Urteil des BPatG vom 05.11.2002

BPatG (beschreibende angabe, lautsprecher, bezeichnung, marke, angabe, stift, patent, usa, verkehr, beschwerde)

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 80/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 76 471.2
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 5. November 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Schermer
sowie Richter Dr. van Raden und Richterin Friehe-Wich
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für
Klasse
9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
15. März 2001 aufgehoben.
G r ü n d e :
I.
Für "Multimedia-Lautsprecher" soll die Bezeichnung
SOUNDSTICKS
als Marke geschützt werden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch
einen Beamten des höheren Dienstes die Anmeldung als nicht unterscheidungs-
kräftige sowie beschreibende und freizuhaltende Angabe zurückgewiesen. Beide
Bestandteile der angemeldeten Bezeichnung seien ohne weiteres verständlich
und ihre Kombination sei sprachüblich, zudem sei die Bezeichnung "Stick" für
Geräte in Stiftform üblich. Auch die gewählte Pluralform sei ohne sprachliche
Besonderheit.
Die von der Anmelderin geltend gemachte Voreintragung in den USA sei hier
unbeachtlich, da allein das Verständnis des inländischen Verkehrs maßgeblich
sei.
Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt mit dem
Begehren, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
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Nach ihrer Meinung ist die angemeldete Wort-/Bildmarke schutzfähig. Ein Freihal-
tungsbedürfnis sei schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Marke jedenfalls in
ihrer Gesamtheit nicht zur freien Verwendung durch Mitbewerber benötigt werde.
Die danach noch zu stellenden geringen Anforderungen an die Unterscheidungs-
kraft seien vorliegend erfüllt. Wenngleich die Bestandteile der Marke für sich
jeweils unmittelbar verständlich seien, so sei die Kombination hinreichend unge-
wöhnlich, um vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden zu werden.
Zum Nachweis der in den USA vollzogenen Eintragung der Marke hat die Anmel-
derin einen Ausdruck aus dem Markenregister des US-Patent- und Markenamts
vorgelegt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Anmelderin wird auf die bei den Akten
befindliche Beschwerdebegründung Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde musste in der Sache Erfolg haben, da die Vorschriften des § 8
Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG der Eintragung der angemeldeten Marke nicht ent-
gegenstehen.
Ein beschreibender Sinngehalt, der hinter der angemeldeten neuen Wortbildung
"SOUNDSTICKS" stehen könnte, ist für die angesprochenen Verkehrskreise nicht
ohne weiteres klar und eindeutig erkennbar.
Die Markenbestandteile "SOUND" und "STICKS" werden zwar für sich betrachtet
einem großen Teil des Verkehrs mit Basiskenntnissen des Englischen im Sinne
von "Klang" und "Stift, Stab" verständlich sein. Daraus folgt aber nicht, dass die
die Wortbildung "SOUNDSTICKS" in ihrer Gesamtheit als beschreibenden Hinweis
auf Lautsprecher in Stabform auffassen. Dagegen spricht bereits, dass als "Stick"
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allgemein kleine, in der Hand zu haltende stabförmige Gegenstände bezeichnet
werden. So findet sich in DUDEN - Deutsches Universalwörterbuch (4. Aufl.
Mannheim 2001) zum Stickwort "Stick" die Angabe "[engl. stick, eigtl. = Stängel,
Stock, Stecken]: 1. kleine, dünne Salzstange. 2. Stift als Kosmetikarti-
kel (zB Deodorantstick)". Dieses Verständnis von "Stick" entspricht auch der übli-
chen Verwendung im inländischen Geschäftsverkehr, wo neben Deostiften, Bunt-
stiften und Klebestiften auch stift- oder stabförmige technische Geräte, die klein
und beweglich sind oder bei der Anwendung in der Hand gehalten werden, als
"Stick" bezeichnet werden, wie die bekannten Fachausdrücke Memory Stick, Stick
Scanner, Light Stick zeigen (vgl Data Becker, Das große PC & Internet Lexi-
kon 2001/2002, S. 289, 870, 975). Für die hier beanspruchten Waren "Multimedia-
Lautsprecher", die – anders als beispielsweise Mikrofone – normalerweise nicht so
klein sind, dass sie als Stift bezeichnet werden können, und beim Gebrauch auch
nicht bewegt werden, kann dem Begriff "Stick" dagegen eine gewisse Eigentüm-
lichkeit nicht abgesprochen werden, selbst wenn er beim Verkehr Assoziationen
an eine stabförmige Gestaltung der Waren hervorrufen mag.
Das gilt erst recht für die Kombination "SOUNDSTICKS", die in der deutschen
Übersetzung "Ton- oder Klangstab" die Bezeichnung für den Bestandteil eines
bekannten Musikinstruments bildet, das aus mehreren Tonstäben unterschiedli-
cher Klanghöhe besteht. Die Übertragung dieser Bedeutung auf Lautsprecher
(= engl loudspeaker) wird der Verkehr, sofern er die angemeldete Wortbildung
nicht ohnehin, wie üblich, in ihrer Gesamtheit ohne analysierende Betrachtung
ihrer Einzelbestandteile aufnimmt (vgl BGH GRUR 408 –
PROTECH), als
ungewöhnlich empfinden. Es besteht daher kein Anlass für die Annahme, dass er
in "SOUNDSTICKS" eine rein beschreibende Angabe ohne jegliche betriebliche
Unterscheidungswirkung sieht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
In Anbetracht des in bezug auf Lautsprecher eigentümlichen Begriffsgehalts der
angemeldeten Bezeichnung "SOUNDSTICKS" fehlt es auch an ausreichenden
Anhaltspunkten für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses der inländischen
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Mitbewerber gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Soweit die Markenstelle auf eine im
Internet ermittelte – einzige – Literaturstelle hingewiesen hat, in der die Bezeich-
nungen "left bzw right sound stick" im Rahmen eines Textzusammenhangs ver-
wendet wird, bezieht sich diese auf die Lautsprecher der Anmelderin selbst. Es
kann hieraus also nicht der Schluss gezogen werden, die angemeldete Bezeich-
nung sei im englischen Sprachbereich als beschreibende Angabe für Lautsprecher
in Stabform üblich oder naheliegend. Dagegen spricht als wesentliches Indiz auch
die Eintragung der Marke im Principal Register der USA nach Anmeldung am
2. Juni 1999 und erster Inbenutzungnahme am 19. Juli 2000 (vgl dazu auch BGH
GRUR 2001, 1046 – GENESCAN).
Dr. Schermer
Friehe-Wich
Dr. van Raden
Fa