Urteil des BPatG vom 05.11.2007

BPatG (beschreibende angabe, marke, rückzahlung, unterscheidungskraft, eintragung, anmeldung, bezug, eugh, antrag, rechnung)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 172/05
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 39 157.3
_______________________
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 5. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Vogel von
Falckenstein und die Richterinnen Winter und Hartlieb
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beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelderin werden die Beschlüsse
der Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 22.
März 2005 und vom 19.
Septem-
ber 2005 aufgehoben.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zu-
rückgewiesen.
G r ü n d e
I.
InfoAccount
det worden. Das Verzeichnis der Dienstleistungen lautet:
Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebs-
wirtschaftlicher Hinsicht; Entwicklung von Werbe- und Marketing-
konzepten sowie Werbung und Marketing für Immobilien; Entwick-
lung von Nutzungskonzepten in finanzieller Hinsicht; Immobilien-
verwaltung sowie Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von
Immobilien; Gebäudeverwaltung; Grundstücksverwaltung; Immobi-
lienverwaltung; Vermögensverwaltung durch Treuhänder oder
Vermögensverwaltung; Inkassogeschäfte; Übernahme von Bürg-
schaften, Kautionen; Ankauf, Anmietung, Verkauf oder Vermietung
von Immobilien; Finanzierungen; Finanzanalysen; Wartung, In-
spektion, Versorgung oder Entsorgung von Wärmeanlagen, Kli-
ma-/Lüftungsanlagen, Strom-/Notstromanlagen, Gebäudetechnik,
Kommunikationsanlagen oder Sicherheitsanlagen, nämlich Video-
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überwachungsanlagen, Zutrittskontrollen, Zeitsteuerungsanlagen,
Meldeanlagen, Brandschutzeinrichtungen; infrastrukturelles Ge-
bäudemanagement, nämlich Grünanlagenpflege, Innenreinigung,
Außenreinigung, Hausmeisterdienste, Gartenarbeiten; Beratung
auf dem Gebiet der Sicherheit; Dienstleistungen eines Sicherheits-
dienstes, einschließlich Personen- und Werkschutz, nächtlicher
Wachdienst; Sicherheitsbegleitung (Eskorte); Überwachung von
Einbruchsalarmen; Störfall-/Eskalationsmanagement.
Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemel-
dete Marke setze sich sprachüblich und sinnfällig aus den Begriffen „Info“ und
„Account“ zusammen. In seiner Gesamtheit unter der angemeldete Markenbegriff
den Bedeutungsgehalt „online Informations-Zugangsberechtigung“, was schlag-
wortartig sachbeschreibend darauf hinweise, dass Informationen hinsichtlich der
Dienstleistungen über einen Online-Zugriff zugänglich gemacht werden.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Mit näheren Ausführungen hält sie
Schutzhindernisse, die die Anmeldung in ihrer Gesamtheit von der Eintragung
ausschließen könnten, nicht für gegeben. Auch auf der Grundlage der von der
Markenstelle angenommenen Bedeutung sei die Anmeldung für die beanspruch-
ten, auf Gebäudeverwaltung bezogenen Dienstleistungen nicht unmittelbar be-
schreibend. Wegen fehlerhafter Rechtsanwendung sei die Beschwerdegebühr zu-
rückzuerstatten.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 45 auf-
zuheben,
die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten
Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke
stehen keine absoluten Schutzhindernisse i. S. v. § 8 Abs. 2 MarkenG entgegen.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist nicht begründet.
Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke in-
newohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die
Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu
kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer
Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2002, 804, 806 (Nr. 35)
- Philips; GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 40) - Linde, Winward u. Rado; GRUR 2004,
428, 431 (Nr.
48) -
Henkel; BGH GRUR GRUR
2006, 850, 854 (Nr.
18)
- FUSSBALL WM 2006). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf
die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf
die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Mar-
ke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen
ist (vgl u. a. EuGH a. a. O. (Nr. 41) - Linde, Winward u. Rado; a. a. O. (Nr. 50)
-
Henkel; GRUR 2004, 943, 944 (Nr.
24) -
SAT.2; BGH a.
a.
O. (Nr.
18)
- FUSSBALL WM 2006). Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Verkehr ein
als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegen-
tritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen
(vgl. u.
a. EuGH a.
a.
O. (Nr.
53) -
Henkel; BGH MarkenR
2000, 420, 421
-
RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR
2001, 1151, 1152
- marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken nach der Rechtsprechung
dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise
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für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund ste-
henden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004,
674, 678 (Nr. 86) - Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153
- antiKalk; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard) oder wenn diese aus gebräuchli-
chen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen
Fremdsprache bestehen, die, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in
der Werbung oder in den Medien, stets nur als solche und nicht als Unterschei-
dungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute
Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O.
(Nr. 19) - FUSSBALL WM 2006). Die danach erforderlichen Voraussetzungen für
die Annahme fehlender Unterscheidungskraft liegen nach Auffassung des Senats
bei der Anmeldemarke jedoch nicht vor.
Der Markenbestandteil „Info“ ist im Deutschen wie im Englischen ein Kürzel für „In-
formation(en)“ (vgl. Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch S. 1243; Duden, Das
große Fremdwörterbuch, 3. Aufl. S. 617); „Informationen“ sind Unterrichtungen,
Auskünfte, Nachrichten (vgl. Duden, Das große Fremdwörterbuch a. a. O.).
Das englische Wort „Account“ bedeutet allgemein „Rechnung“, im Bankbereich
„Konto“ (vgl. Duden Oxford a. a. O. S. 887); im Zusammenhang mit dem Internet
wird der Begriff für die Zugangsberechtigung auf zugangsbeschränkte Inhalte von
Online-Diensten oder IT-Systeme verwendet (vgl Frühschütz, E Commerce-Lexi-
kon S. 11). Nach der Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses sind indessen
Dienstleistungen, die einen engen, sachlichen Bezug zur Informationstechnologie
aufweisen, nicht beansprucht; dasselbe gilt für Dienstleistungen mit Bezug auf das
Bankwesen, dem das Wort „Konto“ zuzuordnen ist, so dass hieraus hergeleitete
Bedeutungen, auch des Gesamtwortes, außer Betracht bleiben. Im Sinn von
„Rechnung“ kann das Wort „Account“ grundsätzlich alle Waren- und Dienstleis-
tungsbereiche betreffen.
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Das allein reicht aber für den Ausschluss von der Eintragung nicht aus, denn die
Anmeldung enthält, wie nicht zu übersehen, den weiteren Bestandteil „Info“. Auf-
grund der Binnengroßschreibung wird der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen,
obwohl zu einem Wort zusammengeschrieben, sofort und ohne Weiteres eine
Kombination der beiden Begriffe „Info“ und „Account“ erkennen. In ihrer Gesamt-
InfoAccount
kein in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender,
unmissverständlich und eindeutig beschreibender Aussagegehalt entnehmen.
Das darin als Präfix“ verwendete Wort „Info“ bezieht sich zur näheren Bestimmung
auf das nachfolgende Substantiv „Account“ und spezifiziert folglich die „Rechnung“
näher als auf „Informationen“ bezogen. Die so verstandene Begriffskombination
„Informationsrechnung“ lässt indessen nicht erkennen, was konkret in Bezug auf
die beanspruchten Dienstleistungen beschrieben werden könnte. Vielmehr ist der
sich so ergebende Gesamtbegriff diffus und ohne analysierende Betrachtungswei-
se, die - wie ausgeführt - nicht stattfindet, einer näheren, sinnvollen Deutung nicht
zugänglich. Was eine zu Informationen in irgendeiner Weise in Beziehung stehen-
de Rechnung sein soll, ist von der Wortbildung her unklar und verschwommen und
InfoAccount
schreibende Angabe.
Da der angemeldeten Marke aus den dargelegten Gründen für die beanspruchten
Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zu-
geordnet werden kann, ist auszuschließen, dass ein normal informierter und ange-
messen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher der vorliegen-
den Dienstleistungen die Anmeldung lediglich als Sachangabe und nicht als Unter-
scheidungsmittel versteht; der Marke fehlt deshalb nicht die erforderliche Unter-
scheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (vgl. u. a. BGH a. a. O. - Cityser-
vice m. w. N.).
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Nachdem die angemeldete Bezeichnung nicht ausschließlich aus beschreibenden
Angaben besteht, lässt sich auch ein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG nicht feststellen.
Für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr besteht kein Anlass. Die Anordnung
der Rückzahlung ist nach § 71 Abs. 3 MarkenG in das Ermessen des Gerichts ge-
stellt. Sie kommt – außer bei fehlendem Rechtsgrund – nur in Betracht, wenn die
Billigkeit eine solche Anordnung gebietet (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl.
§ 71 Rdn. 32 ff.). Davon kann nicht ausgegangen werden. Billigkeitsgründe für die
Rückzahlung können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern - insbesondere der
Verletzung rechtlichen Gehörs - in der Vorinstanz ergeben; Verfahrensfehler sind
indessen nicht erkennbar; auch ein Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Vor-
schriften liegt nicht vor (vgl. hierzu Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rdn. 32). Dass
der Senat die Schutzfähigkeit im Ergebnis anders gesehen hat, rechtfertigt die
Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht. Die hilfsweise beantragte mündliche
Verhandlung bezieht sich schon nach dem Antrag der Anmelderin nicht auf diese
Entscheidung; abgesehen davon wäre dem Antrag im Hinblick auf eine Entschei-
dung über einen Nebenpunkt nicht zu entsprechen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O.
§ 69 Rdn. 8).
Dr. Vogel von Falckenstein
Winter
Hartlieb
Ko