Urteil des BPatG vom 26.05.2004

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BPatG 253
9.72
BUNDESPATENTGERICHT
1 Ni 30/02 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
26. Mai 2004
In der Patentnichtigkeitssache
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betreffend das europäische Patent 0 621 449
(= DE 593 00 462)
hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 26. Mai 2004
durch den Präsidenten Dr. Landfermann und die Richter Dr.-Ing. Barton,
Dipl.-Phys. Dr.rer.nat. Frowein, Rauch und Dipl.-Ing. Pontzen
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 1. Juni 1993 unter Inanspruchnah-
me einer schweizerischen Priorität vom 20. April 1993 angemeldeten und ua mit
Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents
0 621 449 (Streitpatent).
Das in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichte Streitpatent, das vom Deut-
schen Patent- und Markenamt unter der Nummer 593 00 462 geführt wird, trägt
die Bezeichnung "Verfahren zum Verbrennen von Kehricht auf einem Verbren-
In der Fassung, die es im europäischen Einspruchsverfahren erhalten hat (siehe
B2-Schrift des Streitpatents) umfasst das Patent acht Patentansprüche.
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Mit der Klage werden die Ansprüche 1 bis 3 und 5, soweit dieser Anspruch nicht
auf den Anspruch 4 bezogen ist, angegriffen.
Anspruch 1 lautet (hier mit einer Merkmalsgliederung versehen):
Verbrennungsrost zum Verbrennen von Kehricht,
M1) der aus mehreren zueinander beweglichen Roststufen
besteht,
M2) wobei er aus einer Mehrzahl von Rostplatten (14
bis 17) besteht, welche
a) außen im allgemeinen die Form eines Brettes auf-
weisen,
b) aus Blech gefertigt sind und
c) einen Hohlkörper mit Ober- und Unterseite (2, 3)
bilden und
d) auf der einen Seite der Unterseite (3) mindestens
einen Anschlussstutzen (6) und auf der anderen
Seite der Unterseite (3) mindestens einen Abführ-
stutzen (7) für die Zu- und Abfuhr eines sie durch-
strömenden flüssigen Mediums zu ihrer Temperie-
rung aufweisen,
M3) indem diese Rostplatten (14 bis 17) sich in ihrer
Längsrichtung über die gesamte Breite des Verbren-
nungsrostes erstrecken und so je eine volle Roststufe
bilden,
M4a) wobei diese Roststufe die in oder gegen Förderrich-
tung des Rostes nächstfolgende benachbarte Roststu-
fe überlappt
M4b) und auf ihr aufliegt.
Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2, 3 und 5 wird auf die Streitpatentschrift ver-
wiesen.
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Die Klägerin führt aus, das Patent sei unzulässig erweitert, da der Gegenstand
des Anspruchs 1 des Streitpatents über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung
hinausgehe. Die Gegenstände der angegriffenen Ansprüche seien mangels erfin-
derischer Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Sie stützt
ihr Vorbringen auf folgende Druckschriften:
(E1) Belgische Patentschrift 904 557 mit zugehöriger Übersetzung
(E2) Deutsche Patentschrift 1 526 051
(E3) Schweizerische Patentschrift 56 310
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 0 621 449 im Umfang der Ansprüche 1
bis 3 und 5, soweit dieser Anspruch nicht auf Anspruch 4 bezo-
gen ist, mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik
Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen.
Wegen Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die in zulässiger Weise erhobene Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der unzu-
lässigen Erweiterung und der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wer-
den (Art II § 6 Abs 1 Nr 1 und 3 IntPatÜG, Art 138 Abs 1 lit a und c, Art 52 Abs 1,
Art 56 EPÜ), ist nicht begründet.
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I
Der angegriffene Anspruch 1 des Streitpatents betrifft einen Verbrennungsrost
zum Verbrennen von Kehricht.
In der Streitpatentschrift werden einleitend sogenannte Schubverbrennungsroste
für die Verbrennung von Kehricht beschrieben, welche als Vorschub- oder Rück-
schubroste ausgebildet sein können. Solche Schubverbrennungsroste weisen so-
genannte Roststufen auf, die in Förderrichtung (=Längsrichtung) des Rostes hin-
tereinander und überlappend angeordnet sind. Sie schließen bewegliche Teile ein,
die geeignet sind, Schürhübe auszuführen, wodurch das Brenngut auf dem Rost
gefördert wird. Jede Roststufe besteht aus einer Reihe in Querrichtung des Rostes
(ähnlich Dachziegeln) nebeneinander liegender Roststäbe oder Rostplatten. Jede
zweite Roststufe ist dabei ortsfest angeordnet und mit den dazwischen liegenden
Roststufen wird über eine Antriebseinrichtung der Schürhub ausgeführt (Sp 1 Z 10
bis 44 der Streitpatentschrift). Ein solcher Schubverbrennungsrost ist auch mit
wassergekühlten Roststäben bekannt, bei dem benachbarte, als Gusskörper aus-
gebildete Roststufen einander überlappend und aufeinanderliegend ausgeführt
sind (Sp 3 Z 58 bis Sp 4 Z 4 der Streitpatentschrift).
Die die angegriffenen Ansprüche betreffenden Aufgaben der Erfindung bestehen
darin, einen Schubverbrennungsrost zu schaffen, welcher
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kostengünstiger in der Herstellung ist,
-
eine bedeutend längere Standzeit erreicht,
-
nur noch einer minimalen Dilatation unterworfen ist, so dass Aus-
gleichssegmente entfallen können, und
-
einen kleineren Rostdurchfall aufweist
(s Sp 4 Z 5 bis 13 der Streitpatentschrift).
Diese Aufgaben werden mit den Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents
gelöst.
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Dabei ist Anspruch 1 insbesondere im Hinblick auf die Figuren 3 und 4 und die zu-
gehörige Beschreibung in der Streitpatentschrift so zu verstehen, daß alle Roststu-
fen - zumindest eines Teils oder einer Zone - des Verbrennungsrostes, als hohle,
gekühlte Rostplatten entsprechend den Merkmalen M2a bis d ausgebildet sind.
Diese gemäß Merkmalsgruppe M1 zueinander beweglichen Roststufen sind dabei
auch entsprechend der Merkmalsgruppe M4 des Anspruchs 1 gegeneinander ver-
schieblich.
II
1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents geht nicht über den Inhalt
der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
Die Klägerin führt aus, der Anspruch 1 des Streitpatents sei unzulässig erweitert,
da das Merkmal M2d der Merkmalsgliederung in den ursprünglichen Anmeldungs-
unterlagen keine Stütze finde. Eine weitere unzulässige Erweiterung ergebe sich
dadurch, dass gemäß dem ursprünglich eingereichten Anspruch 11 die "Rostplat-
ten sich mit geneigter Breitseite in ihrer Längsrichtung über die gesamte Breite
des Verbrennungsrostes erstrecken"; dem geltenden Anspruch 1, der sich u.a. auf
den ursprünglichen Anspruch 11 stütze, fehle jedoch im Merkmal M3 der Merk-
malsanalyse das aus dem ursprünglich eingereichten Anspruch 11 stammende
Merkmal "mit geneigter Breitseite".
In der Beschreibung Sp 4 Z 5 bis 9 und im Anspruch 5 der dem Streitpatent zuge-
hörigen A1-Schrift (Übereinstimmung der zitierten Fundstellen mit den ursprüng-
lich eingereichten Anmeldungsunterlagen ist gegeben) finden sich die Angaben,
"dass diese Rostplatte aus Blech gefertigt ist, innen hohl ist und auf ihrer einen
Seite einen Anschlussstutzen und auf der anderen Seite einen Abführstutzen für
die Zu- und Abfuhr eines sie zu durchströmenden Mediums aufweist". Diese Maß-
nahmen tragen zur Lösung der Aufgabe bei (Sp 3 Z 54ff.).
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In der Beschreibung finden sich des weiteren in Sp 5 Z 12 bis 15 nähere Angaben
eines Ausführungsbeispiels, wonach sich an der Rostplatten-Unterseite 3 zwei An-
schlussstutzen 6, 7 zum Anschließen einer Zu- und Abfuhrleitung für ein die Rost-
platte 1 durchströmendes Medium befinden.
Die Klägerin wandte hierzu ein, die zitierten Textstellen in den Spalten 4 und 5
dürften nicht im Zusammenhang gelesen werden. Dies ist jedoch unzutreffend, da
die in dem allgemeinen Teil der Beschreibung (Sp 4) und im ursprünglich einge-
reichten Anspruch 5 offenbarten Angaben zu den Anbringungsstellen der An-
schlussstutzen an den Seiten der Rostplatten durch die Angaben in der Beschrei-
bung eines Ausführungsbeispiels (Sp 5) näher spezifiziert werden, was auch
durch die Darstellung in der Figur 1 deutlich zum Ausdruck kommt. Die beiden An-
schlussstutzen 6, 7 befinden sich jeweils an der Unterseite 3 und in der Nähe zu
einer der mit Abschlussblechen 4 dicht verschweißten Stirnseiten 5 des Hohlpro-
fils; die dargestellten Anschlussstutzen 6, 7 befinden sich daher jeweils auf einer
Seite der Unterseite 3 der Rostplatte 1.
Die zitierten, sich ergänzenden Angaben über die Anbringungsstellen der An-
schlussstutzen in den ursprünglichen Unterlagen bieten somit insbesondere in
Verbindung mit Figur 1 entgegen der Auffassung der Klägerin eine ausreichende
Stütze der ursprünglichen Offenbarung des Merkmals M2d.
Auch aus dem Weglassen des im ursprünglichen Anspruch 11 in Verbindung mit
der Erstreckung der Rostplatten über die gesamte Breite des Rostes aufgeführten
Merkmals "mit geneigter Breitseite" ergibt sich keine unzulässige Erweiterung.
Zum einen stellen die ursprünglich eingereichten Ansprüche nur Formulierungs-
vorschläge dar. Zum anderen ergibt sich, wie die Beklagte überzeugend vorträgt,
durch die im angegriffenen Anspruch 1 angegebenen Merkmalsgruppen M3 und
M4 zwangsläufig, dass die Rostplatten sich mit geneigter Breitseite in ihrer Längs-
richtung über die gesamte Breite des Verbrennungsrostes erstrecken. Als Bezugs-
linie für die Neigung der Rostplatten ist hierbei die parallel zur Förderrichtung aus-
gerichtete Längsrichtung des Verbrennungsrostes anzusehen, in der der Verbren-
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nungsrost selbst in unterschiedlichen Winkellagen angeordnet sein kann, und
nicht etwa grundsätzlich die Horizontale. Der Rost kann je nach Bedarf entspre-
chend der Förderrichtung horizontal, abwärts oder aufwärts geneigt ausgeführt
sein (s Sp 9 Z 20 bis 23 iVm Fig 4 der Streitpatentschrift). Das Weglassen des von
der Klägerin so bezeichneten Zwangsmerkmals "mit geneigter Breitseite" ist somit
bedeutungslos.
2. Der Verbrennungsrost nach dem Anspruch 1 des Streitpatents ist neu. Dies
wurde von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 2004 nicht
mehr bestritten.
Die flüssigkeitsgekühlten Rosthohlprofile der in den Druckschriften E1 und E2 dar-
gestellten Verbrennungsroste sind zwischen zwei in Längsrichtung des Rostes
verlaufenden, flüssigkeitsführenden Rohren jeweils feststehend angeordnet und
mit ihren Stirnseiten an diesen Rohren befestigt. Die Zu- und Abfuhr der Kühlflüs-
sigkeit erfolgt über die Stirnseiten der Rosthohlprofile. Anschlussstutzen für die
Zu- und Abfuhr der Flüssigkeit an den Unterseiten der Rosthohlprofile (entspre-
chend Merkmal M2d) sind nicht vorhanden.
Die hohlen, wassergekühlten Rostplatten der Vorrichtung nach der E3 sind schräg
übereinander und beabstandet voneinander angeordnet. Sie sind zur Regelung
der erforderlichen Luftzufuhr jalousieartig gegeneinander verstellbar und werden
zum Zwecke der Entschlackung in eine periodische Schüttelbewegung versetzt,
entsprechend dem schnellen Schließen und Öffnen einer Jalousie. Zueinander be-
wegliche Roststufen im Sinne des Streitpatents, bei dem jede Roststufe die
nächstfolgende benachbarte Roststufe überlappt und (auch während der Schub-
bewegung) auf ihr aufliegt (entsprechend Merkmalen M4a und M4b), sind damit
nicht offenbart.
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3. Der zweifelsohne gewerblich anwendbare Verbrennungsrost nach dem An-
spruch 1 des Streitpatents beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil er sich für
den Fachmann - einen Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Kennt-
nissen in der Konstruktion von Verbrennungsanlagen und Erfahrung im Betrieb
derselben - am Prioritätstag des Streitpatents nicht in naheliegender Weise aus
dem Stand der Technik ergab.
a) Der Senat geht bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in Übereinstim-
mung mit der Klägerin von der BE-PS 904 557 (E1) als dem nächstkommenden
Stand der Technik aus.
Die E1 zeigt und beschreibt einen Verbrennungsrost, der als Treppenrost mit Vor-
schubmechanismus ausgebildet ist. Bei diesem Verbrennungsrost sind unstreitig
die Merkmale M2a bis M2c sowie M3 des Anspruchs 1 des Streitpatents verwirk-
licht. Die als Roststufen fungierenden und wasserdurchströmten Rosthohlprofile 4
sind endseitig mit Kollektoren 3 verbunden, die eine Art Laufleitung für das Was-
ser bilden (s S 7, Abs 3 der Übersetzung zu E1). In weiterer teilweiser Überein-
stimmung mit der Merkmalsgruppe M2d werden daher die Rosthohlprofile von ei-
nem flüssigen Medium zu ihrer Temperierung durchströmt.
Der Vorschubmechanismus des bekannten Rostes wird dadurch gebildet, dass
über jeder der zueinander feststehenden Roststufen eine Schubplatte 21 angeord-
net ist, die eine Hin- und Herbewegung über das jeweilige Rosthohlprofil 4 aus-
führt. Hierdurch werden der auf den Roststufen liegende Brennstoff von den
Schubplatten 21 über den vorderen Rand jeder Roststufe geschoben (s S 6,
vorle Abs der Übersetzung zu E1) und die Oberflächen der Roststufen ent-
schlackt. Die Schubplatten 21 sind dabei aus Vollmaterial hergestellt. Zwischen je-
der Schubplatte und der jeweils darüber angeordneten Roststufe ist ein Freiraum
vorgesehen, durch den die für die Verbrennung erforderliche Primärluft von unten
durch den Rost zugeführt wird (s Fig 1und 3 iVm S 6, 1. vollständiger Abs in E1).
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Dagegen sind die Roststufen bei dem Verbrennungsrost nach dem Streitpatent
zueinander beweglich (Merkmal M1), wodurch der Vorschub des Brennstoffs von
flüssigkeitsgekühlten Roststufen selbst vorgenommen wird. Sie weisen Anschluss-
stutzen an der Unterseite auf (Merkmal M2d) und sie liegen jeweils auf der nächst-
folgenden benachbarten Roststufe auf (Merkmal M4b).
Zu solch einer Ausbildung des Vorschubmechanismus, bei der die Funktion der
Schubplatten des bekannten Rostes nach der E1 durch flüssigkeitsgekühlte, zu-
einander bewegliche Roststufen ersetzt werden, liefert die E1 dem Fachmann kei-
ne Anregung. Auch nicht, wie die Klägerin meint, durch den Satz im vorletzten Ab-
satz auf Seite 6 der Übersetzung zur E1: "
." Die
Klägerin lässt dabei außer acht, dass in diesem Absatz Stand der Technik be-
schrieben wird, der der E1 zugrunde lag und bei dem die Roststäbe/Stufen noch
nicht als flüssigkeitsgekühlte Hohlprofile ausgebildet waren. Die Lehre der E1 ist
es ja gerade, den Treppenrost hohl und von einem Kühlmedium durchströmt aus-
zubilden. Die gekühlten Roststufen des Treppenrostes sind dabei aber festste-
hend zwischen zwei Kollektoren angeordnet und der Vorschub des Brennstoffes
wird mittels der Schubplatten aus Vollmaterial vorgenommen, die keine Roststufen
im Sinne des Streitpatents bilden. Die Merkmale M1, M2d und M4b der Merkmals-
gliederung sind dadurch nicht nahegelegt.
b) Die DE-PS 1 526 051 (E2) beschreibt einen flüssigkeitsgekühlten Vorschubrost,
bei welchem wiederum feststehende, gekühlte Roststäbe 3 und ungekühlte Vor-
schuborgane 19 in Längsrichtung des Rostes aufeinander folgend verlegt sind,
wobei zwischen den Oberseiten der Vorschuborgane 19 und den Unterseiten der
Roststäbe 3 Luftspalten für die Primärluft belassen werden. Der Brennstoffvor-
schub erfolgt wiederum durch eine Schubbewegung der ungekühlten Vorschubor-
gane über die gekühlten Roststäbe. Nach der Lehre der E2 erstrecken sich die un-
gekühlten Vorschuborgane nicht durchgehend über die gesamte Rostbreite, son-
dern werden durch mehrere nebeneinander liegende Platten 19 gebildet, die in
Führungen 20 verschieblich gelagert sind. Mit dieser Maßnahme sollen die Nach-
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teile durchgehender Vorschuborgane, wie erschwertes Auswechseln aufgrund der
Größe und erhöhte Verformung aufgrund der großen Temperaturunterschiede,
vermieden werden. Auch die E2 legt daher die Merkmale M1, M2d und M4b des
Anspruchs 1 des Streitpatents nicht nahe.
c) Die CH-PS 56 310 (E3) beschreibt einen Treppenrost mit zum Zwecke der Re-
gelung der Luftzufuhr jalousieartig gegeneinander verstellbaren, hohlen und von
Kühlwasser durchflossenen Rostplatten 1, die die Roststufen bilden. Die um paral-
lele Achsen senkrecht zur Förderrichtung des Rostes schwenkbaren Rostplatten
weisen in der Nähe der Seiten ihrer Unterseiten Anschlussstutzen 2 für die Zu-
und Abfuhr der Kühlflüssigkeit auf, so dass das Merkmal M2d des Anspruchs 1
des Streitpatents hier verwirklicht ist. Das Brennmaterial (hier Kohle) gleitet mit der
Maßgabe der Verbrennung und je nach Neigung der Rostplatten mehr oder weni-
ger rasch (selbständig) nach unten (s S 3, li Sp, Abs 2 in E3). Zum Zwecke der
Entschlackung werden die Rostplatten in eine periodische Schüttelbewegung ver-
setzt, während der sich die Rostplatten offenbar auch kurz berühren können (s
Fig 4 in E3). Ein Verschieben einer Rostplatte über die nächstfolgende benach-
barte Rostplatte im Sinne des Streitpatents, um den Brennstoff zu fördern, ist je-
doch nicht möglich. Da der Treppenrost nach der E3 für die Verbrennung eines
Brennstoffes (Kohle) konzipiert ist, der sich entsprechend der Neigung der Rost-
platten selbständig nach unten bewegt, ist ein Vorschubmechanismus nicht erfor-
derlich und der Fachmann daher nicht veranlasst, eine Ausgestaltung im Sinne
des Merkmals 4d des Anspruchs 1 des Streitpatents vorzusehen. Der Fachmann
erhält durch die E3 allenfalls den Hinweis, durch in der Neigung verstellbare Rost-
stäbe auf eine besonders ausgebildete Vorschubeinrichtung verzichten zu können.
Die E3 führt insofern sogar weg vom Gegenstand des Streitpatents.
d) Der von der Klägerin aufgegriffene Stand der Technik liefert dem Fachmann da-
her auch in der Zusammenschau keine Anregung, die Vorschuborgane eines Ver-
brennungsrostes nach der E1 oder der E2 als flüssigkeitsgekühlte Roststufen aus-
zubilden, mit denen eine Schubbewegung ausführbar ist. Dies gilt auch bei Einbe-
ziehung der im Prüfungsverfahren und Einspruchsverfahren bekanntgewordenen
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weiteren Entgegenhaltungen, die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung (zu
Recht) nicht aufgegriffen hat. Der beanspruchte Vorschubrost nach Patentan-
spruch 1 hat somit an dem für das Streitpatent maßgeblichen Prioritätstag für den
Fachmann nicht nahegelegen.
Der Patentanspruch 1 des Streitpatents hat aus diesen Erwägungen Bestand.
3. Die angegriffenen und auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche ha-
ben ebenfalls Bestand. Sie werden vom bestandsfähigen Anspruch 1 mitgetragen.
III
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709
Satz 1 und 2 ZPO.
Dr. Landfermann
Dr. Barton
Dr. Frowein
Rauch
Pontzen
Be