Urteil des BPatG vom 21.05.2008

BPatG: form, ware, verpackung, kunststoff, veröffentlichung, verwechslungsgefahr, patent, marketing, holz, materialien

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 205/07
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 305 05 047
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 21. Mai 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel
sowie der Richterin Werner und des Richters Schell
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Am 31. Januar 2005 wurde das Wort
TRESAN
angemeldet für die Eintragung in das Register für die folgenden Waren und
Dienstleistungen der Klassen 19 und 37:
„Baumaterialien aus Kunststoff, nämlich Treppenbeläge in Form
von Winkelprofilen und Stirnseitenverblendungen, insbesondere
für sanierungsbedürftige Treppenstufen;
Renovierung von Treppenstufen“.
Die Eintragung erfolgte am 11. März und die Veröffentlichung am 15. April 2005.
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Gegen diese Eintragung ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 771 482
„TRESPA“, die seit dem 14. März 1963 in das Register eingetragen ist u. a. für die
folgenden Waren:
„Verlegbare Fußböden-, Decken- und Dachbeläge in Form von
Platten, Wandbekleidungen und Deckenauskleidungen; sämtliche
vorgenannten Waren aus Kunststoff oder in Verbindung mit Kunst-
stoff hergestellt; thermoplastische Kunststoffe als Halbfabrikate
und Fertigfabrikate in Form von Platten“.
Dieser Widerspruch wurde nur auf die vorgenannten Waren gestützt und ist gegen
die angegriffene Marke insgesamt gerichtet.
Mit Schriftsatz vom 26. September 2005 hat die Markeninhaberin die rechtserhal-
tende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Daraufhin hat die Wider-
sprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt. Danach
hat die Markeninhaberin die Nichtbenutzungseinrede ausdrücklich aufrechter-
halten. Mit Beschluss vom 18. Juli 2007 hat die Markenstelle für Klasse 19 des
Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch zurückgewiesen. Dazu hat
die Markenstelle u. a. ausgeführt, dass eine rechtserhaltende Benutzung nicht
glaubhaft gemacht worden sei. Weiter heißt es wörtlich in der Begründung:
„Die eingereichten Benutzungsunterlagen enthalten keinen Hin-
weis auf die Art der Benutzung, die grundsätzlich auf der Ware
selbst, ihrer Verpackung oder Umhüllung erfolgen muß, sofern
Marken für die betreffenden Waren üblicherweise in dieser Form
benutzt werden (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Auflage, 2006,
§ 26 Rdnr. 16). Von letzterer Voraussetzung ist vom vorliegenden
Fall auszugehen, auch Baumaterialien können in funktionsge-
mäßer Weise mit der Marke versehen werden. Die bloße Be-
nutzung der Marke in Prospekten oder Katalogen reicht zur
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rechtserhaltenden Benutzung i. S. des § 26 Abs. 1 MarkenG nicht
aus.“
Außerdem hat die Markenstelle die Zurückweisung des Widerspruchs auch auf die
Feststellung gestützt, daß zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungs-
gefahr i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe.
Gegen diesen Beschluss hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, zu
deren Begründung sie sich auf ihren Vortrag im patentamtlichen Verfahren beruft.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 18. Juli 2007 aufzuheben und die
Marke 305 05 047 „TRESAN“ wegen des Widerspruchs aus der
Marke 771 482 „TRESPA“ zu löschen.
Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2008 hat die Widersprechende außerdem mitge-
teilt, dass sie die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung nicht
für nötig halte.
Die Markeninhaberin hat beantragt,
die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.
Zu den weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Akten.
II.
Da die Beschwerdeführerin ausdrücklich mitgeteilt hat, dass sie die Durchführung
einer mündlichen Verhandlung nicht für nötig halte, und nach der Beurteilung des
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Senats eine solche Verhandlung auch nicht sachdienlich gewesen wäre, konnte
die vorliegende Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen (§ 69 MarkenG).
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache schon deswe-
gen keinen Erfolg, weil die Widersprechende auf die zulässige Nichtbenutzungs-
einrede der Markeninhaberin hin eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke
nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.
Die Erhebung der Nichtbenutzungseinrede ist zulässig i. S. v. § 43 Abs. 1
MarkenG, weil die Widerspruchsmarke bereits im Zeitpunkt der Veröffentlichung
der angegriffenen Marke länger als fünf Jahre im Register eingetragen war. Daher
hat es der Widersprechenden oblegen, eine rechtserhaltende Benutzung ihrer
Marke sowohl für die Zeit vom 15. April 2000 bis zum 15. April 2005 (§ 43 Abs. 1
Satz 1 MarkenG) als auch für die Zeit vom 14. Mai 2003 bis zum Zeitpunkt dieser
Entscheidung (§
43 Abs.
1 Satz
2 MarkenG) glaubhaft zu machen. Diese
Obliegenheit hat die Widersprechende nicht erfüllt.
§ 43 Abs. 1 MarkenG verlangt für den Fall der wirksamen Erhebung der Nichtbe-
nutzungseinrede, dass der Widersprechende eine Benutzung seiner Marke gem.
§ 26 MarkenG glaubhaft macht. Dafür kommt es entscheidend darauf an, ob eine
funktionsgemäße Benutzung der Marke belegt wird, d. h. eine konkrete Verwen-
dung der Marke, die der kennzeichenmäßigen Unterscheidung der Waren des
Benutzers von den Produkten anderer Unternehmen dient (vgl. z. B. BGH GRUR
2000, 890 - IMMUNINE/IMUKIN - und GRUR 2000, 1038, 1039 - Kornkammer)
und damit die Herkunftsfunktion der Marke erfüllt. Für die Feststellung einer
funktionsgemäßen Benutzung kommt es vor allem auf die Frage an, welche
Beziehung die Marke zu den gekennzeichneten Waren aufweisen muss. Dabei
gehen die grundsätzlichen Anforderungen regelmäßig dahin, dass Hersteller-
marken auf der Ware selbst, ihrer Verpackung oder Umhüllung abgebracht
werden, sofern Marken für die betreffenden Waren üblicherweise in dieser Form
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benutzt werden (vgl. BGH GRUR 1996, 267, 268 - AQUA, GRUR 1995, 347, 348 -
TETRASIL; BPatG GRUR 1998, 1032, 1033 - MAPAX/MAPAG).
Wie die Markenstelle in dem angegriffenen Beschluss dargetan hat, hat die Wider-
sprechende eine diesen Vorgaben entsprechende Benutzung ihrer Marke nicht
behauptet und auch nicht belegt. Sie ergibt sich weder aus dem schriftsätzlichen
Vortrag der anwaltlich vertretenen Widersprechenden, noch aus der eidesstatt-
lichen Versicherung ihres Marketing Managers vom 7. Februar 2006 und auch
nicht aus den eingereichten Prospekten aus Jahren 1999 bis 2004. Darin wird
zwar durchgehend die Beschaffenheit einzelner Produktgruppen beschrieben,
aber keine dieser Waren werden in einer konkreten Verbindung mit der Wider-
spruchsmarke gezeigt.
Allerdings gilt das Erfordernis einer unmittelbaren Verbindung von Herstellermarke
und Waren nicht uneingeschränkt. So kann eine Anbringung der Marke unmittel-
bar auf der Ware selbst oder auf deren Verpackung nicht verlangt werden, wenn
damit wirtschaftlich unsinnige, unmögliche oder unzumutbare Handlungen ver-
bunden wären. Das gilt insbesondere dann, wenn die Art der Ware eine unmittel-
bare körperliche Verbindung mit der Marke nicht nahelegt oder sogar zwingende
wirtschaftliche Gründe einer solchen Verbindung entgegenstehen (vgl. BGH
GRUR 1980, 52, 53 - Contoflex - und GRUR 1996, 267, 278 - AQUA). Diese
besonderen Voraussetzungen liegen jedoch bei den Waren, auf die der Wider-
spruch gestützt wurde, nicht erkennbar vor. Es geht um Platten aus Holz oder
Metall oder aus beiden Materialien, die für Innen- und Außenanwendungen, insb.
für Fassadenverkleidungen, Innenverkleidungen und Arbeitsplatten bestimmt sind.
Sie könnten auf ihrer Innenseite unmittelbar mit der Widerspruchsmarke versehen
werden, jedenfalls könnte die Widerspruchsmarke auf den Verpackungen oder auf
den Packmaterialien angebracht werden, mit denen die Platten zu Gebinden
zusammengebunden werden. Dass das speziell im Fall der Waren der Wider-
sprechenden nicht möglich sein sollte, läßt sich den eingereichten Glaubhaft-
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machungsunterlagen nicht entnehmen und wurde von der Widersprechenden
auch sonst nicht vorgetragen.
Da eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für keine der Waren
glaubhaft gemacht wurde, auf die sich der Widerspruch stützt, war wegen § 43
Abs. 1 Satz 3 MarkenG über die Frage einer möglichen markenrechtlichen Ver-
wechslungsgefahr nicht mehr zu entscheiden und die Beschwerde der Wider-
sprechende war als unbegründet zurückzuweisen.
Stoppel Schell
Werner
Me