch
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werde das Wort "Forum" vor allem im Zusammenhang mit Internetseiten oder
-portalen zu bestimmten Themenkreisen häufig verwendet, beschränke sich aber
keineswegs nur auf die virtuelle Ebene. Vielmehr könne das Wort "FORUM" z. B.
auch eine feste (örtliche) Einrichtung bezeichnen. In Bezug auf die beanspruchten
Dienstleistungen weise das Wort "Forum" einen im Vordergrund stehenden be-
schreibenden Begriffsgehalt auf. Es bringe zum Ausdruck, dass diese Dienst-
leistungen im Rahmen oder mittels eines Forums, d. h. eines Kreises von Fach-
leuten und/oder Interessenten, erbracht würden bzw. sich inhaltlich mit einem Fo-
rum befassten. Das Ergebnis einer Internetrecherche belege, dass der Begriff "Fo-
rum" auf dem Gebiet des Makler-, Immobilien-, Finanz- und Bauwesens umfang-
reich als Sachangabe verwendet werde. Auch das Bundespatentgericht habe be-
reits einige Anmeldungen, die den Begriff "FORUM" aufwiesen, zurückgewiesen
(PAVIS PROMA, 32 W (pat) 003/01 - forum; 25 W (pat) 267/03 - Forum PET;
25 W (pat) 220/02 - back FORUM).
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht,
die angemeldete Marke weise die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Der
Begriff "FORUM" bezeichne zwar eine (Internet-)Plattform bzw. eine Veranstal-
tung. Der Betrieb oder die Einrichtung einer solchen (Internet-)Plattform oder die
Ausrichtung einer Veranstaltung seien jedoch nicht Gegenstand der mit der An-
meldung beanspruchten Dienstleistungen. In Bezug auf diese Dienstleistungen,
die die Vermittlung von Geschäften, Immobilien oder Bauleistungen zum Ge-
genstand hätten, weise die angemeldete Marke keinerlei beschreibende Bedeu-
tung auf, da ein Forum nur der Vermittlung von Informationen diene, die in die
Dienstleistungsklasse 38 falle und nicht beansprucht sei. Die vorangegangenen
Zurückweisungen von Anmeldungen mit dem Bestandteil "Forum" durch Senate
des Bundespatentgerichts seien mit der vorliegenden Anmeldung nicht unmittelbar
vergleichbar, weil es sich dabei um zusammengesetzte Begriffe gehandelt habe,
deren weiterer Bestandteil jeweils einen unmittelbaren Warenbezug aufgewiesen
habe, bzw. weil andere als die in der vorliegenden Anmeldung aufgeführten
Dienstleistungen beansprucht worden seien. Es seien vom Bundespatentgericht
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auch Marken wie "EQUIFORUM" - 33 W (pat) 104/05 - und "ForumKüche" -
32 W (pat) 177/00 - als unterscheidungskräftig bewertet worden.
Auf Vorschlag des Senats hat der Anmelder das Dienstleistungsverzeichnis der
Anmeldung beschränkt auf
"Klasse 37: Errichtung von Einfamilienhäusern und Mehrfamilien-
häusern, ausgenommen die Bereitstellung von Informationen, ins-
besondere im Internet sowie im Rahmen von Gesprächsrun-
den/Veranstaltungen".
Der Anmelder beantragt,
die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
II
Die zulässige Beschwerde ist nach der im Beschwerdeverfahren erfolgten Ein-
schränkung des Dienstleistungsverzeichnisses begründet. Der Eintragung der an-
gemeldeten Marke stehen für die nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen
der Klasse 37 die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG nicht
entgegen.
Die angemeldete Marke kann nicht i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zur Bezeich-
nung von Eigenschaften der noch im Dienstleistungsverzeichnis verbliebenen
Dienstleistungen der Klasse 37 dienen. Der Begriff "FORUM" bezeichnet zwar, wie
die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, eine Plattform oder eine Veranstaltung
zur sachverständigen Erörterung von Sachfragen oder Problemen. Als "FORUM"
wird darüber hinaus auch der Personenkreis bezeichnet, der bestimmte Fragen
und Problemkreise sachverständig erörtert (vgl. Duden, Deutsches Universalwör-
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terbuch, 6. Auflage 2006, CD-ROM, beiliegend). Gegenstand der nach Einschrän-
kung im Dienstleistungsverzeichnis verbliebenen Dienstleistungen ist jedoch aus-
drücklich nicht die Bereitstellung von Informationen zu Baufragen bzw. deren Er-
örterung in Internetforen oder anderen Gesprächsrunden, sondern allein die Bau-
ausführung durch Errichtung von Ein- und Mehrfamilienhäusern. Diese erfolgt
nach den Feststellungen des Senats durch ein einzelnes Unternehmen und re-
gelmäßig nicht in Foren bzw. unter Einbeziehung von Foren, so dass es an dem
für eine Schutzversagung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erforderlichen unmit-
telbaren beschreibenden Bezug der angemeldeten Marke zu diesen verbliebenen
Dienstleistungen fehlt.
Der angemeldeten Marke fehlt für die nunmehr noch beanspruchten Bauausfüh-
rungsdienstleistungen auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG.
Nach ständiger Rechtsprechung fehlt die Unterscheidungskraft i. S. der vorste-
henden Bestimmung solchen Angaben, die in Bezug auf die fraglichen Waren und
Dienstleistungen einen unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt oder einen en-
gen beschreibenden Bezug aufweisen, der ohne weiteres und ohne Unklarheiten
von einem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbraucher als solcher erfasst wird, sowie ferner sonstigen ge-
bräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläu-
figen Fremdsprache, die nur als solche in ihrer ursprünglichen - nicht marken-
mäßigen - Bedeutung und deshalb nicht als Unterscheidungsmittel verstanden
werden (BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2006, 850,
854 - FUSSBALL WM 2006).
Die angemeldete Marke weist keinen unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt
für die nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 37 auf. Diesbe-
züglich wird auf die vorstehenden Feststellungen zur Beschreibungseignung ge-
mäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Bezug genommen. Es fehlt auch einem sonstigen
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engen beschreibenden Bezug zu diesen Baudienstleistungen, die die Erörterung
von Baufragen durch ein Forum nicht umfassen.
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich auch nicht um ein Wort der deut-
schen Sprache, das stets nur als solches und nicht als betrieblicher Herkunftshin-
weis verstanden wird. Es handelt sich weder um eine übliche Bezeichnung einer
Angebotsstätte noch um ein sonst - z. B. in der Werbung - üblicherweise als Mittel
zur Anpreisung verwendetes Wort. Auch sonstige Umstände, die es rechtfertigen
könnten, trotz eines ersichtlich fehlenden beschreibenden Bezugs zu den bean-
spruchten Dienstleistungen von dem Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft aus-
zugehen, sind für den Senat nicht erkennbar. Bei dieser Sachlage kann der an-
gemeldeten Marke auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt für die noch be-
anspruchten Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen
werden. Der Beschwerde des Anmelders war daher stattzugeben.
Dr. Fuchs-Wissemann,
zugleich für den we-
gen
Urlaub
verhin-
derten Richter Lehner
Dr. Fuchs-Wissemann
Reker
Bb