Urteil des BPatG vom 18.06.2009

BPatG: beschreibende angabe, unterscheidungskraft, papier, forstwirtschaft, vertretung, rechtsberatung, packung, vogel, eugh, dvd

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 8/06
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 57 293.4
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 18. Juni 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Dr. Vogel von
Falckenstein, der Richterin Hartlieb und des Richters Paetzold
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss insoweit aufgehoben, als
die Anmeldung auch für folgende Waren und Dienstleistungen
zurückgewiesen wurde: "Papier, Pappe (Karton), Künstlerbedarfs-
artikel, Pinsel, Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen
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Möbel), Rechtsberatung und -vertretung, Dienstleistungen im Be-
reich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft".
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke
Gesundheitsbox
für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 41,
42 und 44
"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit
in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel;
Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreib-
waren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel;
Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr-
und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsma-
terial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern;
Druckstöcke; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und
kulturelle Aktivitäten; Veranstaltung von Seminaren; Informations-
veranstaltungen; Wissenschaftliche und technologische Dienstleis-
tungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designer-
dienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware
und -software; Rechtsberatung und -vertretung; Medizinische und
veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schön-
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heitspflege für Menschen und Tiere; Dienstleistungen im Bereich
der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft".
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung zunächst mit Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes vom
19. April 2005 vollständig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen mit der
Begründung, die Wortfolge bestehe lediglich aus einer allgemeinverständlichen
Gesamtaussage "Gesundheits-Mailbox, -Dialogbox", die für alle beanspruchten
Waren und Dienstleistungen eine ohne weiteres erkennbare, inhaltlich-themati-
sche Sachaussage enthalte. Einer solchen Bezeichnung fehle die Unterschei-
dungskraft.
Aufgrund der eingelegten Erinnerung hat die Markenstelle durch Beschluss vom
4. Oktober 2005 die Versagung für die Waren "Buchbinderartikel; Photographien;
Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke;
Drucklettern; Druckstöcke" aufgehoben und die Zurückweisung im übrigen auf die
Versagungsgründe der mangelnden Unterscheidungskraft bzw. einer beschreiben-
den Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG gestützt. Zu Begründung ist
ausgeführt, dass die beschreibende Verwendung der Wortkombination sich entwe-
der auf den Themenkreis der Waren und Dienstleistungen beziehen könne oder
aber auf den Verwendungszweck oder ein Merkmal, etwa auf einen Verpackungs-
karton.
Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt; eine Be-
gründung, für welche sich die Anmelderin eine Frist von zwei Monaten erbeten
hatte, ist nicht zu den Akten gelangt.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle vom 24. April 2006 aufzuheben
und die angemeldete Marke einzutragen.
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Der Senat hat der Anmelderin in einem Zwischenbescheid Internet-Fundstellen
zum Wort "Gesundheitsbox" mit der Gelegenheit zu Stellungnahme zugesandt,
von der die Anmelderin keinen Gebrauch gemacht hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nur zum Teil begründet, nämlich hinsichtlich der
Waren und Dienstleistungen "Papier, Pappe, Künstlerbedarfsartikel, Pinsel,
Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel), Rechtsberatung und
-vertretung, Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft".
Im übrigen steht der Eintragung der angemeldeten Marke zumindest das Schutz-
hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ent-
gegen. Dies hat die Markenstelle zutreffend und ausführlich in ihren Beschlüssen
dargelegt.
Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, vom maßgeblichen Publikum, d. h. dem nor-
mal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der
in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen, als Unterscheidungsmittel für
die betreffenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber
solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion
einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2003, 227, 232 f.
(Nr. 61, 62) "Orange"; GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) "Henkel"; GRUR 2004,
943, 944 (Nr. 23, 24) "SAT.2"; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 17) "FUSSBALL
WM 2006"; BGH WRP 2008, 1428 - Marlene Dietrich-Bildnis).
Wortmarken besitzen nach der Rechtsprechung insbesondere dann keine Unter-
scheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fragli-
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chen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden
beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86)
"Postkantoor"; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2001, 1153
"antiKALK"; GRUR 2005, 417, 418 "BerlinCard") oder eine bloße Anpreisung oder
Werbeaussage allgemeiner Art (vgl. BGH GRUR 2001, 735, 736 "Test it."; GRUR
2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft") zuordnen.
So werden die betroffenen Verkehrskreise einem Zeichen, das ihnen nicht auf
Anhieb einen für ihren Erwerbswunsch relevante Herkunfts- und/oder Bestim-
mungsangabe, sondern ausschließlich eine abstrakte Werbeaussage vermittelt,
nur wenig Aufmerksamkeit entgegenbringen und sich weder damit aufhalten, den
verschiedenen denkbaren Funktionen des Ausdrucks nachzugehen, noch sich
diesen als Marke einzuprägen (vgl. EuG GRUR Int. 2008, 853 f. Rz. 22 - Sub-
stance for Success).
Als einen derartigen Sachbegriff, dem die angesprochenen Verkehrskreise ledig-
lich eine im Vordergrund stehende werblich anpreisende Aussage, nicht jedoch
die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises entnehmen werden, hat die
Markenstelle die angemeldete Wortfolge zu Recht bewertet, allerdings nur soweit
nicht die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen betroffen sind. Auf die
Ausführungen in den angefochtenen Beschlüssen kann insoweit Bezug genom-
men werden, zumal die Anmelderin keine Begründung eingereicht hat, inwiefern
sie die Beschlüsse für angreifbar hält. Zusätzlich wird auf die Rechercheunterla-
gen verweisen, die der Senat der Anmelderin übersandt hat und aus denen sich
die beschreibende Verwendung des Markenwortes ergibt. So wird eine DVD-
Packung unter der Bezeichnung "Die große Yoga Gesundheitsbox" angeboten
(vgl.
Unter der Bezeichnung "Gesundheitsbox Massage" findet man eine Packung mit
einem wie folgt beschriebenen Buch: "Das Buch bietet Ihnen Anleitungen für ver-
schiedenen Massagetechniken und Massagebereiche. Mit Massageroller, 3 Mas-
sageölen, einem Trägeröl und zwei Duftkerzen" (vgl.
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dukt). Des weiteren ist unter dem Namen "LR Aloe Vera Gesundheits Box" eine
Packung mit drei Aloe Vera Produkten erhältlich (vgl. Aloe Vera
Gesundheits Box 22292.html). Schließlich gibt es eine "Gesundheits-Box Ätheri-
sche Öle"; das darin enthaltene "Buch erläutert, wie Sie ätherische Öle für Ihre
Gesundheit nutzen. Mit Hilfe der mitgelieferten Öllampe, den mitgelieferten Ölen
und Duftkegeln können Sie die wohltuende Wirkung der ätherische Öle direkt
genießen" (vgl. Im übrigen verwendet
die Anmelderin das Wort selbst beschreibend, wenn sie auf der eigenen Home-
page damit ihren transportablen Informationspavillon als "weltgrößte, begehbare
Arzneimittelpackung" bezeichnet und ausführt: "Gesundheitsbox startet Deutsch-
landtour 2005 … Beim Eintritt in die Gesundheitsbox fällt der Blick sofort auf die
zentrale Botschaft: Gesundheitsvorsorge als Chance!" (vglio-
pharm.com/de/de/dep/gesundheitsbox/). Dort wird auch eine Mini-Gesundheitsbox
angeboten: "Die Mini-Gesundheitsbox steckt voller Ideen für gesunde Ernährung,
Sport und Entspannung - so schaffen Sie den Start in ein gesundheitsbewusstes
Leben!".
Die Marke erschöpft sich also insoweit ausschließlich in einer Bezeichnung, die in
sprachüblicher Weise auf das fraglichen Waren- und Dienstleistungsspektrum hin-
weist. Der Verkehr wird dies ohne weitere Überlegungen erkennen und die Wort-
kombination nur in diesem Sinne und damit als beschreibenden Sachhinweis,
nicht aber als betriebliches Herkunftszeichen im Sinne des Markenrechts verste-
hen.
Da der angemeldeten Marke somit bereits die erforderliche Unterscheidungskraft
i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, kann die Frage, ob an ihrer
freien Verwendung auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG besteht, dahinstehen, obwohl angesichts des klaren Aussagege-
haltes der Marke zumindest für einige der beanspruchten Waren und Dienstleis-
tungen dies nahe liegt.
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Hingegen liegen entgegen der Auffassung der Markenstelle keine Versagungs-
gründe hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen "Papier, Künstlerbedarfsarti-
kel, Pinsel, Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel), Rechtsbe-
ratung und -vertretung, Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- und Forst-
wirtschaft" vor. Insofern ist keinerlei Zusammenhang zwischen den Waren bzw.
Dienstleistungen und dem Bedeutungsgehalt der Marke erkennbar. Die angespro-
chenen Verkehrskreise werden kaum annehmen können, dass die Schreibwaren
und Büroartikel eigens für eine Gesundheitsbox bestimmt oder geeignet sind oder
irgendwelchen Einfluss auf eine Gesundheitsbox haben werden. Die Markenstelle
hat auch die Zurückweisung dieser Waren nicht näher begründet. Auch bei den im
Tenor genannten Dienstleistungen kann der Senat der Begründung der Marken-
stelle nicht folgen, es liege insoweit eine beschreibende Angabe vor. Auch wenn
die Rechtsberatung und -vertretung sich auf spezielle Rechtsgebiete beschränkt,
lässt sich kein konkreter Sachzusammenhang erkennen. Selbst der von der Mar-
kenstelle angenommene Sinngehalt des Markenwortes als "Gesundheits-Mailbox",
der ohnehin mehrere Gedankenschritte verlangt, beschreibt keinen wesentlichen
Umstand der beanspruchten Dienstleistungen; dasselbe gilt für die "Dienstleistun-
gen im Bereich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft".
Die Beschwerde hatte daher nur in dem im Tenor genannten Umfang Erfolg.
Dr. Vogel von Falckenstein
Hartlieb
Paetzold
Hu