Urteil des BPatG vom 08.11.2004

BPatG (marke, verwechslungsgefahr, zink, inhaber, beurteilung, beschwerde, aufmerksamkeit, test, verkehr, grad)

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 106/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die angegriffene Marke 397 42 016
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hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 8. November 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Buchetmann und der Richterinnen Winter und Hartlieb
beschlossen:
Die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird zu-
rückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Zinkotec
Markenregister eingetragen worden. Sie ist nach Teillöschung bestimmt für "Arz-
neimittel, Diätetika für für medizinische Zwecke, ausgenommen Diagnostika". Die
Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 28. Februar 1998.
Widerspruch erhoben hat ua am 20. Mai 1998 die Inhaberin der Marke 396 09 390
ZINKOTEST
terinärmedizinische Erzeugnisse, Diagnostika für medizinische Zwecke".
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf-
grund dieses Widerspruchs wegen der Gefahr klanglicher Verwechslungen die
Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke angeordnet. Die Abweichungen
in den Wortenden reichten angesichts der Übereinstimmungen im Übrigen nach
dem Gesamteindruck der Marken nicht aus, um Verwechslungsgefahr verneinen
zu können, auch wenn der Markenteil "Zinko-" entfernt an den Wirkstoff "Zink" er-
innere und der Verkehr die Aufmerksamkeit mehr auf die übrigen Markenbe-
standteile richte; die abweichenden Sinngehalte der Endungen seien angesichts
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unwesentlicher klanglicher Unterschiede nicht geeignet, klanglichen Verwechslun-
gen entgegenzuwirken.
Der Inhaber der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt. Er meint, im Hin-
blick auf die Abweichungen in den Wortenden bestehe keine Verwechslungsge-
fahr, zumal durch die im Warenverzeichnis ausgenommenen Diagnostika keine
identischen Waren vorlägen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
den Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Pa-
tent-und Markenamts vom 7. Januar 2003 zu Ziffer 1. aufzuheben
und den Widerspruch aus der Marke 396 09 390 zurückzuweisen.
Eine Äußerung der Widersprechenden ist nicht zu den Akten gelangt.
II.
Die zulässige Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke ist in der Sache
nicht begründet. Es besteht auch nach Auffassung des Senats Verwechslungs-
gefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wech-
selbeziehung zueinanderstehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der
Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeich-
nungskraft der Widerspruchsmarke, so daß ein geringer Grad der Ähnlichkeit der
Waren durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden
kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung zB BGH GRUR 2004, 594, 596
- Ferrari-Pferd; GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling). Nach diesen Grundsätzen ist
hier die Gefahr von Verwechslungen zu bejahen.
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Für die Beurteilung der Warenähnlichkeit ist die Registerlage maßgeblich. Die
Marken können danach im Bereich der sich gegenüberstehenden Arzneimittel bzw
pharmazeutischen Erzeugnisse angesichts der weiten Oberbegriffe in den Waren-
verzeichnissen zur Kennzeichnung identischer Produkte verwendet werden. Zu
berücksichtigen ist weiter, dass bei diesen Erzeugnissen eine Rezeptpflicht in den
Warenverzeichnissen nicht festgeschrieben ist, auch in tatsächlicher Hinsicht der
Fachverkehr nicht im Vordergrund steht, so dass allgemeine Verkehrskreise un-
eingeschränkt zu berücksichtigen sind. Auch insoweit ist aber davon auszugehen,
dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden,
sondern durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durch-
schnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware
unterschiedlich hoch sein kann (vgl BGH GRUR 2000, 506, 508
- ATTACHÉ/TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER;
EuGH MarkenR 1999, 236, 239 unter 24. - Lloyd/Loint’s) und der insbesondere
allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt eine gesteigerte Aufmerksamkeit
beizumessen pflegt (vgl BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal).
Auch zwischen "Diätetika für für medizinische Zwecke" einerseits und den Waren
"pharmazeutische Erzeugnisse" andererseits ist enge Ähnlichkeit möglich (vgl
Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen 12. Aufl S 108;
262). Auch wenn diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke auch der Er-
nährung dienen, so bestehen dennoch deutliche Überschneidungen mit pharma-
zeutischen Erzeugnissen bei den Herstellerbetrieben, den Vertriebswegen,
Verkaufsstätten, insbesondere auch bei den Abgabeformen und Aufmachungen
der Produkte sowie der stofflichen Beschaffenheit. Es darf weiterhin nicht ver-
nachlässigt werden, dass diätetische Erzeugnisse für medizinischen Zwecke auch
der Vorbeugung, Linderung und Heilung von Krankheitszuständen dienen und
deshalb wegen ihrer medizinischen Zweckbestimmung und der damit verbunde-
nen Berührungspunkte den pharmazeutischen Erzeugnissen der Warenklasse 5
zugeordnet sind.
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Soweit der Inhaber der angegriffenen Marke meint, dass der Annahme von Wa-
renidentität bzw Warenähnlichkeit entgegenstehe, dass die Widerspruchsmarke
wegen des im Markenwort enthaltenen Begriffs "Test" nur für Diagnostika be-
stimmt sein könne, diese Waren aber im Warenverzeichnis der angegriffenen
Marke ausdrücklich ausgenommen seien, führt dies zu keiner anderen Bewertung.
Sofern nicht die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten ist, sind im marken-
rechtlichen Widerspruchsverfahren bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der durch
die beiden Marken erfassten Waren die im Warenverzeichnis der Widerspruchs-
marke eingetragenen Waren heranzuziehen (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl
§ 9 Rdn 79 mwN), hier also maßgeblich insbesondere "Pharmazeutische und ve-
terinärmedizinische Erzeugnisse". Abgesehen davon wird aber auch enge Ähn-
lichkeit zwischen Arzneimitteln wie auch pharmazeutischen Erzeugnissen und Dia-
gnostika jedenfalls dann bejaht, wenn – wie vorliegend - in den Warenverzeich-
nissen nur Warenoberbegriffe enthalten sind (vgl Richter/Stoppel aaO S 107).
Kollisionsmindernd berücksichtigt der Senat zu Gunsten des Inhabers der ange-
griffenen Marke, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eher ge-
ringer einzustufen und damit ihr Schutzumfang vermindert ist. Dies beruht darauf,
dass der Markenbestandteil "ZINK" ein Sachhinweis auf dieses essentielle Spu-
renelement ist, das zB bei Zinkmangelzuständen dem Körper durch entsprechen-
de Präparate zugeführt werden kann (vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch,
259. Aufl S 1817); der weitere Bestandteil "TEST" ist ein Sachhinweis auf die Be-
stimmung der Waren, hier im Sinn einer medizinischen Untersuchung/Prüfung (vgl
Duden, Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke, 7. Aufl Stichwort "Test");
der Buchstabe "O" zwischen diesen Bestandteilen erscheint als typischer Ver-
bindungsvokal, wie dies zB auch entsprechend bei mit "Coro" beginnenden
Herz/Kreislaufpräparaten der Fall ist, bei denen das lateinische Wort "Cor" für
"Herz" steht. In Verbindung mit den hier maßgeblichen Produkten ergibt sich ein
deutlich beschreibender Anklang an "Zinktest" im Sinn von Prüfung der Kon-
zentration an Zink.
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Aber auch bei Anlegung nicht mehr ganz strenger Maßstäbe ist ein zur Vermei-
dung von Verwechslungen ausreichender Markenabstand nicht eingehalten.
In klanglicher Hinsicht stimmen die Marken bei gleicher Silbenzahl, Vokalfolge so-
wie gleichem Sprech- und Betonungsrhythmus bis auf die Endbuchstaben "c", ge-
sprochen wie "k", bzw "ST" überein, wobei der Buchstabenverbindung "ST" am
Wortende Einzellautcharakter zukommt. Zwar führt der Erfahrungssatz, dass der
Verkehr den Wortanfang regelmäßig stärker beachtet, wegen des beschreibenden
Inhalts nicht zu einer besonderen Gewichtung des Bestandteils "Zink" (vgl BGH
GRUR 2004, 783, 785 – NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Jedoch besteht
auch im Übrigen wegen des hohen Masses an Übereinstimmungen eine so erheb-
liche Zeichenähnlichkeit, dass die einzige Abweichung im Schlusslaut am allge-
mein weniger stark beachteten Wortende nicht zu einem nicht mehr verwechsel-
baren akustischen Gesamteindruck der Marken führt.
Zur Unterscheidbarkeit der Marken trägt schließlich auch nicht der abweichende
Begriffsgehalt in den Endbestandteilen der Marken bei. Bei hochgradigen Überein-
stimmungen kommt ein Ausschluß der Verwechslungsgefahr durch einen abwei-
chenden Sinngehalt regelmäßig nicht in Betracht. Denn auch Abnehmern, denen
die Bedeutung des einen oder anderen Markenwortes ohne weiteres geläufig ist,
nützt die begriffliche Abgrenzung nichts, wenn sie sich wegen der großen Schrift-
oder Klangähnlichkeit verlesen bzw verhören, weil ihnen dann entweder der
Sinngehalt überhaupt nicht oder der falsche Begriff zum Bewusstsein kommt (vgl
Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdn 231 mwN).
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Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen An-
laß (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Dr. Buchetmann
Winter
Hartlieb
Hu