Urteil des BPatG vom 17.12.2009

BPatG (reformatio in peius, beschwerde, patent, berechnung, patg, verhandlung, zpo, schätzung, festsetzung, gebrauchsmuster)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
35 W (pat) 26/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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(hier: Beschwerde gegen Kostenfestsetzung)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentge-
richts in der Sitzung vom 17. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Müllner sowie die Richter Baumgärtner und Eisenrauch
beschlossen:
1.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2.
Die
Beschwerdeführerin
trägt
die
Kosten
des
Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e
I.
Die Beschwerdegegnerin war Inhaberin des am 27. Dezember 2002 als Abzwei-
gung aus der Patentanmeldung DE … vom 12. Januar 2000 angemel-
deten Gebrauchsmusters … (Streitgebrauchsmuster), das eine „einkomponentige
Dichtmasse auf Basis einer Dispersion von Vinylpolymeren“ betrifft. Die
Beschwerdegegnerin hat am 8. Juni 2006 die Löschung des Gebrauchsmusters
wegen mangelnder Schutzfähigkeit beantragt, dem die Beschwerdegegnerin
rechtzeitig widersprochen hat.
In der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2007, in der Löschungsan-
träge gegen 5 Gebrauchsmuster der Beschwerdegegnerin verhandelt wurden, hat
die Beschwerdegegnerin (unter anderem) die Widersprüche gegen die das Streit-
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gebrauchsmuster
betreffenden
Löschungsanträge
zurückgenommen.
Am
30. Oktober 2008 hat ihr die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent-
und Markenamts die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt.
Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2008 beantragt, die
ihr von der Beschwerdegegnerin zu erstattenden Kosten auf 273.090,96 € festzu-
setzen, wobei sie von einem Gegenstandswert von 37.552.821,– € ausgegangen
ist. Für die Berechnung dieses Gegenstandswerts hat sich die Beschwerdeführe-
rin auf eine Eingabe der Beschwerdegegnerin in dem Parallelverfahren
35 W (pat) 416/08 (Lö II 104/05) gestützt, mit der diese Beweisanzeichen vorge-
tragen hat, um den erfinderischen Schritt für ihre Erfindung darzulegen.
Mit Beschluss vom 9. April 2009 hat Gebrauchsmusterabteilung I auf der Basis ei-
nes Gegenstandswerts von 1 Mio. € die der Beschwerdeführerin von der Be-
schwerdegegnerin zu erstattenden Kosten für das Verfahren des ersten Recht-
zugs auf 7.415,56 € festgesetzt, wobei eine 8/10 Geschäftsgebühr und eine
5/10 Terminsgebühr in Ansatz gebracht wurde.
Gegen den ihr am 22. April 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die Be-
schwerde vom 6. Mai 2009, mit der die Beschwerdeführerin ihren Kostenerstat-
tungsanspruch nunmehr auf der Basis eines Gegenstandswerts von 30 Mio. €
weiterverfolgt. Darüber hinaus greift sie die Bewertungen der Geschäfts- und der
Terminsgebühr durch die Gebrauchsmusterabteilung I an.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 9. April 2009 aufzuheben und die
der Beschwerdeführerin von der Beschwerdegegnerin für das Lö-
schungsverfahren zu erstattenden Kosten auf der Basis eines Ge-
genstandswerts von 30.000.000,– € neu festzusetzen und dabei
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eine 1,3-fache Geschäftsgebühr und eine 1,2-fache Terminsge-
bühr in Ansatz zu bringen
hilfsweise,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 9. April 2009 aufzuheben und die
der Beschwerdeführerin von der Beschwerdegegnerin für das Lö-
schungsverfahren zu erstattenden Kosten auf der Basis eines Ge-
genstandswerts von 30.000.000,– € neu festzusetzen und dabei
eine 2,3-fache Geschäftsgebühr in Ansatz zu bringen.
Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2009 hat sie hilfsweise die Durchführung einer mündli-
chen Verhandlung beantragt.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in allen Punkten entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Vorbringens wird auf die
Beschwerdebegründung vom 6. Mai 2009 und die Schriftsätze der Beschwerde-
führerin im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt vom
10. März 2008, 21. Mai 2008 ,19. Dezember 2008 und vom 4. März 2009 samt
Anlagen sowie auf die Beschwerdeerwiderung vom 8. September 2009 und den
Schriftsatz der Beschwerdegegnerin vom 13. Februar 2009 Bezug genommen.
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II.
Die zulässige Beschwerde führt nicht zum Erfolg. Die Beschwerdeführerin hat für
den von ihr in Ansatz gebrachten Gegenstandswert von 30 Mio. € keine
hinreichenden Tatsachen vorgetragen. Mangels einer ausreichenden Schätzungs-
grundlage hätte die Gebrauchsmusterabteilung gemäß § 23 Abs. 3 RVG nur von
einem Gegenstandswert von maximal 500.000,– € ausgehen dürfen, nicht – wie
geschehen – von 1.000.000 ,– €. Nach dem Grundsatz der reformatio in peius
kann hiervon aber im Beschwerdeverfahren nicht zu Ungunsten der Beschwerde-
führerin abgewichen werden, so dass es bei dem Beschluss vom 9. April 2009
sein Bewenden hat.
1.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist in der nach § 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m.
§§ 62 Abs. 2 S. 4, 73 PatG einzuhaltenden 2-Wochenfrist eingelegt worden.
In dieser Frist ist auch die Beschwerdegebühr in Höhe von 50,– € (Nr.
401 200 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) einbezahlt worden.
Der in der Beschwerdebegründung enthaltene Antrag ist zwar auf ein nicht
zulässiges Ziel, sondern auf die Festsetzung eines bestimmten Gegen-
standswerts gerichtet. Für eine solche Festsetzung besteht jedoch nach der
Rechtsprechung des erkennenden Senats für das Gebrauchsmusterlö-
schungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt keine Rechts-
grundlage (GRUR 2009, 703 ff.). Sie kann daher auch nicht mit der Be-
schwerde erreicht werden.
Verfahrensanträge sind aber regelmäßig so auszulegen, dass im Zweifel das
gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und
der recht verstandenen Interessenlage des Antragstellers entspricht (vgl.
BGH NZM 2003, 372). Vor dem Hintergrund des im Kostenfestsetzungsver-
fahren Vorgebrachten besteht danach das mit der Beschwerde verfolgte
Rechtsschutzziel nach dem Hauptantrag darin, eine Neufestsetzung der von
der Beschwerdegegnerin zu erstattenden Kosten auf der Basis eines Ge-
genstandswerts von 30.000.000,– € zu erreichen und eine 1,3-fache Ge-
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schäftsgebühr und eine 1,2-fache Terminsgebühr in Ansatz zu bringen, was
die Beschwerdeführerin insoweit ausdrücklich beantragt hat.
2.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Be-
schwerdeführerin bietet der Vortrag der Beschwerdegegnerin zu den Be-
weisanzeichen vorliegend keine hinreichende Grundlage für den von der Be-
schwerdeführerin errechneten Gegenstandswert. Eigenständige substanti-
ierte Angaben, die als Anknüpfungstatsachen für eine Festsetzung des Ge-
genstandswerts dienen könnten, hat die Beschwerdeführerin nicht gemacht.
Im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren erfolgt die Bemessung des Gegen-
standswertes gem. §§ 23, 33 RVG i. V. m. §§ 3, 4 ZPO grundsätzlich nach
billigem Ermessen, weil eine Wertvorschrift für die Anwaltsgebühren fehlt und
der Gegenstandswert auch ansonsten nicht feststeht. Die Bestimmung des
Gegenstandswerts nach „billigem“ Ermessen i. S. v. § 23 Abs. 3 S. 2 RVG
bedeutet dabei nicht, dass die Festsetzung im freien Belieben des Gerichts
steht. Vielmehr hat sie nach pflichtgemäßen Ermessen zu erfolgen (vgl.
Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl. 2005, § 23 RVG Rn. 18). Dazu bedarf es
konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte, die eine genügende Schätzungs-
grundlage bilden, was bedeutet, dass derjenige, der einen bestimmten Ge-
genstandswert anstrebt, diese tatsächlichen Anhaltspunkte für die Schätzung
so vortragen muss, dass sie nachvollziehbar als Grundlage für die Wertbe-
messung einer Entscheidung zugrunde gelegt werden können (vgl. Thomas-
Putzo, ZPO, 30. Aufl. 2009, Rn. 11 zu § 287 ZPO; zu den Substantiierung-
sanforderungen vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. September 2009,
X Z. 81/08). Daran fehlt es hier.
2.1. Der Gegenstandswert im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren richtet sich
nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Löschung des Schutzrechts
(vgl. Busse PatentG, 6. Aufl. 2003, § 17 GebrMG Rn. 57; § 84 PatG, Rn. 48),
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wobei Ausgangspunkt der Bewertung der gemeine Wert des Streit-
gebrauchsmusters zu Beginn der jeweiligen Instanz ist.
Für die Bestimmung des gemeinen Werts gelten folgende grundsätzlichen
Überlegungen: Mit der Löschung besteht für die Mitbewerber die Möglichkeit,
den geschützten Gegenstand frei zu benutzen. Während des Bestandes ei-
nes Schutzrechts müssten hierfür Lizenzen gezahlt werden. Demnach kann
das Allgemeininteresse in etwa den von der Anzahl aller Konkurrenten wäh-
rend der Laufzeit des Gebrauchsmusters fiktiv aufzubringenden bzw. durch
die Löschung ersparten Lizenzzahlungen, multipliziert mit den in etwa zu er-
wartenden Gesamtumsätzen, gleich gesetzt werden (vgl. Senatsbeschluss
vom 25. April 2007, 5 W (pat) 6/06).
Diesem Ansatz folgt die Beschwerdeführerin grundsätzlich und errechnet ei-
nen Gegenstandswert von über 30 Mio. €., wobei sie ihrem Ansatz die Anga-
ben der Beschwerdegegnerin zugrunde legt, die diese als Beweisanzeichen
zum Beleg für einen erfinderischen Schritt in der mündlichen Verhandlung im
Verfahren Lö II 104/05 vor dem Deutschen Patent- und Markenamt vorgelegt
hat (= 35 W (pat) 416/08).
2.2. Der Inhalt der hierzu von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Unterlagen
ist aber so vage, dass ihnen keine tatsächlichen Anhaltspunkte entnommen
werden können, die als Grundlage für eine Bestimmung des Gegenstands-
werts i. S. v. § 23 Abs. 3 RVG im Wege einer fiktiven Lizenzanalogie geeig-
net wären.
a) Soweit unter TZ 11 „wirtschaftlicher Erfolg“ ein konkreter Bezug zwischen
errichteten Steildächern und den Dichtmitteln nach dem Gebrauchsmuster
behauptet wird, fehlt es an jeglichem Vortrag zu Umsätzen und/oder Gewinn
der Beschwerdegegnerin, also für den „immensen wirtschaftlichen Erfolg“.
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b)
Wesentlich ist aber vor allem, was die Beschwerdeführerin
insbesondere nicht berücksichtigt, dass der ebenfalls unter TZ 11 vorgelegte
Artikel
„Florierender
Export
deutscher
Dachziegel“,
auf
den
die
Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihre Berechnung der relevanten
Dachflächen stützt, zeitlich vor dem Löschungsantrag liegt und damit vor
dem für die Berechnung des Gegenstandswerts relevanten Zeitraum
zwischen Einreichung des Löschungsantrags im Jahr 2006 und Ablauf des
Streitgebrauchsmusters. Dieser Artikel stammt aber nicht nur aus dem
Jahr 2003, sondern er bezieht sich zudem auf (bloße) Schätzungen für das
Jahr 2002 sowie auf Erwartungen der Branche für das Jahr 2003, über deren
tatsächliche Erfüllung aber keinerlei Angaben vorliegen. Außerdem fehlt
jeglicher belegte Vortrag über die Entwicklung der Folgejahre, so dass der
Inhalt dieses Beitrags keine belastbaren Angaben für eine Schätzung des
Gegenstandswerts enthält. Damit erübrigt sich auch ein Eingehen auf die
Frage, für welchen Anteil dieser Dachfläche die (nach dem Vortrag der
Beschwerdeführerin im Übrigen wohl auch nicht DIN-gerechten, vgl. TZ 9,
„Vorurteile“) Produkte nach dem Streitgebrauchsmuster verbaut worden sein
könnten.
c)
Auch ansonsten enthält der von der Beschwerdeführerin bei ihrer
Berechnung verwendete Vortrag der Beschwerdegegnerin zu den Beweisan-
zeichen keine konkreten Umsatzzahlen für die verfahrensgegenständlichen
Dampfsperren bzw. Dichtmasse, oder über Gewinne, die die Beschwerde-
gegnerin mit ihr erzielt hat. Ebenso wenig liegen Angaben über Umsätze
oder Marktanteile der Konkurrenzunternehmen vor. Soweit die Beschwerde-
gegnerin unter TZ 6 „Lizenzvertrag/Nachahmung“ sehr pauschal auf von ihr
angestrengte „mehr als zehn“ einstweilige Verfügungs- oder Verletzungs-
verfahren hinweist, fehlen jegliche Angaben über den Umfang der Verlet-
zungshandlungen oder dort zugrunde liegende Verletzungszeiträume sowie
darüber, ob – in den Verletzungsverfahren – konkrete Schadensersatzforde-
rungen geltend gemacht wurden. Soweit die Beschwerdegegnerin eine Liste
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von 54 Wettbewerbern vorlegt (TZ 6), und behauptet, dass diese „vergleich-
bare Produkte“ vertrieben hätten, ist ebenfalls weder der Zeitraum ersichtlich
noch erkennbar, ob die Wettbewerber nach Auffassung der Beschwerdegeg-
nerin relevante Verletzungs- oder irrelevante Umgehungsprodukte auf den
Markt gebracht haben. Die Behauptung der Beschwerdegegnerin unter
TZ 11, ihr Produkt haben einen „sehr großen“ Marktanteil, enthält ebenfalls
keine geeignete Ausgangsbasis für einen Schätzungsansatz, auf die sich die
Beschwerdeführerin erfolgreich beziehen könnte. Denn zum einen ergibt sich
nicht, wie groß dieser Marktanteil tatsächlich ist, und zum anderen ist nicht
ersichtlich, seit wann die Beschwerdegegnerin welchen Marktanteil besitzt.
Soweit die Beschwerdegegnerin Produktunterlagen von Konkurrenzunter-
nehmen beigefügt hat, stammen diese, soweit erkennbar, aus einem vor dem
Löschungsantrag liegenden Zeitraum.
d) Soweit sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung auf
Planungen des europäischen Gesetzgebers beruft, können diese bei der Be-
stimmung des Gegenstandswerts keine Berücksichtigung finden. Denn hier-
aus sind während des Bestands des Steitgebrauchsmusters keine zwingen-
den gesetzlichen Vorschriften entstanden, die Auswirkungen auf seinen ge-
meinen Wert hätten zeitigen können.
e) Nach alledem fehlen von der Beschwerdeführerin substantiiert vorgetra-
gene tatsächliche Anhaltspunkte, auf denen eine nachvollziehbare Schät-
zung für die Wertbemessung beruhen könnte. Daher kommt es nicht darauf
an, dass die Beschwerdegegnerin die Berechnung der Beschwerdeführerin
insgesamt bestritten hat, noch auf die von der Beschwerdeführerin im Kos-
tenfestsetzungsverfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung vertretenen
Auffassung, dass dieses Bestreiten unbeachtlich sei, weil die von der Be-
schwerdeführerin verwendeten Zahlen aus den von ihr selbst vorgelegten
Unterlagen stammen. Auch die Frage, ob die von der Beschwerdegegnerin
bestrittenen Mengen- und Preisannahmen der Beschwerdeführerin und die
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von dieser angesetzte Lizenzhöhe von 6 % zutreffen, kommt es danach nicht
mehr an, da diese Größen von der nicht verwendbaren Berechnung der
Dachflächen abhängen.
3.
Das Fehlen von tatsächlichen Anhaltspunkten für eine nachvollziehbare
Schätzung hat nach § 23 Abs. 4 S. 2, le. Hs., RVG zur Folge, dass der Ge-
genstandswert grundsätzlich mit 4.000,– € festzusetzen ist, was allerdings
keinen sog. Regelwert bedeutet. Vielmehr kann der Wert nach Lage des
Falles auch erheblich niedriger oder höher ausfallen (Hartmann a. a. O.
Rn. 19). Trotz der aufgezeigten Mängel des Vortrags der Beschwerdeführerin
und der von ihr in Bezug genommenen Unterlagen der Beschwerdegegnerin
muss im vorliegenden Fall von einem erheblich über dem genannten Betrag
liegenden Gegenstandswert ausgegangen werden. Allerdings liegt, wenn
Schätzungsgrundlagen fehlen, die Obergrenze bei 500.000,– €, § 23 Abs. 3
S. 2, 2. Hs. RVG. Diese darf aber grundsätzlich nicht überschritten werden.
Einer entsprechenden Korrektur des angefochtenen Beschlusses steht vor-
liegend aber der Grundsatz der reformatio in peius zugunsten der Beschwer-
deführerin entgegen. Damit hat es bei der angefochtenen Entscheidung sein
Bewenden.
Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob die
Gebrauchsmusterabteilung die Faktoren für die Geschäfts- bzw. für die Ter-
minsgebühr zutreffend mit 0,8 in Ansatz gebracht hat, da die von der Be-
schwerdeführerin angestrebten Erhöhungen in jedem Fall in der Differenz
zwischen den von der Gebrauchsmusterabteilung festgesetzten und den
unter Berücksichtigung des Höchstbetrags nach § 23 Abs. 3 S. 2, 2. Hs./RVG
als erstattungsfähig festsetzbaren Kosten aufgehen.
4.
Ebenso kann vor diesem Hintergrund die Frage offen bleiben, ob die Be-
schwerdegegnerin wirksam am Verfahren teilnehmen konnte. Als Unterneh-
men mit Sitz in der Schweiz benötigt sie nach § 28 Abs. 1 GebrMG grund-
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sätzlich einen Inlandsvertreter, sofern sie im Inland keine Niederlassung hat
(vgl. hierzu Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl. 2008, Rn. 34, 38 zu § 25 PatG
und Rn. 31, 39 zu § 97 PatG). Weder bei der Amtsakte noch bei den Lö-
schungsakten noch bei der Gerichtsakte befindet sich derzeit eine schriftliche
Vollmacht für die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdegegnerin. Dies
ist allerdings vorliegend ohne Belang, da das Fehlen des Inlandsvertreters
auf Seiten der Beschwerdegegnerin eine Sachentscheidung nicht hindert.
III.
Als Unterlegene trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens (§18
Abs. 2 S. 2 GebrMG i. V. m. §§ 84 Abs. 2 S. 2 PatG, 97 Abs. 1 ZPO).
IV.
Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, da im Beschwerdever-
fahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Deutschen Patent- und
Markenamts eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist, auch wenn sie –
wie hier – hilfsweise beantragt wurde (vgl. Bühring, GebrMG, 7. Aufl. 2006, § 18
Rn. 75, Fn. 206; Schulte a. a. O. Rn. 32).
Müllner
Baumgärtner
Eisenrauch
Pr