Urteil des BPatG vom 28.11.2000

BPatG (unterscheidungskraft, marke, gericht erster instanz, beschreibende angabe, bundesrepublik deutschland, angabe, logo, charakter, beurteilung, 1995)

BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 57/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 44 438.2
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 28. November 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Ströbele, des Richters Dr. Schmitt und der Richterin Werner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
10.99
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G r ü n d e
I.
angemeldet zur Eintragung in das Register ist die Wortmarke
HAPPINESS
für die Waren "Seifen, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Deodorantien für
den persönlichen Gebrauch".
Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei
Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Anmel-
dung gemäß § 37 Abs 1, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begrün-
dung hat sie im wesentlichen ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle jegliche
Unterscheidungskraft, weil sie ausschließlich als bloße Anpreisung oder Werbe-
aussage allgemeiner Art verstanden werde. Das englische Wort "HAPPINESS"
bedeute "Glück, glückliche Wahl" und werde in diesem Sinngehalt vom inländi-
schen Publikum ohne weiteres erkannt. Das gelte um so mehr, als gerade auf
dem einschlägigen Warengebiet die Verwendung englischer Begriffe seit langem
branchenüblich sei. Ausdrücke wie "Glück" würden in der Werbung und Produkt-
beschreibung für kosmetische Artikel häufig benutzt, um das mit dem Gebrauch
der einschlägigen Produkte verbundene Glücksgefühl hervorzuheben. Da das
Wesen von Körperpflegeartikeln nicht nur auf objektiv meßbare Wirkungen redu-
ziert sei, liege eine auf positive Assoziationen bezogene Werbung besonders
nahe. Diese Feststellungen hat die Markenstelle durch verschiedene Beispiele
einer Verwendung von Begriffen wie "Glück, Lebensfreude, Heiterkeit, gute
Laune" usw sowie auch der Angabe "happy" auf dem einschlägigen Warengebiet
belegt.
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Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde beantragt die Anmelderin
(sinngemäß),
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Zur Begründung führt sie insbesondere an, die Markenstelle habe eine unmittelbar
warenbeschreibende Bedeutung von "HAPPINESS" nicht feststellen können.
Angesichts des insoweit fehlenden Freihaltungsbedürfnisses an der angemeldeten
Marke seien an deren Unterscheidungskraft nur noch geringere Anforderungen zu
stellen. Außerdem dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, daß "HAPPINESS" im In-
und Ausland wiederholt als Marke eingetragen worden sei, wobei vor allem den
Voreintragungen in Ländern des englischen Sprachbereichs eine entscheidende
Indizwirkung für die Schutzfähigkeit der Marke zukomme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten
Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet, weil die Markenstelle zu Recht
der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1
MarkenG abgesprochen hat.
Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist nach der Rechtspre-
chung des Bundesgerichtshofs die einer Marke innewohnende konkrete Eignung,
vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden
Waren gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden und damit
die betriebliche Zuordnung dieser Waren zu ermöglichen (vgl BGH GRUR 1995,
408, 409 "PROTECH"; GRUR 1997, 527, 529 "Autofelge"; GRUR 1999, 728, 729
"PREMIERE II"; GRUR 1999, 1089, 1091 "YES"; GRUR 2000, 720, 721 "Unter
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Uns"). Hierbei wird grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab ausgegangen,
dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft als ausreichend erachtet, um
das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zu überwinden. Kann einer
Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender be-
schreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst
nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten fremden
Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungs-
mittel verstanden wird, fehlt in der Regel der erforderliche tatsächliche Anhalt für
die Verneinung der Unterscheidungskraft (vgl BGH GRUR 1999, 1089, 1091
"YES"; GRUR 1999, 1093, 1095 "FOR YOU"; GRUR 2000, 231, 232 "FÜNFER;
GRUR 2000, 722, 723 "LOGO").
In Berücksichtigung dieser höchstrichterlichen Definition ist der Argumentation der
Anmelderin, im Hinblick auf ein Fehlen eines Freihaltungsbedürfnisses iSv § 8
Abs 2 Nr 2 MarkenG seien geringere Anforderung an die erforderliche Unter-
scheidungskraft der angemeldeten Marke zu stellen, bereits im Ansatz nicht zu
folgen. Für das Verhältnis der Schutzhindernisse der fehlenden Unterscheidungs-
kraft einerseits und des Vorliegens einer freihaltungsbedürftigen beschreibenden
Angabe andererseits hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften aus-
drücklich festgestellt, daß eine Differenzierung der Unterscheidungskraft nach
dem Grad eines möglichen Freihaltungsbedürfnisses unzulässig ist (EuGH GRUR
1999, 723, 727 "Chiemsee" unter Nr 48 der Entscheidungsgründe). Dieses Gebot
der rechtlichen Trennung beider Schutzausschließungsgründe des Art 3 Abs 1
Buchst b und c der Markenrechtsrichtlinie bzw § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG gilt
für jeden Fall, also gleichermaßen für eine Erhöhung wie für eine Reduzierung der
Anforderungen an die Unterscheidungskraft durch Erwägungen des Freihal-
tungsbedürfnisses. Ebensowenig wie ein mögliches Freihaltungsbedürfnis die
Ansetzung höherer Anforderungen an die Unterscheidungskraft rechtfertigt (vgl
BGH GRUR 2000, 231, 232 "FÜNFER; GRUR 2000, 722, 723 "LOGO; BGH vom
15. Juni 2000 - I ZB 4/98 "Buchstabe K"), vermag das Fehlen eines Freihaltungs-
bedürfnisses diese Anforderungen herabzusetzen. Die früher häufig geäußerte
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Auffassung, wonach eine Wechselwirkung dahingehend bestehe, daß einerseits
bei stark freihaltungsbedürftigen Angaben an die Unterscheidungskraft strengere
Maßstäbe anzusetzen seien, welche andererseits bei geringem oder gar fehlen-
dem Freihaltungsbedürfnis entsprechend reduziert werden müßten, kann insoweit
nicht aufrecht erhalten werden. Hierbei darf auch nicht außer acht gelassen wer-
den, daß beide Eintragungshindernisse begrifflich auseinanderzuhalten sind. So
bemißt sich die Frage der Unterscheidungskraft ausschließlich danach, ob die
beteiligten Verkehrskreise in der angemeldeten Marke einen betrieblichen Her-
kunftshinweis sehen. Dagegen ist für das Freihaltungsbedürfnis an einer be-
schreibenden Angabe lediglich das berechtigte Interesse der Mitbewerber maß-
geblich; die Beurteilung der Marke durch die Abnehmer kann dagegen allenfalls
mittelbar von Bedeutung sein (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 8
Rdn 26). Damit trägt die bloße Feststellung, angesichts eines fehlenden Freihal-
tungsbedürfnisses an der angemeldeten Marke sei auch deren Unterscheidungs-
kraft zu bejahen, dem eigenständigen Charakter von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
nicht hinreichend Rechnung und spricht dieser Vorschrift praktisch jeglichen ei-
genen Anwendungsbereich ab, was weder mit dem Markengesetz noch mit der
Markenrechtsrichtlinie (in der maßgeblichen Auslegung der "Chiemsse"-Entschei-
dung des EuGH, aaO) in Einklang zu bringen ist (vgl Ströbele, WRP 2000, 1028,
1032 mwNachw). Dahingehend werden auch die gleichlautenden Vorschriften der
Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (GMV) ausgelegt. So hat das Gericht
erster Instanz beim Europäischen Gerichtshof die Argumentation, eine Marke
weise bereits die hinreichende Unterscheidungskraft iSv Art 7 Abs 1 Buchst b
GMV auf, wenn sie weder beschreibend noch üblich (Art 7 Abs 1 Buchst c und d
GMV) sei, ausdrücklich verworfen (EuG vom 26.
Oktober
2000 - T
345/99
"Trustedlink").
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Unter welchen Voraussetzungen ein zur Markeneintragung angemeldetes, nicht
unmittelbar warenbeschreibendes Wort "stets nur als solches und nicht als Unter-
scheidungsmittel verstanden wird", läßt sich der eingangs zitierten Rechtspre-
chung des Bundesgerichtshofs nicht ohne weiteres entnehmen, zumal diese Vor-
aussetzungen vom Bundesgerichtshof seit der Entwicklung der genannten Defini-
tion - soweit ersichtlich - noch in keiner Entscheidung bejaht worden sind. Insoweit
ist insgesamt auf die bisherige höchstrichterliche Spruchpraxis zu allgemeinen
Werbeausdrücken zurückzugreifen. Hierzu hat der Bundesgerichtshof unter der
Geltung des Warenzeichengesetzes in ständiger Rechtsprechung hervorgehoben,
daß einer "bloßen Anpreisung der Ware" oder einer lediglich werbemäßigen
"Aufforderung zum Warenkonsum" grundsätzlich die Unterscheidungskraft fehle
(vgl zB BGH GRUR 1976, 587, 588 "Happy"; GRUR 1992, 514 "Ole"). Er hat diese
Auffassung auch nach Inkrafttreten des Markengesetzes weiterhin vertreten (vgl
BGH BlPMZ 1998, 248, 249 "Today"), wobei er wiederholt hervorgehoben hat,
daß die von § 4 Abs 2 Nr 1 Halbs 1 WZG abweichende Formulierung des § 8
Abs 2 Nr 1 MarkenG insoweit keine abweichende Beurteilung rechtfertige (vgl zB
BGH GRUR 1995, 410 "TURBO"; GRUR 1996, 771, 772 "THE HOME DEPOT";
BlPMZ 1998, 248 "Today"). Eine andere Betrachtungsweise wäre auch kaum
nachvollziehbar gewesen, nachdem der Wortlaut des § 4 Abs 2 Nr 1 Halbs 1 WZG
("keine Unterscheidungskraft haben") in der obligatorischen Vorschrift des Art 3
Abs 1 Buchst b der Markenrechtsrichtlinie identisch übernommen worden ist und
mit § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ausschließlich die Umsetzung dieser Vorschrift in das
deutsche Recht erfolgen konnte. Auch in jüngeren Beschlüssen des Bun-
desgerichtshofs wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß "Anpreisungen und
Werbeaussagen allgemeiner Art" grundsätzlich die Unterscheidungskraft fehle (vgl
BGH GRUR 2000, 321, 322 "Radio von hier"; GRUR 2000, 323, 324 "Partner with
the Best"). Soweit in anderen Entscheidungen (vgl zB BGH GRUR 1999, 1089,
1091 "YES"; GRUR 1999, 1093, 1095 "FOR YOU"; GRUR 2000, 722, 723
"LOGO") ausgeführt worden ist, daß in einer schlagwortartigen Anpreisung, die
einen Kaufentschluß hervorrufen solle, eine über das reine Wortverständnis hin-
ausgehende und insoweit die Unterscheidungskraft begründende Aussage liegen
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könne, besteht nach Ansicht des Senats kein Widerspruch zu der sonstigen mar-
kenrechtlichen Beurteilung von Werbebegriffen seitens des Bundesgerichtshofs.
Die genannte Feststellung bezieht sich ersichtlich nur auf Wörter, deren anprei-
sende Bedeutung sich erst bei einer über das reine Wortverständnis hinausge-
henden Analyse erschließt, wie etwa das englische Wort "yes", dessen Ur-
sprungsinhalt "ja" für sich gesehen noch nicht als werbeüblich anpreisende Aus-
sage (für Tabakwaren) festzustellen war (vgl BGH GRUR 1999, 1089, 1091
"YES") oder den unscharfen Begriff "LOGO", der durchaus unterschiedlich ver-
standen werden kann (vgl BGH GRUR 2000, 722, 723 "LOGO"). Insoweit vermag
der Senat der aktuellen und früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung kei-
neswegs den Grundsatz zu entnehmen, daß nicht unmittelbar warenbeschrei-
bende Werbeaussagen schlechthin als Marken einzutragen sind (vgl auch
BPatGE 42, 189, 193 "Ein schönes Stück Natur"). Im Gegenteil ist vielmehr nach
dieser Spruchpraxis weiterhin von dem Erfahrungssatz auszugehen, daß derarti-
gen Begriffen jedenfalls dann die Unterscheidungskraft fehlt, wenn sich ihr Cha-
rakter als lediglich anpreisende Werbeaussage unmittelbar aus ihrem originären
Wortverständnis ergibt. Unterscheidungskraft kann ihnen insoweit nur zugebilligt
werden, wenn der werbemäßige Charakter nur aufgrund einer über das reine
Wortverständnis hinausgehende Deutung verstanden wird. Sofern sich ein ange-
meldetes Markenwort dagegen in keiner Hinsicht von seinem ursprünglichen Cha-
rakter als nicht herkunftshinweisende bloße Werbeaussage löst, muß die Unter-
scheidungskraft verneint werden (vgl in diesem Zusammenhang auch BGH GRUR
1988, 211, 212 "Wie hammas denn?"; GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine
bessere Welt"). Das gilt insbesondere für Begriffe, denen ein eindeutiger und im
Vordergrund stehender Sinngehalt zukommt und die insoweit keine interpreta-
tionsbedürftige Mehrdeutigkeit aufweisen (vgl hierzu zB die unterschiedliche mar-
kenrechtliche Bewertung der als mehrdeutig und nicht nur als bloßes Zahlwort er-
achteten Angabe "FÜNFER" einerseits und der Ziffer "1" als solcher andererseits -
BGH GRUR 2000, 231, 232 "FÜNFER; GRUR 2000, 608, 610 "ARD-1").
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Insoweit vermag die Anmelderin auch aus der Erkenntnis, daß die Werbewirkung
einer Angabe und deren Identifizierungsfunktion sich nicht zwangsläufig gegen-
seitig ausschließen (vgl BGH GRUR 2000, 321, 322 "Radio von hier"; GRUR
2000, 323 f "Partner with the Best"), nichts für die Schutzfähigkeit der angemel-
deten Marke herzuleiten. Dieser Grundsatz rechtfertigt nämlich keineswegs den
Gegenschluß, daß die Werbewirksamkeit eines Begriffs regelmäßig für dessen
Unterscheidungskraft (iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) spricht. So ist nicht zu ver-
kennen, daß gerade unmittelbar warenbezogene Aussagen häufig eine starke
Werbewirkung entfalten können, sofern sie nur hinreichend intensiv und effektiv
zur Warenbeschreibung eingesetzt werden. Gleichwohl kann ihnen eine her-
kunftshinweisende Individualisierungsfunktion lediglich unter den Voraussetzun-
gen einer Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs 3 MarkenG) zuerkannt werden (vgl
Althammer/Ströbele, aaO, § 8 Rdn 180; vgl auch Teplitzky, WRP 1999, 461, 466).
Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof unzweifelhaft höchst werbe-
wirksame Ausdrücke wiederholt als nicht eintragungsfähig erachtet, weil sie sich in
den verschiedensten Bereichen als Modewörter für einzelne positive Eigen-
schaften von Waren entwickelt hatten (vgl zB BGH GRUR 1995, 410, 411
"TURBO"; GRUR 1996, 770, 771 "MEGA"). Insoweit ist weiterhin davon auszuge-
hen, daß die einer Angabe möglicherweise zukommende Werbekraft für sich ge-
sehen noch nichts über deren markenrechtliche Unterscheidungskraft aussagt (vgl
Althammer/Ströbele, aaO, § 8 Rdn 21; BPatGE 42, 189, 191 f "Ein schönes Stück
Natur"). Auch werbewirksame Angaben müssen mithin die oben dargestellten
Voraussetzungen des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erfüllen.
Den entsprechenden, keineswegs hoch anzusetzenden Anforderungen genügt
das angemeldete Markenwort "HAPPINESS" in seinen Bedeutungen "Glück,
glückliche Wahl" usw nicht. Wie von der Markenstelle zutreffend festgestellt und
auch tatsächlich belegt worden ist, werden Ausdrücke wie "Glück, glücklich" usw
in der Werbung für einschlägige kosmetische Artikel vielfach verwendet. Da ge-
rade bei diesen Produkten häufig rein subjektive Empfindungen und Wertvorstel-
lung im Vordergrund des Kaufentschlusses stehen, liegt es nahe, insbesondere
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diese persönlichen Empfindungen werbemäßig anzusprechen. Wie die Marken-
stelle ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Begriff "Glück"
um die allgemeinste und deshalb nächstliegende Benennung aller positiven Be-
findlichkeiten potentieller Warenkonsumenten. Dies entspricht auch den sonstigen
Werbegepflogenheiten, wonach der Ausdruck "Glück" häufig als zentrales
Wertversprechen eingesetzt wird (vgl Rothfuss, Wörterbuch der Werbesprache,
1. Aufl 1991, S 87 mwNachw). Für den entsprechenden englischen Ausdruck
"HAPPINESS" greift keine abweichende markenrechtliche Bewertung durch. Hier-
bei ist zunächst zu berücksichtigen, daß gerade auf dem vorliegenden Warenge-
biet der Kosmetika der inländische Verkehr seit jeher an einen intensiven Einsatz
englischer Begriffe gewöhnt ist (vgl hierzu BPatGE 13, 245, 247 ff
"Dreamwell/Dreamwave"). Außerdem handelt es sich bei dem englischen
Hauptwort "HAPPINESS" um einen allgemein geläufigen Begriff, der in seiner
Grundbedeutung "Glück" auch solchen Teilen des inländischen Publikums be-
kannt ist, welche die englischen Sprache nur rudimentär oder gar nicht beherr-
schen (vgl hierzu bereits BGH GRUR 1976, 587 f "Happy"; vgl auch BGH BlPMZ
1998, 248 "Today"). Diese Tatsachen erachtet der Senat als gerichtskundig, so
daß sich weitere Feststellungen erübrigen (vgl § 291 ZPO). Lediglich ergänzend
ist darauf hinzuweisen, daß gleichgelagerte Begriffe wie "happy" oder "Happyend"
mittlerweile in den allgemeinen deutschen Sprachschatz aufgenommen sind (vgl
Duden, Rechtschreibung, 21. Aufl, S 336).
Die Hinweise der Anmelderin auf Voreintragungen der Marke "HAPPINESS" im In-
und Ausland vermögen kein abweichendes Ergebnis zu rechtfertigen. So ent-
spricht es ständiger und allgemein anerkannter Spruchpraxis, daß die in der Bun-
desrepublik Deutschland erfolgte Eintragung einer Marke weder für sich noch in
Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz zu einer anspruchsbegründenden
Selbstbindung führen kann (vgl zB BGH GRUR 1997, 527, 529 "Autofelge";
BlPMZ 1998, 248, 249 "Today"). Daß für ausländische Voreintragungen andere
Grundsätze maßgeblich sein sollten, läßt sich bereits logisch nicht nachvollziehen.
Wenn schon eine unter der Geltung des Markengesetzes erfolgte Entscheidung
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deutscher Behörden keinerlei Bindungswirkung zu entfalten vermag, muß dies erst
recht für Handlungen ausländischer Institutionen gelten, die in aller Regel nicht
einmal auf denselben materiell- und verfahrensrechtlichen Grundlagen beruhen.
Abgesehen davon wäre es in sich unschlüssig, von der Möglichkeit einer
unzutreffenden Rechtsanwendung bei der Eintragung von Marken (die den
alleinigen Grund für die Notwendigkeit des Rechtsinstituts der Markenlöschung
darstellt) lediglich bei inländischen Behörden auszugehen, diese Möglichkeit da-
gegen bei ausländischen Stelle von vornherein zu verneinen (vgl
Althammer/Ströbele, aaO, § 8 Rdn 85 ff mwNachw). Auch eine mögliche Indizwir-
kung von Eintragungen der Marke "HAPPINESS" in Ländern des englischen
Sprachbereichs kann die Anmelderin nicht für sich in Anspruch nehmen. Bei die-
ser Indizwirkung handelt es sich lediglich um ein (ergänzendes) Argument bei der
Entscheidung der Frage, ob ein fremdsprachiger Ausdruck nach dem originären
Verständnis dieser Sprache im Heimatland eine beschreibende Angabe darstellt
und insoweit freihaltungsbedürftig ist (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 8 Rdn 88
mwNachw). Im vorliegenden Fall geht es jedoch ausschließlich darum, wie die
beteiligten inländischen Verkehrskreise die Bezeichnung "HAPPINESS" bewerten,
so daß Verkehrsauffassungen und Entscheidungen im Ausland von Haus aus
keine präjudizierende Bedeutung zukommen kann (vgl BGH GRUR 1989, 666,
667 "Sleepover" GRUR 1995, 732, 734 "Füllkörper"; BPatGE 41, 211, 215 ff
"Tablettenform").
Die Beschwerde der Anmelderin ist demnach zurückzuweisen.
Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Raum, weil die Voraus-
setzungen des § 83 Abs 2 MarkenG nicht erfüllt sind. So ist nicht zu verkennen,
daß hier eine überwiegend im tatrichterlichen Bereich liegende Beurteilung einer
Wortmarke zu erfolgen hatte, wobei auf gesicherte Grundsätze der höchstrichter-
lichen Rechtsprechung zurückgegriffen werden konnte.
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Ströbele Werner Schmitt
prö