Urteil des BPatG vom 22.01.2002

BPatG (bezeichnung, beschwerde, anmeldung, marke, verkehr, begriff, ware, klasse, unterscheidungskraft, eintragung)

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 252/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 51 570.4
hat der 27. Senat (Markenbeschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sit-
zung vom 22.
Januar
2002 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin
Dr. Schermer, des Richters Albert und der Richterin Friehe-Wich
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
10.99
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G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
"21 ST CENTURY"
soll für
"wissenschaftliche, elektrische-, photographische-, Film-, optische,
Wäge-Apparate und Instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Über-
tragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungs-
träger, Schallplatten, Registrierkassen, Rechenmaschinen, Daten-
verarbeitungsgeräte und Computer;
Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Reise- und
Handkoffer, Regenschirme, Pferdegeschirre und Sattlerwaren;
Möbel, Spiegel, Rahmen,
Waren aus Holz, Rohr, Weide und deren Ersatzstoffen oder aus
Kunststoffen;
Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"
in das Markenregister eingetragen werden.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anmeldung durch einen von einer
Beamtin des höheren Dienstes erlassenen Beschluß vom 28. April 2000 wegen
fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausge-
führt, die aus einfachsten und daher auch dem inländischen Publikum bekannten
Grundwörtern der englischen Sprache gebildete Bezeichnung "21 ST CENTU-
RY" weise ohne weiteres verständlich darauf hin, daß die so gekennzeichneten
Waren für das 21. Jahrhundert geeignet, also zukunftstauglich und modern seien.
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Auf dem Gebiet der Elektronik und der Datenverarbeitung sei es ausweislich der
beigefügten Belege üblich, zukunftweisende Technologien und Produkte mit Be-
zeichnungen wie "21" oder "für das 21. Jahrhundert" zu bewerben. Eine werbemä-
ßige Anpreisung mit dem für eine besonders moderne Gestaltung stehenden Be-
griff "21 ST CENTURY" liege aber auch auf dem Bekleidungssektor und im Be-
reich der Lederwaren und Möbel nicht fern, so daß der Verkehr in der angemelde-
ten Bezeichnung auch insoweit kein auf die Herkunft der Waren aus einem be-
stimmten Unternehmen hinweisendes Unterscheidungsmittel sehen werde. Auch
der Hinweis des Anmelders auf die Eintragung der angemeldeten Bezeichnung in
anderen Warenklassen rechtfertige keine andere Beurteilung, denn frühere Eintra-
gungen führten nicht zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung des Patent-
amts hinsichtlich der vorliegend zu beurteilenden Marke.
Der Beschluß ist dem Anmelder durch eingeschriebenen Brief, abgesandt am
31. Mai 2000, zugestellt worden.
Am 5. Juni 2000 hat der Anmelder beim Patentamt einen mit Gebührenmarken in
Höhe von 345,-- DM versehenen Schriftsatz eingereicht, der in dem Betreff - ne-
ben dem Namen des Anmelders - folgende Angaben enthält:
Aktenzeichen: 399 51 570.4/9 (und 300 02 895.4/7)
Marke: 21 ST CENTURY - Klassen 9, 18, 20, 25, 7
Beschwerde gegen die Ablehnung der Eintragung.
Zur Begründung führt der Anmelder aus, daß die Bezeichnung "21 ST CENTU-
RY" in Deutschland eher als Marke als im Sinne einer Zeitangabe verstanden wer-
de. Für die Angabe der Herstellungszeit einer Ware sei ein Jahrhundert ein zu lan-
ger Zeitraum. In der Bedeutung von "modern" sei die angemeldete Bezeichnung
nur als mittelbar beschreibend zu erachten. Ein Freihaltungsbedürfnis an der Be-
zeichnung "21 ST CENTURY" bestehe nur in Großbritannien und Irland. In nicht
englischsprachigen Ländern sei "21 ST CENTURY" als Marke geeignet. Der Ver-
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kehr erkenne sofort, von welchem Hersteller die so gekennzeichnete Ware stam-
me. Es sei ein Unterschied, ob die Bezeichnung "21 ST CENTURY" in einem
Text verwendet werde, wie in den von der Markenstelle zitierten Beispielen, oder
isoliert als Name eines Produkts. Außerdem beanspruche er Schutz nicht für die
nicht eintragbare korrekte Schreibweise "21st century" oder "21
st
century", son-
dern für die veränderte Form "21 ST CENTURY" mit Abständen zwischen den
Bestandteilen. Es solle ihm wenigstens gestattet werden, für die Marke um Schutz
in Südwesteuropa nachzusuchen. Ohne Eintragung in Deutschland sei ihm dies
aber nicht erlaubt.
Der Anmelder beantragt, mit der erhobenen einzigen Beschwerde über beide An-
meldungen zu entscheiden, weil "es nicht schön wäre, wenn er später für die Be-
schwerde in Sachen der Anmeldung in Klasse 7 nochmals 345,-- DM zahlen müs-
se".
Das in der Beschwerdeschrift neben dem Aktenzeichen der vorliegenden Anmel-
dung genannte Aktenzeichen "300 02 895.4/7" betrifft die für Waren der Klasse 7
eingereichte Anmeldung "21 ST CENTURY". Gegen die Zurückweisung dieser
Anmeldung durch Beschluß einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom
22. Mai 2000 hat der Anmelder am 5. Juni 2000 Erinnerung eingelegt.
II.
1.
zwar beantragt, mit der Beschwerde auch über die Zurückweisung seiner Parallel-
anmeldung 300 02 895.4 "21 ST CENTURY" für Waren der Klasse 7 zu entschei-
den, gleichzeitig jedoch zum Ausdruck gebracht, daß die Entscheidung im Rah-
men seiner einzigen Beschwerde erfolgen solle. Damit ist nicht von zwei Be-
schwerden auszugehen, die wegen Zahlung nur einer Beschwerdegebühr in Höhe
von 345,-- DM beide gemäß § 66 Abs 5 Satz 2 MarkenG als nicht eingelegt anzu-
sehen wären. Nach den Gesamtumständen des Falles wollte der Anmelder er-
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sichtlich nur eine, gegen die Zurückweisung der Anmeldung 399 51 570.4 gerich-
tete Beschwerde einlegen, denn ihm war bewußt, daß gegen die Zurückweisung
der Parallelanmeldung 300 02 895.4 durch Beschluß einer Beamtin des gehobe-
nen Dienstes vom 22. Mai 2000 nur die - von ihm auch eingelegte - Erinnerung
statthaft ist (§ 64 Abs 1 MarkenG). Dementsprechend hat er auch das Aktenzei-
chen dieser Anmeldung in dem Betreff nur in einer Klammer angegeben. Seine
Annahme, die Parallelanmeldung 300 02 895.4 könne in dem vorliegenden Be-
schwerdeverfahren gleich vorweg kostenlos mitbehandelt werden, beruht auf ei-
nem Rechtsirrtum. Da für jede Anmeldung ein eigenes Anmeldeverfahren durch-
geführt wird, in dem auch der Instanzenzug einzuhalten ist, wird der Anmelder in
dem Verfahren der Anmeldung 300 02 895.4 erst die Entscheidung der Marken-
stelle über die Erinnerung abzuwarten haben. Im Falle der Zurückweisung der Er-
innerung kann er sodann gemäß § 66 Abs 1 MarkenG unter Zahlung der Gebühr
nach Tarif Beschwerde einlegen.
2.
auch nach Auffassung des Senats das Eintragungshindernis des Fehlens jeglicher
Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen.
Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, besteht die angemeldete Bezeich-
nung "21 ST CENTURY" aus Wörtern bzw Abkürzungen des einfachsten engli-
schen Grundwortschatzes, die dem deutschen Publikum weitestgehend bekannt
sind. Es stellt "21 ST CENTURY" daher ohne weitere Überlegung der entspre-
chenden deutschen Bezeichnung "21. Jahrhundert" gleich. Diese hat mit dem in
aller Welt gefeierten Wechsel von 20. zum 21. Jahrhundert eine über eine bloße
Zeitangabe weit hinausgehende Bedeutung erlangt und ist zu dem Inbegriff der
Erwartungen und Vorstellungen geworden, die der Verkehr mit dem 21. Jahrhun-
dert verbindet. Das 21. Jahrhundert symbolisiert für ihn Zukunftsorientierung, Fort-
schritt, Modernität. Dies hat dazu geführt, daß der Begriff "21. Jahrhundert" gera-
dezu als Synonym für Modernität und Fortschritt verwendet wird und in diesem
Sinne in der Geschäftswelt als Werbeanpreisung sehr beliebt ist, wie aus den von
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der Markenstelle zitierten Belegen hervorgeht. Dabei handelt es sich nur um eine
kleine Auswahl aus der Vielzahl der Anzeigen und Werbetexte, die sich des Hin-
weises auf das 21. Jahrhundert als Ausdruck für Zukunft, Fortschritt und Aktualität
bedienen. Aus der Tatsache, daß die Angabe "21. Jahrhundert" bzw die ebenso
gebräuchliche englische Form "21 st century" dort meist im Rahmen eines Textzu-
sammenhangs erscheint, kann entgegen der Ansicht des Anmelders nicht gefol-
gert werden, der Verkehr sehe in dem Begriff "21. Jahrhundert", wenn er in Allein-
stellung auf der Ware angebracht ist, das Kennzeichen eines ganz bestimmten
Unternehmens. Gerade weil dieser Begriff schon symbolhaft für Zukunft und Mo-
dernität steht, ruft er auch für sich allein in Verbindung mit einer Ware zwanglos
die Vorstellung eines beschreibenden Hinweises ohne jede betriebskennzeichnen-
de Individualität auf. Dies wird letztlich auch vom Anmelder selbst eingeräumt, wo-
bei er allerdings unzutreffend davon ausgeht, daß die angemeldete Bezeichnung
nur im englischsprachigen Raum in beschreibendem Sinne verstanden wird. Wie
bereits ausgeführt, macht der deutsche Verbraucher zwischen der deutschen und
der englischen Ausdruckform keinen Unterschied, zumal deutsche Werbung von
der englischen Sprache stark beherrscht wird.
Der angemeldeten Bezeichnung ist daher selbst unter Anlegung der von der
Rechtsprechung geforderten strengen Maßstäbe bei der Beurteilung der Unter-
scheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG in bezug auf alle beanspruchten
Waren jedes Mindestmaß an Eigenart abzusprechen. Auch die von dem Anmelder
gewählte Schreibweise der Wortfolge "21 ST CENTURY" mit kleinen Abständen
zwischen den einzelnen Bestandteilen verleiht der angemeldeten Marke keine Be-
sonderheit. Es ist schon zweifelhaft, ob der Verkehr die Schreibweise überhaupt
bewußt wahrnimmt. Selbst wenn er sie bemerkt, faßt er sie in der Regel nur als
Mittel auf, um die Bezeichnung rein optisch auf den ersten Blick erfaßbar zu ma-
chen.
Diese Beurteilung wird gestützt durch die "Today"-Enscheidung des Bundesge-
richtshofs (BlPMZ 1998, 248), in der ebenfalls ein allgemeiner Zeitbegriff der engli-
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schen Sprache als nicht unterscheidungskräftig erachtet worden ist, weil er vom
Verkehr ausschließlich als werbeüblicher Hinweis auf moderne, aktuelle Artikel
verstanden wird. Im übrigen hat das Bundespatentgericht, wie dem Anmelder be-
kannt, die Bezeichnung "21st Century" für Waren der Klasse 3 bereits als nicht
schutzfähig erachtet (24 W (pat) 52/99 vom 4. April 2000). Ebenso ist die Mar-
ke "WORLD 2000" als nicht unterscheidungskräftiger Hinweis auf die zukunfts-
orientierte moderne Warenwelt des 21. Jahrhunderts vom Markenschutz ausge-
schlossen worden (33 W (pat) 153/99 vom 18. Februar 2000).
Die beiden Voreintragungen der Marke "21 ST CENTURY", auf die sich der An-
melder beruft, sind von dem Deutschen Patentamt ohne Beteiligung des Bundes-
patentgerichts eingetragen worden und rechtfertigen keinen Anspruch des Anmel-
ders auf Fehlerwiederholung, worauf die Markenstelle bereits zutreffend hingewie-
sen hat.
Dr. Schermer
Albert
Friehe-Wich