Urteil des BPatG vom 08.10.2001

BPatG (bezeichnung, internet, unterscheidungskraft, sprache, marke, zeichen, hardware, computer, beschwerde, eintragung)

BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 238/00
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
8. Oktober 2001
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die angemeldete Marke 300 24 118.6
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Buchetmann sowie der Richterin Schwarz-Angele und des Richters
Voit
BPatG 154
6.70
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beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister als Wortmarke ist angemeldet
Voice Portal
für die Waren/Dienstleistungen
"Registrierkassen, DV-Geräte, Computer, Telekommunikation,
Softwareerstellung, Druckereierzeugnisse; Softwareentwicklung
und -vermittlung sowie Online-Updating-Service auch für CD-
ROM; Computerberatungsdienste, Entwurf, Entwicklung, Vermie-
tung, Vermittlung, Leasing, Wartung und Reparatur von Compu-
tersoft- und -hardware; Programmierung von Sprachdialogsoft-
ware; Anbindung von Computersystemen an Datennetze, Tele-
fonanlagen und öffentliche Telefonnetze".
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss einer Beamtin
des höheren Dienstes mit Ausnahme der Waren "Registrierkassen" wegen fehlen-
der Unterscheidungskraft und wegen Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zu-
rückgewiesen, weil es sich bei der angemeldeten Marke lediglich um einen Hin-
weis auf ein Portal zur Stimmerkennung und –bearbeitung handle.
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Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie hält mit näherer Begründung das
angemeldete Zeichen sowohl für unterscheidungskräftig als auch im Hinblick auf
die Auslegungsfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung für nicht freihaltebedürf-
tig.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. September 2000
aufzuheben.
Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen, den Inhalt des patentamtli-
chen Beschlusses und die der Anmelderin übermittelten Ergebnisse einer Internet-
Recherche Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg. Die an-
gemeldete Marke ist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach den
Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen.
Die Bezeichnung Voice Portal besteht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr
zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder der Bestimmung der beanspruchten
Waren und Dienstleistungen dienen können (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Diese An-
gabe muss daher den Mitbewerbern der Anmelderin zum freien Gebrauch erhalten
bleiben. Zudem fehlt dem angemeldeten Zeichen jede Unterscheidungskraft im
Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Angaben ausge-
schlossen, die im Verkehr unter anderem zur Bezeichnung der Art, der Beschaf-
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fenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder
Dienstleistungen dienen können.
Das Wort "Portal" ist lexikalisch nachweisbar als Seite ("Site") im Internet, die aus
Informationen und Verknüpfungen besteht und meist von den Diensteanbietern im
Internet wie etwa T-Online oder AOL als Einstiegsplattform verwendet wird (vgl
Microsoft Press Computer-Lexikon, Ausgabe 2001, S 557; M & T Computerlexikon
2000, S 582). Das englische Wort "Voice" bedeutet im Deutschen "Stimme" (vgl
Langenscheidts Handwörterbuch Englisch, S 713), wird aber im Bereich der Com-
putertechnik allgemein für (gesprochene) "Sprache" und in zahlreichen Zusam-
mensetzungen wie zB "Voicechat, Voicemail, Voicemodem, Voicenet, VoiceXML"
für verschiedenste Anwendungen unter Beteiligung gesprochener Sprache benutzt
(vgl Microsoft Press aaO, S 761).
Das Markenwort "Voice Portal" bedeutet daher in wörtlicher Übersetzung Sprach-
portal. Damit wird zB "Internet-Plattform mit Zugangsmöglichkeit über die Sprache"
beziehungsweise "Internetzugang mit Zugriffsmöglichkeit über Sprache" beschrie-
ben und in diesem Sinn auch von zahlreichen Mitbewerbern der Anmelderin so-
wohl für Software als auch für Hardware bereits benutzt, wie die der Anmelderin
übermittelten Verwendungsbeispiele aus dem Internet belegen, insbesondere
auch im Sinn von Sprachcomupter.
Insoweit ergibt sich aus der angemeldeten Bezeichnung unter Bezugnahme auf
die beanspruchten und noch betroffenen Waren beziehungsweise Dienstleistun-
gen (vgl BGH BlPMZ 1995, 36 – VALUE) der sinnvolle und zur Beschreibung ge-
eignete Inhalt dahingehend, dass es sich hierbei um Hard- und/oder Softwareer-
zeugnisse und Dienstleistungen handelt, die entweder einen sprachgesteuerten
Zugang zu einem Computernetz ermöglichen oder einen solchen bereitstellen.
Dies ergibt sich in bezug auf die beanspruchten Waren "DV-Geräte, Computer"
von selbst; hinsichtlich der "Druckereierzeugnisse" folgt der beschreibende Cha-
rakter daraus, dass es sich hierbei um solche handeln kann, die sich eben mit der
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angesprochenen Thematik beschäftigen. Die Dienstleistungen "Telekommunika-
tion, Softwareerstellung, Softwareentwicklung und –vertrieb sowie Online-Upda-
ting-Service auch für CD-ROM, Computerberatungsdienste, Entwurf, Entwicklung,
Vermietung, Vermittlung, Leasing, Wartung und Reparatur von Computersoft- und
–hardware, Programmierung von Sprachdialogsoftware, Anbindung von Compu-
tersystemen an Datennetze, Telefonanlagen und öffentliche Datennetze" betref-
fend folgt bereits aus dieser Aufzählung die zur Beschreibung der damit erfassten
Dienstleistungen geeignete Sachaussage. Unerheblich ist, daß sich unter die zT
weit gefaßten Begriffe auch Waren bzw Dienstleistungen subsumieren lassen, die
keine Spracherkennung ermöglichen.
Diese angenommene warenbeschreibende Sachaussage geht auch nicht auf eine
unzulässige zergliedernde Betrachtung des Anmeldezeichens zurück (vgl BGH
GRUR 1996, 771 – THE HOME DEPOT). Denn die Annahme der beschreibenden
Angabe beruht hier gerade nicht auf einer, deren einzelne Bestandteile analysie-
renden Betrachtungsweise, sondern darauf, dass der Wortkombination in ihrer
Gesamtheit die warenbeschreibende Bedeutung zukommt. Beide Zeichenteile be-
halten auch in ihrer Kombination ihren ursprünglichen Sinngehalt und ergänzen
sich zu einer einheitlichen, sinnvollen Aussage (vgl BGH GRUR 1996, 68 – COT-
TON LINE).
Hinzu tritt, dass die angemeldete Bezeichnung, wie die der Anmelderin übermit-
telten Fundstellen aus dem Internet zeigen, von Mitbewerbern bereits als Fachbe-
griff Verwendung findet.
Schließlich fehlt dem angemeldeten Zeichen auch jegliche Unterscheidungskraft
gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, da maßgebliche Teile des angesprochenen Ver-
kehrs, nämlich zumindest die an dieser Technik interessierten Kunden, darin eine
Sachangabe, nicht aber einen Herkunftshinweis auf die damit gekennzeichneten
Waren oder Dienstleistungen sehen werden. Dies ergibt sich schon aus den zahl-
reichen Verwendungsbeispielen der angemeldeten Bezeichnung durch Mitbewer-
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ber. Daß dieser Kreis noch im Wachsen sein dürfte, dh, daß der Begriff derzeit uU
noch nicht als allgemein geläufig bezeichnet werden kann, berührt nicht seinen
beschreibenden Charakter und damit auch nicht den darauf gestützten Mangel an
Unterscheidungskraft.
Dr. Buchetmann
Schwarz-Angele
Voit
Hu