Urteil des BPatG vom 07.06.2006

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
7 W (pat) 415/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 101 52 054
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hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 7. Juni 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Das Patent 101 52 054 wird widerrufen.
G r ü n d e
I.
Die Erteilung des Patents 101 52 054 mit der Bezeichnung „Verfahren und Vor-
richtung für die Herstellung metallener Flachbandleiter“ ist am 31. Juli 2003 veröf-
fentlicht worden. Am 31. Oktober 2003 ist gegen die Erteilung des Patents Ein-
spruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Be-
hauptung gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei und
dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein
Fachmann sie ausführen könne. Zum Stand der Technik hat die Einsprechende
u. a. die Druckschrift Wire Journal International, Vol. 34, Nr. 10, Oktober 2001,
Seiten 104 bis 109 genannt.
Nach einem Hinweis des Gerichts, dass die Sache zur Bearbeitung anstehe, hat
die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 26. April 2006 dem Vorbringen der Ein-
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sprechenden widersprochen. Sie vertritt die Auffassung, dass die geltend gemach-
ten Widerrufsgründe nicht vorlägen.
Die Einsprechende beantragt,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
das Patent 101 52 054 in vollem Umfang aufrechtzuerhalten und
den Einspruch als unbegründet zurückzuweisen.
Für Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze ver-
wiesen.
Der Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents lautet:
„Verfahren zur Herstellung von metallenen Flachbandleitern durch
Kaltwalz-Umformung, dadurch gekennzeichnet, dass ein runder
Draht in einem ersten Stich auf eine vorgegebene Breite und in
einem folgenden Stich auf eine vorgegebene Stärke ohne weitere
Randbearbeitung gewalzt wird und dass durch eine Regelstrecke
der Walzenabstand bei dem ersten Stich die Breite des Flach-
bandleiters und durch eine Regelstrecke der Walzenabstand bei
dem zweiten Stich die Stärke des Flachbandleiters bestimmend
nachgeführt wird.“
Laut Beschreibung (Sp. 2 Z. 6 bis 11) soll die Aufgabe gelöst werden, ein Verfah-
ren und eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, die vergleichsweise preiswert
und gegenüber bekannten Flachdraht-Walzanlagen auf deutlich vereinfachten
Vorrichtungen die Herstellung von maßgenauen Flachbandleitern erlauben.
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Die Patentansprüche 2 bis 11 sind auf Merkmale gerichtet, mit denen das Verfah-
ren nach Patentanspruch 1 weiter ausgebildet werden soll. Die Ansprüche 12 bis
16 betreffen eine Vorrichtung für die Herstellung eines Flachbandleiters durch
Kaltwalzen und deren Weiterbildung.
II.
1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Absatz 3 Satz 1 Ziffer 1 Patentgesetz
durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.
2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig.
3. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt keine patentfähige Erfin-
dung im Sinne des Patentgesetzes § 1 bis § 5 dar.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist nicht patentfähig, denn er beruht nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit.
In der Druckschrift „Wire Journal International“, a. a. O., ist ein Verfahren zur
Regelung der Breite von durch Walzen aus Runddraht hergestellten Flachpro-
dukten beschrieben. Dass es sich bei dem Ausgangsmaterial um runden Draht
handelt, ergibt sich insbesondere aus Seite 105 linke Spalte Absatz 2 und mittlere
Spalte Absatz 1. Von einer Erwärmung oder hohen Temperatur des Ausgangs-
materials ist in der Druckschrift keine Rede. Der Fachmann wird daher unterstel-
len, dass es sich um eine Kaltwalz-Umformung handelt. Als Fachmann ist hier ein
Ingenieur des Maschinenbaus oder des Hüttenwesens mit Erfahrungen auf dem
Gebiet des Walzens von Profilen anzusehen.
In der Druckschrift ist ausgeführt, dass die Breite des Endprodukts nicht mit dem
letzten Walzgerüst eingestellt werden könne, da dieses zur Erzielung der Stärke
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des Walzprodukts benötigt werde (S. 104 mi. Sp. Abs. 2 und re. Sp.). In der
Druckschrift ist als Ergebnis der an einer dreigerüstigen Umformvorrichtung durch-
geführten Untersuchungen ausgeführt, dass ein signifikanter Zusammenhang
zwischen der Dickenreduktion im zweitletzten Walzgerüst und der Breite des End-
produkts besteht und dass die Breite des Endprodukts über eine Verstellung des
Walzenabstands am vorletzten Walzgerüst geregelt werden kann (S. 105 li. Sp.
le. Abs. und mi. Sp. Abs. 2; Fig. 13 und zugehöriger Text).
In der Druckschrift ist zwar nicht explizit angegeben, dass die Stärke des Endpro-
dukts über den Walzenabstand des letzten Gerüsts geregelt wird. Dies liegt für
den Fachmann aufgrund der Angabe, dass die Enddicke durch das letzte Walzge-
rüst bestimmt wird (S. 104 mi. Sp. und re. Sp.), aber unmittelbar auf der Hand.
Die in der Entgegenhaltung mitgeteilten Ergebnisse beziehen sich auf eine Um-
formvorrichtung mit drei Walzgerüsten. Die Anwendung des vorgestellten Verfah-
rens der Regelung der Breite des Endprodukts über den Walzenabstand des
zweitletzten Walzgerüstes und der Bestimmung der Stärke des Endproduktes über
den Walzenabstand des letzten Walzgerüsts in einem zweistufigen Prozess ist
aber als für den Fachmann nahe liegend anzusehen, da aus der Entgegenhaltung
zu entnehmen ist, dass der Einfluss des ersten Walzgerüstes einer dreistufigen
Umformvorrichtung auf das Umformverfahren und insbesondere auf die Regelung
der Abmessungen des Endprodukts vernachlässigbar ist.
Somit ergibt sich das Verfahren nach Patentanspruch 1 des angefochtenen Pa-
tents für den Fachmann in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.
Da im Einspruchsverfahren nur einheitlich im Rahmen der vorliegenden Anträge
entschieden werden kann, ist das Patent bei fehlender Patentfähigkeit des Gegen-
stands des Patentanspruchs 1 insgesamt zu widerrufen.
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Im Übrigen sieht der Senat auch in der Vorrichtung nach Patentanspruch 12 im
Hinblick auf den Stand der Technik gemäß der oben genannten Entgegenhaltung
keine patentfähige Erfindung.
gez.
Unterschriften