Urteil des BPatG vom 03.12.2009

BPatG: stand der technik, zement, patentanspruch, zustand, einspruch, mangel, wassermenge, anteil, zusammensetzung, kunststoff

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
15 W (pat) 347/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
3. Dezember 2009
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 199 44 261
- 2 -
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2009 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein, der Richter Dr. Egerer und Dr. Kortbein sowie
der Richterin Dipl.-Chem. Zettler
beschlossen:
Das deutsche Patent 199 44 261 wird widerrufen.
G r ü n d e
I.
Auf die am 15. September 1999 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche
Patent- und Markenamt das deutsche Patent 199 44 261 mit der Bezeichnung
„Verbund aus Betonträger und Glaskörper“
erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 5. Februar 2004.
Das Streitpatent umfasst 15 Patentansprüche, die folgenden Wortlaut haben:
„1.
3
2
stoff und eine Polymerdispersion enthält,
dadurch gekennzeichnet
menhängenden Bereich oder nicht zusammenhängende Bereiche
3
- 3 -
1
schuss an Hydratationswasser angemacht ist.
2.
Verbund nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Trä-
3
3.
Verbund nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der
Überschuss an Hydratationswasser mindestens 50 % beträgt.
4.
Verbund nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeich-
net, dass der Kleber mit 20 bis 40 Gew.-% Zement, 30 bis
50 Gew.-% Füllstoff und 10 bis 40 Gew.-% Polymerdispersion
angemacht ist.
5.
Verbund nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeich-
net, dass die Polymerdispersion mindestens 30 Gew.-% Wasser ent-
hält.
6.
Verbund nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeich-
1
ist.
7.
Verbund nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeich-
3
8.
Verbund nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Trä-
3
ist.
- 4 -
9.
Verbund nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeich-
net, dass der Kleber die Rheologie des Klebers beeinflussende Addi-
tive enthält.
10.
3
1
2
hält,
dadurch gekennzeichnet
1
2
Überschuss an Hydratationswasser angemacht wird.
11.
Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass der be-
3
12.
Verfahren nach Anspruch 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, dass
1
nommen wird.
13.
Verfahren nach Anspruch 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, dass
der Überschuss an Hydratationswasser den Verbund verlässt.
14.
Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 13, dadurch gekenn-
2
genden Bereiches oder in Formen nicht zusammenhängender Berei-
1
wird.
- 5 -
15.
Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 13, dadurch gekenn-
zeichnet, dass dem Kleber die Rheologie des Klebers beeinflus-
sende Additive zugegeben werden.“
B… GmbH
mit Schriftsatz vom 27. April 2004, eingegangen am 3. Mai 2004 beim
Deutschen Patent- und Markenamt, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent
in vollem Umfang zu widerrufen sowie hilfsweise eine mündliche Verhandlung an-
zuberaumen.
Die Einsprechende stützt sich auf folgende Entgegenhaltungen:
D1
Prospekt „TRANSPLUS-Glasauskleidungssystem – eine echte Per-
spektive mit klaren Vorteilen“ der Firma Flachglas Consult; Druckda-
tum „6/95“
D2
Broschüre „TRANSPLUS-Glasauskleidungssystem für Trinkwasser-
behälter“ der Firma Flachglas Consult GmbH;
D3
EP 0 700 776 A2
D4
DE 196 32 353 A1
D5
Patent Abstract XP 002153802 aus dem DERWENT World
Patent Index
D6
„Zement-Taschenbuch“, 48. Ausgabe 1984, S. 73 – 88, 177 – 196,
234 – 237
D7
Europäische Norm EN 1322:1996, „Mörtel und Klebstoffe für Fliesen
und Platten“, März 1997
D8
H. Schorn, „Betone mit Kunststoffen und andere Instandsetzungs-
baustoffe“, Ernst & Sohn Verlag, Berlin, 1991, S. 1 – 10, 29 – 44,
55 – 68
D9
E. Bayer et al., „Beton-Praxis: Ein Leitfaden für die Baustelle“, Beton-
Verlag GmbH, Düsseldorf, 4. Aufl. 1991, S. 16 – 21.
- 6 -
Begründet wird der Einspruch damit, dass der Gegenstand des Streitpatents we-
der neu sei, noch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und daher nicht pa-
tentfähig sei. Die Einsprechende macht geltend, die Gegenstände der Patentan-
D1
D6
nicht neu. Ebenso mangele es den Gegenständen der Patentansprüche 1 und 10
D1
erfinderischen Tätigkeit.
Die Patentinhaberin hat dem Einspruchsvorbringen mit Schriftsatz vom 17. No-
vember 2004 in allen Punkten widersprochen und zunächst beantragt, das Patent
unverändert aufrechtzuerhalten, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzube-
raumen. Sie hat hierzu ausgeführt, der beanspruchte Patentgegenstand sei durch
den entgegengehaltenen Stand der Technik weder vorbeschrieben, noch werde er
nahegelegt. In den Schriftsätzen vom 20. Februar 2006 und 19. April 2007 stützt
sie sich auf das Dokument
D10
und verteidigt das Streitpatent hilfsweise mit einem neuen Anspruchssatz, einge-
gangen am 20. April 2007 (Hilfsantrag 1). Mit Schriftsatz vom 19. November 2009,
eingegangen am 23. November 2009, reicht die Patentinhaberin einen weiteren
Anspruchssatz als Hilfsantrag 2 ein.
Auf die Terminsladung vom 18. August 2009 hat die Einsprechende mit Schriftsatz
vom 4. September 2009 mitgeteilt, sie beabsichtige derzeit nicht, an der münd-
lichen Verhandlung teilzunehmen. Die bisher gestellten Anträge hat sie aufrecht-
erhalten.
In der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2009 ist die Einsprechende nicht
erschienen. Mit dem erschienenen Vertreter der Patentinhaberin wurde die Sach-
- 7 -
und Rechtslage erörtert. Er verteidigt das Patent weiter mit Anspruchssätzen ge-
mäß den Hilfsanträgen 3 und 4.
Hilfsantrag 1
geordneten Patentansprüche 1 und 9 wie folgt lauten (Änderungen gegenüber
Hauptantrag sind dargestellt):
„1.
3
2
stoff und eine Polymerdispersion enthält,
dadurch gekennzeichnet
menhängenden Bereich oder nicht zusammenhängende Bereiche
3
1
schuss an Hydratationswasser angemacht ist
."
9.
3
1
2
hält,
dadurch gekennzeichnet
1
2
Überschuss an Hydratationswasser angemacht wird
."
- 8 -
Hilfsantrag 2
geordneten Patentansprüche 1 und 8 wie folgt lauten (Änderungen gegenüber
Hilfsantrag 1 sind dargestellt):
„1.
3
2
stoff und eine Polymerdispersion enthält,
dadurch gekennzeichnet
menhängenden Bereich oder nicht zusammenhängende Bereiche
bildet und ein ausgehärteter Kleber ist,
3
1
Hydratationswasser angemacht ist und der Überschuss an Hydrata-
tionswasser mindestens 50 % beträgt.
8.
3
1
2
hält,
dadurch gekennzeichnet
1
2
mit einem Überschuss an
Hydratationswasser angemacht wird und der Überschuss an
Hydratationswasser mindestens 50 % beträgt."
- 9 -
Hilfsantrag 3
spruch 1 wie folgt lautet:
„1.
3
1
2
hält,
dadurch gekennzeichnet
1
2
Überschuss an Hydratationswasser angemacht wird.“
Hilfsantrag 4
spruch 1 wie folgt lautet (Änderungen gegenüber Hilfsantrag 3 sind dar-
gestellt):
„1.
3
1
2
hält,
dadurch gekennzeichnet
1
2
Überschuss an Hydratationswasser angemacht wird,
Des Weiteren legt die Patentinhaberin an die Hilfsanträge 1 bis 4 angepasste Be-
schreibungen vor.
- 10 -
Der Vertreter der Patentinhaberin stellt die Anträge,
das Patent aufrechtzuerhalten,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1 vom 19. November 2009,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2 vom 19. November 2009,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 3, vorgelegt in der mündlichen Ver-
handlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 4, vorgelegt in der mündlichen Ver-
handlung.
Die Einsprechende hat schriftsätzlich beantragt,
das Patent zu widerrufen.
Wegen der vollständigen Anspruchssätze gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 sowie
weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten
verwiesen.
II.
Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 Abs. 3 PatG für die
Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1. Januar 2002
bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind (BGH GRUR 2007, 859 – Informa-
tionsübermittlungsverfahren I und BGH GRUR 2007, 862 – Informationsübermitt-
lungsverfahren II sowie BGH GRUR 2009, 184 – Ventilsteuerung).
Der frist- und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, weil im Einspruchs-
schriftsatz die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen so ange-
geben sind, dass die Merkmale des Patentanspruchs 1 erteilter Fassung im kon-
kreten Bezug zum genannten Stand der Technik gebracht wurden. Der Patent-
inhaber und der Senat haben daraus abschließende Folgerungen für das Vorlie-
- 11 -
gen oder Nichtvorliegen der geltend gemachten Widerrufsgründe ohne eigene
Ermittlungen ziehen können (§ 59 Abs. 1 PatG).
Der zulässige Einspruch hat in der Sache Erfolg und führt zum Widerruf des Pa-
tents.
III.
1.
Nach den Angaben in der Streitpatentschrift Absatz [0001] betrifft das
Streitpatent einen Verbund aus einem Träger, einem Glaskörper und einer da-
zwischen angeordneten Beschichtung, wobei die Beschichtung Zement, einen
Füllstoff und eine Polymerdispersion enthält. Es betrifft nach Patentanspruch 10
weiter ein Verfahren zur Herstellung eines Verbundes aus einem Träger, einem
Glaskörper und einer dazwischen angeordneten Beschichtung, die Zement, einen
Füllstoff und eine Polymerdispersion enthält.
Im Absatz [0002] ist ausgeführt, es sei aus dekorativen Zwecken wie auch aus
Zwecken des Wetterschutzes häufig erforderlich, Gebäudefassaden, Innenräume
usw. mit einer Glaskörperverkleidung zu versehen. Hierbei bestehe der Unter-
grund, der als Träger für die Glaskörper fungiere, häufig aus Beton ([0003]). Zur
Herstellung der Verbindung zwischen Glaskörper und Betonträger seien eine
Reihe von Befestigungsverfahren entwickelt worden. So sei es beispielsweise be-
kannt, die Glaskörper mittels Kunstharzkleber auf dem Betonuntergrund zu fixie-
ren. Nachteilig seien hierbei jedoch vor allem die unbefriedigenden Standzei-
ten ([0004]).
Zum druckschriftlichen Stand der Technik verweist das Streitpatent in Ab-
D3
Betonträger, einem Glaskörper und einer dazwischen angeordneten Schicht, die
Zement, einen Füllstoff sowie eine wässrige Dispersion eines Polyacrylsäurederi-
vates enthalte, bekannt sei. Hierbei werde zunächst die Glasscheibe mit dem Ver-
bundmörtel beschichtet und auf der Scheibe mit einem Mangel an Hydratations-
- 12 -
wasser ausgehärtet. Anschließend werde die derart beschichtete Glasscheibe auf
einen noch nicht ausgehärteten Betonträger aufgebracht, wobei ein monolithischer
Verbund zwischen der Beschichtung und dem Betonträger entstehe durch das
Hineinwachsen der Zementphasenkristalle in die mit Mangel an Hydratationswas-
ser ausgehärtete Beschichtung beim Aushärten des Betons.
Nachteilig bei diesem Verbund sei das hohe Gewicht der beschichteten Glasplat-
ten bei deren Montage. Zudem werde beim Transport der beschichteten Glas-
platten deren größeres Volumen als störend empfunden. Weiterhin sei die um-
ständliche Herstellung des Verbundes nachteilig, da das Beschichten der Glas-
platte und das Aushärten der Beschichtung räumlich und zeitlich getrennt von dem
Anbinden der beschichteten Glasplatte an den Beton stattfinden. Ungünstig sei
zudem, dass das Anbringen von Glasplatten an bereits ausgehärteten Betonwän-
den nicht möglich sei.
2.
Vor diesem technischen Hintergrund bezeichnet es die Streitpatentschrift in
Absatz [0007] als zu lösendes technisches Problem, die beim Stand der Technik
vorhandenen Nachteile zu vermeiden. Es soll ein dauerhafter und zuverlässiger
Verbund aus Betonträger und Glaskörper hergestellt werden. Des Weiteren soll
ein vereinfachtes Herstellungsverfahren des Verbundes angegeben werden, wel-
ches erweiterte Anwendungsgebiete erschließt.
3.
Zur Lösung dieser Aufgabe beschreibt der erteilte Patentanspruch 1 gemäß
Hauptantrag
M1
Verbund aus einem Träger, einem Glaskörper und einer dazwischen
angeordneten Beschichtung,
M2
wobei die Beschichtung Zement, einen Füllstoff und eine Polymerdis-
persion enthält,
M3
wobei die Beschichtung einen zusammenhängenden Bereich oder
nicht zusammenhängende Bereiche bildet,
- 13 -
M4
wobei die Beschichtung ein ausgehärteter Kleber ist, welcher den
Träger und den Glaskörper miteinander verklebt,
M5
und wobei der Kleber mit Überschuss an Hydratationswasser ange-
macht ist.
Hilfsantrag 1
von dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, dass der Überschuss an
M5
M1
Hilfsantrag 1 also noch folgendes Merkmal:
M6
der Überschuss an Hydratationswasser beträgt mindestens 50 %.
Hilfsantrag 2
von dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 dadurch, dass die gewichtsmäßige
M1
M6
mal auf:
M7
der Kleber ist mit 20 bis 40 Gew.-% Zement, 30 bis 50 Gew.-% Füll-
stoff und 10 bis 40 Gew.-% Polymerdispersion angemacht.
Hilfsantrag 3
Fassung mit folgenden Merkmalen und Maßnahmen gelöst:
V1
Verfahren zur Herstellung eines Verbundes aus einem Träger, einem
Glaskörper und einer dazwischen angeordneten Beschichtung,
V2
wobei die Beschichtung Zement, einen Füllstoff und eine Polymerdis-
persion enthält,
V3
wobei der Träger und der Glaskörper durch einen Kleber verklebt
werden, welcher in erhärtetem Zustand die Beschichtung bildet,
- 14 -
V4
und wobei der Kleber mit einem Überschuss an Hydratationswasser
angemacht wird.
Hilfsantrag 4
hinzu:
V5
der bereits ausgehärtete Träger (3) wird mit dem Glaskörper (1) ver-
klebt.
4.
Als zuständiger Fachmann ist hier ein in der Entwicklung und Herstellung
von Verbundkörpern tätiger Ingenieur der Fachrichtung Baustofftechnologie anzu-
sehen, der aufgrund seiner Ausbildung und Berufserfahrung über einschlägige
Kenntnisse auf dem Gebiet der Materialwissenschaften, insbesondere von Beton,
verfügt.
IV.
Zum Hauptantrag:
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der gemäß Hauptantrag verteidigten
Fassung des Streitpatents erweist sich als nicht patentfähig. Denn der Ge-
genstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht ausgehend von der
D3
D8
1.
Gegen die Zulässigkeit des Patentanspruchs 1 gemäß erteilter Fassung
bestehen keine Bedenken, denn er findet seine Offenbarung in den am Anmelde-
tag eingereichten Unterlagen, hier in den Ansprüchen 1 und 3.
- 15 -
Die abhängigen Patentansprüche 2 bis 9 lassen sich aus den ursprünglichen An-
sprüchen 2 und 4 bis 10 herleiten, der erteilte Nebenanspruch 10 geht auf die ur-
sprünglichen Ansprüche 11 und 13 zurück, die davon abhängigen Patentansprü-
che 11 bis 15 finden ihre Grundlage in den ursprünglichen Ansprüchen 12 und 14
bis 17.
2.
Zum Verständnis des Gegenstand des Streitpatents und der Entgegenhal-
D3
M6
M7
a)
Hierzu führt die Streitpatentschrift in Absatz [0017] aus, dass als Kleber
eine Mischung aus Zement, einer Polymerdispersion und reaktiven oder nichtreak-
tiven Füllstoffen verwendet wird, wobei bevorzugt Portland-Zement und Sand oder
andere silikatische oder karbonitische Füllstoffe eingesetzt werden und die Poly-
merdispersion bevorzugt Acrylate enthält. Neben diesen Bestandteilen können
dem Kleber noch ggf. Hydratationswasser sowie Additive wie Celluloseether oder
Verflüssiger zugegeben werden, um die Rheologie des Klebers zu beeinflussen
(Absatz [0023]).
In Absatz [0011] ist lediglich ausgeführt, dass der erfindungsgemäße Kleber mit
einem Überschuss an Hydratationswasser angemacht wird und mit einem Über-
schuss an Hydratationswasser aushärtet. Der Überschuss an Hydratationswasser
aus dem Kleber kann dabei von dem Träger aufgenommen werden oder aber
durch Verdunsten aus dem Verbund austreten. Der Hydratationswasserüber-
schuss im Kleber beträgt mindestens 50 %, bevorzugt mehr als 70 % und beson-
ders bevorzugt zwischen 80 und 85 %. In Absatz [0012] heißt es weiter, dass der
Hydratationswasserüberschuss bewirkt, dass die rheologischen Eigenschaften
des Klebers eine einfache Applikation ermöglichen. Es ergibt sich insbesondere
eine Verbesserung der Geschmeidigkeit. Eine gewisse Viskosität ist erforderlich,
um einen guten Verbund zur bevorzugt rauen und/oder porösen Trägeroberfläche
zu gewährleisten. Durch das Eindringen des Klebers in die Poren erhält man eine
- 16 -
zusätzliche mechanische Verbindung. Aus Absatz [0019] geht nur hervor, dass
der Hydratationswasserüberschuss z. B. von einer wässrigen Polymerdispersion
mit einem Wassergehalt von mindestens 30 Gew.-%, bevorzugt zwischen 40 und
50 Gew.-%, zur Verfügung gestellt wird. Der Hydratationswasserüberschuss kann
aber auch durch Zugabe von Wasser realisiert werden.
b)
M5
Hydratationswasser“ nicht konkret definiert. Somit setzt bereits das Lesen der
Streitpatentschrift das Basiswissen eines Baustofffachmannes zur Hydratation von
Zement und den dafür notwendigen Wasserbedarf voraus.
Dieses Grundlagenverständnis zur Hydratation von Zement ist beispielsweise in
D8
Hydratverbindungen bilden, wobei Wasser sowohl chemisch als auch physikalisch
gebunden wird. Zur vollständigen Hydratation ist eine Wassermenge entspre-
D8
satz 3), was nichts anderes bedeutet, als dass 100 Teile Zement ca. 38 Teile
Wasser zur vollständigen Hydratation benötigen.
M5
menge, die die chemisch und physikalisch gebundene Wassermenge übersteigt,
D8
Seite 2, Absatz 3).
M6
50 % fordert, dann wird der angesprochene Fachmann hierin einen w/z-Wert von
0,57 (0,38 + 0,19), also w/z 0,6, verstehen.
3.
Der verteidigte Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag be-
trifft einen Verbund aus einem Träger, einem Glaskörper und einer dazwischen
M1
M2
ein ausgehärteter Kleber ist, welcher den Träger und den Glaskörper miteinander
M4
- 17 -
M5
menhängenden Bereich oder nicht zusammenhängende Bereiche.
Der Fachmann wird sich auf der Suche nach der Lösung seines Problems zu-
nächst der auch im Streitpatent in den Absätzen [0009] und [0018] gewürdigten
D3
Betonkörper als Träger, einer Glasscheibe und einer dazwischen angeordneten
M1
Figur 2). Wie bei der beanspruchten Lehre ist die Beschichtung ein Verbundmör-
tel, der Zement, einen Füllstoff und eine wässrige Polymerdispersion enthält
M2
mörtel im angemachten Zustand auf die Glasscheibe aufgebracht und erhärtet zu-
D3
Merkmal 14.3). Anschließend wird die Glasscheibe mit noch nicht erhärtetem Be-
D3
bunden. Hierauf wird die Erhärtung des Verbundmörtels mit aus dem Beton
stammenden Wasser fortgesetzt, wobei ein monolithischer Verbund entsteht (vgl.
D3
D3
sprechender Einstieg in seine Problemlösung dar (BGH GRUR 2009, 1039
- Fischbissanzeiger).
D3
M4
D3
dass zu einer optimalen Verbindung mit dem Beton auch das beigegebene Poly-
acrylsäurederivat beiträgt, wobei hierfür auch Polyacrylat-Klebstoffe geeignet sind
und in den Mörtel eingemischt werden können. Im Übrigen geht aus der Streitpa-
D3
die Komponenten Zement, Füllstoff und Polymerdispersion genannten Beispiele
- 18 -
grundsätzlich auch für die Herstellung des erfindungsgemäßen Klebers verwendet
werden können.
Darüber hinaus gehört zum Basiswissen des angesprochenen Fachmannes auch,
dass der Zusatz von Kunststoffen in einem Zementmörtel neben seinen Aufgaben
als Verarbeitungshilfen vor allem der Verbesserung sowohl des Verbundes mit
Grenzflächen (Betonuntergrund) als auch des Verbundverhaltens zwischen Korn-
D8
letzter Absatz). Reaktionsharze, die sich als Bindemittel eignen, sind ihrer Art nach
im Allgemeinen hervorragende Klebemittel. Sie bewirken Adhäsionseigenschaften
in der Grenzfläche zum Betonuntergrund, die erheblich höher sein können als die
D8
beton eine Kunststoff-Dispersion zu, so sammelt sich in der Grenzfläche stets eine
dünne Bindemittelschicht an, die zu einem haftungsverbessernden Effekt führt,
und sei es auch nur jene dünne Schicht, die ein Korn des Zuschlags auf seiner
gesamten Oberfläche umschließt und einen unmittelbaren Kontakt der Korngrenz-
D8
D8
M4
M3
hängenden Bereich oder nicht zusammenhängende Bereiche bildet, sämtliche
Ausgestaltungen des beanspruchten Verbundes umfasst sind, so dass Merk-
M3
D3
Alternative eines zusammenhängenden Beschichtungsbereiches beschrieben ist,
M5
D3
Mangel an Hydratationswasser erhärten.
- 19 -
Nun ist dem Fachmann grundsätzlich bekannt, wie bereits vorstehend unter Ab-
IV.2.b)
w/z-Wert von mindestens 0,38 notwendig ist. Da mit einem solchen w/z-Verhältnis
von 0,38 sich die Frischbetonmassen in der Regel aber nicht verarbeiten lassen,
D8
Durch Zusatz von Kunststoff lässt sich der verarbeitungsfähige w/z-Wert, d. h. die
Menge an Überschusswasser, als Folge einer Verflüssigungswirkung des Kunst-
D8
D8
Reduzierung des Hydratationsfortschrittes bedeutet, dass ein kunststoffhaltiger
Zementstein insbesondere beim üblicherweise gewählten Betrachtungszeitpunkt
im Probenalter von 28 Tagen weniger Festigkeit, dafür aber ein sehr ausgeprägt
D8
letzter Absatz bis Seite 62, Absatz 4).
D3
tionswasser in dem Verbundmörtel stets so eingestellt ist, dass der Verbundmörtel
auf der Glasscheibe mit Mangel an Hydratationswasser erhärtet. Diese Aussage
bedeutet aber nicht, dass bereits zum Anmachen des Verbundmörtels ein w/z-
Wert kleiner 0,38 eingestellt wird. Vielmehr ist angesichts der Besonderheiten des
D3
chig auf eine Glasscheibe aufgebracht wird und dort erhärtet, davon auszugehen,
dass während des Erhärtens so viel Wasser verdunsten kann, dass auch bei ei-
nem Ausgehen von einem w/z-Wert > 0,38 schließlich ein Hydratationswasser-
mangel erhalten wird, zumal sich der Hydratationsfortschritt durch den Kunststoff-
zusatz reduziert.
D3
vor, trotz der Verflüssigerwirkung des Kunststoffzusatzes einen w/z-Wert > 0,38
beim Anmachen des Verbundmörtels einzustellen. Zwar ist in dem Ausführungs-
D3
- 20 -
nannt, aber die dort angegebenen 33,3 Gew.-% Polymerdispersion setzen sich
aus 59 Gew.-% Acrylat und 41 Gew.-% Wasser zusammen, d. h. der Anteil an
Wasser in den 33,3 Gew.-% Polymerdispersion beträgt 13,65 Gew.-%. Nun ist
auch der Zement mit 33,3 Gew.-% angegeben, so dass diesen 33,3 Gew.-% Ze-
ment 13,65 Gew.-% Wasser aus der Polymerdispersion gegenüberstehen. Daraus
resultiert ein w/z-Wert von 13,65 : 33, 3 = 0,41, d. h. ein w/z-Wert, der beim An-
machen sogar einen leichten Überschuss an Hydratationswasser aufweist und
zunächst für eine vollständige Hydratation ausreichen würde. Aufgrund des redu-
zierten Hydratationsfortschrittes durch den Kunststoffzusatz und wohl auch wegen
des Verdunstens von Anmachwasser erhärtet der Verbundmörtel auf der Glas-
scheibe aber mit einem Unterschuss an Hydratationswasser.
Um also einen Kleber bzw. einen Verbundmörtel mit Überschuss an Hydratations-
M5
selbst wenn dort von einem Unterschuss an Hydratationswasser während des Er-
härtens die Rede ist, aufgrund des fachmännischen Wissens und Könnens, bei-
D8
che Maßnahme für den Fachmann auf der Hand, nachdem Frischbetonmassen
mit einem w/z-Verhältnis von 0,38 sich in der Regel nicht verarbeiten lassen, wes-
D8
3). Sofern also dem verteidigten Gegenstand des Patentanspruchs 1 es gegen-
D3
D3
M1
samt die Lehre, dass auch ein Verbundmörtel mit Zusatz einer Polymerkleberdis-
persion mit einem Überschuss an Hydratationswasser angemacht werden kann.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hat daher zumindest mangels erfinderi-
D3
D8
- 21 -
V.
Zu den Hilfsanträgen 1 bis 4:
Auch der Gegenstand des Streitpatents in den gemäß Hilfsanträgen 1 bis 4 ver-
teidigten Fassungen beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1.
Hilfsantrag 1
sich von dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, dass der Überschuss
M5
M6
präzisiert wurde.
D8
D8
als dass bei einem w/z-Wert von 0,6 ein Überschuss von 50 % Hydratationswas-
ser vorliegt.
Zudem sind auch innerhalb der Bereichsbemessungen von Zement, Füllstoff und
D3
lichen Hydratationswasserüberschuss aufweisen. Beispielsweise ist es bei einem
Verbundmörtel mit 20 Gew.-% Zement, 40 Gew.-% Füllstoff und 40 Gew.-% Poly-
merdispersion aufgrund der Bemessungsgrenzen möglich, w/z-Werte einzustellen,
die sich zwischen 0,5 und 1,0 bewegen:
Setzen sich also z. B. die 40 Gew.-% Polymerdispersion aus 50 % Acrylat und
50 % Wasser zusammen, dann beträgt der Anteil an Wasser in den 40 Gew.-%
Polymerdispersion 20 Gew.-%. Da der Zement mit 20 Gew.-% angegeben ist, ste-
hen diesen 20 Gew.-% Zement damit 20 Gew.-% Wasser aus der Polymerdisper-
sion gegenüber. Daraus resultiert ein w/z-Wert von 20 : 20 = 1,0.
Setzen sich die 40 Gew.-% Polymerdispersion dagegen aus 65 % Acrylat und
35 % Wasser zusammen, dann beträgt der Anteil an Wasser in den 40 Gew.-%
Polymerdispersion 14 Gew.-%. Insofern stehen den 20 Gew.-% Zement diesmal
- 22 -
14 Gew.-% Wasser aus der Polymerdispersion gegenüber. Daraus resultiert ein
w/z-Wert von 14 : 20 = 0,7.
Bei einem Verbundmörtel mit z. B. 40 Gew.-% Zement, 20 Gew.-% Füllstoff und
40 Gew.-% Polymerdispersion, wobei die Polymerdispersion sich aus 50 % Acrylat
und 50 % Wasser zusammensetzt, ist es möglich, einen w/z-Wert von 0,5 einzu-
stellen.
D3
auch die Anregung erhält, zum Anmachen des Verbundmörtels einen Überschuss
D8
ten bzw. sinnvoll ist. Nachdem der hiermit verbundene Vorteil darin liegt, dass die
rheologischen Eigenschaften des Verbundmörtels bzw. des Klebers verbessert
werden, kommt er nicht umhin, durch Versuche die für seinen Zweck geeignete
Viskosität bzw. Konsistenz des Klebers zu ermitteln und zu optimieren. Dabei stellt
er zwangsläufig fest, dass ein höherer w/z-Wert aufgrund der verringerten Visko-
sität die Applikation vereinfacht. In der Durchführung solcher Versuche kann nun
aber eine erfinderische Tätigkeit nicht gesehen werden, weil die Optimierung des
w/z-Wertes bekannter kunststoffmodifizierter Zementmörtel für bestimmte Anwen-
dungen zum Aufgabengebiet des Fachmanns gehört.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 hat daher mangels erfinderischer Tätigkeit
keinen Bestand.
2.
Hilfsantrag 2
sich von dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 dadurch, dass die gewichts-
M7
ist der Kleber mit 20 bis 40 Gew.-% Zement, 30 bis 50 Gew.-% Füllstoff und 10 bis
40 Gew.-% Polymerdispersion angemacht.
D3
spruch 12 ist dort ein Verbundmörtel aus 10 bis 40 Gew.-% Zement, 10 bis
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40 Gew.-% Füllstoff und 10 bis 40 Gew.-% Polymerdispersion angemacht. Inso-
fern überschneiden sich die Mischungskomponenten in den Bereichen von 20 bis
40 Gew.-% Zement, 30 bis 40 Gew.-% Füllstoff und 10 bis 40 Gew.-% Polymer-
dispersion. Im Übrigen liegt es im routinemäßigen Handelns des Fachmanns, zur
Optimierung die Mischungsverhältnisse der Komponenten zu untersuchen, um die
bestmöglichsten Verarbeitungs- und Haftungseigenschaften aufzufinden. Ein da-
mit verbundener, unerwarteter Effekt ist beim Streitpatent nicht zuerkennen.
Damit hat auch der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 mangels erfinderischer
Tätigkeit keinen Bestand.
3.
Hilfsantrag 3
eines Verbundes aus einem Träger, einem Glaskörper und einer dazwischen an-
geordneten Beschichtung gelöst, wobei die Beschichtung Zement, einen Füllstoff
und eine Polymerdispersion enthält. Der Träger und der Glaskörper werden durch
einen Kleber verklebt, welcher in erhärtetem Zustand die Beschichtung bildet und
mit einem Überschuss an Hydratationswasser angemacht wird.
IV.3.
Verfahrensanspruch 1 nach Hilfsantrag 3, der gegenüber dem Verbund gemäß
Anspruch 1 nach Hauptantrag keine sachlich unterschiedlichen, erfindungswe-
sentlichen Merkmale bzw. Maßnahmen aufweist.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 hat daher ebenfalls mangels erfinderischer
Tätigkeit keinen Bestand
4.
Hilfsantrag 4
mal nur hinzu, dass der bereits ausgehärtete Träger (3) mit dem Glaskörper (1)
verklebt wird.
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Was nun dieses zusätzliche Merkmal betrifft, so ist ein erfinderisches Zutun nicht
erforderlich, um einen bereits ausgehärteten Träger mit dem Glaskörper zu ver-
D3
der Praxis bekannten Verfahren der ausgehärtete Betonkörper mit einer oder
D3
bis 20).
Damit hat auch der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 mangels erfinderischer
Tätigkeit keinen Bestand.
5.
Die weiteren, abhängigen Patentansprüche fallen mit dem jeweiligen
Patentanspruch 1, auf den sie rückbezogen sind, ohne dass es einer gesonderten
Prüfung und Begründung dahin bedarf, ob diese etwas Schutzfähiges enthalten,
da die Patentinhaberin die Aufrechterhaltung eines Patents erkennbar nur im
Umfang von Hauptantrag und vier Hilfsanträgen begehrt hat. Auch haben sich im
Verlauf der Verhandlung keine weiteren Anhaltspunkte für ein stillschweigendes
Begehren einer weiter beschränkten Fassung ergeben. Das Patent war deshalb
insgesamt zu widerrufen (BGH GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsver-
fahren II; Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizge-
rät).
Feuerlein
Egerer
Kortbein
Zettler
Bb