Urteil des BPatG vom 29.11.2005

BPatG (beschreibende angabe, eugh, marke, bezeichnung, eintragung, klasse, unternehmen, gegenstand, internet, beschwerde)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 213/03
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 65 387.9
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 29. November 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Ströbele, des Richters Guth und der Richterin Kirschneck
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 10. April 2003 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
DOMAINBOX
ist zunächst für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und
42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 10. April 2003 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deut-
schen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Regierungsangestellten im hö-
heren Dienst, die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37
Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen.
Die Zurückweisung wird im Wesentlichen damit begründet, die angemeldete
Marke setze sich aus den Bestandteilen "DOMAIN" und "BOX" zusammen. Auch
wenn dieses Gesamtwort derzeit noch nicht als beschreibende Angabe nachge-
wiesen werden könne, sei es doch sprachüblich und allgemeinverständlich gebil-
det, so dass es ohne weiteres als Bezeichnung für eine virtuelle Box zur Verwal-
tung der Kennungen für die Zuordnung von Internetadressen aufgefasst werde.
Damit bezeichne die angemeldete Wortverbindung den Gegenstand bzw die Ei-
genschaften der Waren und Dienstleistungen der Anmeldung, erschöpfe sich in
- 3 -
einem sachbezogenen Hinweis ohne betriebskennzeichnenden Charakter und
falle unter das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die im Beschwerdeverfah-
ren das Warenverzeichnis auf
"Klasse 9:
Bildfunkgeräte, Bildtelephone, CDROM-, DVD- und Diskettenlauf-
werke, Fernsehapparate; vorstehende Waren soweit in Klasse 9
enthalten"
beschränkt hat.
Sie beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Bei der angemeldeten Marke handele es sich auch für die ursprünglich bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen nicht um eine beschreibende Angabe,
sondern um eine Wortneuschöpfung, die allenfalls undeutliche begriffliche Vor-
stellungen erwecke, da es Domains, die in Briefkästen oder einzelnen Fächern
abgelegt würden, nicht gebe. Die relativ wenigen Beispiele der Verwendung des
Begriffs "DOMAINBOX" im Internet seien meist markenmäßig und gingen auf eine
nur geringe Anzahl gewerblicher Anwender zurück. Interpretiere man das Wort als
Bezeichnung für ein Feld auf einem Computerbildschirm, in dem eine Domain
einzutragen sei, komme man nicht zu einer sachbezogenen Bedeutung, weil
Eingabefelder nicht Gegenstand der Anmeldung seien. Jedenfalls aber stelle die
angemeldete Marke für die nach Einschränkung des Warenverzeichnisses
verbliebenen Waren keine Sachangabe oder Werbeaussage dar.
- 4 -
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten sowie die Recher-
cheergebnisse des Senats zum Begriff "DOMAINBOX", die der Anmelderin über-
sandt worden sind, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg. Nach Auffassung des
Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die noch verfahrens-
gegenständlichen Waren die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2
MarkenG nicht entgegen.
1.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung sol-
che Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen,
die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffen-
heit oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistun-
gen dienen können (vgl BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher
für eine bessere Welt"; EuGH Mitt 2004, 28, 29 - Nr 29 ff -
"Doublemint"). Solche Zeichen oder Angaben müssen im All-
gemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung
belassen werden (vgl EuGH GRUR 2004, 674, 676 - Nr 54,
55 - "Postkantoor"; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - Nr 34 ff -
"BIOMILD"). Es ist daher zu prüfen, ob die angemeldete
Marke gegenwärtig eine Beschreibung der Merkmale der
betreffenden Waren darstellt oder ob dies vernünftigerweise
für die Zukunft zu erwarten ist (EuGH GRUR 2004, 674, 676
- Nr 53, 56 - "Postkantoor"). Auch Begriffsneubildungen kann
der Eintragungsversagungsgrund des §
8 Abs
2 Nr
2
MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet
sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und
unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als
Sachbegriffe ohne weiteres erfüllen können. Ein Wortzeichen
- 5 -
muss nach der Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von
der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es in einer
seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage
stehenden Waren und Dienstleistungen bezeichnet (vgl
EuGH aaO 678 - Nr 97 - "Postkantoor"). Anders als die
Anmelderin meint, kommt es auch nicht darauf an, ob der
entsprechende Begriff für das breite Publikum verständlich
ist, ob er von einer großen oder geringen Anzahl von
Unternehmen zur freien Verwendung benötigt wird und ob
die Merkmale der Waren, die beschrieben werden können,
wirtschaftlich wesentlich oder nebensächlich sind (vgl EuGH
aaO 676, 677, 679 - Nr 77, 58, 102 - "Postkantoor").
Wie bereits die Markenstelle festgestellt hat, ist das ange-
meldete zusammengesetzte Substantiv aus den Wortteilen
"DOMAIN" und "BOX" gebildet. Der erste Wortteil "DOMAIN"
wird in der Bedeutung von "eindeutig definierter, adressier-
barer Bereich des Internets, der häufig das Herkunftsland der
Adresse enthält", verwendet (Wahrig, Wörterbuch der deut-
schen Sprache, online-Ausgabe). Der zweite Wortteil "BOX"
bezeichnet nicht nur - wovon die Markenstelle insoweit zu
Recht ausgegangen ist - die Bezeichnung für einen freien
Speicherplatz oder eine Speichermöglichkeit, sondern im
Englischen auch die Bezeichnung für ein Eingabefeld bzw
einen "Eingabekasten" auf einer Internetseite (etwa bei einer
Suchmaschine, einem Bestellformular, einem Browser zum
Anwählen einer Internetadresse usw) oder für ein Ausgabe-
feld. Im Internet wird der zusammengesetzte Ausdruck
"DOMAINBOX" vorwiegend als Bezeichnung für Felder ver-
wendet, in denen Domains, also Internetadressen, angezeigt
werden oder in die man Domains eingeben kann (Internet-
- 6 -
Recherche des Senats mit der Suchmaschine Google vom
28. September 2005, Suchbegriff "a domain box"). In Verbin-
dung mit den meisten ursprünglich angemeldeten Waren und
Dienstleistungen handelt es sich darum um einen Hinweis
auf Inhalt, Gegenstand oder Eigenschaften, nämlich, dass
diese dazu geeignet oder bestimmt sind, eine DOMAINBOX
herzustellen, eine solche enthalten bzw anzeigen oder mit
deren Hilfe funktionieren bzw erbracht werden.
Für die noch verfahrensgegenständlichen Waren ist eine be-
schreibende Bedeutung jedoch nicht erkennbar, nachdem
das Warenverzeichnis nunmehr nur noch Hardwareteile
enthält, die zu Eingabefeldern oder der Verwaltung und/oder
Speicherung von Domains keinen näheren Bezug aufweisen.
Insoweit ist die angemeldete Wortzusammensetzung zur Be-
schreibung nicht geeignet und fällt nicht unter den Eintra-
gungsversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.
2. Auch
der
Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 1
MarkenG liegt nicht vor.
Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist
die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Wa-
ren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung bean-
tragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stam-
mend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienst-
leistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unter-
scheiden (vgl ua EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr 35 -
"Philips“; GRUR 2003, 514, 517 - Nr 40 - "Linde ua“; GRUR
2004, 428, 431 - Nr 48 - "Henkel"; GRUR 2004, 1027, 1029
- Nr 33, 42 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT").
- 7 -
Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtspre-
chung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen
Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienst-
leistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden sach-
bezogenen Begriffsinhalt zuordnen (EuGH aaO - Nr 86 -
"Postkantoor“).
Weil der Senat aber - wie oben näher begründet - nicht fest-
stellen konnte, dass das Wort "DOMAINBOX" für die Waren,
die noch Gegenstand der Entscheidung sind, als Sachan-
gabe in Betracht kommt, liegen diese Voraussetzungen in-
soweit nicht vor.
Ströbele Kirschneck
Guth
Ju