Urteil des BPatG vom 23.05.2008

BPatG: veranstaltung, papier, beschreibende angabe, wissenschaftliche forschung, beratung, organisation, unterhaltung, public relations, herausgabe, internet

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
23. Mai 2008
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 305 35 156.7
33 W (pat) 154/05
zugestellt am
rkung des Vorsitzenden
Richters Bender und der Richter Dr. Kortbein und Kätker
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 4. März 2008 unter Mitwi
- 2 -
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der
Markenstelle für Klasse 36 vom 7. November 2005 teilweise
aufgehoben, nämlich hinsichtlich der Waren und Dienstleis-
tungen:
Klasse 9: Computer; Computerbetriebsprogramme [gespei-
chert]; Datenverarbeitungsanlagen (Speicher für-);
Datenverarbeitungsgeräte; Zentraleinheiten [für
die Datenverarbeitung]; Interfaces [Schnittstellen-
geräte oder -programme für Computer];
Klasse
16:
Papier, Pappe (Karton); Buchbindeartikel;
Schreibwaren; Büroartikel (ausgenommen Möbel);
Werbematerialien, nämlich Notizblöcke, Kugel-
schreiber, Schreibblöcke und Tragetaschen aus
Papier und Kunststoff; Abreißkalender; Adressen-
stempel; Aktenhüllen; Aktenordner; Blätter (Pa-
pier-) [Papeteriewaren]; Bleistifte; Bleistiftspitzer
[nicht elektrisch]; Blöcke [Papier und Schreibwa-
ren]; Briefkörbe; Briefpapier; Buchbindeartikel;
Bucheinbände; Einbände [Papier- und Schreibwa-
ren]; Etiketten, nicht aus Textilstoffen; Glück-
wunschkarten; Kästen, Behälter für Papier- und
Schreibwaren; Stempelkissen; Lesezeichen; Line-
ale (Zeichen-); Loseblattbinder; Papierblätter [Pa-
peteriewaren]; Papiertüten; Radiergummis;
Schachteln aus Pappe oder aus Papier; Schreib-
und Papierwaren; Schreibgeräte (Minen-);
Schreibhefte; Schreibmappen [Schreibnecessai-
- 3 -
res]; Schreibmaterialien; Schreibnecessaires
[Schreibgarnituren]; Schreibunterlagen; Siegel-
stempel; Stempel; Stempelkissen; Stickers, Auf-
kleber [Papeteriewaren]; Verpackungsbeutel
[-hüllen, -taschen] aus Papier oder Kunststoff;
Verpackungsmaterial aus Karton; Verpackungs-
papier; Zeichenblöcke;
Klasse
35: Vervielfältigung von Dokumenten; Schau-
fensterdekoration;
Klasse 41:
Erziehungsberatung; Erziehung; Freizeitgestal-
tung (Dienstleistungen bezüglich-); Information
über Veranstaltungen (Unterhaltung); Organisa-
tion und Durchführung von kulturellen und/oder
sportlichen Veranstaltungen; sportliche Wett-
kämpfe (Veranstaltung von-); Veranstaltung sport-
licher Wettkämpfe; Veranstaltung von Wettbewer-
ben [Erziehung und Unterhaltung];
Klasse 42:
Computerprogramme (Installieren von-); Compu-
ter-Programme (Kopieren von-); Vermietung und
Weiterleitung von Speicherplätzen zur Benutzung
als Websites für Dritte (hosting); Konvertieren von
Computerprogrammen und Daten [ausgenommen
physische Veränderung]; Konvertieren von Daten
oder Dokumenten von physischen auf elektroni-
schen Medien; Durchführung technischer Tests
und Checks.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
- 4 -
G r ü n d e
I
Am 16. Juni 2005 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke
IKK Nordrhein-Westfalen
angemeldet worden. Das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen lautet wört-
lich wie folgt:
"Klasse 9:
Compact-Disks [Ton, Bild]
Compact-Disks [ROM, Festspeicher]
Computer
Computerbetriebsprogramme [gespeichert]
Computer-Programme [gespeichert]
Computerprogramme [herunterladbar]
Computer-Software [gespeichert]
Datenträger (Magnet-)
Datenträger (optische-)
Datenverarbeitungsanlagen (Speicher für-)
Datenverarbeitungsgeräte
Disketten
Publikationen (elektronische)
Monitore [Computerprogramme]
Zentraleinheiten [für die Datenverarbeitung]
Interfaces [Schnittstellengeräte oder -programme für
Computer]
Videobänder
Videokassetten
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Klasse 16:
Druckereierzeugnisse
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Mate-
rialien, soweit sie in Klasse 16 enthalten sind
Buchbindeartikel
Schreibwaren
Büroartikel (ausgenommen Möbel)
Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Appa-
rate)
Publikationen
Ratgeberbroschüren
gedrucktes Dokumentationsmaterial
gedrucktes Informationsmaterial (ausgenommen Ap-
parate)
Werbematerialien, nämlich Notizblöcke, Kugelschrei-
ber, Schreibblöcke und Tragetaschen aus Papier
und Kunststoff
Abreißkalender
Adressenstempel
Aktenhüllen
Aktenordner
Bilder
Blätter (Papier-) [Papeteriewaren]
Bleistifte
Bleistiftspitzer [nicht elektrisch]
Blöcke [Papier und Schreibwaren]
Briefkörbe
Briefpapier
Broschüren
Buchbindeartikel
Bucheinbände
Bücher
- 6 -
Einbände [Papier- und Schreibwaren]
Etiketten, nicht aus Textilstoffen
Farbdrucke
Fotografien
Glückwunschkarten
Handbücher
Karten (Papierbänder oder -) für die Aufzeichnung
von Computerprogrammen
Kästen, Behälter für Papier- und Schreibwaren
Kataloge
Stempelkissen
Lesezeichen
Lineale (Zeichen-)
Loseblattbinder
Magazine [Zeitschriften]
Papierblätter [Papeteriewaren]
Papiertüten
Plakate
Plakate aus Papier und Pappe
Prospekte
Radiergummis
Rundschreiben
Schachteln aus Pappe oder aus Papier
Schreib- und Papierwaren
Schreibgeräte (Minen-)
Schreibhefte
Schreibmappen [Schreibnecessaires]
Schreibmaterialien
Schreibnecessaires [Schreibgarnituren]
Schreibunterlagen
Schriften [Veröffentlichungen]
- 7 -
Siegelstempel
Stempel
Stempelkissen
Stickers, Aufkleber [Papeteriewaren]
Veröffentlichungen [Schriften]
Verpackungsbeutel [-hüllen, -taschen] aus Papier
oder Kunststoff
Verpackungsmaterial aus Karton
Verpackungspapier
Zeichenblöcke
Zeichnungen
Zeitschriften
Zeitschriften [Magazine]
Klasse 35:
Werbung
Rundfunkwerbung
Fernsehwerbung
Aktualisierung von Werbematerial
Analysen (Aufstellung von Kosten-Preis-)
Personalanwerbung
Erteilung von Auskünften in Handels- und Ge-
schäftsangelegenheiten
Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten
Organisation von Ausstellungen und Messen für wirt-
schaftliche und Werbezwecke
Beratung bei der Organisation und Führung von Un-
ternehmen
Betriebswirtschaftliche Beratung
Organisatorische Beratung
Beratung in Fragen der Geschäftsführung
Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten
- 8 -
Personalmanagementberatung
Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung
Buchführung
Buchprüfung
Dateienverwaltung mittels Computer
Systematisierung von Daten in Computerdatenban-
ken
Zusammenstellen von Daten in Computerdatenban-
ken
Ermittlungen in Geschäftsangelegenheiten
Geschäftsangelegenheiten (Informationen in-)
Geschäftsangelegenheiten (Nachforschungen in-)
Geschäftsangelegenheiten (Organisationsberatung
in-)
Geschäftsführung (Beratung in Fragen der -)
Geschäftsführung (Planungen [Hilfe] bei der -)
Herausgabe von Werbetexten
Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Han-
delsbetrieben
Lohn- und Gehaltsabrechnung
Marketing [Absatzforschung]
Meinungsforschung
Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu
Werbezwecken
Nachforschung in Computerdateien [für Dritte]
Nachforschungen in Geschäftsangelegenheiten
Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations]
Online Werbung in einem Computernetzwerk
Sammeln und Zusammenstellen von themenbezo-
genen Presseartikeln
Statistiken (Erstellen von-)
- 9 -
Statistiken (Herausgabe von-)
Systematisierung von Daten in Computerdatenban-
ken
Versandwerbung
Plakatanschlagwerbung
Verteilung von Werbematerial [Flugblätter, Pros-
pekte, Drucksachen, Warenproben]
Vervielfältigung von Dokumenten
Verbreitung von Werbeanzeigen
Aktualisierung von Werbematerial
Werbeschriften (Werbung durch-)
Werbetexte (Herausgabe von-)
Beratung bei der Organisation und Führung von Un-
ternehmen
Beratung bei der Organisation und Führung von Un-
ternehmen (betriebswirtschaftliche)
Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten
Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten
Organisation und Veranstaltung von Werbeveran-
staltungen
Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen
Unternehmensberatung
Schaufensterdekoration
Telemarketing
Versandwerbung
Versenden von Werbesendungen
Verteilen von Werbemitteln
Werbung im Internet für Dritte
Werbung durch Werbeschriften
- 10 -
Klasse 36: Versicherungswesen
Versicherungsberatung
Erteilung von Auskünften in Versicherungsangele-
genheiten
Krankenversicherung
Vermittlung von Versicherungen
Außenstände (Einziehung von-)
Finanzielle Schätzungen [VersicherungsangeIegen-
heiten]
Ausgabe von Gutscheinen, Wertmarken
Vermittlung von Versicherungen
Krankenversicherungswesen, insbesondere Dienst-
leistungen einer Krankenversicherung
Klasse 38:
Telekommunikation
Bereitstellung von Informationen im Internet
Bereitstellung von Plattformen im Internet
Bereitstellung von Portalen im Internet
Bereitstellung einer Hotline
Hotlinedienste, nämlich telefonische Beratung über
Gesundheitsfragen, Gesundheitsprävention, Ge-
sundheitsgefahren, Gesundheitsschäden, Medika-
mente, Krankheitsbilder, Behandlung von Krankhei-
ten, besondere Heilmethoden, Fachärzte, Beant-
wortung von Fragen zur Krankenversicherung
Sammeln und Liefern von Nachrichten
Sammeln und Liefern von Pressemeldungen
Übermittlung von Nachrichten
Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer
- 11 -
Nachrichtenüberbringung [Botendienst]
Nachrichtenübermittlung (elektronische-)
Telefondienst
Klasse 41:
Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung
Kurberatung
Bereitstellen von elektronischen Publikationen
Bücher (Veröffentlichung von-)
Erziehung und Unterricht
Fernunterricht
Fernkurse
Freizeitgestaltung (Dienstleistungen bezüglich-)
Gesundheits-Klubs (Betrieb von-)
Gymnastikunterricht
Herausgabe von Texten [ausgenommen Werbetexte]
Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnis-
sen in elektronischer Form, auch im Internet
Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elek-
tronischer Form, auch im Internet
Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung
Information über Veranstaltungen (Unterhaltung)
Organisation und Durchführung von kulturellen
und/oder sportlichen Veranstaltungen
Online-Publikation von elektronischen Büchern und
Zeitschriften
Organisation und Veranstaltung von Konferenzen
Organisation und Veranstaltung von Kongressen
Organisation und Veranstaltung von Symposien
Praktische Übungen (Demonstrationsunterricht in-)
Seminare (Veranstaltung und Durchführung von-)
Sportliche Wettkämpfe (Veranstaltung von-)
- 12 -
Turnunterricht
Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe
Veranstaltung und Durchführung von Seminaren
Veranstaltung und Durchführung von Workshops
[Ausbildung]
Veranstaltung und Leitung von Kolloquien
Veranstaltung von Wettbewerben [Erziehung und
Unterhaltung]
Veröffentlichung von Büchern
Videobänder (Aufzeichnung von-)
Workshops (Veranstaltung und Durchführung von-)
[Ausbildung]
Klasse 42:
Aktualisieren von Computer-Software
Computerprogramme (Installieren von-)
Computer-Programme (Kopieren von-)
Computer-Software (Aktualisieren von-)
Computer-Software (Design von-)
Computersoftware (Wartung von-)
Datenverarbeitung (Erstellen von Programmen für
die-)
Gestaltung und Unterhaltung von Websites für Dritte
Konvertieren von Computerprogrammen und Daten
[ausgenommen physische Veränderung]
Konvertieren von Daten oder Dokumenten von phy-
sischen auf elektronischen Medien
Programme (Erstellen von-) für die Datenverarbei-
tung
Qualitätsprüfung
Vermietung und Weiterleitung von Speicherplätzen
zur Benutzung als Websites für Dritte (hosting)
- 13 -
Wartung von Computersoftware
Websites (Gestaltung und Unterhalt von-) für Dritte
Aktualisieren von Internetseiten
Bereitstellung von Computerprogrammen in Daten-
netzen
Durchführung technischer Tests und Checks
Sozialwissenschaftliche Beratung
Wissenschaftliche Forschung
Klasse 44:
Gesundheits- und Schönheitspflege
Psychologe (Dienstleistungen eines-)
Durchführung medizinischer und klinischer Untersu-
chungen
Entziehungskuren für Suchtkranke
Medizinische Beratung sowie Beratung zu medizini-
schen Dienstleistungen, insbesondere Beratung für
spezielle Gesundheitsprobleme der Versicherten,
Auskünfte über Fachärzte und über Gesundheits-
pflege, über Gesundheitsprävention und besondere
Heilmethoden".
Mit Beschluss vom 7. November 2005 hat die Markenstelle für Klasse 36 durch ein
Mitglied des Patentamts die Anmeldung nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2
MarkenG zurückgewiesen. Unter Bezugnahme auf ihren Beanstandungsbescheid
vom 11. August 2005 hat die Markenstelle den Beschluss damit begründet, dass
es sich bei der angemeldeten Marke um eine beschreibende Sach- und Her-
kunftsangabe für eine "Innungskrankenkasse aus oder für Nordrhein-Westfalen"
handele. Damit weise sie darauf hin, dass es sich um Dienstleistungen einer In-
nungskrankenkasse aus oder für Nordhrein-Westfalen handele und die weiteren
Waren und Dienstleistungen zur Durchführung der vorgenannten bestimmt seien
- 14 -
oder in deren Rahmen erbracht würden. Die angemeldete Marke sei damit nach
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der
sie beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Zudem regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Zur Begründung führt sie aus, dass es sich bei der angemeldeten Bezeichnung
nicht um eine beschreibende und damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihal-
tungsbedürftige Angabe handele.
Bei Krankenkassen sei es durch Angabe eines entsprechenden Zusatzes ver-
kehrsüblich, die Region anzugeben, in der die Krankenkasse tätig sei. Dies sei
wegen der unterschiedlichen Beitragssätze in West- und Ostdeutschland auch für
den Kunden wichtig. Auch sei eine Unterscheidung wichtig, ob die jeweilige Kasse
bundesweit (z. B. Deutsche BKK) oder regional begrenzt (z. B. BKK Sauerland)
agiere. Auch wenn die regionalen Gruppen seit Einführung der freien Kassenwahl
ein wenig ineinander übergingen, sei es für den Kunden gleichwohl wichtig geblie-
ben, durch den Namen direkt zu erfahren, ob die Kasse für ihn infrage komme,
etwa weil die Kassen je nach Gebietsansässigkeit für bestimmte Berufsgruppen
spezielle Gesundheitsprogramme anböten oder mit Ärzten aus der Region eng
zusammen arbeiteten. Im Übrigen handele es sich bei der Bezeichnung "Nord-
rhein-Westfalen" nur um die Angabe der Angebotsstätte, nicht aber um eine An-
gabe über Merkmale der Dienstleistungen.
Zwar gebe es in Nordrhein-Westfalen andere Innungskrankenkassen, die ebenso
den Zusatz "Nordrhein-Westfalen" verwendeten, diese hätten aber kein Interesse
an der angemeldeten Marke "IKK Nordrhein-Westfalen" und würden sie auch nicht
- 15 -
verwenden. Auf dem sehr konservativen und restriktiven Markt der Innungskran-
kenkassen sei auch nicht damit zu rechnen, dass sich eine Kasse mit dem Namen
"IKK Nordrhein-Westfalen" bezeichnen möchte. Vielmehr sei aufgrund der flä-
chendeckenden Versorgung mit Krankenkassen davon auszugehen, dass in Zu-
kunft keine neue Innungskrankenkasse mehr gegründet werde bzw. keine der be-
stehenden Kassen Bedarf an dem Namenszusatz "Nordrhein-Westfalen" habe.
Der Konsolidierungsprozess der Innungskrankenkassen, der bereits mit ihrer Öff-
nung im Jahr 1996 begonnen habe, sei inzwischen abgeschlossen. Von den vor-
mals 150 Innungskrankenkassen seien mittlerweile nur noch 16 übrig geblieben,
drei davon als Direktkassen ohne besondere örtliche Zuweisung. Neue Innungs-
krankenkassen könnten nur unter strengen Bedingungen errichtet werden, d. h.
nur durch Handwerksinnungen für Betriebe der Mitglieder, sofern in diesen Betrie-
ben regelmäßig mindestens 1000 Versicherungspflichtige beschäftigt seien und
die Leistungsfähigkeit der Krankenkasse auf Dauer gesichert sei. Zudem könnten
Innungskrankenkassen bis auf weiteres auch nur als geschlossene Kassen ent-
stehen, die also nur für Innungsmitglieder bzw. deren Beschäftigte geöffnet seien.
Das bereits einmal verlängerte gesetzliche Öffnungsmoratorium sei erneut bis
Ende 2008 verlängert worden (Art. 39 GKV-WSG). Angesichts der bisherigen
Rechts- und Wettbewerbsentwicklung spreche alles dafür, dass es nicht zu Neu-
gründungen kommen werde. Insbesondere seien Innungen i. d. R. nur auf Kreise
und kreisfreie Städte bezogen. Selbst Vereinigungen von Fachinnungen könnten
keine landesweite Abdeckung erreichen. Daher bestehe kein Freihaltungsbedürf-
nis, denn die Neugründung einer Innungskrankenkasse in Nordrhein-Westfalen sei
damit mehr als unwahrscheinlich. Im Übrigen dürfte eine neu gegründete Innungs-
krankenkasse nur als Direktkasse entstehen, da eine Konkurrenz mit der örtlich
etablierten Infrastruktur der bestehenden Innungskrankenkassen nicht rentabel
wäre. Eine solche Direktkasse würde sich dann aber keinen Namen mit lokalem
Schwerpunkt geben. Die Tendenz gehe daher weg von der Benennung nach ei-
nem Bundesland. Insgesamt müsse von einer bestehenden und zukünftigen Al-
leinstellung der Anmelderin ausgegangen werden. Soweit sich mit der Vereinig-
- 16 -
ten IKK noch eine weitere Innungskrankenkasse in Nordrhein-Westfalen befinde,
benenne diese sich jedenfalls nicht nach Nordrhein-Westfalen.
Der angemeldeten Marke fehle auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. d.
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, denn sie stelle einen Herkunftshinweis der Waren und
Dienstleistungen dar, ohne diese unmittelbar zu beschreiben. Die Bezeichnungen
der einzelnen Krankenkassen seien ähnlich gebildet und enthielten Gebietszu-
sätze. Dies betreffe etwa die Namen der allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK),
die sämtlich auf diese Weise gebildet seien, ebenso acht von 16 IKK-Namen, zu-
dem einige Betriebskrankenkassen (BKK). Der Verbraucher sei an solche Kenn-
zeichnungen gewöhnt. Hierbei stehe "IKK" für "Innungskrankenkasse", während
durch den Zusatz "Nordrhein-Westfalen" das Tätigkeitsgebiet bzw. der Tätigkeits-
schwerpunkt dieser Kasse näher erläutert werde. Dieser Zusatz vermittle Unter-
scheidungskraft, weil es für den Kunden wichtig sei, direkt zu erfahren, ob die ge-
wählte Krankenkasse für ihn infrage komme. Zudem werde der einzelne Anbieter
hierdurch individualisiert. Sogar für die versicherungsbezogenen Dienstleistungen
der Klasse 36, erst recht für die übrigen Waren und Dienstleistungen, zu denen
die Anmeldemarke allenfalls einen assoziativen Bezug biete, liege ein betrieblicher
Herkunftshinweis vor. Denn auch krankenkassenbezogene Dienstleistungen, wie
etwa telefonische Gesundheitsberatung, würden durch den Wortlaut der Anmel-
demarke nicht ohne weiteres beschrieben.
Ergänzend verweist die Anmelderin auf Eintragungen von ihrer Auffassung nach
ähnlichen Marken, wie etwa "IKK Nord", "BKK Europa", "BKK Bremen", "BKK Nie-
dersachsen", "BKK Bergisch-Land", "BKK Sauerland" und vor allem "BKK NRW",
"BKK NW". Auch die Abkürzung "TÜV" sei mit fast beliebigen geographischen
Ortsangaben ohne weiteres als Wortmarke eingetragen worden, wofür die Anmel-
derin mehrere Beispiele benennt.
Eine Zurückweisung der Anmeldung wäre mit einer Verletzung der Chancen-
gleichheit der Wettbewerber verbunden. Dies würde zu einer Wettbewerbsverzer-
- 17 -
rung zwischen den Kassen und einer willkürlichen Ungleichbehandlung führen. Im
Hinblick auf die Gleichbehandlung bei der Eintragbarkeit von Krankenkassenbe-
zeichnungen, kombiniert mit einem geographischen Zusatz, regt die Anmelderin
hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung sind der Anmelderin Kopien des Er-
gebnisses einer vom Senat durchgeführten Recherche übersandt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die Beschwerde ist nur teilweise begründet.
1. Hinsichtlich der nicht im Entscheidungsausspruch unter Ziff. 1 aufgeführten
Waren und Dienstleistungen ist die angemeldete Marke jedenfalls nach § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind
Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben be-
stehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestim-
mung, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der
Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der
Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Die angemeldete Marke besteht aus einer Kombination der Buchstabengruppe
"IKK", bei der es sich um eine vielfach belegbare Abkürzung für "Innungskranken-
kasse" handelt, und der nicht weiter erläuterungsbedürftigen geografischen An-
gabe "Nordrhein-Westfalen". In ihrer sprachüblichen Kombination bezeichnet die
Anmeldemarke eine in Nordrhein-Westfalen belegene und/oder dort schwer-
punktmäßig tätige Innungskrankenkasse.
- 18 -
Eine solche Kombination aus einer Bezeichnung der Art einer Versicherung und
der darauf bezogenen geografischen Angabe benennt verkehrswesentliche
Merkmale nicht nur des Versicherungsbetriebes als solchem, also hier der vorlie-
gend beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 36, sondern auch der meisten
weiteren angemeldeten Waren und Dienstleistungen. So werden Waren (der
Klasse 9), die geistige Inhalte aufweisen können, wie Compact-Disks, Disketten
und sonstige Datenträger, aber auch Computerprogramme bzw. -software, ebenso
wie Druckereierzeugnisse jeglicher Art (Klasse 16) mit der angemeldeten Buch-
staben-Wortkombination als Waren beschrieben, die sich inhaltlich-thematisch mit
einer in Nordrhein-Westfalen belegenen bzw. dort schwerpunktmäßig tätigen In-
nungskrankenkasse befassen. Dabei kann es dahinstehen, ob diese inhaltlich-
thematische Befassung darin besteht, dass über eine nordrhein-westfälische In-
nungskrankenkasse berichtet wird, oder dass die Datenträger, Programme und
Druckereierzeugnisse z. B. als Werbe-, Informations-, Dokumentationsmaterial
oder Anwendungssoftware für den Betrieb einer solchen Innungskrankenkasse
geeignet und bestimmt sind. Denn nach den Grundsätzen der Entscheidung
EuGH GRUR 2004, 146 - Doublemint kann ein Wortzeichen eine beschreibende
Angabe sein, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein
Merkmal der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen bezeichnet. Weiter
werden die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35, mit Ausnahme von
"Vervielfältigung von Dokumenten" und "Schaufensterdekoration" mit der Anmel-
demarke als Dienstleistungen wie z. B. Werbung, Unternehmensberatung und
-führung sowie sonstige unternehmensbezogene Tätigkeit beschrieben, die dem
Betrieb einer nordrhein-westfälischen Innungskrankenkasse dienen, etwa als Be-
werbung einer solchen Kasse oder in sonstiger Weise auf ihren Betrieb speziali-
sierte Tätigkeit. Gleiches gilt für die ebenfalls zahlreich angemeldeten Dienstleis-
tungen der Klasse 41 (mit Ausnahme von "Erziehung, Erziehungsberatung, Ver-
anstaltung von sportlichen Wettkämpfen, Dienstleistungen bezüglich Freizeitge-
staltung, Informationen über Veranstaltungen (Unterhaltung), Organisation und
Durchführung von kulturellen und/oder sportlichen Veranstaltungen, Veranstaltung
von Wettbewerben (Erziehung und Unterhaltung)"). Denn Dienstleistungen, wie
- 19 -
etwa Unterricht, Aus- und Fortbildung, Herausgabe von Druckereierzeugnissen,
Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Workshops usw.
sind auf die Erarbeitung und Vermittlung geistiger Inhalte gerichtet, die z. B. in be-
richtender oder unterrichtender Form dem Betrieb einer nordrhein-westfälischen
Innungskrankenkasse dienen können und mit der Anmeldemarke auch dahinge-
hend beschrieben werden. Ebenso können die angemeldeten (EDV-) technischen
Dienstleistungen der Klasse 42, soweit sie einen Bezug zu Inhalten aufweisen
können, sowie sozialwissenschaftliche Beratung und wissenschaftliche Forschung
ebenfalls auf den Betrieb einer nordrhein-westfälischen Innungskrankenkasse
spezialisiert sein, wobei die letztgenannten beiden Dienstleistungen z. B. versiche-
rungsmathematischer oder medizinischer Natur sein können. Schließlich können
auch die medizinisch orientierten Dienstleistungen der Klasse 44 dem Betrieb ei-
ner nordrhein-westfälischen Innungskrankenkasse dienen, etwa im Rahmen von
Vorsorgeprogrammen oder medizinischen Untersuchungen.
Die o. g. Bedeutung im Sinne ein oder mehrerer Merkmalsbezeichnungen, die sich
auf eine in Nordrhein-Westfalen belegene und/oder dort schwerpunktmäßig tätige
Innungskrankenkasse beziehen, hat für den Verkehr, der hier sowohl aus allge-
meinen als auch aus spezialisierten (Fach-)Kreisen besteht, auch eine erhebliche
sachliche Bedeutung und bezeichnet damit verkehrswesentliche Eigenschaften
der betreffenden Waren und Dienstleistungen. Sowohl aus dem Rechercheergeb-
nis als auch aus der Beschwerdebegründung der Anmelderin geht hervor, dass
sich aus dem geografischen Tätigkeitsgebiet einer Innungskrankenkasse durch-
aus wichtige Konsequenzen ergeben können. Einige Innungskrankenkassen sind
nur für bestimmte Bundesländer geöffnet, so dass nur Einwohner des betreffen-
den Bundeslands oder dort tätige Arbeitnehmer Mitglied einer solchen Kasse wer-
den können. Auch die Beitragsätze variieren je nach Bundesland. Zudem erstatten
bzw. vergüten die verschiedenen Innungskrankenkassen teilweise nach verschie-
denen Sätzen, so dass Vertragsärzte unterschiedlicher Bundesländer verschie-
dene Vergütungen bekommen, was sich für den Versicherten mittelbar dadurch
auswirken kann, dass er - je nach Bundesland - unterschiedlich aufwändige ärztli-
- 20 -
che Leistungen in Anspruch nehmen kann (vgl. www.krankenhausregister-sach-
sen.de/lexikon/Innungskrankenkassen_(IKK)…; http://de.wikipedia.org/wiki/In-
nungskrankenkasse; www.gesetzliche-krankenkassen.eu/ikk_krankenkasse.htm;
www.stiftung-warentest.de/online/versicherung_vorsorge/meldung 1156707/…;
www.krankenkassentarife.de/baseportal/foren/forumb&forenid=1…;
www.krankenversichern.info/gesetzlich.htm);
www.aerztlichepraxis.de/rw_5_News_politik_NewsID_…).
Insoweit hat die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung vom 10. August 2006
auch sinngemäß vorgetragen, dass der geografische Namenszusatz bei Innungs-
krankenkassen etwa wegen der unterschiedlichen Beitragssätze in West- und
Ostdeutschland für den Versicherten wichtig sei. Durch den Namen könne er di-
rekt erfahren, ob eine Kasse für ihn infrage komme, etwa weil die Kassen je nach
Gebietsansässigkeit für bestimmte Berufsgruppen spezielle Gesundheitspro-
gramme anböten oder mit Ärzten aus der Region eng zusammenarbeiteten. Auch
sei eine Unterscheidung wichtig, ob die jeweilige Kasse bundesweit oder regional
begrenzt agiere.
Vor allem der Umstand, ob eine Innungskrankenkasse überhaupt für Einwohner
bestimmter Bundesländer geöffnet ist, stellt aus der Sicht des Senats ein beson-
ders wichtiges Merkmal dar. Denn wenn mehrere, wenn nicht gar die Mehrheit der
inzwischen nicht mehr zahlreichen Innungskrankenkassen nur Versicherte aus
bestimmten Bundesländern als Mitglieder aufnehmen, so stellt gerade die Angabe
des betreffenden Bundeslands ein äußerst verkehrswichtiges und für die Anwen-
dung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG relevantes Merkmal dar. Nichts anderes kann
für die bloße Kombination der Abkürzung für "Innungskrankenkasse" mit der Be-
zeichnung eines Bundeslands gelten, da es sich hierbei nur um eine sinnvolle
Kombination von zwei wichtigen, möglicherweise sogar den wichtigsten Angaben
über Art und Ort von Innungskrankenkassen handelt. Sie stellt nicht nur eine
Merkmalsbezeichnung für die versicherungs- und gesundheitsbezogenen Dienst-
leistungen der Klassen 36 und 44 dar, sondern bezeichnet auch Merkmale der für
- 21 -
den Betrieb einer Innungskrankenkasse benötigten und bestimmten EDV- und
unternehmensbezogenen Waren und Dienstleistungen, denn diese können nicht
nur auf den Betrieb einer Innungskrankenkasse, sondern auch auf die regionalen
Gegebenheiten in Nordrhein-Westfalen spezialisiert sein.
Entgegen der Ansicht der Anmelderin kann (jedenfalls derzeit) nicht davon ausge-
gangen werden, dass die Kombination der Abkürzung "IKK" mit einer nachge-
stellten Benennung eines Bundeslandes vom Verkehr bereits von Haus aus nicht
nur als Merkmalsangabe, sondern - wenigstens zugleich - als Hinweis auf eine
bestimmte betriebliche Herkunft aufgefasst wird, was einem Freihaltungsbedürfnis
entgegen stehen könnte. Dies gilt auch angesichts der von der Anmelderin wie-
derholt betonten Konzentration auf dem Markt der Innungskrankenkassen. Denn
trotz des zu beobachtenden rasanten Konzentrationsprozesses kann der Senat
nicht feststellen, dass bereits ein Zustand eingetreten ist, wonach in jedem Bun-
desland jeweils nur eine Innungskrankenkasse besteht und sich diese nach Art
der angemeldeten Marke nach ihm benennt. Hierfür wäre Voraussetzung, dass ein
solcher Zustand bereits seit längerer Zeit besteht, so dass er (auch auf Seiten der
Verbraucher!) die Verkehrsauffassung geprägt hat, und dass aufgrund gesicherter
Umstände davon ausgegangen werden kann, dass er auch von Dauer sein wird.
Bereits der relativ geringe Zeitablauf seit dem ab 1996 erfolgten Beginn des Kon-
zentrationsprozesses bei den Innungskrankenkassen spricht hiergegen. Vor allem
auf Seiten der Verbraucher kann eine "Gewöhnung" an einen unwiderruflichen
Konzentrationsprozess auf einen einzigen Anbieter in Nordrhein-Westfalen nicht
angenommen werden. Zudem besteht mit der "Vereinigten IKK" mit Sitz in Dort-
mund auch noch mindestens eine weitere Innungskrankenkasse in Nord-
rhein-Westfalen, selbst wenn die offenbar nicht örtlich beschränkt agierende
BIG Direktkrankenkasse nicht mit einbezogen wird.
Selbst wenn man ein gegenwärtiges Freihaltungsbedürfnis ausschließen würde,
so kann dies jedenfalls nicht für ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis gelten. Das
Vorliegen eines zukünftigen Freihaltungsbedürfnisses beurteilt sich aufgrund einer
- 22 -
nicht lediglich spekulativen, sondern realitätsbezogenen Prognose, die auch mög-
liche, nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegende zukünftige wirtschaftliche
Entwicklungen berücksichtigt, welche eine beschreibende Verwendung der
betreffenden Angabe vernünftigerweise erwarten lässt (vgl. Ströbele/Hacker, Mar-
kengesetz, 8. Aufl., § 8, Rdn. 201 m. w. N.). Hiergegen würde insbesondere nicht
sprechen, dass eine neue Innungskrankenkasse nach Auffassung der Anmelderin
wegen des Öffnungsmoratoriums zur Zeit nur als geschlossene Kasse entstehen
kann und sie damit faktisch keine landesweite Abdeckung erreichen könnte, da
Innungen in der Regel nur auf Kreise und kreisfreie Städte bezogen sind. Es kann
dahingestellt bleiben, ob es tatsächlich völlig unwahrscheinlich ist, dass noch eine
oder mehrere neue Innungskrankenkassen gegründet werden, die das gesamte
Gebiet Nordrhein-Westfalens abdecken wollen. Denn ein Freihaltungsbedürfnis an
der angemeldeten Bezeichnung wird zum einen schon dann zu bejahen sein,
wenn die Möglichkeit besteht, dass sich eine neue Innungskrankenkasse in Nord-
rhein-Westfalen niederlassen und dort wenigstens in einem Teil dieses Bundes-
landes betätigen will. Allein dies kann derzeit nicht ausgeschlossen werden. Zum
anderen ist auch nicht auszuschließen, dass sich eine bereits in einem anderen
Bundesland bestehende Innungskrankenkasse zusätzlich auch in Nord-
rhein-Westfalen betätigen will, sei es durch Fusion mit einer anderen Kasse oder
durch Ausweitung ihres Geschäftsgebiets. So hat etwa die Fusion der Vereinigten
IKK und der IKK Bayern dazu geführt, dass die vormals auf Nordrhein-Westfalen
beschränkte Vereinigte IKK nunmehr auch in Bayern tätig ist (vgl. www.vereinigte-
ikk.de/main.aspx/G/111327/L/-1/137548/… ("Im Wachstum: Unternehmensge-
schichte der Vereinigten IKK …"). Im Übrigen können sich auch die geltenden ge-
setzlichen Rahmenbedingungen rasch wieder ändern, was sich etwa daran zeigt,
dass das Öffnungsmoratorium zwar wiederholt, aber jeweils nur befristet verlän-
gert worden ist. Auch die sonstigen Entwicklungen im Gesundheitswesen, insbe-
sondere bei den gesetzlichen Kassen, haben in den vergangenen Jahren deutlich
gezeigt, dass stets mit Änderungen zu rechnen ist. Nicht zuletzt angesichts der
Bedeutung des bevölkerungsreichsten Bundeslandes für den Markt der Versiche-
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rungen und darauf bezogener ergänzender Waren und Dienstleistungen kann ein
zumindest zukünftiges Freihaltungsbedürfnis somit nicht verneint werden.
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass es bei der Beurteilung des Eintragungs-
hindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht um die Frage geht, ob eine be-
stehende oder evtl. in Zukunft neu zu gründende Innungskrankenkasse sich selbst
den Namen "IKK Nordrhein-Westfalen" geben und diesen als Unternehmenskenn-
zeichen führen will. Vorliegend geht es vielmehr um die Frage, ob diese Angabe
gegenwärtig oder zukünftig zur freien beschreibenden Verwendung (beschrei-
bende Bezeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen) durch die
Mitbewerber freizuhalten ist. Ein solches Bedürfnis an der freien waren- und
dienstleistungsbeschreibenden Verwendung der Kombination von "IKK" und
"Nordrhein-Westfalen" kann auch für Mitbewerber bestehen, die einen anderen
Namen als den der angemeldeten Marke führen, die aber in der vorliegend ange-
meldeten Kurzform auf die Art und den örtlichen Schwerpunkt ihrer Waren und
Dienstleistungen hinweisen wollen. Damit liegt für die meisten angemeldeten Wa-
ren und Dienstleistungen ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
vor.
2. Für die unter Ziff. 1 des Entscheidungsausspruchs genannten Waren und
Dienstleistungen haben sich hingegen keine Eintragungshindernisse feststellen
lassen.
a) Insbesondere konnte ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 Mar-
kenG nicht festgestellt werden. Für Waren wie etwa Computer, Computerbetriebs-
programme, Datenverarbeitungsgeräte, Speicher hierfür, u. Ä. stellt die angemel-
dete Marke insofern keine sinnvolle beschreibende Angabe dar, als es sich bei
diesen Waren um allgemeine EDV-Hard- und -software handelt, die für jede Art
von Dienstleistungen im Massenkundengeschäft geeignet sind. Angesichts der in
solchen Dienstleistungsbereichen verwendeten EDV-Geräte und -anlagen mit ih-
ren heutzutage üblichen Kapazitäten kann nicht davon ausgegangen werden,
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dass es speziell für den Einsatz in nordrhein-westfälischen Innungskrankenkassen
konzipierte und produzierte EDV-Geräte und –betriebsprogramme gibt. Im Gegen-
satz zu Anwendungssoftware stellt die Marke hierfür somit keine für den Verkehr
ohne weiteres verständliche Merkmalsbezeichnung dar.
Auch für Waren der Klasse 16, die (ohne weitere Bearbeitung oder Benutzung)
keine geistigen Inhalte aufweisen können, wie Papier, Pappe (Karton), Schreibwa-
ren, Büroartikel, Werbematerialien, nämlich Notizblöcke, Kugelschreiber …, Tra-
getaschen, Etiketten o. Ä. lässt sich kein Freihaltungsbedürfnis an der Anmelde-
marke feststellen. Sie sind ihrer Natur nach nicht auf die Verwendung durch eine
nordrhein-westfälische Innungskrankenkasse spezialisiert. Erst wenn sie z. B. mit
einem entsprechenden Werbeaufdruck versehen wären, womit sie dann aber be-
reits vom Erwerber benutzt würden, wäre eine Merkmalsbezeichnung denkbar.
Ebenso wird die angemeldete Marke für die Dienstleistungen "Vervielfältigung von
Dokumenten" und "Schaufensterdekoration" (Klasse 35) vom Verkehr nicht ohne
weiteres als Merkmalsangabe verstanden. Auch diese Dienstleistungen sind ihrer
Natur nach nicht an geistige Inhalte gebunden. Für Schaufensterdekoration er-
scheint die angemeldete Marke sogar überraschend und deplaziert.
Auch für die unter der Klasse 41 angemeldeten Dienstleistungen "Erziehungsbe-
ratung, Erziehung, Freizeitgestaltung (Dienstleistungen bezüglich-), Information
über Veranstaltungen (Unterhaltung), Organisation und Durchführung von kultu-
rellen und/oder sportlichen Veranstaltungen; sportliche Wettkämpfe (Veranstaltung
von-); Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe; Veranstaltung von Wettbewerben
[Erziehung und Unterhaltung]" wird die angemeldete Marke vom Verkehr nicht,
jedenfalls nicht ohne weiteres, als Merkmalsangabe verstanden. Dabei geht der
Senat bei der Dienstleistung "Erziehung" davon aus, dass sie nur Kindererziehung
betrifft, also keine z. B. schulischen, beruflichen oder gesundheitsbezogenen Bil-
dungsmaßnahmen umfasst. Auch Unterhaltungs- und Freizeitveranstaltungen
werden nach Art und Inhalt typischerweise nicht auf die Bedürfnisse von Innungs-
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krankenkassen abgestimmt (im Gegensatz z. B. zu Ferienhotels oder -Clubs).
Soweit Innungskrankenkassen hingegen als Veranstalter oder Sponsor solcher
Veranstaltungen auftreten, wird eine Bezeichnung wie die angemeldete Marke als
Unternehmenshinweis und nicht als Angabe über Merkmale der Veranstaltungs-
dienstleistungen verstanden.
Schließlich stellt die angemeldete Marke auch nicht für allgemeine EDV-techni-
sche Waren und Dienstleistungen, wie Installieren oder Konvertieren von Compu-
terprogrammen, eine direkte Merkmalsbezeichnung dar, denn im Gegensatz zu
Erstellen, Aktualisieren oder Wartung von Computerprogrammen befassen sich
die o. g. Dienstleistungen nicht mit den Inhalten der Programme. Auch erfordern
sie keine spezielle inhaltliche Anpassung an die Bedürfnisse von Innungskranken-
kassen. Ein Verständnis als Merkmalsbezeichnung liegt daher eher fern.
Dies gilt ebenso für Vermietung und Weiterleitung von Speicherplätzen zur Benut-
zung als Websites für Dritte und das Konvertieren von Daten oder Dokumenten
von physischen auf elektronische Medien sowie die Durchführung technischer
Tests und Checks.
b) Für die unter Ziffer 1. des Entscheidungsausspruchs genannten Waren und
Dienstleistungen lässt sich auch kein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG feststellen, da der angemeldeten Marke insoweit nicht jegliche Unter-
scheidungskraft abgesprochen werden kann. Wie bereits oben unter a) ausge-
führt, ist für den Verkehr bei solchen Waren und Dienstleistungen nicht ohne wei-
teres erkennbar, warum bzw. in welcher Hinsicht die Anmeldemarke ein Merkmal
hierfür bezeichnen soll. Vielmehr bedarf es erst gedanklicher Überlegungen über
den Sinn der Kennzeichnung "IKK Nordrhein-Westfalen" und den sachlichen Be-
zug zu den betreffenden Waren und Dienstleistungen. Insofern kann der ange-
meldeten Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
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Damit war der angefochtene Beschluss teilweise aufzuheben. Die Art der Abfas-
sung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses mit zahlreichen unzulässigen
Doppelbenennungen und teilweise sprachlich unrichtig gebildeten Formulierun-
gen, die offenbar elektronisch aus dem Suchdienst des Patentamts für Waren und
Dienstleistungsbegriffe übernommen worden sind, gibt allerdings zu dem Hinweis
Anlass, dass das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis im fortzusetzenden Ver-
fahren vor dem Patentamt noch einer weiteren Klärung bedarf.
3. Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keinen hinreichen-
den Grund. Die Anmelderin hat zur Begründung ihrer dahingehenden Anregung
auf Voreintragungen von ihrer Auffassung nach vergleichbaren Marken verwiesen
und die Gefahr einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit geltend gemacht.
Unabhängig davon, welche Bedeutung nationalen Voreintragungen beizumessen
ist (vgl. einerseits BPatG, 29. Senat GRUR 2007, 329 und GRUR 2008,164
- SCHWABENPOST, andererseits BPatG, 24. Senat, GRUR 2007, 333 - Papaya;
25.
Senat, BlfPMZ
2007, 236 -
CASHFLOW, 27.
Senat v. 15.
März
2007
(27 W (pat) 98/96 - Topline)), ist hier zunächst nicht erkennbar, ob den von der
Anmelderin genannten Voreintragungen eine vergleichsweise intensive Prüfung
der Schutzfähigkeit unter Ermittlung und Berücksichtigung der tatsächlichen und
rechtlichen Verhältnisse auf dem Gebiet der jeweiligen Krankenkassen zugrunde
gelegen hat und ob diese Verhältnisse denen in Nordrhein-Westfalen oder (insbe-
sondere bei Betriebskrankenkassen) denjenigen auf dem Gebiet der Innungskran-
kenkassen vergleichbar waren. Da erstinstanzliche Eintragungsentscheidungen
regelmäßig nicht begründet werden, war für den Senat auch kein Anlass dieser
Frage von sich aus weiter nachzugehen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungen über die Schutzfähig-
keit von Marken gebundene Entscheidungen, nicht aber Ermessensentscheidun-
gen sind. Die Rechtmäßigkeit einer solchen Entscheidung, wie hier der angefoch-
tene Beschluss, ist daher allein auf der Grundlage des anzuwendenden Marken-
gesetzes unter Beachtung der Markenrechtsrichtlinie, nicht aber auf der Grund-
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lage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen. Dies hat der Europäi-
sche Gerichtshof bereits in seinen Urteilen GRUR 2006, 229, 231, Nr. 47 - BioID
und GRUR 2006, 233, 235, Nr. 48 - Standbeutel zur Anwendung der Gemein-
schaftsmarkenverordnung auf Anmeldungen von Gemeinschaftsmarken festge-
stellt.
Bender Dr.
Kortbein
Kätker
Cl