Urteil des BPatG vom 13.03.2017

BPatG (beschreibende angabe, expertise, bezeichnung, eugh, vermietung, angabe, public relations, zeichen, betrieb, marke)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 35/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 305 49 684.0
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 17. September 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Vogel von Falckenstein, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb
beschlossen:
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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I .
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung
vital.expertise
für die Waren und Dienstleistungen
„Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwa-
ren; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmit-
tel (ausgenommen Apparate);
Werbung; Aktualisierung und Vermietung von Werbematerial; Auf-
stellung von Kosten-Preis-Analysen; Organisation und Veranstal-
tung von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Wer-
bezwecke; Fernsehwerbung; Herausgabe von Werbetexten; Mar-
keting (Absatzforschung); Marktforschung; Meinungsforschung;
Online Werbung in einem Computernetzwerk; Plakatanschlag-
werbung; Rundfunkwerbung; Schaufensterdekoration; Verkaufs-
förderung (Sales promotion); Vermietung von Werbeflächen; Ver-
mietung von Werbezeit in Kommunikations-Medien; Vermittlung
von Zeitungsabonnements für Dritte; Versandwerbung; Verteilung
von Werbematerial (Flugblätter; Prospekte, Drucksachen, Waren-
proben); Vorführung von Waren für Werbezwecke; Dienstleistun-
gen einer Werbeagentur; Verbreitung von Werbeanzeigen; Wer-
bung durch Werbeschriften; Geschäftsführung; Auskünfte, Ermitt-
lungen, Information, Nachforschungen, Werteermittlung, Beratung
und Organisationsberatung in Handels- und Geschäftsangelegen-
heiten; Beratung in Fragen der Geschäftsführung, der Organisa-
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tion und Führung von Unternehmen; Personalmanagement-Be-
ratung; Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung; Hilfe
bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben;
Unternehmensverwaltung; Personalauswertung; Personalauswahl
mit Hilfe von psychologischen Eignungstests; Beschaffungs-
dienstleistungen für Dritte (Erwerbung von Waren- und Dienst-
leistungen für andere Unternehmen); Dateienverwaltung mittels
Computer; Zusammenstellen und Systematisierung von Daten in
Computerdatenbanken;
Erstellung
von
Geschäftsgutachten;
Betrieb einer Im- und Exportagentur, Öffentlichkeitsarbeit (Public
Relations); Erstellung von Wirtschaftsprognosen; Vermittlung von
Zeitungsabonnements; Büroarbeiten; Sammeln und Zusammen-
stellen von themenbezogenen Presseartikeln; Herausgabe von
Statistiken; Telefonantwortdienst für abwesende Teilnehmer;
Durchführung von Transkriptionen; Vervielfältigung von Doku-
menten;
Erziehung auf Akademien; Ausbildungs-, Berufs-, Fortbildungs-
und Erziehungsberatung; Organisation, Veranstaltung und Leitung
von Ausstellungen, Kolloquien, Konferenzen, Kongressen, Semi-
naren, Symposien und Workshops für kulturelle oder Unterrichts-
zwecke; Kurberatung; Fernkurse, Fernunterricht; Durchführung
von pädagogischen Prüfungen; Demonstrationsunterricht in prak-
tischen Übungen; Veranstaltung von Wettbewerben (Erziehung
und Unterhaltung); Betrieb von Sportanlagen; Betrieb von Ferien-
und Sportcamps; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung;
Betrieb von Gesundheits-Klubs; Vermietung von Sportausrüstun-
gen, ausgenommen Fahrzeuge; Veranstaltung sportlicher Wett-
kämpfe; Produktion von Shows; Filmproduktion in Studios; Erstel-
len von Bildreportagen; digitaler Bilderdienst; Zusammenstellung
von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Fotografieren; Mikrover-
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filmung; Montage (Bearbeitung) von Videobändern, CD's und
DVD's; Betrieb von Tonstudios; Synchronisation; Vermietung von
Tonaufnahmen; Vermietung von Kinofilmen (Filmverleih); Video-
filmproduktion; Videoverleih (Bänder, Kassetten, DVD's); Bereit-
stellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar);
Veröffentlichung und Verleih von Büchern; Erstellen von Unterti-
teln; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); On-
line-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften;
Herausgabe von Werbetexten; Anfertigung von Übersetzungen;
Verfassen von Drehbüchern;
Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und dies-
bezügliche Designerdienstleistungen; Dienstleistungen eines Ar-
chitekten, Industrie- und Verpackungsdesigners, Ingenieurs, Gra-
fikers, Innenarchitekts, Styling (industrielles Design); Eichen (Ka-
librieren); Konstruktionsplanung; technische Projektplanungen;
Bauberatung; Forschungsarbeiten sowie industrielle Analyse- und
Forschungsdienstleistungen; Entwicklungsdienste bzgl. neuer Pro-
dukte; Erstellen von technischen Gutachten; Qualitätsprüfung;
biologische Forschung sowie Forschungen auf dem Gebiet der
Bakteriologie, der Kosmetik und der Technik; Entwurf und Ent-
wicklung von Computerhardware und -software; Computerbera-
tung; Erstellen, Installieren und Kopieren von Computerprogram-
men; Aktualisierung, Design und Vermietung von Computer-Soft-
ware; Computersystemanalysen; Computersystem-Design; Ver-
mietung von Datenverarbeitungsgeräten; Design von Compu-
tersystemen; Gestaltung und Unterhalt von Websites; Konvertie-
ren von Computerprogrammen und Daten; Konvertieren von Da-
ten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien;
Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung von
Websites für Dritte; Wiederherstellung von Computerdaten;
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Rechtsberatung und -vertretung; Recherchendienste bzgl. neuer
Produkte für Dritte; Beratung und Lizenzvergabe von Schutzrech-
ten; Dienstleistungen in Prozessangelegenheiten; Nachforschun-
gen in Rechtsangelegenheiten;
Medizinische Dienstleistungen; Dienstleistungen eines Arztes,
Zahnarztes und Psychologen; Dienstleistungen von Kliniken, Poli-
kliniken, Ambulanzen, Krankenhäusern, Sanatorien und Gene-
sungsheimen; Krankenpflegedienste; Beratungen in der Pharma-
zie; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen; Aroma-
therapie; Betrieb von öffentlichen Bädern für Zwecke der Körper-
hygiene, Dienstleistungen von Erholungsheimen; physiotherapeu-
tische Behandlungen; Dienstleistungen von Schönheitssalons.“
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begrün-
dung hat sie ausgeführt, es handle sich bei der angemeldeten Bezeichnung um
eine Zusammenstellung aus zwei allgemein verbreiteten und bekannten Begriffen
der deutschen Sprache, die sich nahtlos in eine unendlich lange Reihe völlig ana-
log gebildeter bereits existierender Gesamtbegriffe einreihe. Der Verkehr werde
darin einen sachbezogenen Hinweis darauf erblicken, dass es sich um Waren
handle, die mit einem Expertengutachten bezüglich der Vitalität zu tun haben bzw.
dass Vitalexpertisen Gegenstand der Dienstleistungen sind.
Die Anmelderin hat hiergegen Beschwerde eingelegt und ausgeführt, der Zurück-
weisungsbeschluss der Markenstelle sei nicht hinsichtlich aller Waren und
Dienstleistungen begründet; so ergebe sich hinsichtlich der in den Klassen 16, 35
und 41 beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine beschreibende Angabe,
in Klasse 42 sei bei den Dienstleistungen „Eichen, Bauberatung, Qualitätsprüfung“
kein inhaltlicher Zusammenhang mit einem „Expertengutachten bzgl. der Vitalität“
erkennbar. Aber auch für Dienstleistungen, mit denen die Bedeutung „Experten-
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gutachten“ lose in Verbindung gebracht werden könne, bestehe kein Schutzhin-
dernis. Der Bestandteil „Vital“ habe mehrere Bedeutungen, so dass auch die
Kombination „vital.expertise“ keinen eindeutigen Sinngehalt aufweise. Durch die
Anordnung des Punktes zwischen den beiden Markenbestandteilen ergebe sich
eine deutliche Abwandlung des diffusen und mehrdeutigen Begriffs „Vitalexper-
tise“. Der angemeldeten Bezeichnung fehle daher nicht jegliche Unterscheidungs-
kraft.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine für
den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2
Nr. 2 MarkenG ist.
Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr
u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger
Merkmale der Waren dienen können.
Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr be-
schreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre
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Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den
angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Not-
wendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der
Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen
Publikums vor allem als Folge des gemeinsamen europäischen Markts nicht zu
gering veranschlagt werden darf (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 26)
- Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE,
GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - Test it; Ströbele/Hacker, MarkenG,
9. Aufl., § 8 Rdn. 326, 327 m. w. N.).
Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandtei-
len zusammensetzt, von deren Inhalt jeder Merkmale der beanspruchten Waren
beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im
Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied
zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des Inhalts seiner Bestandteile
besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Be-
standteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntak-
tischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus be-
schreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413
- BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor).
Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann
von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen
Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen
bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 - DOUBLEMINT). Dabei spielt es
keine Rolle, ob es Bezeichnungsalternativen, nämlich Synonyme oder gebräuchli-
chere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht
erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeich-
nungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH a. a. O. S. 410, 412 - BIO-
MILD; EuGH a. a. O. S. 500, 507 - Postkantoor).
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Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die
Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreiben-
den Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufge-
führten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck
„dienen können“.
Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Begriffskombination „vi-
tal.expertise“ vor. Die Wortmarke „vital.expertise“ stellt eine Zusammensetzung
aus zwei englischen Wörtern dar, die gleichlautend auch in der deutschen Spra-
che existieren. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken
ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, soweit die Be-
urteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Ge-
samtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2;
GRUR 2006, 229, 230 - BioID). Der Bestandteil „vital“ hat neben seiner Bedeutung
„lebendig“ im Deutschen die weiteren Bedeutungen „entscheidend, grundlegend,
lebensnotwendig, lebenswichtig, unerlässlich, wesentlich, zentral“, der Bestandteil
„expertise“ bedeutet neben „Gutachten“ im Deutschen auch „Fachkenntnisse,
Können, Expertenwissen, Fachkompetenz“ (vgl. Duden-Oxford-Großwörterbuch
Englisch 3. Aufl. Mannheim 2005 (CD-ROM); LEO-Online Lexikon der TU Mün-
chen unter dict.leo.org; PONS Großwörterbuch für Experten und Universität,
1. Aufl. 2001).
Der Bestandteil „vital“ wird in den obengenannten Bedeutungen in englischen Zu-
sammensetzungen verwendet wie z. B. in „vital interests“ (lebenswichtige Interes-
sen) oder „vital parts“ (unerlässliche Bestandteile); der Bestandteil „expertise“ wird
in der Bedeutung „Fachwissen“ auch in Zusammensetzungen mit einem erläu-
ternden Adjektiv verwendet wie z. B. in „analytic expertise“ (Sachverstand), „ban-
king expertise“ (Bankfachwissen), „legal expertise“ (juristischer Sachverstand)
oder „technical expertise“ (technische Erkenntnisse) (vgl. LEO - Online Wörter-
buch der TU München). Die englische Zusammensetzung „vital expertise“ ist im
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Deutschen daher ungeachtet der von der Markenstelle angenommenen weiteren
Bedeutung „Vitalitätsgutachten“ vor allem in der allgemeinen Bedeutung „grundle-
gendes Expertenwissen, zentrale Fachkompetenz“ zu verstehen.
Die aus beschreibenden Bestandteilen sprachüblich zusammengesetzte Wortfolge
„vital.expertise“ in ihrer Gesamtheit enthält damit keinen Aussagegehalt, der über
die Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht (vgl. EuGH GRUR 2006,
229, Rn. 29 - BioID).
In diesem Sinne wird der inländische Verkehr die angemeldete Marke ohne weite-
res verstehen. Der Verkehr ist in der Werbesprache und insbesondere in den hier
maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsbereichen an neue und auch schlag-
wortartige Wortkombinationen - gerade in englischer Sprache - gewöhnt, weshalb
sich ihm der Sinngehalt von „vital.expertise“ ohne weiteres erschließen wird.
Es liegt für die fachlich informierten Verkehrskreise in Bezug auf sämtliche bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen daher nahe, die angemeldete Bezeichnung
„vital.expertise“ als „grundlegendes Expertenwissen, zentrale Fachkompetenz“ zu
verstehen. In Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren ergibt die ange-
meldete Bezeichnung „vital.expertise“ die zur Beschreibung geeignete, nahelie-
gende Sachaussage, dass es sich nach Art und Beschaffenheit um Waren han-
delt, die entweder mit großer Fachkompetenz hergestellt sind, zur Erlangung oder
Sicherung einer solchen bestimmt sind oder sich inhaltlich damit beschäftigen. Die
beanspruchten Dienstleistungen können sich sämtlich in naheliegender Weise
hierauf beziehen, werden mit grundlegendem Expertenwissen erbracht bzw. die-
nen zur Erlangung eines solchen oder beschäftigen sich inhaltlich damit.
Entgegen der Ansicht der Anmelderin steht diese Bedeutung - neben der von der
Markenstelle angenommenen - in Bezug auf die beanspruchten Waren und
Dienstleistungen deutlich im Vordergrund. Auch mögliche Bedeutungsvarianten
der Einzelbestandteile führen nicht zur Schutzfähigkeit, da es nicht erforderlich ist,
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dass der Verkehr die angemeldete Bezeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten
als Sachangabe versteht (vgl. EuGH a. a. O. - DOUBLEMINT; a. a. O. - BIO-
MILD). Eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für die Waren und
Dienstleistungen setzt insbesondere nicht voraus, dass die Bezeichnung feste
begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt
herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden
Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeu-
tungen hat, sein Inhalt vage ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Wa-
ren oder Dienstleistungen beschreibt (vgl. BGH GRUR 2008, 900 - 903 - SPA II).
Auch steht nicht jede begriffliche Unbestimmtheit der Annahme einer beschrei-
benden Sachangabe entgegen. So können auch relativ allgemeine Angaben als
verbraucherorientierte Sachinformationen in Betracht kommen, insbesondere,
wenn sie allgemeine Sachverhalte beschreiben sollen. Vor allem bei Oberbegriffen
oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar
unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder
dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (vgl.
BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Dies ist hier der Fall, da „vital.expertise“
alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen in werblich anpreisender Form
beschreibt.
Entgegen der Ansicht der Anmelderin kann auch die konkrete Ausgestaltung der
Zusammensetzung „vital.expertise“ durch die mittige Anordnung des Punktes
keine Schutzfähigkeit begründen. Die grafische Ausgestaltung bewegt sich im
Rahmen des Werbeüblichen und vermag daher das Freihaltebedürfnis nicht aus-
zuräumen. Ein schutzbegründender „Überschuss“ kann zwar insbesondere durch
eine besondere bildliche oder grafische Ausgestaltung schutzunfähiger Wortbe-
standteile erreicht werden. An diesen erforderlichen „Überschuss“ sind aber um so
größere Anforderungen zu stellen, je beschreibender die fragliche Angabe ist. In
jedem Fall muss eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile
aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke
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eintreten, die von dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher auch ohne analy-
sierende Betrachtungsweise ohne Weiteres festgestellt werden kann. So vermö-
gen einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die
der Verkehr gewöhnt ist, den beschreibenden Charakter einer Angabe in der Re-
gel nicht zu beseitigen. Im vorliegenden Fall lässt die Untergliederung durch einen
Punkt als gebräuchliches grafisches Element den Charakter der beschreibenden
Angabe und deren Sachaussage unberührt. Der Punkt verdeutlicht allenfalls, dass
der Begriff aus einer Aneinanderreihung zweier Bestandteile besteht (vgl. BPatG
29 W (pat) 159/01 - info.portal; 32 W (pat) 85/06 - in Stuttgart in PAVIS PROMA -
(CD-ROM); Ströbele/Hacker MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 126, 127).
Selbst wenn der Begriff „vital.expertise“ auf eine Wortschöpfung durch die Anmel-
derin zurückzuführen wäre, so ist er doch sprachüblich gebildet, ohne weiteres
verständlich und deshalb zur Beschreibung der Waren und Dienstleistungen ge-
eignet, so dass seine freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss (vgl.
BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS). Die Angabe eines Ausstattungsmerk-
mals der beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit „vital.expertise“ ist eine
wichtige Sachinformation, die auch unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Bedeu-
tung und davon, ob möglicherweise andere Angaben zur Bezeichnung dieser
Merkmale gebräuchlich sind, den Mitbewerbern zur Beschreibung ihrer Waren zur
Verfügung stehen muss (vgl. EuGH a. a. O. - Postkantoor).
Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vor-
dergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der dar-
aus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht
hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschrie-
bene Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten be-
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schreibenden Bezeichnung dienen kann. Markenschutz kann hierfür nicht gewährt
werden.
Dr. Vogel von Falckenstein
Paetzold
Hartlieb
Cl