Urteil des BPatG vom 23.07.2001, 30 W (pat) 15/01
BPatG: beschreibende angabe, verkehr, patent, aluminium, mitbewerber, vermietung, internet, breite, form, gerüst
- Entschieden
- 23.07.2001
- Schlagworte
- Beschreibende angabe, Verkehr, Patent, Aluminium, Mitbewerber, Vermietung, Internet, Breite, Form, Gerüst
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 15/01 _______________ Verkündet am 23. Juli 2001
… (Aktenzeichen)
BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 396 17 942.8
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Buchetmann sowie der Richterin Schwarz-Angele und des Richters
Voit
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
6.70
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister ist angemeldet
AL 70
für die Waren/Dienstleistungen
„Baugerüste aus Metall einschließlich Fahrgerüsten; Gerüstleitern
aus Metall; Teile der vorgenannten Waren;
Vermietung von Baugerüsten, Fahrgerüsten und Gerüstleitern sowie von Teilen dieser Waren“
Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes, besetzt
mit einem Beamten des höheren Dienstes, hat die Anmeldung wegen fehlender
Unterscheidungskraft zurückgewiesen, weil sie lediglich aus der chemischen Bezeichnung des Elements Aluminium mit nachgestellter Zahl bestehe, die vom Verkehr in der Gesamtheit lediglich als beschreibender Hinweis auf bestimmte Materialeigenschaften, nicht aber als Herkunftshinweis verstanden werde.
Der Anmelder hat Beschwerde erhoben. Er hält mit weiteren Ausführungen die
Marke insgesamt für schutzfähig und rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs.
Der Anmelder beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. September 1997 aufzuheben,
hilfsweise die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurück zu verweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Akten Bezug genommen, insbesondere auf die vom Gericht erholten und vom
Wirtschaftsverband Eisen, Blech und Metall verarbeitende Industrie eV, vom
Bundesverband Gerüstbau und dem Gesamtverband der Deutschen Aluminiumindustrie erteilten Auskünfte sowie auf die vom Gericht durchgeführte Internetrecherche, deren Ergebnis dem Anmelder ebenfalls mitgeteilt wurde.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8
Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.
Gemäß § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung der Waren oder
Dienstleistungen dienen können. Die angemeldete Bezeichnung AL 70 ist in ihrer
Gesamtheit im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Angabe und muss daher den Mitbewerbern
zum freien Gebrauch erhalten bleiben.
Die Abkürzung „Al“ steht für das 13. Element im Periodensystem der Elemente,
nämlich für das Metall Aluminium, das aufgrund seiner Eigenschaften vorwiegend
im Leichtbau, auch auf dem Bausektor, eingesetzt wird (vgl Brockhaus, Naturwissenschaften und Technik, Bd 1, S 38), insbesondere in Form verschiedener Legierungen (vgl Enzyklopädie Naturwissenschaft und Technik, Ausgabe 7/2000,
Stichwort Aluminiumlegierungen). Hierbei findet das Metall aufgrund seines relativ
geringen spezifischen Gewichts in Verbindung mit den anderen Materialeigenschaften insbesondere auch Verwendung bei den Metallteilen von Baugerüsten.
Nachdem es sich bei der chemischen Kurzbezeichnung um eine gebräuchliche
Bezeichnung handelt, wird der angesprochene Verkehr die angemeldete Marke
daher als Hinweis auf den in den beanspruchten Waren verarbeiteten Werkstoff
auffassen, also auf Aluminium. Zwar wird dieses Element in der Form der chemischen Bezeichnung korrekterweise mit einem großgeschriebenen Buchstaben „A“,
gefolgt von einem klein geschriebenen „l“ bezeichnet; jedoch ist zu berücksichtigen, dass dieser Umstand bei der wörtlichen Benennung keine Rolle spielt und
der Verkehr auch bei der schriftlichen Wiedergabe der Marke hierauf – teils wegen
einer nicht beachteten Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinschreibung, die
auch durch einige Fundstellen im Internet belegt wird, teils wegen der besseren
Unterscheidbarkeit des Großbuchstabens „L“ von anderen Buchstaben, etwa dem
groß geschriebenen Buchstaben „i“ – kein besonderes Augenmerk richten wird.
Die Ziffernkombination 70 wiederum wird vom Verkehr als Maßangabe für eine
Gerüstbreite, etwa in cm verstanden, wie die Ausführungen des Bundesverbandes
Gerüstbau in dessen Schreiben vom 19. Oktober 1998 unter Nennung von Beispielen entsprechender Bezeichnungen anderer Gerüsthersteller zeigen.
In ihrer Gesamtheit kann die angemeldete Marke daher wesentliche Merkmale
eines unter Verwendung von Aluminium hergestellten Leichtbaufahrgerüsts beziehungsweise Teile hiervon in der Breite von 0,70 m bezeichnen. In Bezug auf die
beanspruchten Waren und Dienstleistungen ergibt sich daher die sinnvolle und zur
Beschreibung geeignete Sachaussage, dass es sich um ein derartiges Gerüst sowie Teile hiervon in der angegebenen Breite handelt. Bei den beanspruchten
Dienstleistungen ergibt das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit die ohne
weiteres verständliche Aussage, dass damit die Dienstleistung der Vermietung
entsprechender Gerüste beschreibend bezeichnet werden kann. Deshalb ist die
angemeldete Marke im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG freihaltebedürftig und
von einer Registrierung als Marke ausgeschlossen.
Der Senat vermag sich insoweit der Argumentation des Anmelders, das angemeldete Zeichen sei mehrdeutig, nachdem eine Angabe AL 70 mit der Bedeutung der
Angabe irgendwelcher Materialeigenschaften im Bereich der Aluminiumbe- oder
–verarbeitung, anders als etwa bei Stahl, zumindest nicht gebräuchlich sei, nicht
anzuschließen. Abgesehen davon, dass dies unter Berücksichtigung des Aluminiumanteils bei Legierungen zumindest fraglich erscheint, wie einige Fundstellen
im Internet zeigen, kann es hier im Ergebnis dahinstehen, weil der vom angemeldeten Zeichen angesprochene Fachverkehr in dieser Angabe keine Materialeigenschaft, sondern eine Gerüstbreite erkennen wird, wie die Stellungnahme des Bundesverbandes Gerüstbau zeigt.
Die Annahme eines aktuellen Freihaltebedürfnisses hängt auch nicht davon ab, ob
die angemeldete Bezeichnung als solche für den hier einschlägigen Waren- und
Dienstleistungsbereich unmittelbar (lexikalisch) nachweisbar ist. Aus dem ausdrücklichen Wortlaut des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, der lediglich voraussetzt, dass
die fragliche Bezeichnung zur Beschreibung dienen kann, ergibt sich, dass auch
die erstmalige Verwendung einer beschreibenden Zeichenzusammensetzung
nicht schutzbegründend ist (vgl BGH GRUR 1996, 770 – MEGA; Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdnr 74).
Zudem ist für die Frage eines Freihaltebedürfnisses in erster Linie auf die Belange
der Mitbewerber des Anmelders abzustellen. Ob die hier von den beanspruchten
Waren angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung richtig verstehen werden, ist dabei nur insoweit von Bedeutung, als eine Eignung zur Warenbeschreibung dann zu vernachlässigen wäre, wenn feststünde, dass die Bezeichnung für das angesprochene Publikum vollkommen unverständlich ist und
bleiben wird (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 8 Rdnr 69). Nur in diesem Falle wäre
ein Interesse der Mitbewerber an der Verwendung der Bezeichnung eher rein
theoretisch. Davon ist hier aber nicht auszugehen werden, da – wie ausgeführt –
die Bezeichnung ohne weiteres aus sich heraus sogar allgemein und damit erst
recht für die mit ihr angesprochenen Verkehrskreise, die sich aufgrund der spezi-
ellen Waren und Dienstleistungen von dem allgemeinen Publikum unterscheiden,
verständlich ist.
Eine Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 70 Abs 3 Nr 2 MarkenG kommt nicht in Betracht. Zwar wurde dem Anmelder die im Beschluss vom 8. September 1997 angegebene mündliche Auskunft
der Patentabteilung 1.25 des Deutschen Patent- und Markenamtes nicht vor Erlass des Beschlusses mitgeteilt; in Anbetracht der bisherigen Verfahrensdauer und
der Tatsache, dass nur gravierende Verletzungen des rechtlichen Gehörs das Ermessen des Gerichts insoweit reduzieren (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 70
Rdnr 9), erscheint dem Senat eine Sachentscheidung als angebracht.
Dr. Buchetmann Schwarz-Angele Voit
Hu