Urteil des BPatG vom 22.11.2003

BPatG (marke, herkunft, beschwerde, verbraucher, eintragung, bezeichnung, ausstattung, verkehr, verwendung, verbindung)

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 23/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die angemeldete Marke 301 72 215.3
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Schermer sowie die Richter Dr. van Raden und Schwarz
am 11. November 2003
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Anmelderin hat die Bezeichnung
KIDS
als Wortmarke für „Bettdecken, Einziehdecken, Steppdecken, Trikotdecken, Tri-
kotsteppdecken, Daunendecken, Tagesdecken, Plümos, Kissen, Haarkissen, Na-
ckenstützkissen, Bettunterlagen, Matratzen, Matratzenschoner, Schlafsäcke, Bett-
wäsche; Füllungen für Betten, Kissen und Matratzen, nämlich Kunststofffasern,
Wolle, Daunen, Federn, Tierhaare und Gemische daraus“ zur Eintragung in das
Register angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit
Beschluss vom 22. November 2003 die Anmeldung wegen mangelnder Unter-
scheidungskraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Die
angemeldete Bezeichnung „KIDS“ stelle für die vorliegend im wesentlichen bean-
spruchten Bettwaren nur eine rein warenbeschreibende Angabe dar. Die Käufer-
kreise seien seit langem daran gewöhnt, dass das Wort „KIDS“ für Kinderbeklei-
dung die gängige Kollektionsangabe darstelle. Erscheine diese allgemein ver-
ständliche Bestimmungsangabe in Verbindung mit den hier beanspruchten Waren,
werde der angesprochene Verkehr darin ebenfalls nur eine Bestimmungsangabe
sehen und annehmen, diese Waren seien speziell für Kinder und Jugendliche ge-
dacht, zumal es Bettwaren, Decken und Matratzen speziell für die Ausstattung von
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Kinderbetten und –zimmern gebe. Wegen seiner Eignung als Sach- und Werbebe-
griff auf dem vorliegenden Warengebiet hätten daher auch Mitbewerber ein erheb-
liches Interesse an der Verwendung dieses Wortes. Die Anmeldemarke sei daher
als freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe nicht eintra-
gungsfähig.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die nicht begründete Beschwerde der
Anmelderin. Ihrer Auffassung nach missachtet der Beschluss den Grundsatz der
Rechtsprechung, dass auch Begriffe der Umgangssprache als Marke benutzt und
eingetragen werden könnten. Dies gelte vor allem für Marken, die in der
Vorstellung der Verbraucher keine konkrete Verbindung zu den beanspruchten
Waren hätten. Die angemeldete Marke werde auch nicht beansprucht, um die
Benutzung des Wortes „KIDS“ grundsätzlich und absolut zu untersagen, sofern die
Benutzung nicht mit den beanspruchten Waren erfolge. Das Anmeldezeichen sei
daher schutzfähig und einzutragen.
II
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil die Anmeldemarke zumindest
nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht unterscheidungskräftig ist und somit nicht
eingetragen werden kann.
Die Auffassung der Anmelderin, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung
könnten auch Worte der Umgangssprache als Marke geschützt werden, ist nur im
Ansatz zutreffend; sie übersieht nämlich, dass es für die Frage, ob ein konkret an-
gemeldetes Wort eintragbar ist, entscheidend darauf ankommt, ob das angemel-
dete Wortzeichen, auch wenn es sich um ein Wort der Umgangssprache handelt,
geeignet ist, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der ge-
kennzeichneten Waren zu garantieren, indem es ihm ermöglicht, diese Waren
ohne Verwechslungsgefahr von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden (st.
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Rspr., vgl. EuGH MarkenR 2003, 227, 232 f. [Rz. 62]). Nach ständiger Rechtspre-
chung des BGH ist dies aber dann zu verneinen, wenn die angemeldete Wortmar-
ke Merkmale der beanspruchten Waren unmittelbar beschreibt (vgl. BGH, GRUR
2001, 162
[
163] m.w.N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Die vorlie-
gend zu beurteilenden Anmeldemarke „KIDS“ werden die angesprochenen Ver-
kehrskreise aber nicht in einer die gekennzeichneten Waren nach ihrer individuel-
len betrieblichen Herkunft kennzeichnenden Bedeutung, sondern nur als sachli-
chen Hinweis darauf verstehen, dass die damit gekennzeichneten Waren vorran-
gig der Ausstattung von Kinder- bzw. Jugendbetten und –zimmern dienen.
Wie auch die Anmelderin nicht bestreitet, wird das ursprünglich aus dem engli-
schen Sprachschatz stammende Wort „KIDS“ zwischenzeitlich auch im Deutschen
allgemein als Synonym für Kinder und Jugendliche gebraucht (vgl. Lexikon der ak-
tuellen Begriffe, 1997, S. 224; DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl.,
S. 896; BPatG 28 W (pat) 327/96 – KID´S COLORS; 28 W (pat) 112/98 – Kids;
28 W (pat) 124/99 – KID´S COLORS; 25 W (pat) 38/01 – Kids & Co.; sämtlich ver-
öffentlicht auf der PAVIS CD-ROM). In dieser Bedeutung findet sich das angemel-
dete Wort im Geschäftsleben allgemein zur Bezeichnung von Waren, die sich vor-
nehmlich an Kinder und Jugendliche richten oder zur Verwendung durch diese ge-
dacht sind.
Wegen dieses typischen und häufigen Gebrauchs des Wortes „KIDS“ im allgemei-
nen Geschäftsverkehr werden die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es
sich vorliegend wegen der Art der beanspruchten Waren um alle Endverbraucher
handelt, die Anmeldemarke auch in Zusammenhang mit den vorliegend bean-
spruchten Waren nur als Hinweis darauf auffassen, dass diese vorrangig für Kin-
der und Jugendliche bestimmt sind. Hiervon werden sie nicht nur bei den bean-
spruchten fertigen Bettwaren, sondern auch bei den Füllmaterialien ausgehen, für
welche die angemeldete Marke ebenfalls geschützt werden soll. Denn wie die
Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, hängt die Kaufentscheidung der Verbrau-
cher bei Kinder- und Jugendwaren in sehr starkem Maße von der Materialbeschaf-
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fenheit der angebotenen Waren ab. Insbesondere bei Bettwaren einschließlich der
Füllungen wird ein besonders leichtes, gleichzeitig hautverträgliches und gut wär-
mendes Material erwartet. Auf das Vorliegen dieser Merkmale wird bei Produkten
für Kinder und Jugendliche allgemein mit entsprechenden Angaben, zu welchen
auch das angemeldete Wort „KIDS“ gehört, hingewiesen. Der Verkehr wird daher
das Anmeldezeichen bei allen beanspruchten Waren nur als einen solchen Hin-
weis auf deren Eignung für Kinder und Jugendliche auffassen. Demgegenüber
wird ihm der Gedanke, dass die Kennzeichnung die betriebliche Herkunft dieser
Produkte anzeigen solle, erst gar nicht erst kommen. Ist eine Kennzeichnung aber
nicht geeignet, auf die betriebliche Herkunft der Waren hinzuweisen, kann sie
mangels der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft
nicht in das Register eingetragen werden.
Ob der Eintragung daneben auch das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann bei dieser Sachlage auf sich beruhen, wenn
hierfür auch gewichtige Gründe sprechen.
Da die Markenstelle daher zu Recht der Anmeldemarke die Eintragung versagt
hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
Dr. Schermer
Dr. van Raden
Schwarz
Ko