Urteil des BPatG vom 18.11.2002

BPatG: gärtner, unterscheidungskraft, verkehr, düngemittel, markenregister, erde, fremdsprache, werbung, patent, unternehmen

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 40/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 57 252.6
hat der 32.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
30. März 2004 durch die Vorsitzende Richterin Winkler, Richter Sekretaruk und
Richter Kruppa
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beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent-
und Markenamtes – Markenstelle für Klasse 30 – vom 18. Novem-
ber 2002 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung teilweise zu-
rückgewiesen worden ist.
G r ü n d e
I
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister für die Waren
Klasse 1: Chemische Erzeugnisse für land-, garten- und forst-
wirtschaftliche und gewerbliche Zwecke; Düngemittel;
Erde, Torf und Rindenmulch (soweit in Klasse 1 ent-
halten); Streusalze und Granulate (soweit in Klasse 1
enthalten)
Klasse 5: Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; hunde-
und katzenabstoßende Mittel; Fungizide; Herbizide
Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall)
Klasse 20: Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Horn und
Hornspänen, Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weise, Kno-
chen, Elfenbein, Fischbein, Schildplatt, Bernstein,
Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder
aus Kunststoffen; Möbel, Spiegel, Rahmen;
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Klasse 30: Mehle und Getreidepräparate; Kaffee, Tee, Kakao,
Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel;
Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis;
Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf;
Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis
Klasse 31: Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse,
sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten;
Sämereien und lebende Pflanzen und natürliche Blu-
men; Futtermittel
ist die Wort-/Bildmarke
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung durch Beschluss vom 18. November 2002 nach vorangegangener Be-
anstandung teilweise, nämlich für die Waren
Chemische Erzeugnisse für land-, garten- und forstwirtschaftliche
und gewerbliche Zwecke; Düngemittel; Erde, Torf und Rinden-
mulch (soweit in Klasse 1 enthalten); Mittel zur Vertilgung von
schädlichen Tieren; hunde- und katzenabstoßende Mittel; Fungizi-
de; Herbizide; Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse,
sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; Sämereien
und lebende Pflanzen und natürliche Blumen
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zurückgewiesen. Es fehle insoweit die erforderliche Unterscheidungskraft. Die an-
gemeldete Marke sei die sprachregelgerechte und auch im Deutschen verwendete
Genitivform des Wortes "Gärtner". Sie beschreibe die zurückgewiesenen Waren
lediglich nach der Art und Bestimmung. Es handele sich um Waren, die typischer-
weise im Garten und in Gärtnereien zum Einsatz kommen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Bei der
angemeldeten Marke handele es sich nicht um ein gebräuchliches Wort der deut-
schen oder einer bekannten Fremdsprache, das von den angesprochenen Ver-
kehrskreisen als beschreibend verstanden werde. In erster Linie handele es sich
um einen Eigennamen, der als Produktkennzeichen verwendet und von den betei-
ligten Verkehrskreisen auch so verstanden werde. In Deutschland sei "Gärtner"
ein weitverbreiteter Familienname, durch das " 's " werde der Eindruck, dass es
sich um einen Eigennamen handele, noch verstärkt.
II
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Mar-
kenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungs-
kraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Produktmerkmalsbezeichnung im
Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
1.
Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder
Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen
aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der
gekennzeichneten Waren zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterschei-
dungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann
einer Marke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreiben-
der Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein
gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom
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Verkehr – auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets
nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es
keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseig-
nung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH,
BlPMZ 2002, 85 – Individuelle).
Die in Frage stehenden Waren richten sich an die allgemeinen deutschen Ver-
kehrskreise, nämlich an Abnehmer von gartenwirtschaftlichen Erzeugnissen. Es
gibt keinen Anhaltspunkt, dass diese "Gärtner's" im Hinblick auf die zurückgewie-
senen Waren als eine im Vordergrund stehende Sachangabe ansehen, denn es
handelt sich bei dem Begriff "Gärtner's" nicht um die im Deutschen sprachregelge-
rechte Verwendung der Genitivform der Berufsbezeichnung "Gärtner", da die rich-
tige Genitivform dieses Wortes "Gärtners" ist.
Die angelsächsische Genitivform "Gärtner's" wird von den angesprochenen Ver-
kehrskreisen nicht zwangsläufig im Sinne der von der Markenstelle angenomme-
nen Bedeutung (Erzeugnisse eines Gärtners, die dieser benutzt oder verkauft)
verstanden, denn im Deutschen hat sich der angelsächsische Genitiv nur bei Na-
men durchgesetzt. Die von der Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung aufge-
führten und auch in Deutschland bekannten Beispiele ("Mc Donald's", Wendy's,
Hardy's) belegen, dass die Schreibweise der angemeldeten Marke als Unterschei-
dungsmittel der betrieblichen Herkunft der beanspruchten Waren verstanden wer-
den kann. Bei der Eingabe des Begriffs "Gärtner's" in übliche Suchmaschinen des
Internets (AOL Suche mit Google am 13. Februar 2004) konnte nicht festgestellt
werden, dass die Schreibeweise "Gärtner's" als Synonym für "Gärtners" verwen-
det wird. Vielmehr wird die Schreibweise "Gärtner's" als Hinweis auf den Eigenna-
men "Gärtner" verwandt (z. B. "Andreas Gärtner's Schornsteinfegerseite", "Rose-
marie's Gärtner's Gästebuch"). Bei dieser Sachlage kann nicht festgestellt werden,
dass der Verkehr die angemeldete Marke stets nur als bloße Berufsbezeichnung
und nicht als namentliches Unterscheidungsmittel versteht.
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2.
ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur
Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der bean-
spruchten Waren dienen können. Wie oben dargelegt, konnte nicht festgestellt
werden, dass die Schreibweise "Gärtner's" gegenwärtig als Synonym für "Gärt-
ners" als Merkmalsbezeichnung für die beanspruchten Waren dient. Verlässliche
Anhaltspunkte dafür, dass künftig der angelsächsische Genitiv im Deutschen nicht
nur für Namen, sondern auch für Begriffe, insbesondere Berufsbezeichnungen,
wie z. B. Gärtner, gebräuchlich werden, waren nicht ermittelbar.
Winkler Sekretaruk Kruppa